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zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
Theokratie wird als die Herrschaftsform bezeichnet, die
ausschließlich religiös legitimiert ist.
Der Begriff stammt aus dem Altgriechischen Theos für „Gott“
und Kratein für „herrschen“. Im Deutschen wird für einen auf
Theokratie beruhenden Staat der Begriff „Gottesstaat“
verwendet.
Als historisch älteste Theokratie gilt die von den
zwölf
Stämmen der
Juden
gebildete Staatsform unter anderem geführt von
David
(a.) und
Salomo
(a.) und
Saul
(a.) [talut]. Die spätere so genannte Theokratie der Römer
hingegen war ein Missbrauch des Begriffs, da der Herrscher
selbst zum Gott ernannt worden ist.
Juden
und
Christen wurden verfolgt, weil sie sich weigerten den
Kaiser des Reichs als
Gott
anzuerkennen. Auch Kaiser in Deutschland wie z.B. Karl der
Große beriefen ihre Herrschaftslegitimation auf
Gott,
obwohl die Praxis wenig mit der Religion zu tun hatte, sondern
eine Erbmonarchie war.
Zur Gründerzeit des
Islam
hat
Prophet Muhammad (s.) ein Jahrzehnt in
Medina
die Grundlagen für eine Theokratie aufgebaut. Nach seinem
Dahinscheiden gerieten die
Gefährten in Streitigkeiten über die Nachfolge, so dass
nach den ersten
vier Kalifen durch
Muawiya ibn Abu Sufyan eine Erbmonarchie etabliert wurde,
die lediglich den Bezug zu
Gott
mit dem Begriff
Kalif
und
Kalifat missbraucht haben. Höhepunkt des Missbrauchs waren
die Ereignisse von
Aschura.
Zahllose Dynastien folgten aufeinander mit zuweilen
konkurrierenden
Kalifen,
denen allesamt die eigene Macht wichtiger war als
Gott.
Der Begriff
Kalif
ging dann mit dem Untergang des
Osmanischen Staates ebenfalls unter.
Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass abgesehen
von sehr kurzen Phasen in der Weltgeschichte, in denen
Propheten über eine begrenzte Region geherrscht haben,
keine echten Theokratien bestanden haben.
Das änderte sich mit dem Sieg der
Islamischen Revolution und der Gründung der
Islamischen Republik Iran. Erstmals wurde in der
Weltgeschichte seit der Zeit
Imam Alis (a.) ein Staatssystem verwirklicht, in dem der
erwartete Erlöser
Imam
Mahdi (a.) Staatsoberhaupt ist. Bis zu seinem Erscheinen
aus der
großen Verborgenheit wird seine Vertretung vom
Statthalter des Rechtsgelehrten [waliy-ul-faqih] erfüllt.
In der Praxis liegen die Unterschiede zwischen der
Theokratie in der
Islamischen Republik Iran und den Demokratien in der
Westlichen Welt nicht wie fälschlicherweise angenommen in
Wahlen. In der
Verfassung der Islamischen Republik Iran sind sowohl die
Rechte als auch die Pflichten aller Bürger (auch von
Nichtmuslimen) dargelegt und der Charakter einer Erbmonarchie
ausgeschlossen. Daher hat
Imam
Chamenei das System auch „islamische Demokratie“ genannt.
In der
Struktur der Verfassung der Islamischen Republik Iran wird
deutlich, dass drei Arten von Wahlen die Hauptwahlen des
Volkes der
Islamischen Republik Iran sind:
Aus Sicht der
Westlichen Welt widerspricht das Prinzip der Theokratie dem
Liberalismus, denn es gibt Beschränkungen, die in einer
„islamischen Demokratie“ bedeutsam, im Liberalismus hingegen
verabscheut werden. Grundwerte, die von Gott festgelegt sind,
wie sie z.B. seit Jahrtausenden in den
Zehn Geboten beschrieben sind, können in einer
„islamischen Demokratie“ nicht auf den Kopf gestellt werden.
So wird es in der
Islamischen Republik Iran z.B. weder eine Sterbehilfe,
noch die staatliche Erlaubnis zur Prostitution noch eine „Ehe“
für homosexuelle Paare geben können. Oberster Wächter über die
Einhaltung der Grenzen zum
Verbotenen [haram] ist der
Statthalter des Rechtsgelehrten [waliy-ul-faqih]. Bei
neueren Entwicklungen, die über den persönlichen Ritus
hinausgehend gesellschaftlich relevant sind, ist das
Rechtsurteil [fatwa] des
Statthalters des Rechtsgelehrten [waliy-ul-faqih] bindend
für den Staat. So ist die
Atomwaffen-Fatwa Imam Chameneis der Hauptgrund dafür, dass
es niemandem in der
Islamischen Republik Iran erlaubt ist, an Atomwaffen zu
forschen.
Allerdings befindet sich jene Theokratie nach wie vor historisch betrachtet
in den Kinderschuhen.
Imam
Chamenei hat dazu im Jahr 2020 unter anderem Folgendes in
einer Rede gesagt: „Wir haben (noch) keine islamische
Gesellschaft, noch nicht einmal einen islamischen Staat haben
wir. Von den vielfältigen Etappen, deren Realisierung wir
erörtert haben, steckt das Aufstellen einer islamischen
Regierung noch in den Kinderschuhen. Nach der Errichtung eines
islamischen Staates folgt der Aufbau einer islamischen
Gesellschaft. Wir haben diese Etappen noch vor uns.“
Letztendliches Ziel einer Theokratie ist die Vorbereitung des
Erscheinens des Erlösers durch eine Gesellschaft, die auf
Liebe
basiert.