Ibrahim Mütferrrika
Ibrahim Mütferrika - Ibrahim Pascha

Aussprache:
arabisch:
persisch:
englisch:
Ahmad Jedet Pasha

???- ??? n.d.H.
1674 - 1745 n.Chr.

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Ibrahim Mütferrika war in der ersten Phase der Modernisierung des Osmanischen Reichs im 18. Jh. n.Chr. ein Gelehrter in vielen Bereichen, der 17 Grundwerke verfasst hat und die Buchdruckkunst unter den Osmanen einführte.

Er ist 1674 in Kolozsvár (Siebenbürgen) geboren und war ein Ungar namens Ibrahim (später mit dem Zusatz Pascha). Er ist aber eigentlich unter dem Namen Ibrahim Müteferikka bekannt.

Mütferrikas Name wird am häufigsten mit der Gründung der "ersten osmanischen Druckerei" in Verbindung gebracht, dabei diente die Druckerei "nur" als Mittel, mit dem er seine tatsächliche, aufklärerische Zielsetzung verwirklichen konnte: Die Veröffentlichung einer ganzen Reihe von Werken, zur Öffnung der verkursteten osmanischen Strukturen nach Europa.

In 1727 wird ihm in einem Ferman von Ahmet III. die Einrichtung einer Druckerei in Istanbul erlaubt. Das Ausüben der Buchdruckerkunst war bis dahin mit der Todesstrafe bedroht. Besagte Druckerei wurde 1729 im Haus Müteferrikas eingerichtet. Die Druckerei war zudem nicht die erste im Osmanischen Reich. Eine Hebräische Druckerei existierte bereits seit 1493 in Istanbul und wurde seitens der aus Spanien und Portugal vertriebenen Sepharden gegründet. Es folgte einige Jahre später eine zweite hebräische Druckerei in Thessaloniki und 1567 wurde eine armenische Druckerei durch Sivasli Apkar gegründet. Im Jahr 1627 richtete der griechisch-orthodoxe Priester Nicodimus Metaxas eine griechische Druckwerkstatt ein.

Obwohl es aber bereits mehrere Jahrhunderte jene Druckereien gab, haben sich die Osmanen gegen deren Nutzung gewehrt. Druckuntensilien, die 1698 durch Armenier ins Land geschmuggelt werden konnten, wurden vom Staat zerstört. Eine Osmanische Druckerei war ausdrücklich verboten.

Erst durch die Unterstützung Said Efendis, nach einem "einsichtigen" Rechtsurteil [fatwa] der Hofgeistlichen im Jahre 1726 gründete Mütferrika die Druckerei und betrieb sie bis zum Schluss im eigenen Haus. Die Führung des Landes hatte Jahrhunderte lang eine osmanische Druckerei aus angeblich religiösen Gründen abgelehnt. Unter Sultan Bayezit II. war ein Erlass veröffentlicht worden, der von seinem Sohn Sultan Selim I. 1515 bekräftigt worden war, der unter Androhung der Todesstrafe durch den Strang die Gründung und Betreibung einer muslimischen Druckerei verboten hatte; andere Religionsgemeinschaften waren von dem Verbot nicht betroffen.

Nach Überwindung der rechtlichen Problematik  bestand das technische Problem, Buchstaben und Druckvorlagen in arabischer Schrift zu besorgen, mit denen man osmanische Text drucken konnte. So hatte Müteferrika eigenhändig aus importierten Rohstoffen den Entwurf und das Formgießen der Buchstaben ausgeführt. Die Druckmaschine selbst war schrankgroß.

Müteferrika selbst wurde zu Lebzeiten wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Auch die Forschung über sein Leben und Wirken setzte erst sehr spät ein. So sind die Angaben über sein Leben höchst widersprüchlich, und es gibt mehrere Lebenslaufvarianten.

Gesichert ist, dass Müteferrika zunächst als persönlicher Botschafter des Sultan Ahmet III. bereits 1715 nach Wien gesandt worden ist, um Verhandlungen mit Prinz Eugen zu führen. 1717 ging er nach Paris, um den dort nach Exil suchenden siebenbürgischen Fürsten Rakoczi Ferencz II. zu bitten, nach Istanbul zu ziehen, was dieser auch tat. Sicher scheint auch, dass Müteferrika als junger Mann bereits mehrere Sprachen beherrschte, so Latein und Griechisch, Französisch und Deutsch, lernte sehr schnell Osmanisch, Arabisch und Persisch.

