Der Tod des Husein ...

Der Tod des Husein ben Ali und die Rache

Ein historischer Roman aus dem Arabischen

Ferdinand Wüstenfeld

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Widerstand auf der Reise

Abu Michnaf sagt: Jemand, der an jenem Tage in Mosul war, hat mir erzählt, es seien von dort 30000 Reiter ausgezogen, die sich auf dem Wege aufstellten, um sie zu erwarten. Die anderen erfuhren dies und kamen der Stadt nicht nahe, sondern nahmen ihren Weg über Teil A'far (Telja'far), dann über den Berg von Sin'gär und marschierten fort bis nach Nisibis, wo sie ein Lager bezogen und die Köpfe und die Gefangenen zur Schau umherführten. Als Zeinab die Tochter Huseins dies sah, brach sie in ein lautes Weinen aus und sprach:

Werden wir unter den Menschen mit Gewalt umhergeführt?
und unser Vater ist der, welchem der Allmächtige die Offenbarung gegeben hat.
Ihr versündigt euch durch euren Unglauben an dem Herrn der Schöpfung und seinem Propheten,
als wäre in langer Zeit ein Gesandter nicht zu euch gekommen.
Zu Schanden mache euch der Gott der Schöpfung, ihr schlechtes Volk!
euch steht in der Hölle ein langer Tag des Gerichtes bevor.

Abu Michnaf sagt: Von Nisibis marschirten sie über 'Ain el-warda weiter auf dem Wege nach Bagarma, bogen bei Rakka ab, setzten unterhalb Balis über den Euphrat und schrieben an den Präfekten von Haleb ihnen entgegen zu kommen, weil sie den Kopf Huseins mit sich führten. Als er den Brief gelesen hatte, befahl er die Fahnen zu entfalten, ging ihnen mit Trompeten und Pauken entgegen, Hess den Kopf umherführen und zog mit ihm durch das Thor Arbain in die Stadt ein, wo er in der Sattler - Strasse auf eine Lanze gesteckt von Sonnenuntergang bis zum anderen Morgen ausgestellt ward. Die Gottesfürchtigen und Einsichtigen beteten für Husein, seinen Vater, Grossvater und Bruder, während das gemeine Volk unter dem Kopfe stand und rief: dies ist der Kopf des Rebellen, welcher im Lande Irak sich gegen Jazid ben Mu'awij.a empört hat. — Abu Michnaf sagt: diese Strasse, in welcher der Kopf ausgestellt Avar, kann bis auf unsere Tage niemand passieren, ohne dass ihm ein Bedürfnis ankäme. — Sie verlebten die Nacht in Haleb, indem sie sich in Wein berauschten, und reisten am Morgen weiter. Damals fing Zein el-'Abidin 'Ali ben Husein an zu weinen und sprach:

Wüsste ich doch , ob der , welcher sorglos im Dunkel
die Nacht zubringt, von den Schlägen des Schicksals frei bleibt!
Ich bin vom Geschlecht des Propheteu , mein Recht erlischt nicht
verloren unter den Schaaren der Barbaren.

Sie kamen nach Kinnisrm, einer sehr wohlhabenden und volkreichen Stadt. Bei der Nachricht von ihrer Annäherung schlössen die Einwohner die Thore, (L stiegen auf die Mauer) und fingen an auf sie zu schimpfen und zu fluchen und mit Steinen nach ihnen zu werfen, indem sie sagten: ihr Mörder Huseins, bei Gott ! ihr werdet unsere Stadt nicht betreten und wenn wir insgesamt getötet würden. Als sie dies sahen, zogen sie ab. — Abu Michnaf sagt: Da hub Umni Kulthüm an und sprach:

Wie lange noch wollt ihr uns die bloßen Sättel auflegen,
als gehörten wir zu den Töchtern der Griechen im Lande?
War nicht mein Großvater der Gottgesandte? wehe euch!
er war es, welcher euch genau den rechten Weg gezeigt hat.

O schlechtes Volk! möge eurer Leitung kein anderer Schutz zu Teil werden als eine Strafe, wie sie einen Faulenzer vernichtet. Sie kamen nach Ma'arra el-Nu'man, da gingen ihnen die Einwohner entgegen, öffneten die Thore, schickten ihnen Schlachtvieh und brachten ihnen Essen und Trinken; sie blieben einen Tag, aßen und tranken und zogen dann von ihnen fort und lagerten bei Schibur. Hier lebte ein alter Mann , welcher noch unter Othman ben 'Affan gedient hatte, der versammelte die Einwohner von Schibur und sprach: ihr Leute, dies ist der Kopf des Husein ben 'Ali ben Abu Talib, welchen diese ungerechten Ungläubigen getötet haben. Da schworen sie, dass sie ihnen den Übergang nach ihrer Stadt nicht gestatten wollten, sie brachen die Brücke ab, legten Feuer an und griffen zu den Schwertern und Schilden. Als die anderen dies sahen, kamen sie nicht näher, sondern wandten sich nach Osten. — Jazid, welcher davon benachrichtigt wurde, ließ den dortigen Verwalter gefänglich einziehen und ihm alles, was er an Vermögen, Liegenschaften u. d. gl. besaß, wegnehmen.

