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zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Fatma Aliye Topuz, bekannt als Fatma Aliye war eine türkische
Schriftstellerin, Kolumnistin, Essayistin und
Frauenrechtlerin.
Obwohl es bereits 1877 einen Roman der türkischen Autorin
Zafer Hanım gab, wird Fatma Aliye Hanım mit ihren fünf Romanen
oft als erste Romanautorin unter den
Osmanen bezeichnet.
Fatma Aliye wurde am 9. Oktober 1862 in
Istanbul geboren. Sie war das zweite Kind von
Ahmed Dschewdet Pascha. Ihre Muuter war Adviye Rabia Hanım.
Fatma Aliye hatte zwei Geschwister: einen Bruder Ali Sedat und
eine Schwester Emine Semiye. Aufgrund der Position ihres
Vaters als Provinzgouverneur in
Ägypten und später in Griechenland verbrachte sie drei
Jahre von 1866 bis 1868 in
Aleppo und sechs Monate 1875 im griechischen Ioannina.
1878 blieb sie neun Monate mit ihrer Familie in
Damaskus, wohin ihr Vater berufen wurde.
Fatma Aliye wurde zu Hause unterrichtet, da es zu dieser
Zeit für Mädchen nicht üblich war, sich in Schulen
einzuschreiben, obwohl es keine gesetzlichen Beschränkungen
für die Ausbildung von Frauen gab. Aufgrund ihrer
intellektuellen Neugier erwarb sie ein hohes Maß an
Kenntnissen in
Arabisch und Französisch.
Im Jahr 1879, als sie siebzehn Jahre alt war, arrangierte
ihr Vater ihre Ehe mit dem Hauptmann Mehmet Faik Bey, einem
Adjutanten von
Abdülhamid II. und einem Neffen von Gazi Osman Pascha. Sie
gebar vier Töchter: Hatice (geb. 1880), Ayşe (geb. 1884),
Nimet (geb. 1900) und Zübeyde İsmet (geb. 1901). Ihr Ehemann
war intellektuell weniger begabt als sie und erlaubte ihr in
den ersten Jahren ihrer Ehe nicht, Romane in Fremdsprachen zu
lesen.
Sie debütierte 1889 in der Literatur mit der Übersetzung
von Georges Ohnets Roman Volonté aus dem Französischen ins
Türkische unter dem Titel Meram mit der Erlaubnis ihres
Mannes, zehn Jahre nach ihrer Heirat. Das Buch wurde unter
ihrem Pseudonym „Bir Hanım“ („Eine Dame“) veröffentlicht. Der
bekannte Schriftsteller Ahmet Mithat war von ihr so
beeindruckt, dass er sie in der Zeitung Tercüman-ı Hakikat
("Der Übersetzer der Wahrheit") zu seiner Ehrentochter
erklärte. Fatma Aliye zog auch die Aufmerksamkeit ihres Vaters
auf sich, so dass er sie belehrte und Ideen mit ihr
austauschte. Nach ihrer ersten Übersetzung verwendete sie in
ihren aufeinander folgenden Übersetzungen den Pseudonym "Mütercime-i
Meram" ("Übersetzerin der Aussage").
1894 verfasste sie gemeinsam mit Ahmet Mithat Efendi den
Roman Hayal ve Hakikat („Traum und Wahrheit“). Sie schrieb die
Passagen für die Heldin, während die Passagen für die
männliche Figur von Ahmet Mithat verfasst wurden. Die Arbeit
wurde mit "Bir Kadın ve Ahmet Mithat" ("Eine Frau und Ahmet
Mithat") unterzeichnet. Nach diesem Roman tauschten die beiden
Autoren lange Zeit Briefe miteinander aus, die später in der
Zeitung Tercüman-ı Hakikat veröffentlicht wurden.
Fatma Aliye veröffentlichte 1892 ihren ersten Roman
Muhazarat („Nützliche Informationen“) unter ihrem richtigen
Namen, in dem sie den Glauben zu widerlegen versuchte, dass
eine Frau ihre erste Liebe nicht vergessen kann. Das Buch
wurde 1908 neu gedruckt.
Ihr zweiter Roman Udi („Die Lautenspielerin“),
veröffentlicht 1899, zeigt eine Oud-Spielerin, die Fatma Aliye
in
Aleppo kennen gelernt hat. In diesem Roman erzählt sie in
einer einfachen Sprache die Lebensgeschichte von Bedia, die
eine unglückliche Ehe geschlossen hat. Der bekannte
Schriftsteller Reşat Nuri Güntekin bezeichnet Udi als eines
der wichtigsten Werke, das sein Interesse für Literatur
weckte.
Ihre anderen Romane sind Raf'et (1898), Enin („Seufzen“)
(1910) und Levaih-i Hayat („Szenen aus dem Leben“). Sie
thematisierte in ihrem Werk die Ehe, die Harmonie zwischen den
Ehepartnern, die Liebe und Zuneigung und die Wichtigkeit, die
der arrangierten Ehe zuwiderläuft. Darüber hinaus wählte sie
den Individualismus als zentrales Thema aus, indem sie
unabhängige und eigenständige Heldinnen schuf, die ohne die
Notwendigkeit eines Mannes arbeiten und eigenes Geld
verdienen.
