Abdülhamid II.
Abdülhamid II.

Aussprache: abdul-hamiid
arabisch:
عبد الحميد الثاني
persisch:
عبد الحميد دوم
englisch: Abdul Hamid II.

??? - 1327 n.d.H.
21.9.1842 - 10.2.1918

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Abdülhamid II. war vom 31. August 1876 bis zum 27. April 1909 der 34. Sultan der Osmanen. Er ist am 21. September 1842 in Istanbul geboren und starb dort am 10. Februar 1918. Er war der zweite Sohn des Sultans Abdülmecit I. und folgte seinem Bruder Murat V. nach dessen Absetzung auf den Thron.

Abdülhamid II. begleitete 1867 seinen Onkel, den Sultan Abdülaziz, bei seiner Reise nach England und Frankreich.

Die Umstände in seinem Land bei seiner Regierungsübernahme waren katastrophal: Leere Schatzkammern, die Aufstände in Bosnien und Herzegowina, der Krieg mit Serbien und Montenegro und Drängen der europäischen Großmächte nach mehr Einfluss. Anfang 1877 folgte der verheerende Krieg mit Russland. Die harten Bedingungen, die Abdülhamid II. durch den Frieden von San Stefano aufgezwungen wurden, wurden in gewissem Umfang im Berliner Kongress abgemildert. Abdülhamid II. glaubte, in Deutschland den zukünftigen Freund des Osmanischen Reiches zu erkennen. Die Vormachtstellung des Deutschen Reichs sah er dadurch bestätigt, dass dessen Hauptstadt für den Kongress ausgewählt worden war. Er beauftragte Deutsche für die Neuorganisation seiner Finanzen und der Armee. Die finanziellen Verlegenheiten konnten aber kaum überwunden werden.

Deutschlands Freundschaft musste von Zeit zu Zeit mit einem Eisenbahnprojekt oder Zugeständnissen bei den Krediten gepflegt werden. 1899 wurde ein großes ersehntes Ziel gewährt, der Bau der Bagdadbahn.

Die inneren Aufstände bekam Abdülhamid II. aber nie in den Griff. Kreta war ständig im Aufruhr, die Griechen befanden sich in Aufständen, und seit ungefähr 1890 begannen die Armenier verstärkt, die ihnen in Berlin zugestandenen Reformen einzufordern. Kleinere Zwischenfälle gab es 1892/93 in Marsovan und Tokat. 1894 wurde eine durch übermäßige Steuerforderungen ausgelöste schwerwiegendere Revolte in der Bergregion von Samsun unbarmherzig niedergeschlagen.

1895 schließlich gab es eine Reihe von Massakern vor allem an den Armeniern, die sich in ganz Kleinasien und in der Hauptstadt über viele Monate hinzogen. Von osmanischer Seite wurde es als Niederschlagung von Aufständen verstanden. Teilweise lieferten armenische Aktivisten den Vorwand. In der europäischen Öffentlichkeit wurde Abdülhamid II. zum "roten (blutigen) Sultan" deklariert, wohl auch deswegen, weil er nicht bereit war, Palästina freiwillig abzutreten.

Der Sultan empfing den deutschen Kaiser Wilhelm II. und die Kaiserin Auguste Victoria erstmals 1889 und dann wieder 1898 am osmanischen Hof in Istanbul und eine deutsch-osmanische Verbindung wurde auf- bzw. ausgebaut. In diesem Zusammenhang steht auch die Schenkung des Deutscher Brunnen. Von 1898 stammt eine Postkarte des deutschen Kasiers Wilhelm II. an Abdülhamid II.. Später weilte Wilhelm II. nur noch einmal 1917 allein in Istanbul - zu einem Besuch Sultan Mehmed V..

Nach innen konnte Abdülhamid II. sich als Verfechter des Islam gegen das Christentum darstellen. Dieser Appell an das muslimische Gemeinschaftsgefühl war allerdings wirkungslos gegen die Unzufriedenheit wegen der anhaltenden Misswirtschaft. Zudem waren neue jungtürkisch-nationale Bestrebungen nicht mehr mit islamischem Gedankengut zu befriedigen, da hier Absichten bezüglich Palästina mitschwangen, die dem Islam widersprachen.

