Am Morgen von Aschura
Als der Morgen anbrach, rief er zum Gebet aus und
verrichtete dasselbe mit seinen Begleitern , dann kehrte er in
sein Zelt zurück, verlangte den Panzer seines Großvaters
Muhammed, und zog ihn an, bedeckte sich mit dessen Turban,
el-sahab »die Wolke« genannt, und hing ein Schwert um, dann
schritt er auf die feindlichen Krieger zu und redete sie an:
liebe Leute, wisset, dass diese Welt eine vergängliche Wohnung
ist und ein Aufenthalt, der beständig mit seinen Bewohnern
wechselt; ein Thor ist, wer sich durch sie betören lässt, auf
sie sich stützt und nach ihr seine Wünsche richtet.
Versammelte Männer! ihr kennt die Gesetze des Islam , habt den
Coran gelesen und bekennt, dass Muhammed in Wahrheit der
Gesandte Gottes ist; und nun lehnt ihr euch gegen seinen Sohn
auf, um ihn gegen Recht und Gerechtigkeit zu töten.
Versammelte Männer! seht ihr nicht, wie das Wasser des Euphrat
aussieht, als wären es Schlangenleiber? Hunde und Schweine
trinken davon, während die Familie des Gottgesandten vor Durst
umkommt. — Sie erwiderten: Halt ein mit deinen Reden, nicht
einer von deinen Begleitern wird das Wasser kosten , bevor du
nicht den Tod stückweise gekostet hast. —
Als er dies hörte, kehrte er zu seinen Begleitern zurück
und sagte: Diese Leute hat der Satan bereits in Beschlag
genommen, aber die Rotte des Satans besteht grade aus denen,
die vom rechten Wage abgeirrt sind. Dann that er einen tiefen
Seufzer und sprach:
Ihr überschreitet das Maass, ihr schlechtes Volk, in
eurer Frechheit
und lehnt euch in uns gegen den Propheten Muhammed auf.
War es nicht der beste Mensch, der uns letztwillig euch
empfohlen hat?;
war nicht mein Großvater der wohlgeleitete Erwählte Gottes.
War nicht die Hehre meine Mutter? und mein Vater
Ali, der wohlgeführte Freund des besten der Geschöpfe?
Ihr seid verflucht und werdet bestraft für das, was ihr
verbrochen habt,
ihr werdet schon die Strafe im Grabe finden.
Nach Beendigung dieser Verse rief er einen seiner Begleiter
Namens Oneis el-Kahili zu sich und gab ihm den Auftrag: Gehe
zu diesen Leuten und rufe ihnen Gott und seinen Gesandten ins
Gedächtnis, vielleicht lassen sie vom Kampfe gegen uns ab ;
ich weiß freilich, dass sie nicht ablassen werden, aber es
soll mir zum Zeugnis gegen sie dienen am Tage der
Auferstehung. Oneis ging fort, bis er zu Omar ben Sa'd kam; er
traf ihn sitzend, grüsste ihn aber nicht, da sprach jener: Du
vom Stamme Kahil, was hält dich ab mich zu grüssen? bin ich
nicht ein Muslim ? — Er antwortete : Nein, bei Gott ! — Aber
ich bin doch, bei Gott ! nicht in Unglauben gefallen, seitdem
ich Gott und seinen Gesandten kenne. — Wie kannst du sagen,
dass du Gott und seinen Gesandten kenntest und willst den
Nachkommen des Gottgesandten, seine Familie und Kindeskinder
töten"? — Ich weiß, dass ihre Mörder in die Hölle kommen,
aber es ist unvermeidlich, dass ich ihr Blut vergieße auf
Befehl des Emir Obeidallah ben Zijad. —
Oneis kehrte zu Husein zurück und brachte ihm hierüber
Nachricht, da versammelte er seine Anhänger und sprach zu
ihnen: Ich preise Gott, so sehr ich kann, und lobe ihn für
Bedrängnis und Überfluss und vertraue auf ihn in Unglück und
Not; o Gott ! ich lobe dich, dass du uns durch das
Prophetenthum geehrt, uns den Koran gelehrt und uns in der
wahren Religion unterrichtet hast, wir richten Ohr, Auge und
Herz darauf, so lass uns an deinen Segnungen Teil haben !
