Zivilisation und ...

Azmi Efendis Gesandtschaftsreise an den preußischen Hof

Ein Beitrag zur Geschichte der diplomatischen Beziehungen Preußens zur Hohen Pforte unter Friedrich Wilhelm II.

Dissertation Otto Müller 1918 n.Chr.

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Leobschütz

Am dritten Tage unserer Abreise von Brunn erreichten wir die erwähnte Festung Olmütz schon in der Mittagszeit. Deshalb übernachteten wir dort nicht. Als wir nun, um unsere Reise möglichst zu beschleunigen, Olmütz wieder verlassen wollten, da kam man noch mit einer Mietsforderung für die vorbereitete Herberge und nötigte den Posthalter, uns keine Pferde zu geben. Damit hinderte man uns 3 bis 4 Stunden am Weiterreisen.

Als wir von Olmütz aus nach Passieren der Sternberg, Hof und Teschen genannten Flecken die eine Post-Station von der preußischen Grenze entfernte, Troppau genannte Hauptstadt von österreichisch Schlesien erreichten, kam von Preußen ein Conseiller genannter Mann uns entgegen mit der Meldung: „Ihr Mihmandar erwartet Sie in dem Flecken Leobschütz." Deshalb brachen wir am folgenden Tage von der erwähnten Stadt auf und kamen nach Passieren noch einiger österreichischer Flecken nach dem Flecken Jägerndorf. Da wir bei der Ankunft erfuhren, dass Leobschütz von dem genannten Flecken zwei Stunden entfernt war und deshalb bis zum Abend nicht erreicht werden konnte, so blieben wir auch in Jägerndorf eine Nacht.

Als wir am folgenden Tage, dem 17. dschemazlewwel [22. Januar 1791] nach Passieren einiger Dörfer preußisch Schlesiens uns dem Dorfe Türmitz näherten, empfing uns der zum Mihmandar bestimmte Major Roeder^O mit 5 bis 6 Offizialen und 20 bis 30 Reitern und geleitete uns zum Frühstück in dem erwähnten Dorte, in ein Haus, in dem er schon alles hatte bereiten lassen. Nachdem wir das Frühstück eingenommen hatten, sagte er: „Seine Majestät der König lässt Ihnen seinen Gruß entbieten Er ist äußerst erfreut über Ihre Bevollmächtigung zur Festigung des zwischen unseren beiden Staaten verwirklichten und unaufhörlich wirksam gehaltenen, festen, schönen Bündnisses, sowie vor allem darüber, dass gerade Sie zu dieser Gesandtschaft auserwählt sind, weil er Sie ja schon seit langem kennt. So erwartet er Ihre Ankunft in Berlin. Damit ließ er uns in die bereitgehaltene, mit 7 Pferden bespannte Kutsche steigen und brachte uns nach dem oben erwähnten Flecken Leobschütz.

Um ihre Freude über unser Kommen zu zeigen, hatten die Einwohner das Tor, durch das wir die Stadt betreten mussten, sowie die Tür der Herberge, in der wir absteigen sollten, und die Umgebung mit grünen Tannenbäumen geschmückt. Dazu standen über dem Stadttor mit dicker Schrift die Worte zu lesen: "Die uns räumlich entfernte Türkei ist uns durch offenbare Freundschaft nahegekommen".

Als wir in der Herberge, die sie für uns vorbereitet hatten, abstiegen, kam der General Ralv, der Oberst kommandierende der gesamten schlesischen Reiterei, mit den übrigen Honoratioren der Stadt, um uns ihren Besuch abzustatten und ihrer Freude und Befriedigung über unsere Mission Ausdruck zu geben.

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