Buch der Rechtleitung
Buch der Rechtleitung [kitab-ul-irschad]

Aussprache: kitaab-ul-irschaad
arabisch:
كتاب الارشاد
persisch:
كتاب الارشاد
englisch: Book of Guidance [kitab al irshad]

Hintergrundinformationen zum Buch siehe: Buch der Rechtleitung [kitab-ul-irschad]

Leben des Fürsten der Gläubigen ‘Ali ibn Abi Talib

Die Umstände der letzten Krankheit des Propheten und seines Todes

Zu den Dingen, die seine Verdienste und seine besondere Stellung bekräftigten und seinen besonderen Rang charakterisierten, gehörten die Ereignisse, die der Abschieds-Pilgerfahrt folgten, die eine neue Bedeutung durch den Gesandten Allahs (s.) erhielten und die aufgrund der Bestimmung Allahs passierten. Dies war, als der Prophet durch die Nähe seines Ablebens (die Notwendigkeit) erkannte, (zu tun), was er seiner Ummah schon gesagt hatte. Er sprach Mal um Mal zu den Muslimen und warnte sie vor Zwietracht nach ihm sowie vor Widersetzlichkeit gegen ihn (´Ali, a.). Er bekräftigte seine Empfehlung, an seiner Sunna und den Dingen festzuhalten, über die es Eintracht und Übereinstimmung gab. Er drängte sie, seiner Familie zu folgen, ihr zu gehor­chen, sie zu unterstützen, zu behüten und an ihnen in der Religion festzuhalten, und er warnte sie eindringlich davor, gegen sie zu opponieren oder vom Glauben abzufallen.

Eine der Angelegenheiten, die er erwähnte und über die unter den Überlieferern Übereinstimmung und Konsens herrscht ist, dass er (der Prophet, s.) sagte: „O ihr Menschen, ich bin euch vorangegangen und ihr werdet zu mir kommen bei dem See (des Paradieses). Wahrlich, ich werde euch nach den beiden schwerwiegenden Dingen (thaqalain) fragen. Gebt acht, wie ihr mir hinsichtlich dessen folgen werdet, denn Der Gütige und Allkundige hat mir mitgeteilt, dass diese beiden sich nie voneinander trennen werden, bis sie mich treffen werden. Ich bat meinen Herrn darum, und Er gewährte es mir. Wahrlich, ich habe diese beiden euch hinterlassen: Das Buch Allahs und meine Familie (Ahl-al-Bait). Versucht nicht, ihnen zuvorzukommen, denn dann werdet ihr euch zerstreuen, vernachlässigt sie nicht, denn dann werdet ihr zugrunde gehen, und versucht nicht, sie zu (be)lehren, denn sie sind wissender als ihr. O ihr Menschen, auf dass ich euch nach mir nicht vorfinde, dass ihr wieder Ungläubige geworden seid und einige von euch die anderen töten, denn dann werdet ihr mich in einem Regiment finden wie eine Flut von Soldaten. Wahrlich, ´Ali ibn Abi Talib ist mein Bruder und mein Testamentsvollstecker. Nach mir wird er für die (wahrhaftige) Interpretation des Qur´an kämpfen, so wie ich für dessen Herabsendung kämpfte.“[1]

Er (s.) veranstaltete eine Sitzung nach der andern, bei der er diese und ähnliche Worte benutzte. Dann übertrug er ´Usama ibn Zaid ibn Harith das Kommando. Er beauftragte ihn, mit einer großen Anzahl der Ummah dahin auszurücken, wo sein Vater im byzantinischen Imperium getötet worden war. Er beschloss, die Vordersten von den Muhadschirun und den Ansar in seiner Armee auszuschicken, so dass zur Zeit seines Ablebens sich keine Leute (mehr) in Medina befinden würden, die über die Führerschaft uneinig sein und sich Hoffnungen auf die Befehlsgewalt über die Menschen machen würden. So wollte er die Situation für denjenigen ordnen, der nach ihm kommen würde, so dass sich keine Streitparteien über sein Recht streiten würden. So gab er (´Usama) den Befehl, wie schon erwähnt, und drängte auf den Auszug (der Männer). So befahl er ´Usama, aus Medina mit dem Heer nach al-Dschurf auszuziehen, und er drängte die Leute, zu ihm zu gehen und mit ihm auszuziehen, und er warnte sie davor, (diesen Befehl) zögerlich und schwerfällig (auszuführen).

