Sänger von Schiras

Der Sänger von Schiras

Gedichte des Hafiz aus dem Persischen übertragen von Friedrich von Bodenstedt

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Erstes Buch.

11.

Sag' der lieblichen Gazelle,
Morgenwind, von mir dies Wort:
Warum triebst Du mich so grausam
Durch Gebirg' und Wüsten fort?

Dein ward Alles, was die Liebe
spenden kann an süßem Glück – 6
Warum von des Sängers Munde
Hält es nur Dein Mund zurück?

Wer sich labt am Freudenbecher,
denke bei dem Gottgeschenk
Nicht ans Nächste nur: er sei auch
ferner Freunde eingedenk!

Ist von eig'nem Duft und Glanze
meine Rose so betört,
Dass sie auf die Sehnsuchtslieder
ihres Sängers gar nicht hört?

Nicht den klugen – nur den weisen
Mann fängt Schönheit immer leicht,
Doch vergebens stellt sie Schlingen
wo ein kluger Vogel streicht.

Wahrlich würde Deine Schönheit
ohne Fehl' und Makel sein,
Schlösse sie in ihrem Zauber
auch noch Tren und Liebe ein.

O gedenke meiner Mahnung:
Dankbarkeit ist Liebesschuld –
Zeig' Dich denn durch Liebe dankbar
für so lange Liebesgeduld.

Ist's ein Wunder, wenn im Himmerl,
hingerissen durch dein Lied,
Hafis, der Messias selber
tanzt zum Spiel der Anahid? 7

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