1893 wuchs ihre Bekanntheit nach der Veröffentlichung von
Ahmet Mithats Buch Bir Muharrire-i Osmaniye'nin Neşeti
(„Geburt einer osmanischen Schriftstellerin“), das aus Briefen
von Fatma Aliye bestand. In diesen Briefen drückt sie ihre
unendliche Begeisterung für das Lernen aus. Ihr Roman Udi
wurde ins Französische übersetzt. Ihre Arbeit wurde auch
international anerkannt und in der Bibliothek der
Weltausstellung von 1893 in Chicago ausgestellt. 1914
veröffentlichte sie ihr Buch Ahmed Cevdet Paşa ve Zamanı
(„Ahmet Cevdet Pascha und seine Zeit“), um ihren Vater gegen
politische Angriffe zu verteidigen. In dieser Arbeit
beabsichtigte sie, die politische Szene nach der zweiten
konstitutionellen Ära zu präsentieren. Die Kontroverse zur
offiziellen historischen These führte jedoch zum Ausschluss
des Buches aus der Literatur.
Neben ihren literarischen Werken schrieb sie zwischen 1895
und 1908 dreizehn Jahre lang in der Zeitschrift Hanımlara
Mahsus Gazete (Zeitung für Frauen) Kolumnen über die Rechte
der Frau, ohne ihre konservativen Ansichten aufzugeben. Ihre
Schwester Emine Semiye Önasya (1864–1944), eine der ersten
türkischen Frauenrechtlerinnen, gehörte ebenfalls zu den
intellektuellen Frauen der Redaktion der zweimal wöchentlich
erscheinenden Zeitschrift.
In ihrem 1896 veröffentlichten Buch Nisvan-ı İslam („Frauen
des Islam“) erklärte Fatma Aliye der
Westlichen Welt die Situation muslimischer Frauen und
verteidigte einige konservativen Traditionen. Gleichzeitig
setzte sie sich gegen die
Polygamie ein.
Fatma Aliye engagierte sich auch für wohltätige Zwecke.
Nach dem Griechisch-Türkischen Krieg gründete sie 1897 eine
gemeinnützige Organisation „Nisvan-ı Osmaniye İmdat Cemiyeti“
(„Osmanische Frauenvereinigung für Hilfe“), um Familien von
Soldaten zu unterstützen. Es war eine der ersten
Frauenorganisationen des Landes. Für ihre humanitären
Bemühungen wurde sie 1899 von
Abdülhamid II. mit dem Orden der Nächstenliebe (Şefkat
Nişanı) ausgezeichnet.
Fatma Aliye wurde auch das erste weibliche Mitglied des „Osmanlı
Hilal-i Ahmer Cemiyeti“ (Osmanischer Roter Halbmond). Außerdem
arbeitete sie für das „Müdafaa-i Milliye Osmanlı Kadınlar
Heyeti“ (Osmanisches Frauenkomitee für nationale
Verteidigung), das nach dem italienisch-türkischen Krieg und
den Balkankriegen in den 1910er Jahren gegründet wurde.
Ihre jüngste Tochter, Zübeyde İsmet, konvertierte 1926 zum
Christentumund verließ die
Türkei, um römisch-katholische Nonne zu werden. Fatma
Aliye reiste in den 1920er Jahren mehrmals nach Frankreich auf
der Suche nach ihrer Tochter und auch aus gesundheitlichen
Gründen. 1928 verlor sie ihren Ehemann. Fatma Aliye nahm nach
der Einführung des Familiennamengesetzes in der Türkei, das am
21. Juni 1934 in Kraft trat, den Familiennamen „Topuz“
(Haarknoten) an. Sie trug später keine
Verhüllung [hidschab] aber hatte in der Öffentlichkeit
ihre Haare stets zu einem Haarknoten zusammengebunden.
Nachdem sie ihre letzten Lebensjahre in schlechter
gesundheitlicher und finanzieller Verfassung verbracht hatte,
starb sie am 13. Juli 1936 in
Istanbul. Sie wurde auf dem Feriköy-Friedhof beigesetzt.
Das Porträt von Fatma Aliye ist auf der Rückseite der
50-türkischen Lira-Banknote aus dem Jahr 2009 abgebildet. Die
Entscheidung der türkischen Zentralbank, sie als erste so
geehrte Frau und als erste türkische Schriftstellerin zu
wählen, löste in der
Türkei Kontroversen aus. Die Kritiker argumentierten, dass
Schriftstellerinnen wie
Halide Edip Adivar aus der republikanischen Ära besser
geeignet seien, eine Banknote mit
Mustafa Kemal Atatürks Porträt zu schmücken, als Fatma
Aliye, die ihre Vorstellungen von Frauenrechten im Kontext des
islamischen Rechts [scharia] entwickelte ) und gegen
Atatürks Reformen gewesen sei.
Zwei Straßen in der
Türkei sind nach Fatma Aliye benannt, eine in Beyoğlu
(İstanbul), die andere in Çankaya (Ankara).