Nach der Festlegung der Einzelheiten, d.h. der Zeitdauer,
der Brautgabe und evtl. Beschränkungsvereinbarungen, sagt die
Frau in arabischer Sprache:
"zawwadschtuka nafsii fii muddatil
ma´luma ´ala ´l mahril ma´lum."
(Ich gebe mich dir zur Ehe für die
festgesetzte Zeitdauer für die festgesetzte Brautgabe)
Der Mann antwortet dann sofort mit
"qabiltu"
(Ich habe akzeptiert).
Damit sind beide verheiratet.
Während diese Form der Ehe in der
Schia erlaubt ist,
wird sie bei Sunniten verboten.
Weiterer Unterschied ist, dass ein
Schiit eine
Nichtmuslima nur in Zeitehe ehelichen darf, wohingegen ein
Sunnit sie zeitlos
ehelicht.
Bei der islamischen Legitimation der Zeitehe gehen die Meinungen
auseinander. Nach
sunnitischer Rechtsauffassung wurde die Erlaubnis zur
Zeitehe, die im Heiligen
Qur'an zweifelsfrei (siehe 4:24) vermerkt ist, vom
Propheten Muhammad
(s.) aufgehoben. Die Aufhebung eines
Verses des
Heiligen Qur'an durch
eine externe Quelle, und selbst wenn es der
Prophet Muhammad
(s.) wäre, ist nach
schiitischer
Ansicht nicht möglich und auch niemals von den
Ahl-ul-Bait
praktiziert worden. Es existiert kein Fall, in dem ein
Vers außerhalb des
Heiligen Qur'an abrogiert wurde
- zumindest nicht durch
ALLAH und seinen
Propheten Muhammad (s.) und seine
Imame (a.). Hierin wurzelt daher auch die Regel, dass eine der Grundbedingungen für
die Authentizität einer
Überlieferung, deren völlige Widerspruchslosigkeit zum
Heiligen Qur'an, unerlässliche Bedingung ist. Darüber hinaus stellt der
Heilige Qur'an die höhere
Autorität dar. Darin heißt es:
"...Und was ihr genossen (Istamta'tum) habt gemäß Vereinbarung, gebt ihnen
ihre Brautgabe als Vorschrift. Und es ist keine Sünde, wenn ihr über die Vereinbarung
hinaus miteinander eine Übereinkunft trefft, nach Erfüllung der Vorschrift. Seht, Allah
ist Allwissend und Allweise." (Heiliger
Qur'an 4:24)
In diesem Vers wurde weder "Ehe", noch irgend eines seiner Derivate benutzt,
sondern ein Derivat des Wortes "Mut'a" (Genuss-/Zeitehe):
"Istamta'tum". Das Wort "istamta'a" ist eine Verbalform der Wurzel "mta".
Dementsprechend ist die Mut'a eine Form der Ehe, doch die Regularien unterscheiden sich etwas
von denen der permanenten Ehe, einschließlich der Tatsache, dass das Paar seinen Vertrag
verlängern kann, wie auch das Ende des Verses schon spezifiziert. Es besteht
Übereinstimmung unter den Rechtsgelehrten aller
Rechtsschulen, dass obiger
Vers die Erlaubnis der Zeitehe beschreibt. Auseinander gehen die Meinungen darüber,
ob und von wem der Vers zu einem späteren Zeitpunkt aufgehoben wurde. Während
die sunnitischen
Gelehrten die Aufhebung auf den
Propheten Muhammad
(s.) beziehen, verweisen
schiitische
Rechtsgelehrte auf das Verbot ab der Kalifenzeit von
Umar ibn Chattab.