In dieser Situation kam ein Leiden über ihn, an dem er (später) verschied. Als er die Krankheit fühlte, die ihn heimsuchte, nahm er ´Ali bin Abi Talib (a.) bei der Hand. Eine Gruppe von Leuten folgte ihm, und er ging in Richtung des (Friedhofs) al-Baqi´, und er sprach zu denen, die ihm gefolgt waren: „Mir wurde befohlen, für die Leute von al-Baqi´ (den Toten) um Vergebung zu bitten“, und sie gingen mit ihm, bis er vor ihnen stehen blieb, und er sprach: „Friede sei mit euch, ihr Leute der Gräber, möge es euch wohl ergehen, wo ihr jetzt seid (im Gegensatz zu der Situation), in der sich die Menschen befinden, wo Zerwürfnisse über die Menschen gekommen sind wie der Einbruch der finsteren Nacht, wenn das erste (Zerwürfnis) dem letzten folgen wird.“ Dann bat er lange für die (Toten) in den Gräbern um Vergebung, dann ging er auf den Fürsten der Gläubigen, ´Ali ibn Abi Talib (a.), zu und sagte: „Dschibril (a.) pflegte jedes Jahr mit mir den Qur´an einmal durchzulesen. Dieses Jahr (aber) las er ihn zweimal mit mir durch. Das kann ich nur so verstehen, dass meine Zeit gekommen ist.“ Dann sagte er: „´Ali, ich hatte die Wahl, ewig bei den Schätzen der Welt zu verbleiben oder ins Paradies zu kommen. Ich wählte das Zusammentreffen mit meinem Herrn. Wenn ich gestorben bin, dann wasche mich. Bedecke meine Blöße, so dass nur ein Blinder sie sehen kann.“

Dann kehrte er zu seinem Haus zurück und blieb dort drei Tage in schwachem Zustand. Dann ging er zur Moschee mit verbundenem Kopf, mit seiner rechten Hand auf den Fürsten der Gläubigen ´Ali ibn Abi Talib gestützt, und auf al-Fadhl ibn ´Abbas mit seiner linken. Er stieg auf die Kanzel, setzte sich darauf und sagte: „Ihr Menschen, die Zeit meines Fortgangs von euch ist gekommen. Wessen Güter noch bei mir sind, der soll zu mir kommen, ich werde sie ihm geben, und wem ich noch etwas schulde, der soll es mich wissen lassen. Ihr Leute, zwischen Allah und jedem (Menschen) ist nichts, womit Er ihm das Beste geben oder womit Er das Böse von ihm abhält, außer die Taten. Ihr Leute, bei Dem, Der mich mit der Wahrheit gesandt hat, lasst niemanden behaupten oder wünschen, dass irgendetwas anderes als die (gute) Tat zusammen mit der Gnade Allahs (euch) retten kann. Wenn ich (Allah) ungehorsam gewesen wäre, dann wäre ich (in Verdammnis) hinabgestürzt. O Allah, habe ich (nun Deine Botschaft) verkündet?“

Er stieg hinab und führte die Leute in einem kurzen Gebet an, dann ging er ins Haus. Zu dieser Zeit war er im Hause Umm Salamas (r.) und blieb dort ein oder zwei Tage. ´A´ischa kam zu ihr, um sie zu bitten, ihn zu ihrem Haus zu bringen, damit sie ihn betreuen konnte. Sie hatte die (anderen) Frauen des Propheten (s.) gefragt, und sie hatten es ihr erlaubt.

