Zeitehe [mut'a]
  Zeitehe [mut'a], Genussehe

Aussprache: mut-a
arabisch:
زواج المتعة
persisch:
englisch: temporary marriage

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Die Zeitehe bzw. Genussehe (das Wort "mut'a" bedeutet Genuss) ist eine Form der im Islam erlaubten Ehe, bei der die Dauer der Ehe von vornherein abgesprochen und festgelegt wird.

Die Rahmenbedingungen der Zeitehe unterschieden sich in bestimmten Bereich von der Ehe:

bulletEs muss bei der Eheschließung ein gültiger Zeitraum (eine bestimmte Anzahl an Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren) für die Zeitehe festgelegt werden. Sollte dies nicht geschehen, wird die Zeitehe automatisch zu einer Dauerehe umgewandelt und erfordert somit eine Scheidung um beendet zu werden. Der festgelegte Zeitraum kann nach verschiedenen Rechtsgelehrten zwischen einer Stunde und 99 Jahren - also nahezu unbegrenzt, aber nur für das Diesseits - betragen.
bulletEs muss eine Brautgabe festgelegt werden, da die Zeitehe ansonsten ungültig ist. Dabei muss es sich um etwas festgelegtes und Definiertes handeln, das gemäß dem Brauch einen gewissen Wert hat (z.B. ein festgelegter Geldbetrag oder eine Pilgerreise). Übertreibungen in diesem Bereich werden aber von den großen Gelehrten [faqih] wie Imam Chamenei abgelehnt.
bulletIm Gegensatz zu der Dauerehe können bei der Zeitehe Beschränkungsvereinbarungen getroffen werden, die bei der Dauerehe nicht zulässig sind. So kann z.B. bei der Eheschließung eine nur eingeschränkte Sexualität vereinbart werden und vieles andere mehr. Daher wird diese Form der Ehe zuweilen wie z.B. eine "Verlobung" durchgeführt.
bulletEs ist dem Muslim erlaubt eine Zeitehe mit einer Muslima oder Nichtmuslima einzugehen, unter der Bedingung, dass sie einer der anerkannten Buchreligion angehört. Der Muslima hingegen ist es nur erlaubt eine Zeitehe mit einem Muslim einzugehen.
bulletSollte man beabsichtigen, eine Zeitehe mit einer zuvor noch nicht verheirateten Muslim einzugehen, so ist die vorherige Erlaubnis des Vaters bzw. Bevollmächtigten einzuholen.
bulletSollte man die Zeitehe beenden wollen, so gibt es zwei Wege:
bullet1.) man wartet ab, bis die festgelegte Zeitdauer abgelaufen ist und die Ehe somit von sich aus beendet wird.
bullet2.) man schenkt der Frau die restliche Zeitdauer der Zeitehe mit den Worten „wahabtukil muddah“ (ich schenke dir die (restliche) Zeitdauer). Andernfalls wird die Zeitehe nicht beendet. Eine Scheidung wie bei der Dauerehe (vor gerechten Zeugen usw.) ist bei der Zeitehe nicht notwendig.
bulletWenn die festgelegte Zeitdauer abgelaufen ist, so wird die Ehe von sich aus beendet. Sollte man sich weiterhin eine Zeitehe miteinander wünschen, so muss eine vollständig neue Zeitehe geschlossen werden, mit neuer festgelegter Brautgabe und neuer festgelegter Zeitdauer.
bulletSollte keine neue Zeitehe geschlossen werden, so muss die Frau die Wartezeit [iddah] abwarten, bis sie eine neue Ehe schließen darf, welche bei der Zeitehe zwei Regelblutungen [haydh] beträgt. Sollte die Ehe während der Regelblutung [haydh] der Frau beendet werden, so zählt diese Regelblutung nicht, sondern die nächste Regelblutung [haydh] wird als die erste gewertet. Ist die Frau so alt, dass sie keine Regelblutung [haydh] mehr hat, gilt für sie keine Wartezeit [iddah]. Die Wartezeit [iddah] gilt auch bei Ableben des Ehemannes.
bulletAnders als bei der Dauerehe hat die Frau bei der Zeitehe kein Recht auf Unterhaltszahlung nach der Trennung. Ebenso haben die Ehepartner bei der Zeitehe kein Recht auf gegenseitiges Erbe, wohl aber die Kinder aus der Zeitehe.

