Der Tod des Husein ...

Der Tod des Husein ben Ali und die Rache

Ein historischer Roman aus dem Arabischen

Ferdinand Wüstenfeld

zum Inhaltsverzeichnis

Am Morgen von Aschura

Als der Morgen anbrach, rief er zum Gebet aus und verrichtete dasselbe mit seinen Begleitern , dann kehrte er in sein Zelt zurück, verlangte den Panzer seines Großvaters Muhammed, und zog ihn an, bedeckte sich mit dessen Turban, el-sahab »die Wolke« genannt, und hing ein Schwert um, dann schritt er auf die feindlichen Krieger zu und redete sie an: liebe Leute, wisset, dass diese Welt eine vergängliche Wohnung ist und ein Aufenthalt, der beständig mit seinen Bewohnern wechselt; ein Thor ist, wer sich durch sie betören lässt, auf sie sich stützt und nach ihr seine Wünsche richtet. Versammelte Männer! ihr kennt die Gesetze des Islam , habt den Coran gelesen und bekennt, dass Muhammed in Wahrheit der Gesandte Gottes ist; und nun lehnt ihr euch gegen seinen Sohn auf, um ihn gegen Recht und Gerechtigkeit zu töten. Versammelte Männer! seht ihr nicht, wie das Wasser des Euphrat aussieht, als wären es Schlangenleiber? Hunde und Schweine trinken davon, während die Familie des Gottgesandten vor Durst umkommt. — Sie erwiderten: Halt ein mit deinen Reden, nicht einer von deinen Begleitern wird das Wasser kosten , bevor du nicht den Tod stückweise gekostet hast. —

Als er dies hörte, kehrte er zu seinen Begleitern zurück und sagte: Diese Leute hat der Satan bereits in Beschlag genommen, aber die Rotte des Satans besteht grade aus denen, die vom rechten Wage abgeirrt sind. Dann that er einen tiefen Seufzer und sprach:

Ihr überschreitet das Maass, ihr schlechtes Volk, in eurer Frechheit
und lehnt euch in uns gegen den Propheten Muhammed auf.
War es nicht der beste Mensch, der uns letztwillig euch empfohlen hat?;
war nicht mein Großvater der wohlgeleitete Erwählte Gottes.
War nicht die Hehre meine Mutter? und mein Vater
Ali, der wohlgeführte Freund des besten der Geschöpfe?
Ihr seid verflucht und werdet bestraft für das, was ihr verbrochen habt,
ihr werdet schon die Strafe im Grabe finden.

Nach Beendigung dieser Verse rief er einen seiner Begleiter Namens Oneis el-Kahili zu sich und gab ihm den Auftrag: Gehe zu diesen Leuten und rufe ihnen Gott und seinen Gesandten ins Gedächtnis, vielleicht lassen sie vom Kampfe gegen uns ab ; ich weiß freilich, dass sie nicht ablassen werden, aber es soll mir zum Zeugnis gegen sie dienen am Tage der Auferstehung. Oneis ging fort, bis er zu Omar ben Sa'd kam; er traf ihn sitzend, grüsste ihn aber nicht, da sprach jener: Du vom Stamme Kahil, was hält dich ab mich zu grüssen? bin ich nicht ein Muslim ? — Er antwortete : Nein, bei Gott ! — Aber ich bin doch, bei Gott ! nicht in Unglauben gefallen, seitdem ich Gott und seinen Gesandten kenne. — Wie kannst du sagen, dass du Gott und seinen Gesandten kenntest und willst den Nachkommen des Gottgesandten, seine Familie und Kindeskinder töten"? — Ich weiß, dass ihre Mörder in die Hölle kommen, aber es ist unvermeidlich, dass ich ihr Blut vergieße auf Befehl des Emir Obeidallah ben Zijad. —

