Osmanensiege Anfang Dezember 1915
Wie wir in einem früheren Kapitel erzählt haben, hatten die
Türken die Engländer, die in Mesopotamien in den letzten
Monaten bis in die Nähe von Bagdad vorgedrungen waren, bei
Ktesiphon gründlich geschlagen. Aus Konstantinopel wurde dazu
gedrahtet: »Die Bedeutung des großen Erfolges über die
Engländer im Irak liegt in der Teilnahme der arabischen Stämme
am Kampfe, deren die Engländer ganz sicher zu sein glaubten.
Es ist bemerkenswert, daß in ihrer Haltung gerade in dem
Augenblick ein Umschwung eintrat, als die Aussichten der
Engländer vorübergehend gebessert schienen. Mitte November
langte hier die Mitteilung an, daß einer der stärksten und
angesehensten Irak-Stämme sich bestimmt und endgültig auf die
türkische Seite geschlagen habe. Seitdem rechneten die Kenner
der Verhältnisse mit voller Sicherheit auf schwere Verluste
für die Engländer. Dieselben Stämme haben jetzt auch die
Verfolgung der Engländer aufgenommen, die zu einer
vernichtenden Niederlage für die Engländer führen dürfte.
Bisher sind diese schon um 110 Kilometer zurückgewichen.«
Das türkische Kriegspressequartier teilte noch mit: »Die
englischen Befehlshaber und Soldaten an der Irakfront handeln
als würdige Schüler Lord Kitcheners, des berühmten Schlächters
von Omdurman. Die Engländer, welche infolge des Gefechtes am
22. November in unsere Stellungen in der Umgebung von
Ktesiphon eingedrungen waren, haben sechs Personen getötet,
welche mit dem inneren Dienst in dem Mausoleum eines Heiligen
in der Nähe von Ktesiphon beauftragt waren; als wir nach drei
Tagen diese Stellungen wiedernahmen, fanden wir mit großer
Empörung die verstümmelten Leichen jener Diener nicht weit von
dem Mausoleum. Wir überlassen der öffentlichen Meinung Europas
das Urteil über diese barbarischen Handlungen.«
Am 3. Dezember wurde amtlich gemeldet: »An der
Kaukasusfront beschränkt sich die Tätigkeit, da der frische
Schnee stellenweise drei Meter hoch liegt und auch heftige
Wirbelstürme einsetzten, nur auf bedeutungslose Zusammenstöße
der Patrouillen. An der Dardanellenfront aussetzender
Artilleriekampf und heftiger Bombenkampf an einzelnen Stellen.
Bei Anaforta ließ der Feind zwei Panzerkreuzer, bei Art Burnu
und Sedd-ul-Bahr zwei Kreuzer eine Zeitlang an dem Feuer
seiner Landbatterien teilnehmen. Unsere Artillerie erwiderte
der feindlichen Landartillerie wirksam, verursachte
bedeutenden Schaden an Teilen der feindlichen Schützengräben,
bei seinen Truppen, die außerhalb der Deckungen beobachtet
wurden, und vernichtete eine feindliche
Maschinengewehrstellung bei Anaforta und einige
Bombenwerferstellungen bei Ari Burnu. Außerdem erzielten
unsere Artilleristen Volltreffer mit zwei Geschossen auf dem
Hinterteil und mit einem Geschoß auf dem Verdeck eines
feindlichen Kreuzers, der von den Küstengewässern von
Sedd-ul-Bahr her das Feuer eröffnet hatte, und zwangen diesen
Kreuzer, das Feuer einzustellen und sich zurückzuziehen. Eines
unserer Flugzeuge warf Bomben auf ein feindliches Torpedoboot,
das am Nordufer der Bucht von Saros, drei Kilometer westlich
vom Kap Iridsche, gestrandet war. Am 1. Dezember warf der
Feind, ohne Schaden anzurichten, Bomben auf das Spitalschiff »Reschid
Pascha«, das durch seine Gestalt und Farbe, sowie durch seine
sichtbaren Zeichen auch dem Feinde als Spitalschiff kenntlich
ist. Au den anderen Fronten keine Veränderung.«
Alle Welt mußte erkennen, daß der Ausgang der Schlacht vor
den Toren Bagdads, einen recht erfreulichen Umschwung auf dem
entlegenen Kriegstheater im Irak bedeutete, denn nach den
englischen Meldungen über die Operationen der dort kämpfenden
Armee war etwas anderes zu erwarten. Die dortigen Kämpfe
spielten sich auf seit dem grauesten Altertum wohlbekannten
Schlachtfeldern ab. Babylon liegt dort nicht weit entfernt,
und wer verknüpfte nicht sofort mit diesem Namen den eines der
größten Kriegshelden aller Zeiten, nämlich Alexanders des
Großen! Hier zog Alexander durch, ehe er durch Persien nach
Indien gelangte, das seinen berühmten Rundschildnern, den