Drei Biographievarianten stellt der ungarische Altaist Horváth J. József vor (in: Török Füzetek 2003/1 11—12. o. 2003/2 11—12.), die alle sehr bemerkenswert sind und in einigen Punkten Gemeinsamkeiten aufweisen. Die erste Version ist die bekannteste. Demnach war Müteferrika ein Protestant aus Erdély, der während eines osmanischen Feldzuges in die Hände der Osmanen fiel und nach Istanbul verschleppt wurde. Er soll aus ärmlichen Verhältnissen stammen und Theologiestudent gewesen sein. Er nahm dort der Islam an, lernte Türkisch, Arabisch und Persisch und forschte über seinen neuen Glauben, dann veröffentlichte er seine Ansichten in seinem Werk Risale -i Islamiye (Abhandlung über den Islam, 1705-711). Durch seine fundierte, Bildung und seinen Sprachkenntnissen fiel er in Istanbul schnell auf und wurde zum Kurier und Dolmetscher des Sultans berufen. Der Großwesir Damat Ibrahim Pascha Ibrahim Pascha freundete sich mit ihm an und er wurde mit schwierigen diplomatischen Aufgaben betraut, die auch Sprachkenntnisse erforderlich machten. So übernahm er die Rolle des türkischen Sekretärs für seinen Landsmann, den geflüchteten siebenbürgischen Regenten Rákóczi Ferencz II. (1676 - 1735). Jahrelang versah Ibrahim Müteferrika die Rolle des eingeweihten Vermittlers zwischen der Hohen Pforte und dem Exilregenten und durch seine Hand gingen die zahlreichen vertraulichen, wörtlichen wie schriftlichen, Dialoge über Staatsangelegenheiten der Innen- und Außenpolitik. Müteferrika gab in seinem Werk Risale-i Islamiye über sich selbst bescheiden folgende Auskunft: „Ich bin ein anspruchsloser, mittelloser Sklave, und wurde in Ungarn, in der Stadt Kolozsvár geboren.“ Der Reisebericht des berühmten Evliya Tschelebi (Çelebi) wurde als einer der ersten Werke in der Druckerei gedruckt.

Eine Analyse des türkisch-zypriotischen Wissenschaftlers Niyazi Berkes, der den Text des Risale-i Islamiye unter die Lupe nahm, brachte neue Erkenntnisse. Demnach glaubt Berkes nicht, dass Müteferrika ein Protestant war, sondern hält ihn für einen Unitarier (eine religiöse Gruppe, die damals in Erdély sehr verbreitet war, und der damals wie auch später Verfolgungen ausgesetzt war), der wegen den Verfolgungen freiwillig nach Istanbul emigrierte. Der Historiker Niyazi Berkes ist der Ansicht, dass Müteferrika ca. 1670 oder 71 geboren wurde und er in Istanbul Aufnahme in der recht großen Gruppe der ungarischen Unitarier fand. In einer anderen Version war Müteferrika vormals Jude.

Seine Druckmaschine in Istanbul wurde eifrig eingesetzt. Das erste in der Druckmaschine gedruckte Buch war das Vankulu Wörterbuch. Mindestens 500 Exemplare wurden gedruckt und verkauft. Später sollten weitere Bücher folgen. Müteferrika hat zu Lebzeiten in seiner Druckerei insgesamt 17 verschiedene Bücher veröffentlicht:

bullet Vankulu Wörterbuch in 2 Bänden, 1729
bulletTuhfet-ul Kibar fi Esfar al-Bihar, 1729
bulletGeschichte des Reisenden, 1729
bulletGeschichte von Hind-i Garbi, 1730
bulletGeschichte von Timur Gurgan, 1730
bulletGeschichte-I Misr-i Kadim und Misr-i Cedid, 1730
bulletGülşen-i Hülefa, 1730
bulletGrammaire Türkis, 1730
bulletUsul al-Hikam fi Nizam al-Umam, 1732
bulletFiyuzat-i Magnetisiye, 1732
bulletCihan-numa, 1732
bulletKalender al-Tavarih, 1733
bulletKitab-ı Tarih-i Naima, in 2 Bänden, 1734
bulletGeschichte-i Rashid, in 3 Bänden, 1735
bulletGeschichte von Çelebizade, 1741
bulletAhval-i Gazavat der Diyar-i Bosna, 1741
bulletKitab-ı Lisan al-Acem el Müsemma bi-Ferheng-i Shuuri, in 2 Bänden, 1742

Müteferrika starb 1745 in Istanbul und wurde auf dem Friedhof des heutigen Galata Mevlevihane Museums (Galata Mevlevihanesi Müzesi) beigesetzt.

Im Park der Zisterne der 1001 Säulen in Istanbul ist eine Büste, die ihn darstellen soll aufgestellt. Inmitten des Antiquariatsbasar (Sahaflar Çarşısı) steht ebenfalls eine Büste von ihm.

Das einzige Buch, das vollständig Müteferrika gewidmet ist, ist in deutscher Sprache und stammt von Aladár Simonffy: "Ibrahim Müteferrika, Bahnbrecher des Buchdrucks in der Türkei" (Budapest, 1944). Die türkische Übersetzung wurde 1945 in Ankara publiziert.

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