Auf fernen Meeren

Auf fernen Meeren

Tagebuchfragmente und Briefe

1924 n.Chr.

Pierre Loti

Inhaltsverzeichnis

An Bord des »Tonnerre«.

15. Januar 1878.

An jedem Abend, in winterlicher Dunkelheit durchfahre ich die Reede von Lorient in der Dampfschaluppe, die von Yves gesteuert wird. Zwischen Auswerfen und Hochziehen des Ankers schreit' ich die Länge des Hafens entlang. Betrete Land, den einsamen Kai, und erreiche mein leeres Zimmer. Erklimme die rauchige Treppe, grüße im Vorbeigehen flüchtig meine Hausfrau und ihre Tochter an ihrem bretonischen Kamin, und dann bin ich allein auf meiner Bude.

Unter der Türe pfeift der Wind herein, und das Feuer kann nicht zünden.

Liebe kleine Aziyadé, so ist's wohl weniger gefährlich als wie einst, nach den Nächten in Stambul, in unser Haus in Eyoub zu gelangen, das niemand uns wiedergibt ... Doch mein Herz erbebt in Jammer, wenn ich dein gedenke ...

Hier sind meine glücklichen Abende jene, in denen Yves frei ist und bei mir weilt. Dann entfachen wir ein lustiges Feuer. Seine Intelligenz öffnet sich im Kontakt mit der meinen, einer Fülle von Dingen, von Beobachtungen und Einfällen, die ihm bis dahin fremd gewesen sind.

Ich erzähle ihm von Stambul und er hört verständig zu.

Glücklicherweise ist wenigstens meine Wohnung nicht armselig. Not zu sehen ist mir ein Greuel, besonders die Not der »Chambre garnie«. Mein kleiner Salon, den außer Yves kaum jemand betritt, ist freundlich in rotem Samt gehalten und bietet alle Bequemlichkeit. Meine gute alte Wirtin füllt meine Vasen mit weißen und rosa Kamelien, Blumen, die hier allenthalben blühen, die jedoch anderwärts selten und kostbar sind.

Bei mir geschah es auch, daß Yves zum erstenmal in seinem Leben in einem Lehnstuhl saß und sich darin sehr wohl befand.

© seit 2006 - m-haditec GmbH - info@eslam.de