kappadokischen und kilikischen Söldnern, den edlen Garden der
Silberschildner und wie all die anderen aus allen Teilen des
weiten Landes zusammengerafften Heerscharen nach ihrer Art der
Bewaffnung sich nannten, zum Capua wurde. Hier war es, wo
einer seiner Söldner aus dem Grabe des großen Cyrus bei
Pasargadae die wundervolle Perlenkrone stahl, die nach alter
Ueberlieferung dem Besitzer Unglück bringen sollte. Sicherlich
hatte der englische kommandierende General nichts von dieser
Prophezeiung gewußt. Aber vielleicht hat er in dem dortigen
Steppensand oder unter den weiten Trümmerfeldern der
zyklopischen Bauten von neuem die Krone des Cyrus gefunden und
sie nach England gesandt. Die erste morgenländische Krone, die
auf diese Weise nach dem Inselreiche gelangte, wäre es
wahrhaftig schließlich nicht. Wir konnten unterdessen an das
für die Türken siegreiche Ereignis südlich Bagdad gute
Hoffnungen knüpfen. Die Engländer meldeten unterdessen Sieg
über Sieg in Mesopotamien, d. h. nur in den üblichen fünf bis
zehn Reihen der Ueberschriften ihrer Artikel, denn der Text
darunter war meist vom Uebel. »Wassermangel« zwang zum
Aufgeben der Schlachtfelder, den Generälen wurde die übliche
Tapferkeit öffentlich bescheinigt, im übrigen gaben sie schon
jetzt »über 2000 Verwundete« aus der einen Schlacht zu, von
den Toten sprach man überhaupt nicht. Das dicke Ende mußte
wohl noch nachkommen.
Einen ausführlichen Siegesbericht gab uns das türkische
Hauptquartier am 2. Dezember: »An der Irakfront verfolgen
unsere Truppen den Feind heftig, um die Niederlage der
Engländer zu vervollständigen. Wir haben festgestellt, daß die
feindlichen Verluste in den Kämpfen vom 23. bis 26. November
5000 Mann übersteigen. Abgesehen davon verläßt eine Reihe
demoralisierter Offiziere und Soldaten ihre Truppenteile, um
sich in die Umgebung zu retten. Der Feind hat an einem
einzigen Tage mit seinen Dampfschiffen ungefähr 2900
Verwundete fortgeschafft. Der politische Agent im englischen
Hauptquartier Sir Komei befindet sich unter den Verwundeten.
Da der Feind seinen Rückzug auch in dem stark befestigten
Azizie nicht hat zum Stillstand bringen können, so hat er
versucht, sich mit seiner Nachhut und unter dem Cemsumkoz sich
weiter in der Richtung auf Kut-el-Amara (170 Kilometer südlich
von Bagdad) zurückzuziehen. Wir fanden in der Stadt Azizie und
ihrer Nachbarschaft viel Mundvorrat, Munition und
verschiedenes Kriegsgerät. Unsere in die Umgebung entsandten
Krieger erbeuteten etwa 100 Kamele des Feindes. Die Tatsache,
daß es dem Feinde nicht mehr gelang, auch nur einen kleinen
Teil der Gegenstände und des Kriegsmaterials, das er im Stich
ließ, anzuzünden, und daß er eine Menge von Gegenständen, die
den Offizieren gehörten, und von technischen
Ausrüstungsgegenständen nicht mehr mit sich führen konnte, ist
ein Beweis für die Größe seiner Niederlage. Außerdem
erbeuteten wir ein Kriegsmotorboot und einen eisernen
Leichter, der mit Mundvorrat und Munition angefüllt war, sowie
ein Flußschiff. Wir stellten fest, daß der Feind auf seinem
fluchtartigen Rückzuge mehrere Kisten Munition in den Tigris
geworfen hatte. Die Engländer teilten, um ihre Niederlage zu
verheimlichen, der Bevölkerung in der Umgegend mit, daß sie
einen Waffenstillstand mit uns abgeschlossen hätten, aber die
schnelle Verfolgung durch unsere Truppen kennzeichnete dies
als bloße Ausflucht. Von vier Flugzeugen, die wir dem Feinde
abgenommen haben, wurden drei wiederhergestellt und führen
jetzt über den feindlichen Reihen ihre Flüge aus. – An der
Kaukasusfront ließ der Feind in der Gegend von Wan bei einem
Gefecht am 30. November mit unseren fliegenden Abteilungen 250
Tote auf dem Kampfplatz zurück. Der Feind flüchtete in
östlicher Richtung. – An der Dardanellenfront bei Anaforta
nahmen unsere Patrouillen einen Teil der feindlichen
Drahthindernisse und Graben und machten einige Gefangene. Am
30. November eröffnete der Feind mit seinen Batterien zu Lande
und zu Wasser ein Feuer nach verschiedenen Richtungen, das
gewisse Zeit hindurch andauerte, aber wirkungslos blieb.
