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Yahya ibn Chalid ibn Barmak gilt als das prominenteste
Mitglied der
Barmakiden. Er
diente
Harun al-Raschid
als langjähriger
Wesir.
Yahya war der Sohn von
Chalid ibn Barmak, dem ersten Familienmitglied, das unter
den
Abbasiden eine
herausragende Stellung am Hof erlangte.
Als sein Vater
Chalid ibn Barmak Gouverneur von
Tabaristan war
(766/67–772 n.Chr.), wurde Yahya zu seinem Repräsentanten in
Ray
ernannt, wo
Mahdi (reg. 775–785 n.Chr.), damals als Vizekönig für das östliche
Kalifat eingesetzt war. Dort kamen sich die beiden Männer so nahe, dass
Mahdi jüngerer Sohn, der zukünftige
Harun al-Raschid
(reg. 786–809), als er geboren wurde, von Yahyas Ehefrau, Zubayda
bint Munir, erzogen wurde, während al-Mahdi Frau
Chayzuran bint Atta Yahyas kleinen Sohn al-Fadhl aufzog, der wenige
Tage zuvor geboren worden war. Diese Beziehung schuf starke Bindungen zwischen
ihnen, die sich als entscheidend für das zukünftige Schicksal
der
Barmakiden erweisen
sollte.
Bereits 775 n.Chr. wurde Yahya selbst zum Gouverneur von
Aserbaidschan ernannt. Als sein Vater
Chalid ibn Barmak unter
Mahdi in sein zweites Gouverneursamt nach
Fars
berufen wurde, begleitete ihn Yahya erneut als sein Assistent.
Im Jahr 778 n.Chr. wurde Yahya er zum Privatlehrer und Sekretär von
Harun ernannt. Yahya wurde eine Art Vaterfigur für den jungen
Thronfolger, während Yahya und seine Familie wiederum ihr Vermögen
an
Harun banden. Als
Harun 780 n.Chr. erstmalig als eingeständiger Befehlshaber ausgesandt wurde, um einen
Feldzug
gegen
Byzanz zu leiten, begleitete ihn Yahya.
Yahya war für die Versorgung der Armee verantwortlich, während er
gleichzeitig zusammen mit
Rabi ibn Yunus (der
ein politischer Verbündeter von Yahya werden sollte) als
Berater von
Harun bei allen militärischen Entscheidungen
fungierten. Der Feldzug war ein kleiner Erfolg, der
zur Eroberung der Festung von Samalu führte und Yahyas
Position weiter stärkte. Als
Harun zum zweiten Erben ernannt
wurde (nach seinem älteren Bruder
Hadi) und ihm die
Verantwortung für die Provinzen
Aserbaidschan und Armenien
übertragen wurde, verwaltete Yahya diese in seinem Namen.
Als
Mahdi im Juli 785 plötzlich auf der Jagd starb, war
Yahya maßgeblich daran beteiligt, eine reibungslose Nachfolge
zu gewährleisten und einen Aufruhr der Truppen zu vermeiden,
die wahrscheinlich die Gelegenheit nutzen würden, um die
Zahlungen für mehrere Jahre aus der Staatskasse zu ziehen.
Yahya und Königin
Chayzuran bint Atta hielten den Tod geheim,
entließen die Truppen mit einem Geschenk von 200 Dirham,
begruben
Mahdi und beorderte
Hadi zurück nach
Bagdad, der sich damals
in Dschuzdschan befand, um den Thron zu übernehmen. Nachdem
die Wahrheit bekannt wurde, randalierten die Truppen und
erkämpften sich eine Zahlung von zwei Jahresgehältern, doch
die unmittelbare Krise war abgewadt worden.
Nach
Hadis Amtsantritt wurde Yahya in seinem Amt
bestätigt, mischte sich aber bald in den Kampf um die
Nachfolge ein.
Hadi wollte als
Kalif seinen Bruder
Harun aus der Nachfolge streichen und stattdessen seinen eigenen
Sohn Dschafar ernennen. Harun selbst schien bereit zu sein, sich
dieser Degradierung zu fügen, aber dies bedrohte Yahyas eigene
Position, die von
Haruns Status als offensichtlicher Erbe
abhängig war. Folglich versuchte er zusammen mit
Rabi ibn Yunus und der einflussreichen und mächtigen Königinmutter
Chayzuran bint Atta,
Haruns Position aufrechtzuerhalten. Zu dieser
Zeit war Königin
Chayzuran bint Atta die mächtigste Person im
Kalifat, und
Hadi hasste diese immense Autorität seiner Mutter.
Yahya versuchte, zwischen den beiden
Brüdern zu vermitteln, und drängte
Harun zu einer entschiedeneren Verteidigung seiner Rechte und
Hadi zu
einer versöhnlicheren Haltung. Die Rivalität zwischen den
beiden Brüdern war auch Ausdruck eines umfassenderen Konflikts
zwischen einer von
Hadi bevorzugten militärischen Fraktion
und einer höfisch-bürokratischen Fraktion, die sich hinter
den
Barmakiden und
Rabi ibn Yunus mit
Harun als ihrem
Kandidaten versammelte.