Zahlreiche
sunnitische Kommentatoren, wie
Fachr al-Radhi, bestätigen,
dass o.g. Vers (4:24)
bezüglich der Zeitehe
offenbart wurde. Sie erklären gerade heraus, dass die Zeitehe aufgrund o.g. Verses erlaubt wurde und sagen, sie sei später verboten worden. Allerdings zitieren
auch diese Gelehrten teilweise eine anders klingende Aussage von Imam Ali (a.): "Ali
(r.a.) sagte: Die Mut'a ist eine Gnade von Allah an seine Diener. Wäre es nicht
aufgrund des Verbotes durch Umar, würde niemand die Sünde der Unzucht begehen außer den
Schlimmsten"
Sunnitische Quelle: - Tafsir al-Kabir von al-Tha'labi, unter dem
Kommentar zum Vers 4:24; - Tafsir al-Kabir von Fachr al-Radhi, Kommentar zum
Vers
4:24; - Tafsir al-Kabir von Ibn Dscharir al-Tabari, Tafsir al-Durr al-Manthur
von
al-Suyuti, Tafsir al-Qurtubi, Tafsir Ibn Hayyan, Tafsir Nisaburivon al-Nisaburi.
Umar selbst bezog sich bei seinem Verbot nie auf ein Verbot durch den
Propheten Muhammad
(s.).
Das haben andere erst später getan.
Umar sagte selbst: "Die
Zeitehe war erlaubt zu Zeiten des Propheten und ich verbiete sie". Der große
sunnitische Gelehrte
Fachr al-Radhi schrieb
in seinen umfangreichen
Auslegungen zum
Heiligen Qur'an unter o.g. Vers:
Umar sagte: Zwei Arten der
Zeitehe waren (legal) zur Zeit des Propheten und Ich verbiete sie beide, und Ich bestrafe
jene, die sie begehen. Dies sind : Zeitehe der
Pilgerfahrt und
die allgemeine Zeitehe". Tafsir al-Kabir, al-Fachr al-Radhi, - Musnad Ahmad Ibn Hanbal,
Band 1, Seite 52
Zahlreiche
Überlieferungen hierzu zeigen, dass beide Formen der Zeitehe praktiziert wurden
zu Zeiten des
Propheten Muhammad (s.) und
Abu Bakr und in den frühen Zeiten von
Umars Regierung.
Doch verboten wurden sie durch
Umar, wie er es auch selbst bezeugt. Al-Zamakhshari, ein
weiterer sunnitischer Qur'an-Kommentator
hat zu Vers 4:24 überliefert,
dass dieser Vers aufgehoben sei, ohne einen Nachweis aus dem
Heiligen Qur'an zu
bringen.
Auch Ibn Kathir
erwähnt in seiner
Auslegung, dass
Buchari erklärt hat, wie
Umar den
Leuten die Zeitehe verbot (Tafsir Ibn Kathir, Band 1, S. 233).
Im "Sahih" von
Muslim, überliefert von Dschabir ibn Abdillah al-Ansari, werden verschiedene Arten der Ehe
erläutert.
Einer der
Gefährten, welcher in Opposition zur Gesetzesänderung durch
Umar stand, war sein Sohn
Abdullah ibn
Umar! Er bestand auf der Legalität beider Formen der Zeitehe. Im Folgenden
werden die
Überlieferung zu beiden,
überliefert im "Sahih" von
Tirmidhi,
wiedergegeben: "Jemand
fragte Abdullah Ibn Umar über die Zeitehe der Pilgerfahrt und er antwortete: Sie
ist erlaubt [halal]. Daraufhin fragte man ihn: 'Dein Vater verbot sie'. Er sagte:
'Glaubst du, dass mein
Vater verbieten kann, was der Prophet erlaubte? Soll Ich dem folgen, was mein Vater sagte oder
dem, was der Prophet anordnete?' Der Mann antwortete: 'Natürlich dem, was der Prophet
anordnete.'" Sahih al-Tirmidhi, Band 1,Seite 157
- Tafsir al-Qurtubi, Band 2, Seite 365
Des weiteren berichtet
Dschabir ibn Abdullah al-Ansari: "Wir schlossen Vereinbarungen über
"Zeitehen" ab für eine Handvoll Datteln oder Getreide zu Zeiten des Propheten
(s.) und zu Zeiten
Abu Bakrs, bis
Umar uns dies verbot wegen Amr
ibn Huraith"
(Sahih Muslim Überlieferung 3249 im Abschnitt über die
Zeitehe (Bab Nikah
al-Mut'a)).