Oneis kehrte zu Husein zurück und brachte ihm hierüber Nachricht, da versammelte er seine Anhänger und sprach zu ihnen: Ich preise Gott, so sehr ich kann, und lobe ihn für Bedrängnis und Überfluss und vertraue auf ihn in Unglück und Not; o Gott ! ich lobe dich, dass du uns durch das Prophetenthum geehrt, uns den Koran gelehrt und uns in der wahren Religion unterrichtet hast, wir richten Ohr, Auge und Herz darauf, so lass uns an deinen Segnungen Teil haben ! Dann fuhr er fort: Ihr versammelten Muslim ! ich kenne keine treueren Freunde, keine besseren, keine standhafteren als ihr seid, ich kenne keine Familie, die frömmer, treuer und ausgezeichneter wäre als die Familie meines Hauses; Gott lohne es euch, was ihr an mir Gutes getan habt! Aber ich glaube, dass morgen der letzte Tag sein wird, wo wir mit diesem Volke zu tun haben werden. Ich habe euch die Wahl gelassen und ihr habt volle Freiheit, darum geht, von meiner Seite lege ich eurer Entschließung kein Hindernis in den Weg, und diese Nacht schon zeige uns die Pfade. Ein jeder von euch nehme einen aus meiner Familie an die Hand, dann zerstreut euch in der Wüste, vielleicht wird Gott euch retten; denn diese Leute suchen nur nach mir, nicht nach euch, und wenn sie mich finden, werden sie sich um euch nicht bekümmern. —

Da erwiderten ihm seine Brüder, seine Neffen und die Söhne des Abdallah ben Ga'far ben Abu Talib: das werden wir nicht tun, o unser Herr! sollten wir hoffen, nach dir noch zu leben? Das möge uns Gott nicht sehen lassen! — Nun wandte er sich an die Söhne des 'Akil: Genug für euch, dass Muslim ben 'Akil ermordet ist, geht, ich erlaube es euch. — Sie erwiderten: Was würden die Leute über uns sagen, wenn wir unseren Herrn, den Sohn unseres Oheims, unser Familienhaupt verließen? bei Gott! das wird nie geschehen , vielmehr werden wir unser Leben für dich hingeben, unser Gelübde mit unserem Blute bezahlen und für dich kämpfen, bis wir deinen Weg gebahnt haben; verwünscht sei das Leben nach deinem Tode! Muslim ben 'Ausa'ga erhob sich und sprach: Wir sollten dich verlassen, o Sohn des Gottgesandten? womit sollten wir uns vor Gott entschuldigen wegen der Schädigung deines Rechtes? bei Gott ! ich werde in ihrer Brust meine Lanze zerbrechen und sie mit meinem Schwerte treffen, so lange ich das Heft in der Hand halten kann; bei Gott! wenn ich keine Waffe in der Hand hätte , womit ich kämpfen könnte, würde ich sie mit Steinwürfen von dir abhalten, damit Gott wüsste, dass ich die Nachkommen des Gottgesandten beschütze ; und wenn ich wüsste, dass ich getötet und wiedererweckt und dann verbrannt würde, und wenn man mir vorher sagte, dass dies siebzigmal mit mir geschehen würde, so würde ich dich doch nicht verlassen , bis ich mein Ende erreicht hätte; und nun, da ich nur einmal getödtet werde und danach den Ruhm erlange, den ich niemals wieder verlieren werde. — Dann redete auch Zuheir ben el-Kein und sprach: bei Gott! o Sohn des Gottgesandten , ich wünsche getötet und wieder auferweckt, dann tausendmal getötet zu werden, wenn Gott dadurch von dir und diesen jungen Männern deiner Familie den Tod abwendete, das wäre mir wahrlich ein leichtes. — In ähnlicher "Weise redeten mehrere andere seiner Begleiter und sagten: bei Gott! wir werden dich nicht verlassen, sondern unser Leben dir verpfänden gegen alle Gefahren mit Brust und Stirn, und wenn wir getötet werden, so bezahlen wir damit was wir schuldig sind.

© seit 2006 - m-haditec GmbH - info@eslam.de