Unsere Artillerie trat ebenfalls in Tätigkeit und nahm
feindliche Soldaten, die ohne Deckung im Lager bemerkt worden
waren, sowie Munitionswagen des Feindes aufs Korn. Die
Munitionswagen wurden zerstört. Bei Ari Burnu dauerte der
Kampf der Artillerie, der Bombenwerfer- und
Maschinengewehr-Abteilungen an. Der Feind versuchte die
Schützengräben bei Kanlisirt, die in der letzten Zeit von uns
zerstört worden waren, wiederherzustellen, wurde aber durch
unser Feuer daran verhindert. Nachmittags eröffnete ein
feindlicher Kreuzer das Feuer auf die Stellungen unseres
linken Flügels, wurde aber durch das Gegenfeuer unserer
Torpedoboote gezwungen, sich zu entfernen. Bei Sedd-ul-Bahr
fand ebenfalls gegenseitige Beschießung statt, die von Zeit zu
Zeit nachließ. Unsere Artillerie brachte eine feindliche
Batterie zum Schweigen, die die anatolische Küste der Meerenge
zu beschießen versuchte. Nachmittags fielen Geschosse, die von
einem feindlichen Panzer vom Typ »Agamemnon« in der Richtung
auf Kilid Bahr abgefeuert wurden, auf ein dort gelegenes
Hospital, töteten vier und verwundeten zwanzig Soldaten. Eins
unserer Kampfflugzeuge nötigte ein feindliches Flugzeug, das
Kaba Tepe überflog, zur Flucht.«
Kartenskizze von Mesopotamien.
Zu Beginn der Konstantinopeler Kammersitzung gelangte ein
Telegramm des Kommandanten der fünften Armee (Dardanellen)
Liman Pascha zur Verlesung, in dem er der Kammer seinen Dank
ausspricht für die Entsendung der Deputierten-Abordnung, die
die Dardanellenfront besichtigte. Ein Mitglied der Abordnung
ergriff das Wort und schilderte die Eindrücke derselben. Er
rühmte die Tapferkeit der türkischen Truppen, die siegreich
seit Monaten gegen einen Feind kämpfen, der an Zahl überlegen,
mit allen Vervollkommnungen jeder Erfindung ausgerüstet ist
und Ueberfluß an Munition besitzt. Jeder, der die Front
besichtigte, erkannte, wie wichtig das Terrain ist, an das der
Feind sich noch anklammern konnte, und man konnte sich nicht
versagen, die osmanischen Soldaten zu umarmen. Die Abordnung
konnte feststellen, daß alle beherrschenden Punkte fest in der
Hand der türkischen Armee waren, und sich von der
Vollkommenheit aller Dienstzweige der Armee überzeugen,
namentlich der Verpflegung, die so beschaffen war, daß selbst
die Soldaten der äußersten Schützengräben Tee und warme Suppe
erhielten. Die Abordnung gewann die Ueberzeugung, daß der
Feind nicht nur nicht um einen Zoll würde vordringen können,
sondern daß er demnächst ins Meer geworfen würde. Der Redner
versicherte, daß dies bald geschehen werde, und rühmte sodann
den deutsch-türkischen General Liman Pascha, namentlich seine
Pflichttreue und seine Ritterlichkeit. Er schlug schließlich
vor, an Liman Pascha und die anderen Kommandanten namens der
Kammer Danktelegramme zu senden. Die Kammer stimmte diesem
Vorschlag einstimmig zu.
Nach der amtlichen Meldung vom 4. Dezember versuchten die
Engländer an der mesopotamischen (Irak-) Front, sich der
Verfolgung durch die türkischen Truppen zu entziehen, indem
sie den Schutz ihrer Kanonenboote aufsuchten. Jedes derartige
Haltmachen des Feindes verwandelte sich dank der energischen
Angriffe der Türken in Flucht. Am 1. Dezember vormittags
kostete ein gleicher Versuch den Engländern große Verluste und
brachte den Osmanen als Beute mehrere hundert Gefangene, zwei
mit Lebensmitteln beladene Transportschiffe, ein anderes
Fahrzeug, zwei Kanonenboote, zwei Munitionswagen und eine
große Menge Kriegsmaterial. Unter den Gefangenen, die zum
größten Teil Engländer waren, befanden sich ein Major, ein
Hauptmann und ein Fliegerleutnant. Die beiden erbeuteten
Kanonenboote waren sehr stark. Das Kanonenboot »Kamed« führte
zehn Geschütze, das Kanonenboot »Firikleß« vier Geschütze vom
Kaliber 10,5 und 7,5 und drei Maschinengewehre. Der größte
Teil der auf ihnen erbeuteten Geschütze war in gutem Zustande.
