Der Tod des Husein ...

Der Tod des Husein ben Ali und die Rache

Ein historischer Roman aus dem Arabischen

Ferdinand Wüstenfeld

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Schimr

Als Schimr ben Dsul-Gauschan dies sah, wandte er sich zu Omar ben Sa'd und sagte: o Emir, dieser Mann wird uns durch seinen Widerstand vertilgen, und wenn ihm die Leute aus Osten und Westen einer nach dem andern gegenüber träten , er würde sie sicher vernichten. Er erwiderte: was sollen wir machen? — Lass sie sich in zwei Parteien teilen, die eine mit Schwertern und Lanzen, die andere mit langen und kurzen Pfeilen.

Dies taten sie, Husein griff sie an und umkreiste sie wie ein wütender Löwe, die Schwerter, Lanzen und Pfeile trafen ihn von allen Seiten, bis sie ihn durch die Wunden ganz erschöpft hatten und Chaula ben Jazid el-A^bahi ihn mit einem Pfeile traf, der ihn zum Fallen brachte. Man sagt auch, dass der Pfeil von Abu Cudama el-'Amin abgeschossen sei. Husein zog den Pfeil mit beiden Händen heraus und fing das Blut mit der hohlen Hand auf, dann färbte er damit seinen Bart und Kopf, indem er sprach: so werde ich meinem Großvater entgegen treten und mich bei ihm darüber beklagen, was nach seinem Hingange über mich gekommen ist; dann sank er ohnmächtig um. Als er sich von seiner Ohnmacht erholte , versuchte er aufzustehen, war aber dazu nicht im Stande und blieb auf der Erde ausgestreckt liegen. Da sprang ein Mann vom Stamme Kinda auf ihn zu, schlug ihn mit dem Schwerte über den Scheitel und spaltete ihn; das Blut floss ihm über das Gesicht und die Brust und er sprach noch zu dem , der ihn geschlagen hatte: mögest du mit deiner Rechten nie mehr essen und trinken und möge Gott dich mit Pharao und Haman vereinigen ! Der Kindit nahm den Helm und ging damit nach Beendigung des Krieges nach Hause; er sagte zu seiner Frau: dies ist der Helm, den Husein ben Ali auf dem Kopfe trug, wasche das Blut von ihm ab. Da weinte sie und erwiderte: wehe dir! du hast Husein getötet und beraubt, du hast ihn schmählich behandelt und kommst mit dem, was du ihm geraubt hast, wir werden nie mehr Gemeinschaft mit einander haben. Da sprang er auf, um ihr eine Maulschelle zu geben, der Schlag ging fehl und seine Hand traf in einen Nagel an der Tür; sie machte ihm viel zu schaffen und wurde immer schlimmer, bis er sie am Ellbogen abhauen lassen musste, und er blieb bis an sein Ende ein elender Mensch.

Abu Michnaf sagt: Husein blieb ausgestreckt auf dem Gesichte drei Stunden liegen mit Blut beschmutzt, dann richtete er den Kopf in die Höhe und mit dem letzten Atemzuge sprach er: geduldig trage ich dein Gericht, niemand sei gelobt als du! Nun rannten 40 Männer auf ihn zu, jeder wollte dem anderen zuvorkommen, um seinen Kopf zu holen, und Omar ben Sa'd rief: wehe euch! eilet zu ihm! Der erste, welcher bei ihm ankam, um seinen Kopf zu holen, war Schabath ben Rib'i mit einem Schwert in der Hand; er nahte sich ihm, um ihm den Kopf abzuschneiden, aber Husein blickte ihn an, da warf er sein Schwert von sich, ergriff die Flucht und rief : Behüte mich Gott, dass ich vor Gott und seinen Gesandten hintrete mit deinem Blute, o Husein! Ihm begegnete Sinan ben Anas el-Nacha'l, ein Mann mit dünnem Bart, von kleiner Statur, aussätzig , der fragte ihn : warum hast du ihn nicht getötet? möge deine Mutter kinderlos werden und deine Familie dich verlieren ! Er erwiderte: wehe dir ! er richtete seine Augen auf mich, sie sahen ganz so aus wie die des Gottgesandten, da schämte ich mich, einen zu töten, der dem Gottgesandten ähnlich war. Da sagte Sinan: her mit deinem Schwert ! Jener reichte es ihm , er nahm es stieg vom Pferde und dachte damit Huseins Kopf abzuschneiden; da öffnete Husein die Augen und sah ihn an, Sinan zitterte vor Furcht, ließ das Schwert aus der Hand fallen und ergriff die Flucht.

