Gottesbeweis im Heiligen Qur´an
Viele Verse des Heiligen Qur´an lassen
den Schluss zu, dass es für die Menschen zur Zeit seiner
Offenbarung keine Zweifel über die Existenz Gottes gab. Selbst
für die Götzendiener unter den Arabern der damaligen Zeit
stellte die Existenz des Schöpfers eine unumstrittene Tatsache
dar.
Und wenn du sie fragst:
„Und wenn du sie fragst: Wer hat die
Himmel und die Erde erschaffen und euch die Sonne und den Mond
dienstbar gemacht? - dann werden sie gewiss sagen: Allah. Wie
zeitig lassen sie sich denn abwenden!“ (Heiliger Qur´an
29:61)
„Und wenn du sie fragst: Wer sendet
Wasser vom Himmel nieder und er hat damit die Erde belebt nach
ihrem Tod? – dann werden sie gewiss sagen: Allah. Sprich: Die
Dankpreisung ist Allahs. Jedoch die meisten von ihnen
begreifen es nicht.“ (Heiliger Qur´an 29, 63)
An anderen Stellen des Heiligen Qur´an
erfahren wir über das Verhältnis der damaligen Polytheisten
zur Existenz Gottes:
„Sie verehren unter Ausschluss Allahs
das, was ihnen weder schaden noch nützen kann; und sie sagen:
Diese dort sind unsere Fürsprecher bei Allah. Sprich: Wollt
ihr Allah von etwas Nachricht geben, was Ihm in den Himmeln
oder auf der Erde unbekannt ist? Gepriesen ist Er, und hoch
Erhaben ist Er über das, was sie Ihm beigesellen!“
(Heiliger Qur´an 10:18)
Der Glaube an Götzen als Mittler zwischen
Mensch und Gott setzte den Glauben an die Existenz eines
schöpferischen Gottes voraus.
Kann es überhaupt Zweifel an der Existenz
Gottes geben?
In der Sure “Ibrahim (Abraham)“,
Vers 10 wird die Frage aufgeworfen. „....Existiert etwa ein
Zweifel über Allah, den Urheber [fatir] der Himmel und der
Erde?“
Einige Gelehrte wollen diesem Vers
entnehmen, dass der Heilige Qur´an jeden Zweifel über die
Existenz Gottes für unbegründet hält. Die Existenz der
schöpferischen Weisheit offenbare sich allen denjenigen, die
sich Seiner Schöpfung in den Himmeln und auf Erden öffnen, so
eindeutig, dass es keinerlei Beweise bedürfe. Aber nicht alle
Qur´an-Interpreten wollen sich mit dieser Auslegung zufrieden
geben. Sehen wir, was dem vorgenannten Vers voraus geht und
was ihm folgt:
„Ist nicht zu euch die Kunde von jenen
gekommen, die vor euch waren – von dem Volk Noahs, den Ad und
Thamud – und denjenigen von denen nach ihnen? Niemand kennt
sie außer Allah. Ihre Gesandten sind mit dem Deutlichen bei
ihnen eingetroffen, jedoch sie hielten ihnen die Hände vor den
Mund und sagten: Wir glauben nicht an das, womit ihr gesandt
worden seid, und wir befinden uns wahrlich in bedenklichem
Zweifel über das, wozu ihr uns aufruft. Ihre Gesandten sagten:
Existiert etwa ein Zweifel über Allah, den Urheber der Himmel
und der Erde? Er ruft euch, damit Er euch eure Sünden vergebe
und Er gewährt euch Aufschub bis zu einer bestimmten Frist.
Sie sagten: Ihr seid nur Menschenwesen wie wir; ihr wollt uns
von dem abhalten, was unsere Väter zu verehren pflegten. Dann
kommt zu uns mit einem verdeutlichten Beweis. Ihre
Gesandten sagten zu ihnen: Wir sind nur Menschenwesen wie ihr,
jedoch Allah erweist Gnade wem von Seinen Dienern Er will. Und
wir besitzen keine Macht dazu, zu euch mit einem Beweis zu
kommen, es sei denn mit Erlaubnis Allahs. Und auf Allah sollen
die Überzeugten vertrauen.“
(Heiliger Qur´an 14:9-11)
Die Zeitgenossen Noahs, der Stämme Ad und
Thamud und weiterer nach ihnen stritten sich mit dem
Propheten, die ihnen Gott zu ihrer Rettung geschickt hatte,
über den Inhalt ihrer Botschaft. Ganz offen gaben sie ihnen zu
verstehen, dass sie ihnen nicht glaubten. War der Inhalt der
Botschaft als solcher schon gleich der eigentliche Beweis für
die Existenz Gottes oder glaubten diese Götzenanbeter wie die
Zeitgenossen Prophet Muhammads (s.)
zwar an den schöpferischen Ursprung, gesellten ihm allerdings
Götzen als Fürsprecher bei?
