Der Tod des Husein ...

Der Tod des Husein ben Ali und die Rache

Ein historischer Roman aus dem Arabischen

Ferdinand Wüstenfeld

zum Inhaltsverzeichnis

Nachricht vom Tode des Muawija

el - Каlbi erzählt in seiner Geschichte, dass, als Mu'âwija der Tod nahte und er in eine schwere Krankheit verfiel, während sein Sohn Jazîd abwesend war, (er war nämlich Statthalter in Himç) er Tinte und Papier verlangte und einen Brief an ihn schrieb, worin er sagte: Im Namen Gottes des barmherzigen, des erbarmenden! Mein lieber Sohn! Siehe, Gott, der gelobt und gepriesen sei, hat alle Dinge erschaffen für einen bestimmten Zeitraum bis auf einen gewissen Tag und zu einem unabänderlichen Ende. Wenn in dieser Welt einer hätte am Leben erhalten werden sollen, so wäre der Gottgesandte und seine Angehörigen am würdigsten gewesen zu bleiben, allein Gott hatte ihm offenbart (Sure 39, 31): »Siehe, du wirst sterben und sie werden sterben«. Als man ihn dann begrub, sagten die Christen: »der Messias ist nicht gestorben, wenn Muhammed ein Prophet gewesen wäre, würde er nicht gestorben sein«. Da kam der glaubensfeste Gabriel vom Himmel herab und sprach: lies о Muhammed (Sure 21, 35): »Wir haben den Menschen vor dir die Unsterblichkeit nicht verliehen, wenn du nun stirbst, sollten sie dann immer am Leben bleiben«? Wisse, mein lieber Sohn, dass der Tod, der für alle Gottesverehrer fest bestimmt ist, mir nahe steht, er trennt uns von den Geliebten und den heimatlichen Stätten. Wenn du nun diesen Brief gelesen hast, so eile in meine Nähe. Lebe wohl! — Er faltete den Brief zusammen und übergab ihn einem boten um ihn Jazîd zu überbringen.

Die Krankheit Muawîja's nahm nun zu und sein Zustand verschlimmerte sich, da verlangte er Tinte und Papier und schrieb sein Testament, worin er sagte: Mein lieber Sohn! das beste für alle Fälle, die sich ereignen können, ist, bei Zeiten seine letztwilligen Bestimmungen zu machen, und Gott spricht (Sure 55, 26): «Alle die auf ihr (der Erde) sind, sind vergänglich, doch ewig bleibt das Antlitz deines Herrn voll Majestät und Herrlichkeit«. Wenn etwas in dieser Welt ewig wäre, so würde der Herr der ersten und letzten, Muhammed, am würdigsten für die Ewigkeit gewesen sein. Wisse, mein lieber Sohn, ich habe die Länder unterjocht und die unbeugsamen Nacken der Widerspenstigen für dich gedemütigt und ich mache für dich ein Testament, wonach du stets im Glück verbleiben wirst, so lange du daran festhältst und nach meinen Vorschriften regierest. Ich empfehle dir, die Bewohner von Syrien gut zu behandeln, sie gehören zu dir und du zu ihnen, die Sorge für sie lass dir immer angelegen sein; wenn einer von ihnen zu dir kommt, so nimm ihn ehrenvoll auf, und wer von dir fern bleibt, dessen Verhältnissen suche auf den Grund zu kommen. Wenn ein Feind dich unverhofft angreift, so gehe ihm mit ihnen entgegen, und wenn du über deine Feinde siegst, so lass sie (d i. deine eigenen Truppen) in ihr Land zurückkehren, denn wenn sie in einem anderen Lande bleiben, werden sie andere Sitten annehmen. Alle, welche aus Hi'gaz zu dir kommen, behandle mit besonderem wollen und sorge für die Einwohner von 'Irak in ihren Angelegenheiten, und wenn sie dich an jedem Tage bitten, einen Verwalter abzusetzen, so tue es, denn die Absetzung eines Verwalters ist leichter zu ertragen als ein Aufstand gegen die Regierung. Wisse auch, mein lieber Sohn, dass ich deinetwegen nach meinem Tode nur wegen vier Personen sorgt bin, welche dir unter diesen Verhältnissen nicht huldigen und dir nicht gehorchen werden. Der erste ist Abd el-rahman ben Abu Bekr, er liebt die Welt, deshalb lass ihm Zeit in seinen weltlichen Dingen und fürchte dich nicht vor ihm, lass ihn gewähren in dem was er will, er ist nicht für dich und nicht gegen dich. Der zweite ist Abdallah ben Omar ben el-Chattab, er liebt das Koranlesen und die Kanzel , er hat sich von dieser Welt zurückgezogen und verlangt nach dem Jenseits, ich glaube nicht, dass er wegen der Herrschaft gegen dich kämpfen wird, deshalb lass ihn in Ruhe, wenn er dir nicht huldigen will. Der dritte ist Abdallah ben el-Zubeir, er wird dich mit der Schlauheit des Fuchses zu überlisten suchen und wie ein Löwe gegen dich auf dem Sprunge stehen; will er Krieg anfangen, so bekriege ihn, will er Frieden schließen, so schließe ihn, will er dir einen Rath geben, so nimm ihn an. Der vierte ist Husein ben 'Ali ben Abu Tâlib, ich zweifle nicht, dass er sich gegen dich auflehnen wird, denn die Leute werden ihm keine Ruhe lassen, bis er gegen dich auszieht, dann bedenke, welche Lehren ich dir gegeben habe; wenn du ihn besiegst, so berücksichtige seine Verwandtschaft mit dem Gottgesandten und wisse, mein lieber Sohn, dass sein Vater besser war als dein Vater, seine Mutter besser als deine Mutter und sein Großvater besser als dein Großvater. [L. Hüte dich meinen letzten Willen unberücksichtigt zu lassen oder zu vergessen. Wenn ich dann das Unvermeidliche überstanden habe und zu meinem Herrn eingehe, so soll niemand anders mich in meine Gruft betten als dein Oheim Abu Abdallah Omar ben el-Âçî und sobald er mich zugedeckt hat und heraussteigen will, so ziehe dein Schwert und zwinge ihn dir zu huldigen, bevor er aus dem Grabe heraussteigt; denn wenn er dir huldigt, wird kein anderer dir entgegen sein.] Dies ist mein Testament für dich. Lebe wohl! — Dann faltete er das Testament zusammen, versiegelte es und übergab es einem seiner Vertrauten Namens el-Dahhâk ben Keis el-Fihri um es seinem Sohne Jazid bei dessen Ankunft zu überreichen.

