Nachricht vom Tode des Muawija
el - Каlbi erzählt in seiner Geschichte, dass, als Mu'âwija der Tod nahte und er in eine schwere Krankheit
verfiel, während sein Sohn Jazîd abwesend war, (er war nämlich
Statthalter in Himç) er Tinte und Papier verlangte und einen
Brief an ihn schrieb, worin er sagte: Im Namen Gottes des
barmherzigen, des erbarmenden! Mein lieber Sohn! Siehe, Gott,
der gelobt und gepriesen sei, hat alle Dinge erschaffen für
einen bestimmten Zeitraum bis auf einen gewissen Tag und zu
einem unabänderlichen Ende. Wenn in dieser Welt einer hätte am
Leben erhalten werden sollen, so wäre der Gottgesandte und
seine Angehörigen am würdigsten gewesen zu bleiben, allein
Gott hatte ihm offenbart (Sure 39, 31): »Siehe, du wirst
sterben und sie werden sterben«. Als man ihn dann begrub,
sagten die Christen: »der Messias ist nicht gestorben, wenn
Muhammed ein Prophet gewesen wäre, würde er nicht gestorben
sein«. Da kam der glaubensfeste Gabriel vom Himmel herab und
sprach: lies о Muhammed (Sure 21, 35): »Wir haben den Menschen
vor dir die Unsterblichkeit nicht verliehen, wenn du nun
stirbst, sollten sie dann immer am Leben bleiben«? Wisse, mein
lieber Sohn, dass der Tod, der für alle Gottesverehrer fest
bestimmt ist, mir nahe steht, er trennt uns von den Geliebten
und den heimatlichen Stätten. Wenn du nun diesen Brief gelesen
hast, so eile in meine Nähe. Lebe wohl! — Er faltete den Brief
zusammen und übergab ihn einem boten um ihn Jazîd zu
überbringen.
Die Krankheit Muawîja's nahm nun zu und sein Zustand
verschlimmerte sich, da verlangte er Tinte und Papier und
schrieb sein Testament, worin er sagte: Mein lieber Sohn! das
beste für alle Fälle, die sich ereignen können, ist, bei
Zeiten seine letztwilligen Bestimmungen zu machen, und Gott
spricht (Sure 55, 26): «Alle die auf ihr (der Erde) sind, sind
vergänglich, doch ewig bleibt das Antlitz deines Herrn voll
Majestät und Herrlichkeit«. Wenn etwas in dieser Welt ewig
wäre, so würde der Herr der ersten und letzten, Muhammed, am
würdigsten für die Ewigkeit gewesen sein. Wisse, mein lieber
Sohn, ich habe die Länder unterjocht und die unbeugsamen
Nacken der Widerspenstigen für dich gedemütigt und ich mache
für dich ein Testament, wonach du stets im Glück verbleiben
wirst, so lange du daran festhältst und nach meinen
Vorschriften regierest. Ich empfehle dir, die Bewohner von
Syrien gut zu behandeln, sie gehören zu dir und du zu ihnen,
die Sorge für sie lass dir immer angelegen sein; wenn einer
von ihnen zu dir kommt, so nimm ihn ehrenvoll auf, und wer von
dir fern bleibt, dessen Verhältnissen suche auf den Grund zu
kommen. Wenn ein Feind dich unverhofft angreift, so gehe ihm
mit ihnen entgegen, und wenn du über deine Feinde siegst, so
lass sie (d i. deine eigenen Truppen) in ihr Land
zurückkehren, denn wenn sie in einem anderen Lande bleiben,
werden sie andere Sitten annehmen. Alle, welche aus Hi'gaz zu
dir kommen, behandle mit besonderem wollen und sorge für die
Einwohner von 'Irak in ihren Angelegenheiten, und wenn sie
dich an jedem Tage bitten, einen Verwalter abzusetzen, so tue
es, denn die Absetzung eines Verwalters ist leichter zu
ertragen als ein Aufstand gegen die Regierung. Wisse auch,
mein lieber Sohn, dass ich deinetwegen nach meinem Tode nur
wegen vier Personen sorgt bin, welche dir unter diesen
Verhältnissen nicht huldigen und dir nicht gehorchen werden.