Nachdem er den (letzten) Gruß (des Gebets) gesprochen hatte, ging er in sein Haus (zurück) und rief Abu Bakr, ´Umar und eine Gruppe von Muslimen, die in der Moschee anwesend gewesen waren. „Habe ich euch nicht befohlen, mit der Armee von ´Usama zu gehen?“, fragte er. „Doch, o Gesandter Allahs“, sagten sie. „Warum habt ihr dann nicht sofort meinen Befehl ausgeführt?“, fragte er (der Prophet, s.) . „Ich bin (dorthin) gegangen“, erwiderte Abu Bakr, „aber ich kehrte zurück, um meinen Treueid mit dir zu erneuern“, und ´Umar sagte: „Gesandter Allahs, ich bin nicht ausgezogen, weil ich die Reisenden nicht nach dir fragen wollte.“ „Geht zu der Armee von ´Usama“, sagte der Prophet (s.), „geht zu der Armee von ´Usama!“ Dies wiederholte er dreimal, dann wurde er ohnmächtig vor Schwäche, die über ihn gekommen war sowie vor Kummer. Er blieb eine Weile bewusstlos, während die Muslime weinten, und seine Gattinnen wie auch die Frauen und Kinder der Muslime, sowie die (anderen) Muslime, die anwesend waren, erhoben ein Wehklagen. Der Gesandte Allahs (s.) kam zu sich und schaute sie an, dann sagte er: „Bringt mir Tinte und Papier, ich will euch etwas aufschreiben, damit ihr nach mir niemals irregehen werdet“, dann wurde er (wieder) ohnmächtig, und einer von den Anwesenden stand auf, um nach Tinte und Papier zu suchen. „Komm zurück“ sagte ´Umar zu ihm, „er ist im Delirium!“, und er ließ ab (vom Suchen).(Später) bereuten diejenigen, die dabeigewesen waren, ihre Trägheit, dass sie (dem Propheten nicht schnell genug) Tinte und Papier gebracht hatten, und beschuldigten sich gegenseitig. Sie sagten: „Allahs sind wir, und zu Ihm kehren wir zurück, und wir sind bekümmert über unseren Ungehorsam gegen den Gesandten Allahs.“

Als der Gesandte Allahs (s.) zu sich kam, sagte einer von ihnen (den Anwesenden): „Wir werden dir nicht Papier und Tinte bringen, o Gesandter Allahs,“ und er (der Prophet) sagte: „Möge (Allah) den vernichten, der euch „Nein“ sagen ließ. Aber ich werde euch etwas Besseres durch meine Familie vermachen.“ Dann wandte er sich von den Leuten ab. Sie erhoben sich (um hinauszugehen), und al-Abbas, al-Fadhl, ´Ali ibn Abi Talib und seine engsten Familienmitglieder blieben bei ihm. „Gesandter Allahs“, sagte al-Abbas, „wenn diese Sache auf uns übertragen wird, dann teile es uns mit, und wenn du weißt, dass wir besiegt werden, dann gib uns eine Empfehlung.“ „Ihr werdet nach mir die Entrechteten sein“, sagte (der Prophet, s.), dann schwieg er. Die Leute standen auf und weinten vor Verzweiflung (über den bevorstehenden Verlust) des Propheten (s.). Als sie hinausgegangen waren, sagte er (s.): „Bringt meinen Bruder ´Ali ibn Abi Talib und meinen Onkel zu mir zurück.“ Sie schickten jemanden, um sie zu rufen, und sie brachten sie. Als er sie Platz nehmen lassen hatte, sagte der Gesandte Allahs (s.): „O ´Abbas, Onkel des Gesandten Allahs, wirst du mein Vermächtnis annehmen, mein Versprechen erfüllen und meine Schuld begleichen?“ „Gesandter Allahs, dein Onkel ist ein alter Mann mit großer Familie, du wetteiferst mit dem Wind in Sachen Freigiebigkeit und Großzügigkeit. Du hast Versprechen gemacht, die dein Onkel nicht einhalten kann.“ Dann wandte er sich an ´Ali ibn Abi Talib und sagte zu ihm: „Mein Bruder, wirst du mein Vermächtnis annehmen, mein Versprechen erfüllen, meine Schuld begleichen und dich um die Belange meiner Familie kümmern nach mir?“ „Ja, Gesandter Allahs“, sagte er (´Ali, a.). „Komm näher zu mir“, sagte er (der Prophet). Er ging zu ihm, und er umarmte ihn. Er (der Prophet, s.) nahm seinen Ring vom Finger und sagte: „Nimm diesen und stecke ihn an deinen Finger“, sagte er (der Prophet). Dann rief er nach seinem Schwert, seiner Rüstung und seinem Brustpanzer, und er überreichte sie ihm (´Ali, a.). Er hielt nach dem Tuch Ausschau, das er sich um seine Taille geschlungen hatte, wenn er seine Waffen anlegte, um in den Krieg zu ziehen. Es wurde ihm gebracht, und er überreichte es dem Fürsten der Gläubigen (a.) und sagte zu ihm: „Geh im Namen Allahs in dein Haus.“

