Sechzehntes Kapitel - Hadschi kleidet sich neu und hofft,
eine Stellung zu erlangen
Allah sei Dank. Aus dieser höchst unerfreulichen Sache, die
ich mir doch lediglich selbst eingebrockt, hatte ich mich
glimpflich herausgezogen und konnte wirklich von Glück sagen,
so leichten Kaufes davongekommen zu sein. Es zog mich wiederum
in den Kleiderbasar. Ich trat in den Laden neben dem
Toreingange und erkundigte mich nach dem Preise des roten
Tuches, aus dem ich mir gar zu gern einen Rock hätte machen
lassen, da mir die Leute, die solche trugen, ganz gewaltig
imponierten. Warum sollte so ein Gewand nicht auch mir ein
würdevolles Ansehen verleihen? Der Ladeninhaber, der mich von
oben bis unten musterte, fragte: »Also einen Baruni möchtet
Ihr ansehen? Für wen braucht Ihr ihn, und wer wird dafür
bezahlen?« – »Für mich selbst soll er sein!« erwiderte ich
keck.
»Aber wozu bedarf ein armer Teufel wie Ihr so eines
Mantels? Den tragen nur Mirzas und Khane; eine hochgestellte
Persönlichkeit seid Ihr doch sicher nicht?« Als ich wütend
antworten wollte, kam gerade ein Dällal oder Kleiderhändler
vorbei, der allerlei getragene Gewänder zum Kaufe ausbot.
Sogleich wandte ich mich an diesen, trotz wiederholter
Lockrufe des Ladenbesitzers, der nun zu spät einsah, mich
übereilt vertrieben zu haben. In einem Winkel, am Eingange der
nahen Moschee, breitete der Dällal seine Ware vor mir aus. Ich
frug nach dem Preise eines herrlichen Wamses aus schillernder
Seide, mit Goldknöpfen und Borten besetzt, das mir ganz
besonders in die Augen stach. Der Dällal pries die Schönheiten
des Gewandes und meinen vortrefflichen Geschmack, schwor mir,
es habe einem Günstling des Schahs gehört, der es nur zweimal
am Leibe gehabt, lief, nachdem er es mir übergestreift, ganz
entzückt um mich herum und drückte seine Bewunderung mit den
Worten aus: »Maschallah – Maschallah!« Ich selbst
fand mich in dem Wamse so wunderschön, daß ich notgedrungen
einen dazu passenden Gürtel aussuchen mußte. Er bot mir einen
alten, durchlöcherten, ganz verflickten Kaschmirschal an, der,
wie er hoch und heilig beteuerte, einer Dame im königlichen
Harem gehört habe, den er aber trotzdem sehr billig berechnen
wolle. Meine Eitelkeit bewog mich, diesen alten Fetzen einem
neuen Kermanschal vorzuziehen, der auch nicht mehr gekostet
hätte, als der völlig vertragene Kaschmir, den ich so
geschickt, daß alle Schäden verdeckt wurden, um die Taille
wand. Nur der Dolch fehlte, um meinen Anzug mustergültig zu
vervollständigen. Als mir der Dällal auch diesen verschaffte,
war ich so prachtvoll angetan, daß ich nicht umhinkonnte,
meine allerhöchste Zufriedenheit zu äußern; auch der
Kleiderhändler, der nicht mit seiner größten Bewunderung
geizte, versicherte mir, in ganz Teheran fände man keinen
schöneren und besser gekleideten Mann als mich. Als es jetzt
aber ans Bezahlen ging, nahm die ganze Sache eine weniger
erfreuliche Wendung. Zuerst versicherte mir der Dällal, er sei
der ehrlichste aller Menschen, er verlange nicht, wie andere
seinesgleichen, zuerst hundert Toman, um später mit fünfzig
zufrieden zu sein. Daraufhin forderte er fünf Toman für das
Wams, fünfzehn für den Schal und vier für den Dolch, zusammen
vierundzwanzig Toman. Als ich diesen enormen Preis vernahm,
war mein Entzücken gänzlich verflogen. Ich hatte kaum zwanzig
Toman in der Tasche, war gerade dabei, die Kleiderpracht von
mir zu werfen und abermals in meine alten Fetzen zu schlüpfen,
als mich der Dällal zurückhielt und sagte: »Vielleicht
erscheint Euch der Preis etwas zu hoch, aber bei meinem Kopf
und bei Eurer Seele, ich mußte selbst so viel bezahlen; sagt,
was Ihr mir eigentlich dafür geben wollt?« Ich erwiderte, ein
Handel mit solchen Bedingungen käme für mich gar nicht in
Frage. Wenn er mir alles für fünf Toman ließe, so könnten wir
handelseinig werden, ein Angebot, das er mit Entrüstung von
sich wies, worauf ich die Herrlichkeiten von mir streifte und
zurückgab. Als er die Kleider wieder zusammengepackt und jedes
Geschäft zwischen uns gescheitert schien, sagte er: »Ich
empfinde wirklich Freundschaft für Euch, und wahrlich, für
meinen Bruder würde ich nicht tun, was ich für Euch tun will.