Nach der Festlegung der Einzelheiten, d.h. der Zeitdauer, der Brautgabe und evtl. Beschränkungsvereinbarungen, sagt die Frau in arabischer Sprache:

"zawwadschtuka nafsii fii muddatil ma´luma ´ala ´l mahril ma´lum."
(Ich gebe mich dir zur Ehe für die festgesetzte Zeitdauer für die festgesetzte Brautgabe)

Der Mann antwortet dann sofort mit "qabiltu" (Ich habe akzeptiert).

Damit sind beide verheiratet.

Während diese Form der Ehe in der Schia erlaubt ist, wird sie bei Sunniten verboten. Weiterer Unterschied ist, dass ein Schiit eine Nichtmuslima nur in Zeitehe ehelichen darf, wohingegen ein Sunnit sie zeitlos ehelicht.

Bei der islamischen Legitimation der Zeitehe gehen die Meinungen auseinander. Nach sunnitischer Rechtsauffassung wurde die Erlaubnis zur Zeitehe, die im Heiligen Qur'an zweifelsfrei (siehe 4:24) vermerkt ist, vom Propheten Muhammad (s.) aufgehoben. Die Aufhebung eines Verses des Heiligen Qur'an durch eine externe Quelle, und selbst wenn es der Prophet Muhammad (s.) wäre, ist nach schiitischer Ansicht nicht möglich und auch niemals von den Ahl-ul-Bait praktiziert worden. Es existiert kein Fall, in dem ein Vers außerhalb des Heiligen Qur'an abrogiert wurde - zumindest nicht durch ALLAH und seinen Propheten Muhammad (s.) und seine Imame (a.). Hierin wurzelt daher auch die Regel, dass eine der Grundbedingungen für die Authentizität einer Überlieferung, deren völlige Widerspruchslosigkeit zum Heiligen Qur'an, unerlässliche Bedingung ist. Darüber hinaus stellt der Heilige Qur'an die höhere Autorität dar. Darin heißt es:

"...Und was ihr genossen (Istamta'tum) habt gemäß Vereinbarung, gebt ihnen ihre Brautgabe als Vorschrift. Und es ist keine Sünde, wenn ihr über die Vereinbarung hinaus miteinander eine Übereinkunft trefft, nach Erfüllung der Vorschrift. Seht, Allah ist Allwissend und Allweise." (Heiliger Qur'an 4:24)

In diesem Vers wurde weder "Ehe", noch irgend eines seiner Derivate benutzt, sondern ein Derivat des Wortes "Mut'a" (Genuss-/Zeitehe): "Istamta'tum". Das Wort "istamta'a" ist eine Verbalform der Wurzel "mta". Dementsprechend ist die Mut'a eine Form der Ehe, doch die Regularien unterscheiden sich etwas von denen der permanenten Ehe, einschließlich der Tatsache, dass das Paar seinen Vertrag verlängern kann, wie auch das Ende des Verses schon spezifiziert. Es besteht Übereinstimmung unter den Rechtsgelehrten aller Rechtsschulen, dass obiger Vers die Erlaubnis der Zeitehe beschreibt. Auseinander gehen die Meinungen darüber, ob und von wem der Vers zu einem späteren Zeitpunkt aufgehoben wurde. Während die sunnitischen Gelehrten die Aufhebung auf den Propheten Muhammad (s.) beziehen, verweisen schiitische Rechtsgelehrte auf das Verbot ab der Kalifenzeit von Umar ibn Chattab.