Das letztgenannte Kanonenboot wurde sogleich gegen den Feind
verwandt. Die vom Norden von Kut-el-Amara ausgesandten
türkischen Streitkräfte griffen die sich zurückziehenden
feindlichen Kolonnen in der Flanke an und fügten ihnen
gleichfalls viele Verluste zu. – An der Dardanellenfront
zeitweilige, aber manchmal lang anhaltende Feuergefechte mit
allen Kalibern mit Unterbrechung. Bei Anaforta nahmen einige
Kreuzer, bei Ari Burnu ein Torpedoboot und ein Monitor, bei
Sedd-ul-Bahr ein Monitor und ein Panzerkreuzer an einer
Beschießung des Landes teil, wobei sie die türkischen
Stellungen wirkungslos beschossen. Die Artillerie der
letzteren zerstreute zwei feindliche Kompagnien Infanterie,
die sich auf dem Marsche nach Kutschuk Kemikli befanden, rief
in einem feindlichen Lager bei Buhuk Kemikli einen Brand
hervor und sprengte das Munitionsdepot einer feindlichen
Batterie in der Umgebung von Lale Baba Tepe in die Luft. Die
türkische Artillerie brachte ferner eine schwere feindliche
Batterie südlich von Azmaldere zum Schweigen. Einer der
türkischen Flieger griff einen feindlichen Flieger an, der das
Feuer der Kriegsschiffe leitete, und zwang ihn zu landen. Bei
Sedd-ul-Bahr, auf dem rechten Flügel, schleuderte der Feind
während eines lebhaften Bombenkampfes in reichlichem Maße
Torpedos gegen das Zentrum und den linken Flügel der Türken,
deren Artillerie feindliche Bataillone, die Uebungen
ausführten, beschoß, den Feind zerstreute und ihm Verluste
zufügte. Der Feind, der, wie im Bericht vom 2. Dezember
gemeldet, durch seine Flieger das türkische Hospitalschiff »Reschid
Pascha«, trotz des Abzeichens des Roten Halbmondes, das durch
internationale Verträge anerkannt ist, mit Bomben angreifen
ließ, zögerte andererseits nicht, alle seine militärischen
Transporte unter der Genfer Flagge vor dem türkischen Feuer zu
schützen. So beförderte er nachts in zwei Hospitalschiffen
Soldaten, die von ihm bei Tage auf diese Schiffe gebracht
worden waren. Diese Handlungsweise zeigte die Machtlosigkeit
des Feindes und den Grad seiner Achtung vor den einfachsten
Gesetzen der Menschlichkeit.
Eine Armbrust als Handgranatenwerfer. (Nach einer
englischen Darstellung.)
Das türkische Hauptquartier meldete weiter am 5. Dezember:
»An der Irakfront setzen unsere Truppen, die am 2. Dezember 25
Kilometer zurücklegten, die Verfolgung des Feindes, der sich
in voller Auflösung zurückzieht, fort. Die Ortschaft Bag Kale,
dicht westlich Kut-el-Amara, wurde von unseren Truppen
besetzt. Wir erbeuteten dort den feindlichen Schleppdampfer »Elsaven«,
sowie einen mit Proviant, Munition und Kriegsmaterial aller
Art beladenen Leichter von 250 Tonnen und machten einige
Gefangene. Die Zahl der in einer einzigen Woche gemachten
Gefangenen beträgt acht Offiziere, 520 Mann. Das kürzlich
erbeutete Kanonenboot »Firikleß« wurde in »Selman Pak«
umgetauft, weil die Engländer die sechs Diener des Grabes
dieses Heiligen, das bei dem Orte desselben Namens liegt,
getötet hatten. – An der Dardanellenfront war das gewöhnliche
feindliche Feuer zu Lande und zu Wasser dank der kräftigen
Antwort unserer Artillerie ergebnislos. Bei Kemikli Liman
strandete ein von unseren Granaten getroffenes feindliches
Transportschiff, während ein Torpedoboot die Flucht ergriff.