Am nächsten Tage wurden die Leute von ihm abgeschirmt, da er schwer krank war. Der Fürst der Gläubigen (a.) trennte sich nur von ihm, wenn er Notwen­diges zu tun hatte, und dann musste er gehen, um sich um einige Dinge zu kümmern. Er (der Prophet, s.) kam zu Bewusstsein und vermisste ´Ali (a.) und sagte, während seine Gattinnen um ihn herum waren: „Ruft meinen Bruder und Gefährten zu mir.“ Seine Schwäche überkam ihn (erneut), und er schwieg. „Ruft Abu Bakr zu ihm“, sagte ´A´ischa[2], und dieser wurde gerufen. Er kam zu ihm (dem Propheten) herein und setzte sich an sein Kopfende. Als er seine Augen öffnete, sah er ihn an und wandte sich von seinem Gesicht ab. Abu Bakr stand auf und sagte: „Wenn er das Bedürfnis hätte, mich (zu sehen), dann hätte er es mir mitgeteilt.“ Als er hinausgegangen war, wiederholte der Gesandte Allahs (s.), was er gesagt hatte: „Ruft meinen Bruder und Gefährten zu mir“, und Hafsa[3] sagte: „ Ruft ´Umar“, und er wurde gerufen. Als der Prophet (s.) ihn sag, wandte er sich von ihm ab, und er (´Umar) ging weg. Dann sagte er (der Prophet): „Ruft meinen Bruder und Gefährten zu mir“, und Umm Salama (r.) sagte: „Ruft ´Ali zu ihm, denn er meint niemand anderen“, und der Fürst der Gläubigen (a.) wurde gerufen. Als er nahe an ihn herangekommen war, machte er (der Prophet, s.) ihm ein Zeichen, dass er sich zu ihm niederbeugen sollte. Der Gesandte Allahs (s.) sprach geheim zu ihm eine längere Zeit. Dann stand er (´Ali, a.) auf und setzte sich neben ihn, bis der Gesandte Allahs (s.) in Schlummer fiel. Die Leute sagten zu ihm: „Was hat er gesagt, Abu al-Hassan?“ „Er lehrte mich tausend Tore (des Wissens), und jedes Tor eröffnete mir (weitere) tausend Tore. Er vermachte mir, was ich übernehmen werde, so Allah will.“ Dann wurde er sehr schwer krank, dem Tode nahe, und der Fürst der Gläubigen (a.) war bei ihm. Als seine Seele kurz vor dem Entschwinden war, sagte er zu ihm (´Ali, a.):

„Lege meinen Kopf in deinen Schoß, ´Ali, denn der Befehl Allahs, Des Erhabenen, (für meinen Tod) ist gekommen. Wenn meine Seele fortgeht, dann nimm sie in die Hand und reibe dein Gesicht damit. Dann lege mich in Richtung Gebetsrichtung (Qibla). Führe meinen Befehl aus und bete für mich (das Totengebet) als erster von den Leuten, und trenne dich nicht von mir, bis du mich in mein Grab gelegt hast, und erbitte die Hilfe Allahs Des Erhabenen.“

Da nahm ´Ali (a.) seinen Kopf und legte ihn in seinen Schoß. Dann verlor er (der Prophet, s.) die Besinnung. Fatima (a.) beugte sich hinab, um in sein Gesicht zu sehen, trauerte und weinte um ihn: „Möge er mit den weißen Wolken (die Wasser) auf sein Gesicht (gießen) getränkt werden. (Er war) die Hilfe für die Waisen und der Schutz für die Witwen.“

Der Gesandte Allahs (s.) öffnete seine Augen und sagte mit schwacher Stimme: „Mein Töchterchen, das ist, was dein Onkel, Abu Talib, gesagt hatte. Sag es nicht, sage vielmehr: „Muhammad ist nur ein Gesandter. Vor ihm sind Gesandte dahingegangen. Wenn er nun stirbt oder getötet wird, werdet ihr umkehren auf euren Fersen?“[4]

Sie weinte lange, und er bedeutete ihr, nahe zu ihm zu kommen. Sie tat es, und er vertraute ihr etwas an, was ihr Gesicht aufleuchten ließ. Dann verschied er (s.), und die rechte Hand des Fürsten der Gläubigen (a.) war unter seinem Kinn, und seine Seele ging hinein (in ´Alis. a.) Hand. Er hob sie hoch an sein Gesicht und wischte damit darüber[5], dann legte er ihn in die Richtung der Qibla, schloss seine Augen, breitete sein Taillengewand (izar) über ihn aus und beeilte sich, seinen Befehl auszuführen.