Sie marschierten nach Kafartab, einer kleinen Festung, deren Besatzung ihnen die Thore vor ihren Augen schloss; Chaula begab sich zu ihnen und redete sie an: seid ihr uns nicht Gehorsam schuldig? Sie antworteten: allerdings. — So öffnet uns das Thor und gebt uns Wasser zu trinken. — Bei Gott! wenn wir sämtlich getötet würden, wir würden euch nicht einen Tropfen zu trinken geben, weil ihr Husein und seine Begleiter vom Wassertrinken abgehalten und durch Durst getötet habt. — Da gingen sie nach Scheizar hinüber.

Abu Michnaf sagt : 'Ali ben Husein sprach:

Die Barbaren herrschen und damit sind die Araber nicht zufrieden,
und dem Kopfe des Volkes geht der Schwanz voran.
O den Männern, und was die Zeit wunderbares gebracht hat,
was in der Folge noch wunderbar bleiben wird.
Die Familie des Gesandten auf bloßen Sätteln,
und die Familie Marwans reitet auf stolzen Kamelen.

Abu Michnaf sagt: Da versammelten sich die Einwohner von Scheizar alt und jung und einige sagten: lieben Leute! Gott verabscheuet den Aufruhr und dieser Kopf ist schon durch die anderen Städte gekommen, ohne dass sich jemand widersetzt hat, so lasst ihn auch durch unsere Stadt führen; dagegen erwiderten die jüngeren Männer: verdammt seid ihr und euer Vorschlag! bei Gott, das wird niemals geschehen, oder wir werden bis auf den letzten Mann getötet. Sie griffen nach den Schwertern und befestigten sie in die Gehenke, nach den Schilden und hingen sie über die Schultern und nach den Lanzen und steckten sie an den Knien fest, und als die Alten dies sahen, widersprachen sie nicht weiter und besetzten die Brücke. Chaula versuchte noch sie zu überreden davon abzustehen, aber sie griffen mit den Waffen an , er rief seine Leute herbei , es kam zu einem heftigen Kampfe, worin Chaula 86 Mann, die von Scheizar 5 Mann verloren. Umm Kulthum fragte nach dem Namen der Stadt, man nannte ihr Scheizar, da sprach sie: Gott möge ihren Trunk versüßen, den Preis ihres Getreides gering werden lassen und sie aus den Händen ihrer Unterdrücker befreien. — Abu Michnaf setzt hinzu : und wenn die Welt von Tyrannei und Unrecht ganz voll wäre, so lasse er ihnen nur Gutes lind Gerechtes zu Teil werden!

Sie kamen nach Hamat, da schlössen ihnen die Einwohner die Thore vor ihren Augen, besetzten die Mauern und sprachen: wir haben uns durch einen Eid verbunden , dass niemand zu uns hereinkommen soll. Deshalb zogen sie weiter nach den beiden Rakka und schrieben an den Kommandanten von Himc ihnen entgegen zu kommen, weil sie den Kopf des Husein ben 'Ali mit sich führten. Der dortige Emir war (L ein Bruder des) Chalid ben el-Naschit; als er das Schreiben gelesen hatte, ließ er die Fahnen entfalten und ging ihnen drei Meilen weit entgegen; sie trugen den Kopf auf der Lanze zur Schau und kamen damit bis Himc; am Stadttore entstand ein Gedränge, die Leute warfen mit Steinen, sodass 26 Mann am Thore tot blieben. Sie wandten sich nun nach dem östlichen Thore , das wurde ihnen vor den Augen geschlossen und man sagte ihnen: ihr Leute! Unglauben nach dem Glauben? oder Irrweg nach dem rechten Wege ? der Kopf Huseins des Sohnes der Tochter unseres Propheten sollte durch unsere Stadt geführt werden? das wird niemals geschehen. Sie brachten ihn zurück bis an das Tadmor-Thor und zogen hier mit ihm ein, die Standarten und Fahnen voran. Bei der Kirche St. Georgs, wo die Wohnung (des Bruders) des Chalid ben el-Naschit war, wurde Halt gemacht, die Thoren und Übelgesinnten klatschten in die Hände, drückten ihre Freude aus und sagten : dies ist der Kopf des Rebellen, der sich gegen den Chalifen Jazid ben Muawija empört hat.

Sie kamen dann bis nach Suk el-Ta'am »dem Getreidemarkt« und zogen nach Charschana; als die Einwohner hiervon Nachricht erhielten, verschworen sie sich, Chaula und Schimr zu töten und ihnen den Kopf wegzunehmen, dies kam den anderen zu Ohren , sie betraten die Stadt nicht, sondern nahmen den Weg längs dem See hin und schrieben an den Kommandanten von Balabeck ihnen entgegen zu kommen, weil sie den Kopf des Husein ben 'Ali mit sich führten. Er befahl die Standarten zu entfalten und die Stadt zu schmücken und ließ die Leute von allen Ecken und Enden herbeirufen. Sie nahmen wohlriechende Sachen, Zucker und Wasser mit sich, gingen ihnen sechs Meilen weit entgegen, bestrichen die Köpfe ihrer Pferde mit den wohlriechenden Sachen, reichten den Leuten Wein mit Zucker zum Trinken und Messen vor ihnen Mädchen mit Tamburinen auftreten. Umm Kulthum fragte nach dem Namen der Stadt, man nannte ihr Ba'labeck und sie sprach: Gott vernichte ihre grünen Fluren, versüße ihnen einen Trunk nicht, lasse das Getreide bei ihnen nicht billig werden und befreie sie nicht aus den Händen der Unterdrücker! Der Verfasser setzt hinzu: und wenn die Welt ganz mit Gutem und Gerechtem erfüllt wäre, so lasse er ihnen nur Tyrannei und Unrecht zu Teil werden !

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