In Mesopotamien und Jemen brodelten ständig Unruhen. Währenddessen zog sich der Sultan, besessen von der Angst vor einem Mordanschlag, fast völlig in seinen Yildiz-Palast zurück, öffentliche Auftritte wurden auf ein Minimum beschränkt. 1905 überlebte er ein Attentat armenischer Terroristen.

Seit 1903 wurde die Provinz Makedonien, deren inneren Unruhen die Regierung des Sultans nicht mehr Herr wurde, faktisch unter internationale Aufsicht gestellt. Diese nationale Demütigung führte, verstärkt durch den aufgestauten Groll zahlreicher Offiziere gegen die Palastspione und Informanten, schließlich in eine Krise der absolutistischen Herrschaft des Sultans. Als Abdülhamid II. von der Revolte der von jungtürkischen Offizieren angeführten Saloniki-Truppen und von ihrem Marsch auf Istanbul hörte, dankte er am 23. Juli 1908 ab.

Am 24. Juli 1908 setzte er - wie von den rebellierenden jungtürkischen Offizieren gefordert - die Konstitution von 1876 wieder in Kraft, die er vorher außer Kraft gesetzt hatte. Tags darauf wurden Spionage und Zensur abgeschafft und die Freilassung von politischen Gefangenen angeordnet. Am 10. Dezember eröffnete Abdülhamid II. das neugewählte Parlament mit einer Rede vom Thron aus, in der er sagte, dass das erste (vorherige) Parlament von ihm nur vorübergehend aufgelöst worden sei und jetzt wieder eingesetzt werde.

Die machterhaltende diplomatische Politik des Sultans bewahrte ihn nicht vor dem Verdacht, mit den immer noch mächtigen reaktionären Elementen im Staat zu intrigieren. Die Machtverhältnisse blieben eine Weile unklar. Im April 1909 beschloss das "Komitee für Einheit und Fortschritt" unter Enver, Cemal, Talaat und Gökalp die endgültige Absetzung Abdülhamids II., und am 27. April 1909 wurde sein jüngerer Bruder und Thronfolger Reschid Efendi als neuer Sultan Mehmed V. ausgerufen. Einer der Hauptgründe war wohl eine Auseinandersetzung um die Zukunft von Palästina, wie es auch dem Brief des Abdülhamid II. an Mahmud Abu Schamat deutlich wird.

Abdülhamid II. wurde zunächst in Gefangenschaft nach Saloniki gebracht, von wo er im Herbst 1912 - infolge des Vordringens griechischer Truppen im Ersten Balkankrieg - in den Beylerbeyi-Palast verlegt werden musste. Dort verbrachte er unter Arrest seine letzten sechs Lebensjahre und starb einige Monate vor der Kriegsniederlage des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg Anfang 1918. Den endgültigen Zusammenbruch und den Sturz der Osmanischen Dynastie wenige Jahre später erlebte er nicht mehr mit.

Abdülhamid II. war ein Dichter, dessen Gedichte von seiner Tochter Aischa in dem Buch "Mein Vater Abdülhamid" zusammengefasst wurden. Eines seiner Gedichte, das seine selbst empfundenen Schwierigkeiten ausdrückt, klingt übersetzt folgendermaßen:

"Oh mein Herr, ich weiß Du bist Erhaben,
Und Niemand außer Dir ist Erhaben,
Du bist der Eine und nichts gleicht Dir
Mein Herr, führe meine Hand in diesen schweren Zeiten
Mein Herr, sei mein Helfer in diesen kritischen Stunden"

Sein Grab liegt in einem Schrein in der Nähe des großen Bazars Kapali Tscharschi (Kapalı Çarşı) in Istanbul zusammen mit Abdülaziz und Mahmut II. (Bild von 2006).

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