Malik ibn
Anas und Schafi‘i überliefern wie viele andere folgende
Überlieferung als
glaubwürdig:
Urwah ibn Zubair überliefert, dass Chulah bint Hakim zu Umar Ibn al-Chattab kam und
sagte: "Rabiah ibn Umayyah praktizierte die Zeitehe mit einer Frau und die Frau wurde schwanger
durch ihn. Umar wurde zornig und sagte: 'Hätte ich das Verbot
zu der Zeitehe früher als jetzt verhängt, so würde ich ihn steinigen lassen.'"
Al-Muwatta' von Malik Ibn Anas, unter der Überschrift Zeitehe - Kitab
al-Am, von al-Shafi'i
Gekürzter Auszug aus
Ayatollah Morteza
Motahharis Buch
"Stellung der Frau im Islam":
Modernes Leben und Zeitehe
Den Ehepartnern erwachen aus der Dauerehe mehr Verantwortung und
Pflichten. Daher gibt es kaum Mädchen und Jungen, die schon zu Beginn
ihrer Volljährigkeit, d.h. während sie bereits voll unter dem Druck ihres
Geschlechtstriebes stehen, imstande sind, diese Verantwortung auch zu
übernehmen. Es ist eine Charakteristik unserer Zeit, dass der Abstand
zwischen der biologischen Reife und der sozialen Mündigkeit zur Gründung
einer Familie immer größer wird. Wenn Sie heute einem 18 jährigen Schüler,
der auf Höhe seiner sexuellen Reife steht, vorschlagen zu heiraten, wird
er Sie auslachen, ebenso eine 16 jährige Schülerin. Es ist praktisch
unmöglich, dass sie in diesem Alter die Bürde der Dauerehe und die
Verantwortung eines Lebens, das mit vielen Verpflichtungen gegenüber dem
Ehepartner und den Kindern verbunden ist, auf sich zu nehmen.
Welche Alternativen gibt es?
Vorläufige Enthaltsamkeit, sexueller Kollektivismus oder Zeitehe? Es
wäre interessant zu wissen, was unter diesen Umständen mit der Natur des
Menschen und seinem sexuellen Trieb geschehen soll. Soll der Mensch
dahingehend beeinflusst werden, dass die Volljährigkeit verzögert wird,
bis wir unsere Ausbildung beendet haben, weil uns heutzutage die Umstände
nicht erlauben, mit 18 bzw. 16 Jahren zu heiraten?
Sind die jungen Menschen bereit, eine Zeit lang wie Mönche zu leben,
Entbehrungen auf sich zu nehmen und ein asketisches Leben zu führen, bis
eine Möglichkeit für die Dauerehe gefunden worden ist? Angenommen, ein
junger Mensch ist bereit, eine vorläufige Enthaltsamkeit zu akzeptieren,
wird sich die Natur diesem Zwang soweit anpassen, dass die zu erwartenden
gefährlichen psychischen Folgen dieses Verzichts, die durch die moderne
Psychologie festgestellt wurden, ausbleiben?
Es bleiben nur zwei Alternativen: Wir überlassen die jungen Menschen
sich selbst, erlauben einem jungen Mann, unzählige Mädchen zu verführen und
sehen großzügig darüber hinweg, wie ein Mädchen zu mehreren Männern
uneheliche Beziehungen unterhält und ein Kind nach dem anderen abtreibt;
denn es entspricht nach Meinung kurzsichtiger Interpreten dem Geiste der
Menschenrechtserklärung, wenn Mann und Frau gemeinsam und Schulter an
Schulter marschieren, auch wenn der Weg ins Ungewisse führt.
Werden solche Jungen und Mädchen mit solchen uneingeschränkten
Beziehungen während ihrer Ausbildung später die Männer und Frauen fürs
Leben sein, wenn sie die Dauerehe miteinander eingehen?
Die zweite Alternative ist die freiere Zeitehe. Die Zeitehe hält
an erster Stelle die Frau davon ab, gleichzeitig die Partnerin mehrerer Männer
zu sein. Das führt unweigerlich zur Selbstbeschränkung des Mannes. Wenn
eine Frau ausschließlich einem bestimmten Mann gehört, so gehört er
umgekehrt auch ausschließlich dieser bestimmten Frau.
(Auszug aus Stellung der Frau im Islam von
Ayatollah
Morteza Motahharis - Islamisches Echo in Europa, Vierte folge,
Islamisches Zentrum Hamburg, April 1982, Seiten50-85)