Der erste ist Abd el-rahman ben Abu Bekr, er liebt die Welt,
deshalb lass ihm Zeit in seinen weltlichen Dingen und fürchte
dich nicht vor ihm, lass ihn gewähren in dem was er will, er
ist nicht für dich und nicht gegen dich. Der zweite ist
Abdallah ben Omar ben el-Chattab, er liebt das Koranlesen und
die Kanzel , er hat sich von dieser Welt zurückgezogen und
verlangt nach dem Jenseits, ich glaube nicht, dass er wegen
der Herrschaft gegen dich kämpfen wird, deshalb lass ihn in
Ruhe, wenn er dir nicht huldigen will. Der dritte ist Abdallah
ben el-Zubeir, er wird dich mit der Schlauheit des Fuchses zu
überlisten suchen und wie ein Löwe gegen dich auf dem Sprunge
stehen; will er Krieg anfangen, so bekriege ihn, will er
Frieden schließen, so schließe ihn, will er dir einen Rath
geben, so nimm ihn an. Der vierte ist Husein ben 'Ali ben Abu
Tâlib, ich zweifle nicht, dass er sich gegen dich auflehnen
wird, denn die Leute werden ihm keine Ruhe lassen, bis er
gegen dich auszieht, dann bedenke, welche Lehren ich dir
gegeben habe; wenn du ihn besiegst, so berücksichtige seine
Verwandtschaft mit dem Gottgesandten und wisse, mein lieber
Sohn, dass sein Vater besser war als dein Vater, seine Mutter
besser als deine Mutter und sein Großvater besser als dein
Großvater. [L. Hüte dich meinen letzten Willen
unberücksichtigt zu lassen oder zu vergessen. Wenn ich dann
das Unvermeidliche überstanden habe und zu meinem Herrn
eingehe, so soll niemand anders mich in meine Gruft betten als
dein Oheim Abu Abdallah Omar ben el-Âçî und sobald er mich
zugedeckt hat und heraussteigen will, so ziehe dein Schwert
und zwinge ihn dir zu huldigen, bevor er aus dem Grabe
heraussteigt; denn wenn er dir huldigt, wird kein anderer dir
entgegen sein.] Dies ist mein Testament für dich. Lebe wohl! —
Dann faltete er das Testament zusammen, versiegelte es und
übergab es einem seiner Vertrauten Namens el-Dahhâk ben Keis
el-Fihri um es seinem Sohne Jazid bei dessen Ankunft zu
überreichen.
Es währte nicht lange, bis das Unvermeidliche eintrat, es
war in der Mitte des Ra'gab im J. 60 d. H. [L. Nachdem er das
Testament geschrieben hatte, fiel er in Ohnmacht, und als man
ihn aufrüttelte, war er tot.] In Damascus entstanden Unruhen
wegen seines Todes, el-Dhahhâk ben Keis el-Fihri, der
Befehlshaber der Truppen in der Stadt, ging hinaus, nahm die
Todtengewänder mit sich und bestieg die Kanzel , um die
Predigt zu halten; er lobte Gott, pries ihn und gedachte des
Propheten, dann fuhr er fort: Lieben Leute! Mu'âwija stand bei
Gott in hohem Ansehen, Gott hat ihm den Sieg über seine Feinde
geben und ihn die Länder erobern lassen, er hat ihm nach
seinen Willen ein langes Leben gegeben und nun zu sich
gerufen, er ist dem Rufe gefolgt und jetzt gestorben; dies
sind die Totengewänder, in die wir ihn einhüllen und in sein
Grab legen wollen, wodurch er von seinen Werken abgeschieden
wird. Wer dabei zugegen zu sein wünscht,' der mag sich am
Nachmittag einfinden, wo, so Gott will, das Gebet für ihn
gehalten werden soll.
Dhahhâk schickte nun sogleich einen Boten an Jazid, welcher
ihm die Nachricht von dem Tode seines Vaters überbringen
sollte. Jazîd hatte bei Nacht keinen Schlaf und bei Tage hörte
er nicht auf nach seinem Vater zu fragen ; er saß auf dem
Dache seines Hauses, da hörte er eine Stimme in sanften
Klagetönen, er sprang auf und rief dem eintretenden Boten
entgegen: wehe dir! ist mein Vater gestorben? Er antwortete:
ja, о Fürst der Gläubigen! Da fing Jazîd an zu weinen und
sprach:
Der Bote kam mit einem Blatt, wodurch er aufregte, da bebte
das Herz vor seinem Blatt aus Furcht.
Wir sprachen: wehe dir ! was ist in eurem Briefe ? er
sprach: der Kalif ist gestern seinen Schmerzen erlegen.
Da wankte die Erde oder fast wäre sie mit uns umgestürzt,
als wäre eine ihrer starken Säulen zerbrochen.
Als ich kam und die Tür des Schlosses verschlossen war,
wäre wegen der Stimme der Ramla fast das Herz gesprungen.
Es kümmerte mich nicht, als ich sein Antlitz sah, wer von
den Haschimiten in der Herrschaft unter- oder aufgehe.
Dieser Fürst, dessen Ende wir fürchteten, wenn die Menschen
über ihren Werth das Loos geworfen hätten.