Zahlreiche sunnitische Kommentatoren, wie Fachr al-Radhi, bestätigen, dass o.g. Vers (4:24) bezüglich der Zeitehe offenbart wurde. Sie erklären gerade heraus, dass die Zeitehe aufgrund o.g. Verses erlaubt wurde und sagen, sie sei später verboten worden. Allerdings zitieren auch diese Gelehrten teilweise eine anders klingende Aussage von Imam Ali (a.): "Ali (r.a.) sagte: Die Mut'a ist eine Gnade von Allah an seine Diener. Wäre es nicht aufgrund des Verbotes durch Umar, würde niemand die Sünde der Unzucht begehen außer den Schlimmsten" Sunnitische Quelle: - Tafsir al-Kabir von al-Tha'labi, unter dem Kommentar zum Vers 4:24; - Tafsir al-Kabir von Fachr al-Radhi, Kommentar zum Vers 4:24; - Tafsir al-Kabir von Ibn Dscharir al-Tabari, Tafsir al-Durr al-Manthur von al-Suyuti, Tafsir al-Qurtubi, Tafsir Ibn Hayyan, Tafsir Nisaburivon al-Nisaburi.

Umar selbst bezog sich bei seinem Verbot nie auf ein Verbot durch den Propheten Muhammad (s.). Das haben andere erst später getan. Umar sagte selbst: "Die Zeitehe war erlaubt zu Zeiten des Propheten und ich verbiete sie". Der große sunnitische Gelehrte Fachr al-Radhi schrieb in seinen umfangreichen Auslegungen zum Heiligen Qur'an unter o.g. Vers: Umar sagte: Zwei Arten der Zeitehe waren (legal) zur Zeit des Propheten und Ich verbiete sie beide, und Ich bestrafe jene, die sie begehen. Dies sind : Zeitehe der Pilgerfahrt und die allgemeine Zeitehe". Tafsir al-Kabir, al-Fachr al-Radhi, - Musnad Ahmad Ibn Hanbal, Band 1, Seite 52

Zahlreiche Überlieferungen hierzu zeigen, dass beide Formen der Zeitehe praktiziert wurden zu Zeiten des Propheten Muhammad (s.) und Abu Bakr und in den frühen Zeiten von Umars Regierung. Doch verboten wurden sie durch Umar, wie er es auch selbst bezeugt. Al-Zamakhshari, ein weiterer sunnitischer Qur'an-Kommentator hat zu Vers 4:24 überliefert, dass dieser Vers aufgehoben sei, ohne einen Nachweis aus dem Heiligen Qur'an zu bringen.

Auch Ibn Kathir erwähnt in seiner Auslegung, dass Buchari erklärt hat, wie Umar den Leuten die Zeitehe verbot (Tafsir Ibn Kathir, Band 1, S. 233). Im "Sahih" von Muslim, überliefert von Dschabir ibn Abdillah al-Ansari, werden verschiedene Arten der Ehe erläutert.

Einer der Gefährten, welcher in Opposition zur Gesetzesänderung durch Umar stand, war sein Sohn Abdullah ibn Umar! Er bestand auf der Legalität beider Formen der Zeitehe. Im Folgenden werden die Überlieferung zu beiden, überliefert im "Sahih" von Tirmidhi, wiedergegeben: "Jemand fragte Abdullah Ibn Umar über die Zeitehe der Pilgerfahrt und er antwortete: Sie ist erlaubt [halal]. Daraufhin fragte man ihn: 'Dein Vater verbot sie'. Er sagte: 'Glaubst du, dass mein Vater verbieten kann, was der Prophet erlaubte? Soll Ich dem folgen, was mein Vater sagte oder dem, was der Prophet anordnete?' Der Mann antwortete: 'Natürlich dem, was der Prophet anordnete.'"  Sahih al-Tirmidhi, Band 1,Seite 157 - Tafsir al-Qurtubi, Band 2, Seite 365

Des weiteren berichtet Dschabir ibn Abdullah al-Ansari: "Wir schlossen Vereinbarungen über "Zeitehen" ab für eine Handvoll Datteln oder Getreide zu Zeiten des Propheten (s.) und zu Zeiten Abu Bakrs, bis Umar uns dies verbot wegen Amr ibn Huraith" (Sahih Muslim  Überlieferung 3249 im Abschnitt über die Zeitehe (Bab Nikah al-Mut'a)).