Der Überlieferung zufolge wurde Fatima (a.) gefragt: „Was war es, was der Gesandte Allahs (s.) dir anvertraute, das den Kummer und Erschütterung über seinen Tod von dir nahm?“, und sie antwortete: „Er teilte mir mit, dass ich das erste Mitglied der Ahl-al-Bait sein werde, das ihm folgen wird, und dass es nicht lange dauern wird, bis ich bei ihm sein werde. Das nahm den Kummer von mir hinweg.“[6]

Als der Fürst der Gläubigen (a.) ihn waschen wollte, rief er al-Fadhl ibn al-Abbas und befahl ihm, für seine Waschung Wasser zu bringen, nachdem er ein Tuch auf seine Augen gebreitet hatte. Dann riss er sein Hemd auf von der Tasche bis zum Nabel. Er (a.) führte seine Waschung aus, balsamierte (seinen Körper) ein und wickelte ihn ins Leichentuch, während al-Fadhl ihm das Wasser reichte und ihm half. Als er die Waschung und die Herrichtung (des Körpers) beendet hatte, trat er vor und verrichtete allein für ihn (das Gebet), und niemand war dabei, der mit ihm gebetet hatte.

(Währenddessen) erörterten die Muslime in der Moschee (die Frage,) wer ihnen im (Toten-) Gebet für ihn (den Propheten, s.) vorstehen und wo er bestattet werden sollte. Der Fürst der Gläubigen (a.) kam zu ihnen und sagte: „Der Gesandte Allahs (s.) ist unser Imam, ob lebendig oder tot. Darum soll eine Gruppe nach der anderen von euch (für ihn beten), und sie sollen für ihn ohne einen Imam beten und weggehen. Allah, Der Erhabene, nahm (die Seele eines) Prophet(en) nur an einem Ort (zu sich), an dem er gerne begraben werden möchte. Ich werde ihm in dem Zimmer begraben, in dem er hinweggenommen wurde.“ Die Leute akzeptierten dies und waren damit einverstanden.

Als die Muslime für ihn (den Propheten, s.) gebetet hatten, schickte al-Abbas ibn ´Abd al-Muttalib einen Mann zu Abu ´Ubaida ibn al-Dscharrah, und der hob gewöhnlich die Gräber für die Mekkaner aus, und das war bei den Mekkanern üblich. Er ließ außerdem (jemanden) zu Zaid ibn Sahl, der die Gräber und Gruften für die Medinenser auszuheben pflegte. Er rief sie beide und sagte: „O Allah, erwähle (einen von den beiden) für deinen Propheten.“ Es stellte sich heraus, dass das Abu Talha Zaid ibn Sahl sein würde, und es wurde ihm befohlen, ein Grab für den Gesandten Allahs (s.) auszuheben, und er hob eine Gruft für ihn aus. Der Fürst der Gläubigen (a.) betrat sie, (zusammen mit) al-Abbas ibn ´Abd al-Muttalib, al-Fadhl ibn al-Abbas und Usama ibn Zaid, um das Begräbnis des Gesandten Allahs (s.) durchzuführen, und die Ansar riefen von hinter dem Hause her: „´Ali, wir erinnern dich an Allah und unser Recht hinsichtlich des Gesandten Allahs (s.), (da wir befürchten), dass wir es verlieren. Lasse einen Mann von uns eintreten, so dass auch wir einen Anteil an dem Begräbnis des Gesandten Allahs (s.) haben.“ „Lasst Aus ibn Chawali hereinkommen“, erwiderte er. Er war ein hervorragender Mann von den Bani ´Auf von den Chazradsch, der an (der Schlacht) von Badr teilgenommen hatte. Als er eintrat, sagte ´Ali (a..) zu ihm: „Geh hinab ins Grab“, und er ging hinab. Der Fürst der Gläubigen (a.) nahm (den Körper) des Gesandten Allahs (s.) auf seine Arme und legte ihn in die Grube. Als er (der Körper) die Erde erreichte, sagte er: „Gehe hinaus“, und er verließ (die Gruft) und ´Ali ibn Abi Talib (a.) stieg ins Grab hinab. Er deckte das Gesicht des Gesandten Allahs (s.) auf und legte ihn auf dessen rechte Wange in Gebetsrichtung (Qibla) auf die Erde. Er warf Lehm auf ihn, dann schüttete er die Erde über ihn. Dieses ereignete sich am Montag, zwei Tage (vor dem Ende) vom Monat Safar im elften Jahre seiner (des Propheten, s.) Hidschra, und da war er dreiundsechzig Jahre alt.