Dann fuhr er fort: Ihr versammelten Muslim ! ich kenne keine
treueren Freunde, keine besseren, keine standhafteren als ihr
seid, ich kenne keine Familie, die frömmer, treuer und
ausgezeichneter wäre als die Familie meines Hauses; Gott lohne
es euch, was ihr an mir Gutes getan habt! Aber ich glaube,
dass morgen der letzte Tag sein wird, wo wir mit diesem Volke
zu tun haben werden. Ich habe euch die Wahl gelassen und ihr
habt volle Freiheit, darum geht, von meiner Seite lege ich
eurer Entschließung kein Hindernis in den Weg, und diese
Nacht schon zeige uns die Pfade. Ein jeder von euch nehme
einen aus meiner Familie an die Hand, dann zerstreut euch in
der Wüste, vielleicht wird Gott euch retten; denn diese Leute
suchen nur nach mir, nicht nach euch, und wenn sie mich
finden, werden sie sich um euch nicht bekümmern. —
Da erwiderten ihm seine Brüder, seine Neffen und die Söhne
des Abdallah ben Ga'far ben Abu Talib: das werden wir nicht
tun, o unser Herr! sollten wir hoffen, nach dir noch zu
leben? Das möge uns Gott nicht sehen lassen! — Nun wandte er
sich an die Söhne des 'Akil: Genug für euch, dass Muslim ben 'Akil
ermordet ist, geht, ich erlaube es euch. — Sie erwiderten:
Was würden die Leute über uns sagen, wenn wir unseren Herrn,
den Sohn unseres Oheims, unser Familienhaupt verließen? bei
Gott! das wird nie geschehen , vielmehr werden wir unser Leben
für dich hingeben, unser Gelübde mit unserem Blute bezahlen
und für dich kämpfen, bis wir deinen Weg gebahnt haben;
verwünscht sei das Leben nach deinem Tode! Muslim ben 'Ausa'ga
erhob sich und sprach: Wir sollten dich verlassen, o Sohn des
Gottgesandten? womit sollten wir uns vor Gott entschuldigen
wegen der Schädigung deines Rechtes? bei Gott ! ich werde in
ihrer Brust meine Lanze zerbrechen und sie mit meinem Schwerte treffen, so lange ich das Heft in der Hand halten
kann; bei Gott! wenn ich keine Waffe in der Hand hätte , womit
ich kämpfen könnte, würde ich sie mit Steinwürfen von dir
abhalten, damit Gott wüsste, dass ich die Nachkommen des
Gottgesandten beschütze ; und wenn ich wüsste, dass ich
getötet und wiedererweckt und dann verbrannt würde, und wenn
man mir vorher sagte, dass dies siebzigmal mit mir geschehen
würde, so würde ich dich doch nicht verlassen , bis ich mein
Ende erreicht hätte; und nun, da ich nur einmal getödtet werde
und danach den Ruhm erlange, den ich niemals wieder verlieren
werde. — Dann redete auch Zuheir ben el-Kein und sprach: bei
Gott! o Sohn des Gottgesandten , ich wünsche getötet und
wieder auferweckt, dann tausendmal getötet zu werden, wenn
Gott dadurch von dir und diesen jungen Männern deiner Familie
den Tod abwendete, das wäre mir wahrlich ein leichtes. — In
ähnlicher "Weise redeten mehrere andere seiner Begleiter und
sagten: bei Gott! wir werden dich nicht verlassen, sondern
unser Leben dir verpfänden gegen alle Gefahren mit Brust und
Stirn, und wenn wir getötet werden, so bezahlen wir damit was
wir schuldig sind.