Erkenntnis
Erkenntnis [irfan]

Aussprache: irfaan
arabisch:
عرفان , معرفة
persisch:
عرفان
englisch: mystic knowledge

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Erkenntnis ist das Bewusstsein der einen Wirklichkeit der Einheit [tauhid], die wie ein Strom alles und jeden durchzieht.

Die äußere Vielfalt lenkt den Erkennenden zur Einheit [tauhid] des Seins und damit der Liebe. Das Sinnbild jener Liebe ist das Licht [nur]. Die Erkenntnis führt den Menschen zum Sinn des Lebens. Ausgangspunkt zur Erkenntnis ist das eigene Dasein und das Wissen um die Begrenztheit des eigenen Daseins.

Als wohl bekannteste Überlieferung des Prophet Muhammad (s.) zur Erkenntnis, die Imam Ali (a.) mehrfach übermittelte, gilt: "Wer sich selbst erkennt, erkennt seinen Herrn".

Es war die Sehnsucht des Menschen nach Erkenntnis, die Adam (a.) und Eva (a.) von Gott trennte. Und es ist die Erkenntnis selbst, die ihn wieder zurückführt.

Der berühmte Mystiker Halladsch vergleicht die Stufen der Erkenntnis mit dem Schicksal des Schmetterlings: "Wenn der Falter das Licht der Kerze wahrnimmt, erreicht er die Stufe des überzeugenden Wissens [ilm al-yaqin], spürt er ihre Hitze, gelangt er ins Blickfeld der Gewissheit [ain al-yaqin] und wird er schließlich von der Flamme verzehrt, erreicht er die Wahrheit der Überzeugung [haqq al-yaqin], die absolute Gewissheit."

Über dieselbe, letztendlich unbeschreibliche Grunderfahrung meint Ahmad Ghazzali in seinen "Gedanken über die Liebe": "Die äußerste Grenze des Wissens ist das Ufer der Liebe. Wenn das Wissen am Ufer steht, wird es von der Liebe noch gerade berichten können. Schreitet es aber weiter voran, dann ertrinkt es. Wie sollte es dann Kunde darüber geben können und wie sollte ein Ertrunkener Wissen besitzen?"

Wahre Selbsterkenntnis enthüllt den Grund des Daseins und lässt jegliche Anhaftung an die eigene Seele [nafs], das eigene "Ich" schwinden. "Denn wer sich selbst und seinen Herrn erkannt hat, der weiß mit Gewissheit, dass er kein Dasein von sich selber hat, sondern dass sein Dasein und die Erhaltung und Vollkommenheit seines Daseins von Gott und zu Gott und durch Gott ist", erklärt Abu Hamid Ghazzali in seinem "Elixier der Glückseligkeit". Am Ende seiner mystischen Reise gelangt der Erkenner [arif] schließlich zu "jener Wahrheit, die das Ich sterben lässt, um es für die (göttliche) Wirklichkeit zu erwecken", sagt der bekannte Führer der Bagdader Mystikerschule Dschunaid in Faridudin Attars Hagiographie (tadhkirat al-awliya 2, 35).

Mit "Erkenntnis" [irfan] ist die Erkenntnis der absoluten Wirklichkeit gemeint und dies stellt somit der Geist des Islam dar. Ein Mensch mit Erkenntnis, wird in allen Dingen die eine Wahrheit erkennen, die ihm "näher ist als seine Halsschlagader" (vgl. Heiliger Qur'an 50:16).

So zielen alle religiösen Verpflichtungen [wadschib] letztendlich nur auf die Verinnerlichung des Glaubensbekenntnis [schahada] der Einheit [tauhid], das Abu Hamid Ghazzali in vier Grade unterteilt hat:

  1. Der Mensch sagt mit seiner Zunge: "Es gibt keine Gottheit außer Gott", während sein Herz dies ablehnt, wie wenn Heuchler  bekennen.
  2. Sein Herz hält das Ausgesprochene für wahr, wie es alle Rechtgläubigen für wahr halten.
  3. Er sieht viele Dinge, sieht sie aber trotz ihrer Vielfalt von dem Einen ausgehen.
  4. Er sieht im Sein nur noch Einen und alles im Einen

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