Mehr Leute waren bei dem Begräbnis des Gesandten Allahs (s.) nicht anwe­send, aufgrund des Streits um die Angelegenheit des Kalifats, der sich zwischen den Muhadschirun und den Ansar zugetragen hatte. Die meisten von ihnen versäumten auch das Gebet für ihn deswegen. Fatima rief aus: „Wie übel ist der Morgen für ihn doch!“, und Abu Bakr hörte sie und sagte: „Dein Morgen ist ein übler Morgen.“

Die Leute nutzten die Gelegenheit, da ´Ali ibn Abi Talib mit dem Gesandten Allahs (s.) beschäftigt war und weil die Banu Haschim von ihnen getrennt waren aufgrund des Unglücks, das sie hinsichtlich des Gesandten Allahs (s.) heimgesucht hatte. So beeilten sie sich, die Angelegenheit unter (ihre) Kontrolle zu bekommen. Man einigte sich auf Abu Bakr aufgrund des Unwillens der Ansar, und aufgrund des Unwillens der neu-konvertierten Mekkaner (tulaqa‘) und derjeniger, deren Herzen besänftigt worden waren, mit der Sache zu warten, bis die Banu Haschim (mit dem Begräbnis) fertig waren. So wurde die Angelegenheit festgelegt, und (die Leute) leisteten Abu Bakr den Treueid, weil er am Ort anwesend war. Es waren wohlbekannte Faktoren, die es den Leuten erleichterten (das zu akzeptieren), und dazu gehörten ihre eigenen Wünsche. Dieses Buch ist nicht der Platz, sie zu erwähnen, und wir werden darauf (an anderer Stelle) detaillierter eingehen.

Es wurde berichtet, dass nachdem die (Angelegenheit) im Sinne Abu Bakrs vollendet worden und diejenigen, die ihm den Treueid schwören wollten, es getan hatten, ein Mann zum Fürsten der Gläubigen (a.) kam, als er gerade das Grab des Gesandten Allahs (s.) mit einer Schaufel in seiner Hand ebnete. Er sagte: „Die Leute haben Abu Bakr den Treueid geleistet, und die Ansar haben aufgegeben wegen ihrer Meinungsverschiedenheiten, die neuen mekkanischen Konvertiten (tulaqa‘) haben sich beeilt, dem Mann den Treueid zu leisten, aus Furcht, dass du die Befehlsgewalt erhältst.“ Er (Imam ´Ali, a.) legte den Griff der Schaufel auf die Erde, während er die Hand immer noch darauf hatte und antwortete: „Im Namen Allahs, Des Gnädigen, Des Barmherzigen. Alif Lam Mim. Meinen die Menschen, sie würden in Ruhe gelassen werden, wenn sie bloß sagen: „Wir glauben“, und sie würden nicht auf die Probe gestellt? Wir stellten doch die auf die Probe, die vor ihnen waren. Also wird Allah gewiss die bezeichnen, die wahrhaftig sind, und gewiss wird Er die Lügner bezeichnen. Oder glauben diejenigen, die böse Taten begehen, dass sie Uns entrinnen werden. Übel ist, wie sie urteilen.“ [7],[8]

