Die Säuberung Albaniens
Auf dem Balkan wurde eines der feindlichen Länder nach dem
ändern »gesäubert«. Auf Serbien folgte im Januar Montenegro
und jetzt Albanien, in dem sich die Italiener an verschiedenen
Stellen festgesetzt hatten. Während unsere Truppen in Albanien
ihren Vormarsch weiter gegen Süden fortsetzten, war man im
Etappenbereich auf neue, nicht unwesentliche Kriegsbeute
gestoßen. In Skutari fanden sich zwei weitere Geschütze sowie
vier Maschinengewehre. In Giovanni di Medua wurde
festgestellt, daß der Feind vor dem Eintreffen unserer Truppen
einige Transportschiffe versenkt hatte. Im Hafen wurden noch
größere Vorräte an Kupfer, Messing und Aluminium vorgefunden.
In Alessio fiel nebst sehr zahlreicher Artilleriemunition auch
ein Flugzeugmotor in unsere Hand.
In Albanien gewannen unsere Vortruppen am 1. Februar ohne
Kampf das Südufer des Matiflusses. In Montenegro herrschte
vollkommene Ruhe.
Nach der amtlichen Meldung vom 3. Februar hatten die
österreichischen Streitkräfte die Gegend westlich des
Städtchens Kruja gewonnen.
Am nächsten Tage lautete die Meldung: »Die in Nordalbanien
operierenden k. u. k. Truppen haben Kruja besetzt und mit
ihren Spitzen den Ismifluß erreicht.«
Die in Mittelalbanien an der Front Kruja–Ismifluß
aufgeschlossenen Truppen der Armee Koeveß hatten nun den
ganzen nordalbanischen Küstensaum hinter sich und schickten
sich an, den Vormarsch gegen den in Mittelalbanien
befindlichen Feind aufzunehmen. In Betracht kamen hierbei die
aus Truppen Essad Paschas sowie aus Resten serbischer
Abteilungen gebildeten Kräfte, dann das italienische
Kontingent, als dessen Hauptsammelraum Valona angesehen wurde.
Diesen gegnerischen Kräften gegenüber standen im Norden die
Truppen des Generals Koeveß, im Osten Truppen der verbündeten
Mittelmächte. Solange nicht greifbare Ergebnisse, wie die
Besitznahme größerer Orte, Höhen oder Flußlinien, stattfanden
oder feindliche Truppen aus dem Felde geschlagen wurden, war
es naheliegend, daß sich die amtliche und außeramtliche
Berichterstattung Stillschweigen auferlegte. Einstweilen
konnte nur soviel gesagt werden, daß die Unternehmungen in
Mittelalbanien in ein akutes Stadium traten.
Man meldete aus Durazzo: »Alle Malissoren- und
Dukaschinistämme in Albanien gingen offen zu Oesterreich über.
Sie erhielten montenegrinische Gewehre und bilden die Vorhut
des österreichisch-ungarischen Heeres, dessen Gros noch in
Skutari steht. Essad Paschas Vorposten sowie die Serben nahmen
mit dem Feinde bereits Fühlung.«
Die amtliche Depesche vom 9. Februar lautete: »Die
Vortruppen der in Albanien operierenden k. u. k. Streitkräfte
haben den Ismi-Fluß überschritten und den Ort Preza und die
Höhen nordwestlich davon besetzt. Der Feind, aus Resten
serbischer Verbände, italienischen Abteilungen und Söldnern
Essad Paschas bestehend, vermied den Kampf und wich gegen
Süden und Südosten zurück. Nur bei der Besetzung des Ortes
Valjas (acht Kilometer nordwestlich von Tirana) kam es zu
einem kurzen Gefecht, in dem der Gegner geworfen wurde. Unsere
Flieger bewarfen in der letzten Zeit wiederholt die
Truppenlager bei Durazzo und die im Hafen liegenden
italienischen Dampfer erfolgreich mit Bomben. In Montenegro
ist die Lage unverändert ruhig; die Entwaffnung ist
abgeschlossen.«
Karte vom Kriegsschauplatz in Albanien.
