Auf fernen Meeren

Auf fernen Meeren

Tagebuchfragmente und Briefe

1924 n.Chr.

Pierre Loti

Inhaltsverzeichnis

Dakar, Juli 1874.

Heute nacht habe ich mich sehr gefürchtet in dem alleinstehenden Pavillon, der ganz am Ende von der alten Mulattin Garten liegt.

Es war Bamboula bei den leprakranken Frauen, und ich hörte von weither ihren Lärm und Gesang.

Ich lag zu Bett, ich war sogar im Begriff einzuschlummern, als ich inne ward, daß der Lärm immer näherkam ... Eine ungewisse Furcht hielt mich nun wach, und diese Furcht nahm in dem Maße zu, als Trommelwirbel und wüster Stimmenklang deutlicher zu vernehmen waren ...

Als die Bande nur mehr zwei Schritte entfernt war, erinnerte ich mich plötzlich mit Entsetzen, daß meine Tür und meine Fenster weit offen geblieben waren. Doch blieb mir keine Zeit, denn schon erreichten die spukhaften Tänzerinnen meine Schwelle, und ich mußte den Hexensabbat miterleben.

Beim hellen Schein des Mondes sah ich einige Sekunden lang aussätzig aufgedunsene Leiber sich inbrünstig hin und her bewegen, sah Handstümpfe, von furchtbaren weißen Krusten bedeckt, und Gesichter ohne Nasen und Lippen grinsten mich aus unmittelbarer Nähe mit gespensterhafter Heiterkeit an, als äfften mich böse Träume ...

Dann zogen die Aussätzigen mit Sang und Schall weiter, und ich war befreit. Doch lange noch umwehte es mich wie Leichenduft, und alles rings um mich schien mir beschmutzt zu sein ...

© seit 2006 - m-haditec GmbH - info@eslam.de