Ihm begegnete Schimr ben Dsul-Gauschan und sagte: dass deine Mutter kinderlos werde und deine Familie dich verliere ! warum kommst du zurück ohne ihn getötet zu haben ? Er antwortete: wehe dir! er öffnete seine Augen und sah mir ins Gesicht, da dachte ich an die Tapferkeit seines Vaters und unterließ es ihn zu töten. Schimr erwiderte: du bist ein Feigling im Kriege , gib mir dein Schwert her, es ist keiner passender Huseins Blut zu vergießen als ich. Er stieg vom Pferde ab, näherte sich Husein, setzte sich rittlings auf seine Brust und legte ihm das Schwert an die Kehle; da öffnete er seine Augen, blickte ihn an und sprach: wehe dir! wer bist du ? du bist hoch hinaufgestiegen. — Kennst du mich nicht ? — Nein! — Ich bin Schimr ben Abul-Gauschan el-Dhibabi. — Und kennst du mich nicht? — O ja, du bist Husein ben 'Ali ben Abu Talib, dein Grossvater ist Muhammed der Gottgesandte, deine Mutter Fatima die hehre, und dein Bruder Hasan. — Wenn du weist, dass dies mein Rang und meine Abkunft ist, warum willst du mich töten? — Ich hoffe dafür von dem Chalifen Jazid ben Mu'awija die Belohnung zu bekommen. — Wehe dir! was ist dir lieber, die Belohnung von Jazid oder die Vermittlung meines Großvaters des Gottgesandten? — Ein Kreuzer Belohnung ist mir lieber als dein Vater, dein Großvater, dein Bruder und deine Mutter. — Wehe dir! wenn es unabänderlich ist, dass du mich töten willst, so gib mir noch einen Trunk Wasser zu trinken. — Behüte! bei Gott! du sollst kein Wasser kosten, sondern den Tod, einen Bissen nach dem anderen, ein Stück nach dem anderen. — Ich bitte dich um Gottes willen, willst du nicht dein Gesicht enthüllen, damit ich dich ansehen kann? — Er nahm seine Binde ab und siehe, er war aussätzig, hatte nur ein Auge, eine Schnauze wie ein Hund und einen Schnurrbart wie ein Schwein. Da sprach Husein: Ich bekenne, dass kein Gott ist außer Allah und dass mein Großvater Muhammed der Gesandte Gottes ist; mein Großvater der Gottgesandte hatte recht, als er eines Tages zu meinem Vater sagte: deinen Sohn Husein wird ein Mann töten, der einem Hunde und Schweine gleicht, aussätzig ist und aus dem Munde riecht. — Schimr erwiderte: o Husein, du vergleichst mich mit Hunden und Schweinen, bei Gott! dich soll kein anderer töten als ich. Jetzt drehte er ihn um aufs Gesicht und fing an, ihm die Adern am Halse durchzuschneiden, wobei er sprach:

Ich töte dich heute und weiß selbst
ganz genau, (es ist kein Zwang zu dem Bekenntnis,)
dass dein Vater der beste Mensch unter der Sonne war,
der beste, der die vorgeschriebenen und auch die freiwilligen Gebräuche beobachtete.
Ich töte dich heute und werde es bereuen,
und werde danach in der Hölle gebraten werden.

Jedesmal , wenn er ihm nun eine Ader durchschnitt , rief Husein : o Großvater! o Abul-Casim! o Muhammed! o Vater! o Ali o Hasan! o Fatima! o Durst! o die wenige Hilfe! Dann schnitt ihm der Verfluchte den Kopf ab, steckte ihn auf eine hohe Stange und rief: Gott ist groß! und die Soldaten wiederholten dreimal: Gott ist groß!

Die Erde erbebte unter ihnen, Ost und West verfinsterte sich, die Menschen erfasste Furcht und Zittern, vom Himmel fielen sieben Tropfen Blut, was nur an diesem Tage geschah und an dem Tage, an welchem Johannes der Sohn des Zacharias getötet wurde, und eine Stimme rief vom Himmel: getötet ist, bei Gott! der Imam, Sohn des Imam, getötet ist Husein ben 'Ali. Dies geschah am Montag den 10. Muharram.

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