Bei Ari Burnu vernichteten wir vor Kanlisirt ein feindliches
Maschinengewehr. Bei Sedd-ul-Bahr fand in der Nacht vom 2. zum
3. Dezember ein heftiger Bombenkampf statt. Der Feind
schleuderte zahlreiche Lufttorpedos gegen unser Zentrum und
den linken Flügel. Unsere Artillerie traf mit vier Granaten
ein feindliches Panzerschiff, welches aus der Bucht von Saros
die Gegend von Kavak Köprü beschoß. Das Panzerschiff stellte
sein Feuer ein und entfernte sich. Unsere Geschütze zwangen
auch ein Torpedoboot zur Flucht, welches versuchte, sich den
Inseln in dieser Bucht zu nähern. Auf dieser Front
wetteiferten in den letzten Tagen unsere Flieger an glänzenden
Leistungen. Ein von unserem Fliegerleutnant Ali Riza geführtes
Militärflugzeug schoß bei Sedd-ul-Bahr ein feindliches
Flugzeug herunter und zwang durch Bombenwürfe ein feindliches
Panzerschiff, das dem gestrandeten Torpedoboot zur Hilfe
eilte, zur Flucht. Darauf eröffnete unser Flieger
Maschinengewehrfeuer gegen die auf dem Deck des Panzerschiffes
befindliche Besatzung sowie auf die des Torpedobootes und
zwang durch sein Feuer ein feindliches Flugzeug, welches ihn
angreifen wollte, sich zurückzuziehen. Am 2. Dezember griff
derselbe Flieger einen feindlichen Monitor, der unsere
Stellungen beschoß, an und traf ihn, wie man feststellen
konnte, mit seinen Bomben. Der Monitor sah sich gezwungen, das
Feuer einzustellen.«
Die Niederlage der Briten in Mesopotamien stellte sich von
Tag zu Tag größer heraus. In ihrem Streben, ein Gegengewicht
zu unseren Erfolgen am Balkan zu schaffen, waren die Engländer
anscheinend blind darauf losgestürmt, ohne zu bedenken, daß
ein Mißerfolg in der weiten Ebene, die keine natürlichen
Stützpunkte bietet, im höchsten Grade verhängnisvoll werden
mußte. So führte denn auch die Niederlage bei Ktesiphon zu
einem völligen Zusammenbruch des Unternehmens gegen Bagdad.
Ueber 150 Kilometer mußten die Briten auf der einen Straße,
die ihnen zur Verfügung stand, zurückgehen. Auch die
Tigrisflottille konnte ihnen keine Deckung gewähren; vier
Kanonenboote wurden vielmehr von den Türken erobert. Wie es
hieß, war der Befehlshaber des englischen Expeditionskorps
nach Bassorah (Basra) geflohen. Jedenfalls mußten die Briten
für absehbare Zeit auf den Marsch nach Bagdad Verzicht
leisten.
Das Hauptquartier meldete weiter am 7. Dezember: »An der
Irakfront näherten sich unsere Truppen am 4. Dezember
Kut-el-Amara und unternahmen in der Nacht zum 5. Dezember mit
starken Abteilungen eine Erkundung auf dem rechten Tigris-Ufer
und mit Hilfe eines überraschenden Feuers einen Angriff gegen
die feindlichen Stellungen. Am 5. Dezember beschoß unsere
Artillerie die Stellungen des Feindes sowie die Umgebung von
Kut-el-Amara. Unsere Kolonnen, die getrennt östlich von
Kut-el-Amara vorrückten und ihr Feuer gegen drei
Transportschiffe und zwei Monitore des Feindes richteten,
steckten einen Monitor in Brand und nahmen zwei Schiffe weg.
Außerdem erbeuteten unsere Truppen in der Gegend von
Kut-el-Amara zwei Frachtkähne; auf dem einen fanden wir zwei
Flugzeuge und eine Menge Fliegergerät. Im ganzen haben wir
bisher an dieser Front sechs feindliche Flugzeuge erbeutet.
Der Feind feuerte, um seine Niederlage vor den Eingeborenen zu
verheimlichen, einen Siegessalut von 21 Schüssen ab. – An der
Kaukasusfront schlugen wir einen vom Feinde in der Nacht vom
4. zum 5. Dezember gegen unsere Vorposten im Abschnitt von
Kale-Sogaz unternommenen Ueberfall ab und machten einige
Gefangene. In den anderen Abschnitten, von
Patrouillen-Scharmützeln abgesehen, nichts Neues. – An der
Dardanellenfront bei Anaforta nahm unsere Artillerie
feindliche Truppen, die Befestigungen ausführten und Batterien
großen und kleinen Kalibers aufstellten, unter wirksames
Feuer. Bei Ari Burnu beschoß ein feindlicher Kreuzer am 5.
Dezember einige Augenblicke ohne Erfolg unsere Stellungen.
