Einzug in Damaskus
Sahl ben Sad erzählt: Während wir weiter marschierten,
hörten wir das Flüstern eines 'Ginn, ohne ihn selbst zu sehen,
der sprach:
Hoffet ein Volk, das Husein getötet hat,
auf die Vermittlung seines Großvaters am Tage der
Rechenschaft?
Sie haben sich gegen Gott aufgelehnt und empört,
und fürchten ihn nicht am Tage der Rückkehr.
Gott verfluche die Nachkommen Zijad's
und lasse sie zur Strafe in der Hölle wohnen.
Sahl erzählt weiter: Als sie dies hörten, überfiel sie ein
heftiges Zittern und sie beschleunigten ihren Marsch, bis sie
nach Damascus kamen. Bei ihrem Einzüge sah ich die Marktplätze
leer, die Buden geschlossen, die Leute hatten sich versammelt,
lachten und sangen Lieder. Ein Mann aus dem Volke kam zu Jazid
ben Muawija und sprach zu ihm: Gott erfreue dein Auge, o Fürst
der Gläubigen! — Wodurch denn? — Durch den Kopf des Husein ben
'Ali. — Gott erfreue dein Auge nicht und haue dir Hände und
Füsse ab ! — Er befahl ihn ins Gefängnis zu bringen. Dann ließ
er die Truppen ordnen unter 120 Fahnen, um dem Kopfe Huseins
entgegen zu ziehen. Als die Fahnen nahten und darunter der Ruf
»Gott ist groß!« und »Halleluja!« erschallte, Hess sich auch
eine Stimme vernehmen, die sprach:
Sie kommen mit deinem Kopfe, o Sohn der Tochter
Muhammeds,
anz mit Blut beschmutzt.
Sie rufen »Gott ist groß«! darüber, dass du getötet bist, und
haben doch
in dir das »Gott ist groß« und »Halleluja« getötet.
Kein Tag hat ein größeres Unglück gebracht als der seine,
und ich sehe ihn dem Tode verpfändet getötet.
Und als hätten sie in dir, o Sohn der Tochter Muhammeds,
offen die Anhänger des Gesandten getötet.
Der Kopf wurde durch das Thor el-Cheizuran hereingebracht.
Sahl erzählt: Ich stand mitten unter den Menschen, da wurden
29 Fahnen sichtbar und ich sah die Frauen von den Gefangenen
Huseins, sie saßen auf Sätteln ohne Decken und ich sah den
Kopf auf der Spitze der Lanze des Chaula, welcher ausrief: Ich
bin der Herr der Lanze, ich bin der Herr der wahren Religion,
ich habe die Feinde der Religion sämtlich getötet und komme
mit ihren Köpfen zu dem Fürsten der Gläubigen. Da entgegnete
Umm Kulthum: Du lügst, du Verfluchter, Sohn des Verfluchten!
Gottes Fluch über die Ungerechten! Du willst dich vor Jazid
ben Mu'awija rühmen den getötet zu haben, mit welchem sich
Gabriel und Michael freundlich unterredet haben und dessen
Name auf dem Schutzdache des Thrones des Herrn der Welt
geschrieben steht, mit dessen Großvater Gott die Reihe der
Propheten geschlossen und durch dessen Vater er die unterjocht
hat, welche mehrere Götter verehren? Denn wo ist einer, der
meinem Großvater dem auserwählten gleiche, oder meinem Vater
'All dem begnadigten, oder meiner Mutter der hehren, der
Herrin der Frauen? — Chaula trat auf sie zu und sprach zu ihr:
Du willst weiter nichts als Widerspenstigkeit, o Umm Kulthum,
bei meinem Leben! du bist die Tochter des Widerspenstigen.
Jetzt nahte der Kopf des Hurr ben Jazid el-Rijahi, welchen
Schimr ben Dsul-Gauschan trug, an seinem Ohre hing ein Blatt,
auf welches die Ca9ide geschrieben war, die er damals
gesprochen hatte, als er zu Husein überging, worin er die
Schlechtigkeit der Omeijaden erwähnt und Obeidallah ben Zijad
tadelt, weil er und seine Stammesgenossen es unterlassen
hatten, Husein Beistand zu leisten. — Darauf folgte der Kopf
des 'Abbas ben 'Ali, welchen el-Casch'am el-Gu'fi trug ; dann
der Kopf des Othman ben 'Ali von Sinan ben Anas el - Nacha'i
getragen; zuletzt kamen die Frauen.
Sahl erzählt: Es nahte sich auf einem Kamele ein Mädchen
mit einem grauen seidenen Schleier, es rief: o Vater! o
Muhammed! o 'Ali! o Hasan! o Fatima! o Husein! o 'Abbas! o
Hamza! o Ga'far! Ich sah nach ihr hin, da schrie sie mich an
in einer Weise, dass ich ohnmächtig niedersank; als ich mich
von meiner Ohnmacht erholte , näherte ich mich ihr und fragte
: warum hast du mich so angeschrieen? Sie erwiderte: schämst
du dich nicht vor Gott und seinem Gesandten, dass du nach den
Weibern des Gottgesandten siehst? — Bei Gott ! ich habe dich
nicht in schlechter Absicht angesehen, meine Gebieterin. — Wer
bist du? — Ich bin Sahl ben Sa'd el-Schahrawerdi, einer eurer
Untergebenen und Freunde. Dann wandte ich mich an 'Ali ben
Husein und fragte: mein Gebieter! kann ich dir mit etwas
dienen? — O ja! hast du wohl etwas Geld bei dir! — Ja wohl,
1000 Dinare und 1000 Dirhem. — Nimm davon etwas und gib es dem
Träger des Kopfes und bitte ihn, dass er vor den Frauen
hergehe, damit die Menschen veranlasst werden nach ihm zu
sehen und ihre Blicke von den Frauen des Gottgesandten
wegwenden. Dies tat ich und er rief mir zu: o Sahl, möge dich
Gott mit uns vereinigen am Tage der Auferstehung zum Lohne für
deinen Beistand. Dann hub 'All an und sprach;
Ich werde wie ein Verworfener in Damaskus umhergeführt,
als wäre ich ein Äthiopischer Sklav, von dem sein Beistand
fern ist.
Und doch war mein Großvater der Gottgesandte in jeder
Versammlung
und mein Vater der Fürst der Gläubigen war sein Emir.
O hätte ich Damaskus nie gesehen und sähe
Jazid mich nicht in der Gegend, die ich durchziehe!
Sahl erzählt : Ich bemerkte , dass an einem Fenster in der
Höhe mehrere Frauen standen , darunter ein hochbetagtes
buckliges Weib:
indem nun der Kopf an dem Fenster vorüber kam, sprang das
Weib auf, ergriff einen Stein, warf damit nach Huseins Kopfe
und traf ihn ins Gesicht. Als ich dies sah, sprach ich: O Gott
! vernichte diese und die anderen mit ihr, bei dem Hechte
Muhammeds und seiner Familie! Und bei Gott! ich hatte noch
nicht ausgeredet, da stürzte das Fenster herunter und alle die
darin standen, und sie und noch viele Menschen unter ihnen
fanden ihren Tod.