Das k. u. k. Kriegspressequartier berichtete am 9. Februar:
»Die österreichisch-ungarische Offensive in Albanien hat nach
Ueberwindung des schwierigen, fast weglosen Gebirgslandes
nunmehr das breite Küstental des unteren Ismiflusses erreicht
und hält zur Stunde 22 Kilometer nordöstlich Durazzo und 8
Kilometer nordwestlich Tirana. Der Ismifluß gabelt sich in
seinem Oberlauf zu mehreren Armen, die beim Dorfe Preza
überquert wurden. Von hier führt eine direkte Straße
südwestlich nach Durazzo, südöstlich nach Tirana. Dieser
letzteren folgend stießen die österreichisch-ungarischen
Truppen bei dem zwischen zwei Armen des Ismiflusses liegenden
Dorfe Valjas auf Banden Essad Paschas, die durch serbische
Truppenreste und ein italienisches Landungskontingent
verstärkt waren. Ihr Widerstand wurde rasch gebrochen und die
sonderbaren Verbündeten auf die Stadt Tirana zurückgeworfen.
Im Abschnitt Tirana–Durazzo ist jetzt der Hauptwiderstand der
Italiener, der Serben und der Albanier Essad Paschas zu
erwarten. Parallel zum Ismifluß zieht sich auf dessen Südufer
der Bergzug des Mali Kücok hin, dessen Westspitze, das Kap
Rodoni, weit ins Adriameer vorspringt und dadurch den Dringolf
vom Salistal und weiterhin der Bucht von Durazzo trennt.
Diesen Bergrücken haben die Gegner besetzt, um so einen
letzten Versuch zu machen, Durazzo zu decken.«
Am 11. Februar konnte amtlich verlautbart werden, daß die
wichtige Stadt Tirana und die Höhen zwischen Preza und Bazar
Sjak besetzt waren. Es war das ein weiterer schöner Erfolg.
Den Italienern in Durazzo wurde immer schwüler zu Mute; sie
ahnten, daß sie bald aus dieser albanischen Hauptstadt
vertrieben werden sollten.
Eine schöne Siegesnachricht kam am 13. Februar aus Sofia.
Das Hauptquartier gab bekannt: »Die bulgarischen Truppen haben
gestern Elbassan gesetzt. Die Bevölkerung bereitete ihnen
einen sehr warmen Empfang. Die Stadt war beflaggt.« – Elbassan,
nächst Durazzo die größte mittelalbanische Stadt, liegt in der
Luftlinie 60 Kilometer südöstlich von Durazzo.
Westlich von Tirana versuchten italienische Kräfte am 12.
Februar, sich der von den Oesterreichern genommenen
Höhenstellung zu bemächtigen. Alle Angriffe wurden
zurückgeschlagen.
Am 14. Februar hatten die österreichischen Truppen die
Gegend am unteren Arzon genommen.
Eine unter unserer Führung stehende, durch
österreichisch-ungarische Truppen verstärkte Albanergruppe
hatte am 18. Februar Kavaja besetzt. Die dortige Besatzung,
bestehend aus Serben Essad Paschas, konnte sich der
Gefangennahme nur durch Flucht zu Schiff entziehen.
Am 20. Februar wurde verlautbart: »Von Bazar Sjak wurde
eine italienische Vorstellung genommen. Weiter südlich haben
sich unsere Truppen mehr an die feindlichen Linien südöstlich
von Durazzo herangeschoben. An unserer Seite kämpfende
Albanergruppen haben Berat, Ljusna und Pekinj besetzt. In
diesen Orten wurden über 200 Gendarmen Essad Paschas
gefangen.«
Albanische Abteilungen gewannen, von
österreichisch-ungarischen Offizieren geführt, am 21. Februar
westlich von Kavaja die Adria-Küste.
Während in Montenegro die einheimischen Behörden den
österreichisch-ungarischen Behörden und der k. u. k.
Militärverwaltung bereitwillig zur Hand gingen, um dem
kriegsmüden Lande die Ruhe und die Zustände des Friedens
zurückzugeben, hatte die in Albanien operierende k. u. k.