Unsere Artillerie zwang einen anderen Kreuzer, der sich
Kaba-Tepe zu nähern suchte, abzudampfen. Bei Sedd-ul-Bahr
zerstörte unsere Artillerie mehrere zu Bombenangriffen
bestimmte Stellungen des Feindes und verhinderte ihn, das
namentlich gegen unseren linken Flügel gerichtete heftige
Lufttorpedofeuer fortzusetzen.«
Eine Mitteilung des Hauptquartiers vom 8. Dezember abends
besagte: »An der Irakfront verhindern unsere Truppen den Feind
durch kräftige Angriffe, sich in seinen befestigten Stellungen
bei Kut-el-Amara vollständig einzurichten. Am 6. Dezember
näherten sich unsere Truppen mittels eines sechs Stunden
dauernden heftigen Angriffs erfolgreich der Hauptstellung des
Feindes; in diesem Kampfe nahmen wir ein Maschinengewehr und
schossen ein feindliches Transportschiff durch unsere
Geschütze in Brand. Wir haben festgestellt, daß der Feind
infolge seiner Niederlage bei Selman-Pak eine Menge
Kriegsgerät vergraben und Geschütze, Gewehre und Munition in
den Tigris geworfen hat. – An der Dardanellenfront beschoß uns
der Feind bei Anaforta unter Mitwirkung seiner Schiffe mit
Unterbrechungen aus verschiedenen Richtungen. Unsere
Artillerie erwiderte und nahm die Lager, Schützengräben und
Transporte nebst Bedienungen beim Feinde unter ein wirksames
Feuer. Bei Ari Burnu ziemlich heftiger Kampf mit Bombenwerfern
und Geschützen. Unsere Artillerie erwiderte kräftig und
brachte einen Teil der feindlichen Batterien zum Schweigen,
verjagte einen feindlichen Kreuzer, welcher sich Ari Burnu zu
nähern versuchte, und zerstörte feindliche Schützengräben und
einen Teil einer Bombenwerfer-Stellung. Bei Sedd-ul-Bahr
ziemlich heftiges feindliches Feuer mit Geschützen,
Bombenwerfern und Lufttorpedos; unsere Artillerie erwiderte
und brachte dies Feuer zum Schweigen.«
Die englischen Offiziersverluste bei den Kämpfen in
Mesopotamien waren, wie die jetzt in London eingetroffenen
näheren Angaben erkennen ließen, weit größer, als ursprünglich
angenommen wurde. Das Offizierkorps des 24. Pundjabregiments
war fast bis auf den letzten Mann aufgerieben. Nach amtlichen
und privaten Meldungen waren allein vier Obersten gefallen,
zwei verwundet. Drei Viertel des gesamten Offizierkorps dreier
Brigaden waren außer Gefecht gesetzt.
Die bedeutsamen Erfolge der türkischen Armee im Irak
hatten, wie vorauszusehen war, eine rasche Wirkung im
Gesamtgebiet des Persischen Golfes ausgeübt. Von allen Seiten
gelangten hierher aus amtlichen türkischen Stellen nicht nur
leere Ergebenheits-Bezeigungen, sondern wichtige Anzeichen,
daß selbst bisher historisch englandtreue arabische Stämme
eine Wendung ihrer Politik vornahmen und in den Heiligen Krieg
gegen die Engländer eintraten.
Die nächste amtliche Depesche lautete: »An der Irakfront
nimmt der Widerstand des Feindes merklich ab. Unsere Truppen
schlugen die Ausfallsversuche der Engländer blutig zurück.
Sechs von uns erbeutete Flugzeuge sind ausgebessert worden und
werden von uns jetzt gegen den Feind benutzt. An der
Kaukasusfront griff der Feind unsere westliche
Truppenabteilung bei Alaschgerd an, wurde aber zurückgeworfen.
