Brief Pierre Lotis an seine Schwester.
La Trappe, Februar 1878.
Liebe Schwester!
Dieser öde Ort, gegen den Du einen so heftigen Widerwillen
bekundest, hat doch wenigstens ein Gutes: daß man sich hier
zutiefst wiederfinden kann.
Ich bin nicht, wie Du wähntest, nur aus phantastischer
Grille ins Kloster gegangen. Ich brauchte einige Tage tiefsten
Friedens. Ich habe viel gegrübelt und selbst ein wenig
geweint, was außerhalb der Klostermauern wohl etwas sinnlos
ausgesehen hätte. Aber es hat mir wohlgetan.
Ich habe mir sagen müssen, daß meine Jugend verfliegt, daß
das Leben uns allen vergeht, und daß die Augenblicke des
Zusammenseins, die uns noch bleiben, mehr als je gewählt sind.
Drum sollen wir, wenn sie uns kostbar sind, sie nicht
verlorengehen lassen.
Liebes Schwesterchen, willst Du für uns vollständigen
Frieden, den schönen Frieden früherer Zeit?
Wohl verdiene ich Nachsicht, weil ich durch mehr
Versuchungen ging als jeder andere und mehr als jeder andere
leiden muß. Meine Bestimmung hier auf Erden ist, wie Du weißt,
der Deinen nicht vergleichbar, noch jener all der Leute, von
welchen Du umgeben bist.
Willst Du, daß alles Böse zwischen uns zu Ende sei? Dann
schreib mir einen guten Brief ohne jeden Hintergedanken. Ich
habe schon sehr lange keinen solchen gesehen.
Ich umarme Dich.
Lorient, Februar 1878.
Ich verließ das Kloster mit einem ganz eigentümlichen
Verlangen nach Lärm, Bewegung und Freiheit.
In den Wäldern war es fast schön. Und ich lief wie ein Kind
die Wege entlang, sang laut und sprang über Gräben. Und dann
überließ ich mich dem endlich wiedererlangten Glück,
Zigaretten zu rauchen, und süßen Most hab' ich getrunken in
ländlichen Herbergen am Wege.