Armee noch vollauf mit der Säuberung wilder und fast
unzugänglicher Gebirgsgegenden zu tun. Mit Ausnahme der im
Halbkreis eingeschlossenen Hafenstadt Durazzo war im Norden
Albanien bis zum Skumbifluß und bis nach Elbassan in
zahlreichen Streifzügen kreuz und quer von räuberischen Banden
und hinterhältigen Versprengten gesäubert worden. Auch östlich
der Linie Terbussee–Semenifluß–Berat waren die
österreichisch-ungarischen Kommandos Herr der Lage und hielten
die unruhigen Elemente in Schach. Zwischen den Unterläufen von
Skumbi und Semeni trieben sich noch einzelne Banden herum, die
unschädlich gemacht wurden. Da fast alle Wege in Albanien
gänzlich unbrauchbar waren, beanspruchte das Heranbringen der
Geschütze sehr viel Zeit und Mühe.
Die Kriegsdepesche vom 23. Februar lautete: »Südöstlich von
Durazzo wurde der Gegner aus einer Vorstellung geworfen. Ein
österreichisch-ungarischer Flieger bewarf die im Hafen von
Durazzo liegenden italienischen Schiffe mit Bomben. Ein
Transportschiff wurde in Brand gesetzt und sank.«
Am 24. kam sodann folgende schöne Siegesnachricht: »Unsere
Truppen in Albanien haben gestern die Italiener und ihren
Essad bei Durazzo geschlagen. Am Vormittag bemächtigten sich
unsere Bataillone, während kleinere den unteren Arzen
übersetzten, der letzten Vorposition östlich von Bazar Sjak.
Am Mittag wurde die italienische Brigade Savona auch auf der
stark ausgebauten Hauptstellung östlich des eben genannten
Ortes geworfen. Gleichzeitig erstürmte eine andere Kolonne die
zehn Kilometer südöstlich von Durazzo angelegten
Verschanzungen Sasso-Bianco. Der Feind verließ seine Gräben
zum Teil fluchtartig und wich hinter den inneren
Verteidigungsring; er wird verfolgt.«
Am nächsten Tage wurde gemeldet: »Unsere Truppen in
Albanien haben gestern die Tags zuvor östlich und südöstlich
von Durazzo geschlagenen Italiener in scharfer Verfolgung auf
die Landzunge westlich der Durs-Teiche zurückgetrieben. Die
Hafenanlagen von Durazzo liegen im Feuer unserer Geschütze.
Die Einschiffung von Mannschaft und Kriegsgerät wird
erfolgreich gestört. Das Auftreten einiger italienischer
Kriegsschiffe blieb ohne Einfluß auf den Gang der Ereignisse.
Wir nahmen in diesen Kämpfen bisher elf italienische Offiziere
und über 700 Mann gefangen und erbeuteten fünf Geschütze und
ein Maschinengewehr.«
Den erwarteten Erfolg gab die Depesche vom 27. Februar
bekannt: »Heute morgen haben unsere Truppen Durazzo in Besitz
genommen. Schon gestern vormittag war eine unserer Kolonnen im
Feuer der italienischen Schiffsgeschütze über die nördliche
Landenge vorgedrungen; sie gelangte tagsüber bis Portos, sechs
Kilometer nördlich von Durazzo. Die über die südliche Enge
entsandten Truppen wurden anfangs durch die feindliche
Schiffsartillerie in ihrer Vorrückung behindert. Doch gelang
es zahlreichen Abteilungen watend, schwimmend und auf Flößen
bis Abend die Brücke östlich von Durazzo zu gewinnen und die
dortigen italienischen Nachhuten zu werfen. Bei Morgengrauen
ist eines unserer Bataillone in die brennende Stadt
eingedrungen.«
San Giovanni di Medua. Auf dem Strande gefangene serbische
Soldaten.
Am letzten Februartage meldete noch der österreichische
Generalstab: »Unsere Truppen haben in Durazzo bis jetzt an
Beute eingebracht: 23 Geschütze, darunter sechs
Küstengeschütze, 10 000 Gewehre, viel Artilleriemunition,
große Verpflegungsvorräte, 17 Segel- und Dampfschiffe. Allen
Anzeichen zufolge ging die Flucht der Italiener auf ihre
Kriegsschiffe in größter Unordnung und Hast vor sich.«