An anderen Teilen der Front fanden nur unbedeutende
Erkundungskämpfe statt. An der Dardanellenfront bei Anaforta
eröffnete die feindliche Artillerie auf dem Lande und vom
Meere her das Feuer nach verschiedenen Richtungen. Unsere
Artillerie antwortete, zerstreute feindliche
Truppenansammlungen und jagte Transportschiffe in seichte
Stellen der Bai von Kemikli Simon. Bei Ari Burnu auf dem
rechten Flügel fand ein heftiger Kampf mit Bomben statt unter
Beteiligung eines feindlichen Kreuzers. Ein Panzerschiff, ein
Monitor, ein Torpedoboot und ein Ponton des Feindes eröffneten
das Feuer zu einer bestimmten Zeit nach verschiedenen
Richtungen. Unsere Artillerie antwortete, zerstörte einen Teil
der feindlichen Schützengräben und zwang den feindlichen
Monitor, sich zu entfernen, nachdem sie ihm zwei Treffer
beigebracht hatte. Bei Sedd-ul-Bahr fand der gewöhnliche
Artilleriekampf statt. Der Feind richtete Lufttorpedos in
größerer Zahl als sonst gegen unseren linken Flügel. Ein
Monitor begann das Feuer gegen diesen Flügel. Unsere
Artillerie zerstörte durch heftiges Feuer einige Bomben- und
sonstige Munitions-Niederlagen der feindlichen Artillerie. Am
8. Dezember beschädigte unsere Artillerie ein englisches
Flugzeug, das bei Akbach in Flammen aufging. Das Flugzeug und
der Flieger verbrannten vollständig.«
Wie man aus vertrauenswürdiger Quelle erfuhr, hielten gut
organisierte Streitkräfte der Senussen und der
tripolitanischen Eingeborenen das ganze Wilajet Tripolis
besetzt. Sie hatten ihr Hauptquartier in Suk-el-Dschnma,
anderthalb Stunden von der Stadt Tripolis, errichtet und waren
auch in die Kasa Syrt eingedrungen. Bei den Kämpfen in dieser
Kasa verloren die Italiener sechstausend Mann an Toten und
ließen sehr viel Waffen und Munition in den Händen der
Eingeborenen.
Das türkische Hauptquartier meldete am 10. Dezember: »An
der Irakfront drangen unsere Truppen im Norden und Westen noch
näher an die feindlichen Stellungen bei Kut-el-Amara heran,
brachten dem Feinde große Verluste bei und zwangen die
Abteilungen, die sich den rechten Ufer des Tigris befanden,
zum Rückzug nach Kut-el-Amara. Im Osten bemächtigten wir uns
der Brücke über den Tigris, zwangen einige feindliche
Abteilungen, nach Kut-el-Amara zurückzugehen, und feindliche
Kanonenboote, zu entfliehen. An der Kaukasusfront machten wir
in der Gegend von Milo einige feindliche Patrouillen zu
Gefangenen, andere vernichteten wir. An der Dardanellenfront
beschossen feindliche Panzerschiffe bei Kemikli Liman kurze
Zeit unsere Stellungen. Unsere Artillerie erwiderte und
richtete sichtlichen Schaden in den feindlichen Schützengräben
und Artilleriestellungen an. Zwei Granaten trafen die
Landungsstelle bei Kemikli Liman und verursachten dort
Verluste und Verwirrung. Von fünf Minen, die der Feind am 8.
und 9. Dezember in diesem Abschnitt springen ließ,
explodierten drei gerade unterhalb seiner Schützengräben. Die
beiden anderen, die in ungefährlichem Abstand explodierten,
verursachten uns bloß den Verlust von zehn Toten und
Verwundeten. Bei Ari Burnu heftiger Kampf mit Artillerie und
mit Bomben. Der Feind schleuderte Lufttorpedos. Ein Kreuzer
beschoß in Zwischenpausen unsere Stellungen; unser Feuer zwang
ihn, sich zu entfernen. Ein anderer Kreuzer kam auf
Kanonenschußweite heran. Bei Sedd-ul-Bahr bewirkte unsere
Artillerie die Einstellung der Bombenwürfe und brachte die
feindliche Artillerie zum Schweigen. Zwei Kreuzer beschossen
wirkungslos unsere Stellungen.«
An der Irakfront nahm die Tätigkeit der feindlichen
Artillerie bei Kut-el-Amara von Tag zu Tag ab infolge des
heftigen Gegenfeuers der Osmanen, deren Truppen sich infolge
geglückter Angriffe dicht der feindlichen Hauptstellung
näherten. An der Dardanellenfront beschoß türkische Artillerie
erfolgreich feindliche Stellungen bei Anaforta und feindliche
Schiffe bei Kemikli Liman und zwang letztere, sich zu
entfernen. Die feindliche Artillerie antwortete nicht. Bei
Ari-Burnu Minenwerfer-Tätigkeit und ein ziemlich heftiger,
aber aussetzender Artillerie-Zweikampf. Bei Sedd-ul-Bahr fand
in der Nacht vom 12. zum 13. Dezember gegen den türkischen
rechten und linken Flügel ein Gefecht mit Bomben und
Lufttorpedos statt. Die türkische Artillerie beschoß eine
feindliche Haubitzen-Batterie und sprengte ein Munitionsdepot
dieser Batterie in die Luft.
Gas- und andere Bomben, wie sie in den Luftkämpfen aus
Gallipoli abgeworfen wurden. (Nach einer engl. Darstellung.)
Am 13. Dezember fand ein sehr heftiges Bombengefecht gegen
die Laufgräben der Türken im Zentrum statt. Ihre Artillerie
nahm erfolgreich Artilleriestellungen des Feindes unter Feuer
und zerstörte ein Blockhaus und zwei Brücken über den
Kerevizdere.