Im September 786 spitzte sich der Konflikt zu: Yahya wurde inhaftiert und sollte hingerichtet werden, aber in
derselben Nacht wurde
Hadi tot aufgefunden. Die genaue
Todesursache von
Hadi ist unbekannt, aber mehrere Quellen
implizieren, dass
Chayzuran bint Atta dafür verantwortlich war, indem
sie eine ihrer Sklavinnen den
Kalifen im Schlaf ersticken
ließ. In derselben Nacht wurde al-Hadis kleiner Sohn
Dschafar verhaftet und gezwungen, auf seine Rechte auf die Nachfolge zu
verzichten, und
Harun wurde als Thronfolger eingesetzt. In einer von
Tabari berichteten Version
befreite
Harun seinen Lehrer Yahya, sobald er auf dem Thron saß, während
in einer anderen Version Yahya frei kam und sich beeilte, seinen schlafenden Schützling mit
den Worten zu wecken: „Erhebe dich, o Befehlshaber der Gläubigen“.
Tabari übermittelt auch ein Gedicht des Hofdichters
Ibrahim al-Mawsili zur Thronbesteigung von
Harun al-Rashid:
Hast du nicht gesehen, dass die Sonne kränklich war,
aber als Harun die Macht übernahm, strahlte sein Licht
hervor.
Durch die verheißungsvollen Wirkungen des Vertrauten
Gottes, Harun, des Freigiebigen?
Denn Harun ist sein Herrscher und Yahya sein Wesir.
Unter Nachdem
Harun al-Rashid wurde Yahya sofort zum
Wesir ernannt mit bevollmächtigter
Autorität über alle Regierungsangelegenheiten sowie freier
Hand bei der Auswahl des Personals. Nach dem Tod der
Königinmutter
Chayzuran bint Atta wurde Yahya auch die Position des
Siegelwächters zuerkannt, wobei die Quellen berichten, dass
Harun sein Siegel persönlich überreichte, um die seinem
Wesir
übertragenen Befugnisse zu symbolisieren.
Yahya machte seine beiden älteren Söhne
Al-Fadhl und
Dschafar zu seinen Mitarbeitern und teilte mit ihnen alle Pflichten und
Befugnisse seines Amtes, bis zu dem Punkt, dass sie auch das
Siegel des Kalifen trugen und anscheinend auch als
Wesire
bezeichnet wurden. Diese
Machtkonzentration leitete die Periode ein, die in den Quellen
als "Herrschaft der
Barmakiden" bekannt
wurde. Es war eine Ära vergleichsweisen Friedens und
Wohlstands, in der selbst die Einträge in al-Tabaris
Chronik aufgrund des Mangels an bemerkenswerten Ereignissen
ungewöhnlich kurz sind. Die Verfolgung der
Ahl-ul-Bait (a.) fand bei
Tabari
wenig Aufmerksamkeit, ging aber auch unter der Herrschaft
Harun al-Rashids unvermindert weiter.
Im Laufe der Jahre gingen die Aufgaben der
Regierungsführung mehr und mehr auf Yahyas Söhne über, und im
Jahr 798 n.Chr.
bat Yahya während einer der
Pilgerfahrten [hadsch] des
Harun um
Erlaubnis, sich nach
Mekka
zurückziehen zu dürfen. Dies dauerte nicht lange, denn
innerhalb eines Jahres war er wieder auf seinem Posten in
Bagdad.
Yahya wurde für seine Förderung von Gelehrten und Dichtern
und insbesondere für die Förderung einer massiven
Übersetzungsarbeit indischer Werke aus dem Sanskrit ins
Arabische ausgezeichnet. Auch verdankt die
Westliche Welt dem Wirken jener Zeit den Erhalt vieler
altgriechischer Meisterwerke, wie z.B.
Elemente des Euklid.
Neben
den Übersetzungen brachte Yahya auch zahlreiche indische Ärzte
in ein eigens errichtetes Krankenhaus nach
Bagdad. Er
beauftragte den Dichter Aban al-Lahiqi, die Geschichten von
Kalila und Dimna, Sindbad und viele andere mehr in
Versform im
Arabischen aufzuschreiben. So gab es auch viele
Versammlungen von Gelehrten, die von den
Barmakiden
organisiert worden sind. So lange die Macht der
Abbasiden
nicht gefährdet war und die
Ahl-ul-Bait (a.) nicht auftreten durften, bestand ein
gewisses Maß an Freiheit, was zur Entwicklung des Reichs
führte.
Die größte Schwäche der Position der
Barmakiden
war ihre mangelnde Unterstützung durch das Militär. Als der
Staatshaushalt durch Misswirtschaft in eine Schieflage geriet,
wurden durch die
Barmakiden
die Steuern erhöht. Die Folge war eine Revolte von Walid ibn
Tarif im Jahr 794. Sie konnte nur durch das alte militärische
Establishment zurückgeschlagen werden, wodurch das
Machtmonopol der
Barmakiden
geschwächt wurde.
Auch die Beziehung Yahyas zu seinem alten Verbündeten zu
Rabi ibn Yunus wich einer Rivalität, da
Rabi ibn Yunus zunehmend das Vertrauen
Haruns erlangte. Grund für diese Rivalität war auch, dass
Harun den Einfluss der
Barmakiden
schwächen wollte, da diese nach Ansicht von
Harun nicht erbittert genug die Anhänger der
Ahl-ul-Bait (a.) verfolgten. Im Jahr 803 n.Chr. geriet seine Familie in Ungnade und er wurde ins
Gefängnis geworfen, wo er 806 n.Chr. starb.