Abu Sufyan kam zu der Tür des Gesandten Allahs (s.), während ´Ali und al-Abbas sich hingebungsvoll um dessen Angelegenheiten kümmerten, und rief aus: „Ihr Banu Haschim, die Leute haben kein Verlangen nach euch. Speziell (für sie) sind die (Clans) der Taim ibn Murra und ´Adi. Doch die Befehlsgewalt soll nur bei euch und für euch (vorbehalten) sein. Nur Abu al-Hassan[9] steht sie zu - Abu al-Hassan, ergreife sie mit fester Hand. Denn mit dir geschieht etwas, was du lange Zeit befürchtet hast.“ Dann rief er mit sehr lauter Stimme: „Banu Haschim, Banu ´Abd Manaf, seid ihr damit einverstanden, dass der verworfene Vater eines entwöhnten Kamels, der Sohn eines Verworfenen, Macht über euch haben soll?! Nein, bei Allah, wenn ihr wollt, dann werde ich Pferde und Männer dafür zur Verfügung stellen.“ „Gehe zurück, Abu Sufyan“, rief der Fürst der Gläubigen, „denn bei Allah, du sagst das nicht um Allahs Willen. Du intrigierst immer noch gegen den Islam und seine Anhänger. Wir sind mit dem Gesandten Allahs (s.) beschäftigt. Jeder Mensch bekommt, was er verdient, und er ist nur für das verantwortlich, was er begangen hat.“[10] Abu Sufyan ging zur Moschee und fand die Banu Umayya darin versammelt. Er drängte sie, in der Angelegenheit (etwas zu tun), aber sie gingen nicht darauf ein. Zerwürfnisse waren allgegenwärtig und Heimsuchung (von Unheil) allumfassend. Schlimme Ereignisse fanden statt, durch die Schaitan[11] Macht gewann sowie durch die Zusammen­arbeit lügnerischer und feindseliger Leute (mit ihm). Die wahrhaft Gläubigen wurden dadurch, dass diese (Ereignisse) geleugnet wurden, im Stich gelassen. Das war die Deutung der Worte Allahs: „Und hütet euch vor einer Drangsal, die gewiss nicht bloß die unter euch treffen wird, die Unrecht getan haben...“ [12]

In den herausragenden Tugenden des Fürsten der Gläubigen (a.), die wir bereits aufgezählt haben, nach dem, was wir schon hinsichtlich der Abschieds-Pilgerfahrt erwähnt haben, liegt der Beweis, der darauf hindeutet, dass er (a.) durch diese (Tugenden) besonders charakterisiert wurde auf eine Weise, die niemand[13] sonst aus der Menschheit mit ihm teilte. Jede seiner (Tugenden) war eine (spezielle) Kategorie der Tugend, die für sich selbst stand, ohne dass sie irgend etwas anderes benötigte, das ihre Bedeutung erklärte.