Wollt Ihr alles für zehn Toman haben?« Nachdem ich zuerst
abermals energisch nein gesagt hatte, feilschten und handelten
wir dann so lange herum, bis wir endlich dahin übereinkamen,
ich solle ihm sechs Toman geben und einen darüber, mittels
dessen er sich selbst ein Gewand erstehen wolle. Als er
weggegangen, packte ich meine Einkäufe zusammen mit der
Absicht, mich erst nach dem Bade vollständig auszustaffieren,
erstand unterwegs ein Paar grüne Pantoffeln mit hohen
Absätzen, ein blauseidenes Hemd, ein Paar karmoisinrote
seidene Beinkleider, band diese Schätze in mein Taschentuch
und begab mich ins Bad.
Niemand beachtete mich, als ich eintrat. Wie hätte meine
ärmliche Erscheinung auch Aufsehen erregen sollen? Ich aber
tröstete mich mit dem Gedanken, daß, sobald ich meine neuen
Kleider trüge, die Sache ein ganz anderes Gesicht hätte, legte
mein Bündel in eine Ecke, entkleidete mich, band ein Tuch um
meine Hüften und betrat den Baderaum. Da hier äußerlich keine
Standesunterschiede zu existieren schienen, konnte ich mir
schmeicheln, meine schöngeformten Glieder, meine hochgewölbte
breite Brust, sowie meine schlanke Taille würden ein
Gegenstand der Bewunderung sein. Ich rief einen Dällak oder
Badewärter zu meiner Bedienung, der mich mit den Händen kneten
und mit dem Handschuh aus Kamelhaar abreiben sollte, befahl
ihm, ebenfalls meinen Kopf zu rasieren, Henna zum Färben
meines Bartes, meiner Locken, der inneren Handflächen sowie
der Fußsohlen, nebst einem Enthaarungsmittel bereitzuhalten –
kurz, gab ihm zu verstehen, mein Bad solle geradezu ein
Reinigungsfest werden. Als der Dällak mich abzureiben begann,
bekundeten laute Ausrufe seine größte Bewunderung für meine
breite hochgewölbte Brust. Ich aber malte mir unwillkürlich
aus, welchen Effekt ich in meinen neuen Kleidern machen würde,
und benahm mich wie einer, dem diese Art von Lob und
Bewunderung gar nichts Neues ist. Nach beendeter Prozedur
hüllte man mich in trockene Tücher, ich öffnete hierauf mein
Bündel und beschaute mit unbeschreiblichem Entzücken meine
herrliche Gewandung. Jedes Stück, das ich anlegte, steigerte
die Empfindung meiner völligen Wiedergeburt. Noch niemals
hatte Seide meine Glieder umschmiegt. Mit der Miene eines
vornehmen Weltmannes band ich meine Beinkleider fest; beim
Knistern meines Wamses wendete ich triumphierend den Kopf, um
zu beobachten, ob mich jemand anstaune. Meinen Schal band ich
nach der neuesten Mode, vorne in etwas schmäler fallende,
rückwärts in breit auslaufende Falten. Als auch noch der Dolch
in meinem Gürtel blinkte, ward mir klar, meine Ausstattung sei
von unübertrefflicher Eleganz. Die Mütze setzte ich denkbarst
schief auf und drückte den oberen Teil, nach echt höfischer
Manier, etwas ein. Als mir der Badewärter zum Zeichen, es sei
nun Zeit, zu bezahlen, den Spiegel vorhielt, ließ ich ihn
nicht eher los, bis ich selbst meine Locken hinter dem Ohre
schön gewunden und meine Schnurrbartspitzen gegen die Augen
emporgedreht hatte. Den Dällak entlohnte ich reichlich und
stolzierte dann so gespreizt von dannen, wie das nur ein sehr
vornehmer Mann tut.