Es währte nicht lange, bis das Unvermeidliche eintrat, es war in der Mitte des Ra'gab im J. 60 d. H. [L. Nachdem er das Testament geschrieben hatte, fiel er in Ohnmacht, und als man ihn aufrüttelte, war er tot.] In Damascus entstanden Unruhen wegen seines Todes, el-Dhahhâk ben Keis el-Fihri, der Befehlshaber der Truppen in der Stadt, ging hinaus, nahm die Todtengewänder mit sich und bestieg die Kanzel , um die Predigt zu halten; er lobte Gott, pries ihn und gedachte des Propheten, dann fuhr er fort: Lieben Leute! Mu'âwija stand bei Gott in hohem Ansehen, Gott hat ihm den Sieg über seine Feinde geben und ihn die Länder erobern lassen, er hat ihm nach seinen Willen ein langes Leben gegeben und nun zu sich gerufen, er ist dem Rufe gefolgt und jetzt gestorben; dies sind die Totengewänder, in die wir ihn einhüllen und in sein Grab legen wollen, wodurch er von seinen Werken abgeschieden wird. Wer dabei zugegen zu sein wünscht,' der mag sich am Nachmittag einfinden, wo, so Gott will, das Gebet für ihn gehalten werden soll.

Dhahhâk schickte nun sogleich einen Boten an Jazid, welcher ihm die Nachricht von dem Tode seines Vaters überbringen sollte. Jazîd hatte bei Nacht keinen Schlaf und bei Tage hörte er nicht auf nach seinem Vater zu fragen ; er saß auf dem Dache seines Hauses, da hörte er eine Stimme in sanften Klagetönen, er sprang auf und rief dem eintretenden Boten entgegen: wehe dir! ist mein Vater gestorben? Er antwortete: ja, о Fürst der Gläubigen! Da fing Jazîd an zu weinen und sprach:

Der Bote kam mit einem Blatt, wodurch er aufregte, da bebte das Herz vor seinem Blatt aus Furcht.

Wir sprachen: wehe dir ! was ist in eurem Briefe ? er sprach: der Kalif ist gestern seinen Schmerzen erlegen.

Da wankte die Erde oder fast wäre sie mit uns umgestürzt, als wäre eine ihrer starken Säulen zerbrochen.

Als ich kam und die Tür des Schlosses verschlossen war, wäre wegen der Stimme der Ramla fast das Herz gesprungen.

Es kümmerte mich nicht, als ich sein Antlitz sah, wer von den Haschimiten in der Herrschaft unter- oder aufgehe.

Dieser Fürst, dessen Ende wir fürchteten, wenn die Menschen über ihren Werth das Loos geworfen hätten.

© seit 2006 - m-haditec GmbH - info@eslam.de