Malik ibn Anas und Schafi‘i überliefern wie viele andere folgende Überlieferung als glaubwürdig: Urwah ibn Zubair überliefert, dass Chulah bint Hakim zu Umar Ibn al-Chattab kam und sagte: "Rabiah ibn Umayyah praktizierte die Zeitehe mit einer Frau und die Frau wurde schwanger durch ihn. Umar wurde zornig und sagte: 'Hätte ich das Verbot zu der Zeitehe früher als jetzt verhängt, so würde ich ihn steinigen lassen.'" Al-Muwatta' von Malik Ibn Anas, unter der Überschrift Zeitehe - Kitab al-Am, von al-Shafi'i

Gekürzter Auszug aus Ayatollah Morteza Motahharis Buch "Stellung der Frau im Islam":

Modernes Leben und Zeitehe

Den Ehepartnern erwachen aus der Dauerehe mehr Verantwortung und Pflichten. Daher gibt es kaum Mädchen und Jungen, die schon zu Beginn ihrer Volljährigkeit, d.h. während sie bereits voll unter dem Druck ihres Geschlechtstriebes stehen, imstande sind, diese Verantwortung auch zu übernehmen. Es ist eine Charakteristik unserer Zeit, dass der Abstand zwischen der biologischen Reife und der sozialen Mündigkeit zur Gründung einer Familie immer größer wird. Wenn Sie heute einem 18 jährigen Schüler, der auf Höhe seiner sexuellen Reife steht, vorschlagen zu heiraten, wird er Sie auslachen, ebenso eine 16 jährige Schülerin. Es ist praktisch unmöglich, dass sie in diesem Alter die Bürde der Dauerehe und die Verantwortung eines Lebens, das mit vielen Verpflichtungen gegenüber dem Ehepartner und den Kindern verbunden ist, auf sich zu nehmen.

Welche Alternativen gibt es?

Vorläufige Enthaltsamkeit, sexueller Kollektivismus oder Zeitehe? Es wäre interessant zu wissen, was unter diesen Umständen mit der Natur des Menschen und seinem sexuellen Trieb geschehen soll. Soll der Mensch dahingehend beeinflusst werden, dass die Volljährigkeit verzögert wird, bis wir unsere Ausbildung beendet haben, weil uns heutzutage die Umstände nicht erlauben, mit 18 bzw. 16 Jahren zu heiraten?

Sind die jungen Menschen bereit, eine Zeit lang wie Mönche zu leben, Entbehrungen auf sich zu nehmen und ein asketisches Leben zu führen, bis eine Möglichkeit für die Dauerehe gefunden worden ist? Angenommen, ein junger Mensch ist bereit, eine vorläufige Enthaltsamkeit zu akzeptieren, wird sich die Natur diesem Zwang soweit anpassen, dass die zu erwartenden gefährlichen psychischen Folgen dieses Verzichts, die durch die moderne Psychologie festgestellt wurden, ausbleiben?

Es bleiben nur zwei Alternativen: Wir überlassen die jungen Menschen sich selbst, erlauben einem jungen Mann, unzählige Mädchen zu verführen und sehen großzügig darüber hinweg, wie ein Mädchen zu mehreren Männern uneheliche Beziehungen unterhält und ein Kind nach dem anderen abtreibt; denn es entspricht nach Meinung kurzsichtiger Interpreten dem Geiste der Menschenrechtserklärung, wenn Mann und Frau gemeinsam und Schulter an Schulter marschieren, auch wenn der Weg ins Ungewisse führt.

Werden solche Jungen und Mädchen mit solchen uneingeschränkten Beziehungen während ihrer Ausbildung später die Männer und Frauen fürs Leben sein, wenn sie die Dauerehe miteinander eingehen?

Die zweite Alternative ist die freiere Zeitehe. Die Zeitehe hält an erster Stelle die Frau davon ab, gleichzeitig die Partnerin mehrerer Männer zu sein. Das führt unweigerlich zur Selbstbeschränkung des Mannes. Wenn eine Frau ausschließlich einem bestimmten Mann gehört, so gehört er umgekehrt auch ausschließlich dieser bestimmten Frau.

(Auszug aus Stellung der Frau im Islam von Ayatollah Morteza Motahharis - Islamisches Echo in Europa, Vierte folge, Islamisches Zentrum Hamburg, April 1982, Seiten50-85)

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