Die Konsultation
Die Konsultation [al-muradschaat]

Aussprache: al muradscha-aat
arabisch: المرجعات
persisch:
englisch: consultation [muraja'at]

Zum Inhaltsverzeichnis

Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen

Die 44. Konsultation – Die Bedeutung von "Wali"

5. Muharram 1330 (26.12.1911)

Verehrter [maulana] Scheich al-Islam, der Friede sei mit Dir und die Gnade ALLAHs und Seine Barmherzigkeit.

Die Antwort lautet folgendermaßen: Die bloße Betrachtung lehrt, dass der Qur´an-Vers von jenen anderen, die vor ihm offenbart worden sind, und in denen die Freundschaft mit Glaubensgegnern untersagt wurde, klar zu trennen ist. So hebt er sich schon im Stil deutlich von ihnen ab, wenn dort nämlich dem Befehlshaber der Gläubigen Lob gezollt wird und man ihn zur Führung und zum Imamat beruft. Den Abtrünnigen wird mit seinem Mut und seiner Stärke gedroht. Und dies sind nun die Worte des Erhabenen, die dem Vers unmittelbar vorausgegangen sind:

„Oh ihr, die ihr glaubt, wer von euch von seiner Religion abfällt, so wird ALLAH mit Leuten kommen, die Er liebt und die ihn lieben, bescheiden gegenüber den Gläubigen, mächtig auftretend gegenüber den Glaubensverweigerern, sie setzen sich ganz ein auf dem Weg ALLAHs, und sie fürchten nicht den Tadel der Tadelnden, dies ist die Gunst ALLAHs – Er gibt sie, wem Er will, und ALLAH ist Allerreichend, Wissend.“ (Heiliger Qur'an 5:54)

Dieser Vers betrifft den Befehlshaber der Gläubigen. Er warnt vor seinem Mut und der Tapferkeit seiner Gefährten. Gemäß der Erklärung von Muhammad al-Baqir (a.) Dschafar al-Sadiq (a.) wurde er von ihm am Tag von al-Dschamal zitiert. Dies hat auch al-Talabi in seinem Qur'an-Kommentar erwähnt, und bei dem Autor des Werkes „Madschma al-Bayyan“ ist er entsprechend der Aussagen von Ammar, Hudhaifa und Ibn Abbas ebenso vermerkt.

Bei den Schiiten besteht in dieser Hinsicht vollkommene Übereinstimmung, wurden doch hierzu von den Imamen der reinen Nachkommenschaft authentische und ununterbrochene Überlieferungen überliefert, nach denen der Qur´an-Vers über die Vormundschaft [wilaya] erst nach dem Hinweis auf Alis Vormundschaft [wilaya] und seine Bestimmung für das Imamat offenbart worden ist. Die Worte des Verses sollten lediglich dazu dienen, diesen Hinweis erneut zu verdeutlichen, indem sie nochmals darlegen, was in den Andeutungen zu Alis Stellung vorher bereits gesagt worden war.

Wie kann nun angesichts dessen noch länger behauptet werden, dieser Qur´an-Vers beziehe sich auf das Verbot, Freundschaft mit den Ungläubigen zu schließen?! Außerdem stellte der Gesandte Allahs (s.) die Imame seiner Nachkommenschaft auf die gleiche Stufe wie den Qur'an. Weiter erwähnte er, dass beide nicht voneinander getrennt werden dürfen, denn sie sind der Schrift gleichwertig, und mit ihrer Hilfe erkennt man das Richtige. Da die Imame nie aufgehört haben, sich auf diesen Qur´an-Vers zu berufen, hat man die Deutung des Begriffes "Wali" von ihnen übernommen und keinen besonderen Wert auf den jeweiligen Kontext gelegt, denn es ist klar erwiesen, dass eine andere Deutung im Widerspruch zu ihrer Definition stünde. Schließlich stimmten alle Muslime darin überein, dem Hinweischarakter dieses Verses mehr Bedeutung beizumessen als dem Kontext. Sobald nämlich die Unvereinbarkeit zwischen Kontext und Hinweischarakter offenkundig wurde, ließen sie die Bedeutung des Kontextes unberücksichtigt und unterstellten sich dem Gebot des Hinweises. Dies liegt in der Tatsache begründet, dass man in jenen Zeiten nicht sicher war, ob die Herabsendung des Verses nun auch tatsächlich in einem solchen Zusammenhang erfolgte (wie es der jetzt verfügbare Kontext nahe legt).

Denn die Gemeinschaft war sich darin einig, dass der Zusammenschluss der einzelnen Teile des Qur'ans nicht der zeitlichen Reihenfolge entspricht, in der einst die Offenbarungen vonstatten gegangen sind.

Es gibt zahlreiche Verse im Qur'an, die dem Zusammenhang zu widersprechen scheinen, so beispielsweise der Vers über die Reinheit, der sich scheinbar auf die Frauen bezieht, in Wahrheit jedoch die fünf Leute des Gewandes meint (vgl. Heiliger Qur'an 33:33).

Im Ganzen gesehen, wird die Unnachahmlichkeit des Qur'ans nicht beeinträchtigt, wenn man einen Vers auf das bezieht, was von seinem Kontext abzuweichen scheint. Ebenso wenig wirkt es sich nachteilig auf die Wortkunst aus oder wird gar als Sünde angesehen, wenn die Beweise dafür sprechen.

Der Friede sei mit Dir.

Weiter zur 45. Konsultation – Einstehen für die Kalifen.

Bücher zum Thema

© seit 2006 - m-haditec GmbH - info@eslam.de