Es ist sicherlich erkennbar, dass seine besondere Bestimmung durch den Propheten (s.) während dessen Krankheit, bis (zu dem Zeitpunkt), als Allah ihn (zu Sich) nahm, (einen besonderen) Vorzug in der Religion und der Nähe zum Propheten (s.) erforderte. (Das ist sichtbar) durch seine Taten, auf die der Prophet (s.) sich ruhigen (Herzens) verlassen konnte. Er hob ihn so von allen Leuten ab, damit er sich (am Ende seines) Lebens um ihn kümmern sollte. (Man beachte) die besondere Liebe, die er ihm zuteil werden ließ, die niemand mit ihm teilte. (Da ist auch) das testamentarische Vermächtnis (wasiyya), das er ihm hinterließ, nachdem es jemand anderem[14] unterbreitet wurde und der es abgelehnt hatte wegen der Last und Verantwortung, die mit dessen Verwirklichung verbunden waren, (und damit zu schwer war) für diese andere Person, das Vertrauenspfand (amana) zu erfüllen. Er zeichnete sich dadurch aus, dass er mit dem Gesandten Allahs (s.) verbrüdert wurde, sowie dadurch, dass er während seiner Krankheit bei ihm war, als er ihn rief. In ihm war das Wissen der Religion niedergelegt, was ihn von jedem anderen einzigartig machte. Er vollführte seine (des Propheten, s.) Waschung und die Herrichtung (für dessen Reise) zu Allah. Er sprach das (Toten-) Gebet für ihn vor jedem anderen, und er hatte Vorrang vor ihnen (den Leuten) durch seine Stellung bei dem Gesandten Allahs (s.) und bei Allah, Dem Erhabenen. Er führte die Ummah an in der Art, wie er das Gebet für ihn sprach, als die Angelegenheit für sie zweifelhaft war. Er leitete sie zu dem Ort, an dem er (der Prophet, s.) begraben werden sollte, trotz der Meinungsverschiedenheiten, die sie diesbezüglich hatten. Sie gehorch­ten ihm darin, zu dem er sie aufrief, und sahen es als (richtig) an. Dadurch wurde er einzigartig in seiner Vorzugsstellung. Damit brachte er die Großtat im Islam zur Vollendung, die er von seinem Beginn an angefangen hatte bis zum Ableben des Propheten (s.), und dadurch entstand bei ihm ein zusammen­hängendes System von Vorzügen, und keine Nachlässigkeit trat in seinen Taten in der Religion auf. Kein Aspekt seiner Vorzugsstellung, die wir aufgezählt haben, setzt irgendeine Grenze im Äußersten seiner hervorragenden Eigen­schaften des Glaubens und in den Tugenden des Islams, und das sollten man auch im Zusammenhang sehen mit seinen strahlenden Wundern, die das Gewohnte (in der Natur) durchbrachen. Er war solcherart, wie es niemanden gab außer dem Propheten (s.), der gesandt worden war (mit der Botschaft des Islams) oder einem Engel, der Allah nahe stand (muqarrab) und solche, die ihnen gleich waren, was den Grad ihrer Tugenden anging bei Allah. Im Hinblick auf diejenigen, die diesen drei Kategorien entgegenstehen, folgt das traditionelle Wissen (´ada) einem entgegengesetzten (Weg) mit der Zustimmung derer, die Verstand haben, die Zungen haben (zum Ansprechen der Wahrheit) und die die traditionellen Wissenschaften (´adat) kennen. Wir bitten Allah um Erfolg, und durch Ihn werden wir vor Irrtümern geschützt werden.

[1] Ein Ausschnitt von dem Hadith kommt vor bei „Al-Tabaqat al-Kubra“: 2: 194; „Tarich al-Ya’qubi“: 2: 111 und 112; „Sahih Muslim“: 4: 1873; „Musnad Abi Ya´la“: 2: 297, 303; „Mustadrak al-Hakim“: 3: 109; „Misbah al-Anwar“: 285. Allamah al-Madschlisi überlieferte es in „al-Bihar“: 22: 465 / 19.

[2] A´ischa ist die Tochter Abu Bakrs, Anm. d. Übers.

[3] Hafsa ist die Tochter von ´Umar, Anm. d. Übers.

[4] Heiliger Qur´an: 3:144

[5] Diese Beschreibung ist als symbolischer Akt zu verstehen, wie die eines Bettlers, der seine Hände zum Himmel emporhebt und das Geschenk Allahs dann über sein Gesicht streicht, so strich Imam Ali (a.) die ihm übertragene Verantwortung dankbar über sein Gesicht, Anm. d. Übers.

[6] „Tabaqat al-Kubra“: 2: 193, 247; „Sahih al-Buchari“: 6: 12; „Sahih Muslim“: 4: 1904;
„Musnad Ahmad“: 6: 77, 240, 282:; „Sunan al-Tirmidhi“: 5: 361.

[7] Heiliger Qur´an: 29:1-4

[8] Al-Huwaizi überlieferte es im Tafsir „Nur al-Thaqalain“: 4: 149 / 11

[9] Rufnahme Imam Alis (a.), Anm. d. Übers.

[10] Es war nicht Abu Sufyans Absicht, den rechtmäßigen Nachfolger Imam Ali (a.) zu seinem Recht zu verhelfen, sondern die ohnehin schon bestehende Zwietracht unter den Muslimen anzuheizen, Anm. d. Übers.

[11] Satan, Anm. d. Übers.

[12] Heiliger Qur´an: 8: 25

[13] In dieser häufig wiederholten Formulierung ist zweifelsohne immer „niemand außer dem Propheten“ gemeint, was aus dem Gesamtkontext immer klar und deutlich wird Anm. d. Übers.

[14] ´Abbas, Onkel des Gesandten Allahs, siehe oben, Anm. d. Übers.

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