Aus Persien erfuhren wir, daß bei einem heftigen Kampf
zwischen Persern und russisch-englischen Soldaten in
Kermanschah und Hemedan die Perser einen Sieg errangen. Die
Gegner hatten über 500 Tote und ebensoviel Verwundete. Die
Perser machten dabei auch große Beute. Bei einem anderen Kampf
zwischen Kermanschah und Sine wurden die Russen von den
persischen Kämpfern für den Heiligen Krieg völlig geschlagen,
wobei 300 Kosaken, die unter dem Kommando des russischen
Generals Samanow standen, gefangen genommen und zwei
Maschinengewehre erbeutet wurden. In Ispahan fanden große
Versammlungen statt, die beschlossen, gegen das unmenschliche
Vorgehen Englands und Rußlands gegen Persien bei der ganzen
zivilisierten Welt zu protestieren.
Ein amerikanischer Berichterstatter, der auf Gallipoli war,
schilderte in einem Bericht aus Saloniki die Operationen gegen
die Türken. Er hob ihre Haltung rühmend hervor. Die Türken, so
sagte er, kämpfen mit Anstand. Sämtliche britischen Offiziere
und Soldaten erkennen das an. Ein irischer Hauptmann sagte,
die Türken schlagen sich wie die Teufel, aber kämpfen immer
anständig. Sie weisen niemals einen Waffenstillstand zum
Begraben der Toten ab. Der Kampf gegen die Türken ist immer
ein harter, aber zivilisierter Krieg. Eines Tages, so sagte
ein anderer englischer Offizier, stellten wir eine Batterie
infolge eines Irrtums zu dicht in der Nähe eines Lazarettes
auf. Sofort berichteten uns die Türken durch den Heliographen,
daß sie genötigt sein würden, die Umgebung des Lazarettes zu
beschießen, wenn die Batterien nicht entfernt würden.
Selbstverständlich signalisierten wir zurück, daß wir die
Batterien verlegen würden. Bei einem Waffenstillstand zum
Begraben der Toten fingen die Engländer die Meldung eines
Heliographen auf, die in Französisch besagte: »Ehre allen
Toten, nieder mit allen Politikern!« Ein anderes Mal wurde ein
englischer Stabsarzt am Bein verwundet zwischen den türkischen
und britischen Laufgräben. Die Türken bewilligten sofort seine
Fortschaffung und entschuldigten sich, daß einer ihrer
Soldaten den Arzt für einen gewöhnlichen Krieger angesehen
habe. Als eines ihrer Geschosse eine Motorambulanz traf,
signalisierten sie auch sofort, daß dies ein bedauernswerter
Irrtum gewesen sei. Trotz allem, so sagte der Offizier, ist
Gallipoli ein Ort des Schreckens. Es ist ein schmales Riff.
Die Partei, welche zuerst nachgibt, wird ins Meer getrieben.
Keine der beiden Parteien kann Truppen zurücknehmen, weil dann
die andere die Oberhand gewinnen würde. Gallipoli ist das
furchtbarste und blutigste Schlachtfeld, das die Geschichte
kennt. Wenn einmal alle Tatsachen bekannt sind, wird es in den
Geschichtsbüchern als eine Stätte des Entsetzens bezeichnet
werden.
Der Tod des Siegers von Lüttich.
Der Sieger von Lüttich, General der Infanterie von Emmich,
ist am 22. Dezember 1915 in seinem Heim in Hannover, wo er
sich seit einigen Wochen zur Erholung aufhielt, sanft
entschlafen. General Otto von Emmich hatte ein Alter von 66
Jahren erreicht. Er stammte aus Minden in Westfalen, wo er
auch seine Erziehung erhielt. Am Tage der Schlacht von
Königgrätz, am 3. Juli 1866, trat er in das preußische Heer
ein, machte auch den Feldzug 1870/71 mit und erwarb sich das
Eiserne Kreuz zweiter Klasse. Dann wirkte er in verschiedenen
Dienststellen, bis er im Jahre 1909 zum General der Infanterie
und zum Kommandeur des zehnten Armeekorps in Hannover ernannt
wurde. Am 27. Januar 1912 erhielt er den erblichen Adel. Als
der Eroberer von Lüttich (7. August 1914) wird er als der Held
des ersten glänzenden Waffenerfolges Deutschlands im
Weltkriege fortleben. Aber auch an der Durchbruchsschlacht von
Gorlice–Tarnow und an den ihr folgenden Kämpfen hatte er
ruhmreichen Anteil genommen. Für diese Verdienste erhielt er
das Eichenlaub zu dem bei Lüttich erworbenen Orden Pour le
mérite.