Allama Tabatabai
vertritt in seinem Qur´an-Kommentar „Al-Mizan“ den Standpunkt,
dass es sich beim Streit der Völker mit ihren Propheten um
Themen wie Einheit, Prophetentum und Jüngstes Gericht
handelte, aber niemals die eigentliche Existenz Gottes zur
Diskussion stand. Auch die Kommentatoren Tabarsi,
Sayyid Qutb
usw. sind der Ansicht, dass Themen wie die Einheit Gottes,
Gottes Einfluss auf das Weltgeschehen, das Prophetentum, die
Belohnung und Bestrafung Gottes auf Erden und nach dem Tode
usw. in Frage gestellt wurden, nicht aber die Existenz Gottes.
Und dennoch lautet der genaue Wortlaut
der Frage der Propheten an ihre Völker:
„...Existiert etwa ein Zweifel über
Allah, den Urheber [fatir] der Himmel und der Erde?“
(Heiliger Qur´an 14:10)
Aber bezieht sich die Frage nicht
zunächst einmal auf den Zweifel über die Existenz Gottes.
Besonders, wenn wir das Attribut Gottes “Urheber“ [fatir]
berücksichtigen, wird deutlich, dass es sich hier um die
Existenz des Ursprungs handelt, weniger um die Einheit Gottes;
denn das Attribut “Urheber“ bedeutet der aus dem “Nicht-Sein“
das “Sein-Schaffende“.
Allama Tabatabai wertet dieses Attribut
als Beweis, für die Richtigkeit seiner Interpretation. Er
sagt, gerade weil das Wort “Urheber“ [fatir] und nicht
“Schöpfer“ [chaliq] gewählt worden ist, bezieht sich dieser
Vers nicht auf die eigentliche Existenz Gottes, sondern auf
die Einheit Gottes; denn über die Existenz Gottes gab es auch
unter den götzenanbetenden Arabern keine Zweifel, sie
leugneten nur die Einheit ab. Deshalb auch “Urheber der Himmel
und Erde“ und nicht “Schöpfer der Himmel und Erde“.
Meiner Meinung nach steht die im Qur´an
gewählte Wortwahl in direktem Bezug zur Frage nach der
Existenz Gottes. Selbst wenn wir annehmen, dass alle
arabischen Götzendiener zur Zeit Prophet Muhammads (s.) von
der Existenz Gottes überzeugt waren, können wir nicht daraus
auf andere Völker zu anderen Zeiten schließen, wo doch gerade
der vorausgegangene Vers von anderen Stämmen wie die der Ad
und Thamud spricht.
Ist es überhaupt möglich, dass „der
Urheber der Himmel und Erde“ als Argument dient, Zweifel über
die Einheit Gottes zu beseitigen, aber kein Argument für die
Existenz Gottes ist? Sicher bezieht sich dieser Vers auch auf
die eigentliche Existenz Gottes. Und es ist nicht richtig zu
behaupten, dass der Qur´an in diesem Vers jede Art Zweifel
über die Existenz Gottes als Zweifel an etwas Offenkundigem
abtut, denn der Vers weist gerade durch die Wahl des Attributs
“Urheber“ auf das berühmte Argument zur Beweisführung Gottes
und will weniger zum Ausdruck bringen, dass die Existenz
Gottes etwas Offenkundiges, das heißt kein Gegenstand der
Argumentation ist. Außerdem geht aus anderen Qur´an-Versen
hervor, dass die heilige Schrift Zweifel über die Existenz
Gottes nicht unberücksichtigt lässt.
Die Sure “At-Tur“
wurde noch vor der Auswanderung (Hidschra) in Mekka offenbart.
Sie beschäftigt sich gleich zu Beginn (Verse 1 bis 28) mit der
Frage nach dem Leben nach dem Tode und mit den Menschen, die
nicht an das Jüngste Gericht glauben. In den darauffolgenden
Versen 29 bis 34 werden Fragen über den Auftrag Prophet
Muhammads (s.) und das Ende des Prophetentums behandelt. Im
Anschluss daran weitet sich die Abhandlung auf mögliche
Zweifel des Menschen über die Existenz Gottes aus:
„Oder sind sie durch nichts
erschaffen, oder sind sie gar selbst die Schöpfer? Oder
schufen sie die Himmel und die Erde? Nein, aber sie haben
keine Gewissheit.“
(Heiliger Qur´an 52:35-36)
In den folgenden Versen wird die Frage
aufgeworfen, ob der Mensch aufgrund der Gnadenfülle Gottes ins
Leben gerufen wurde oder ob alles in seiner Hand liegt. Im
Vers 43 schließlich wird die Existenz eines Gottes außer dem
Schöpfer behandelt:
„Oder haben sie einen (anderen) Gott
statt Allah? Hoch Erhaben ist Allah über all das, was sie
(Ihm) beigesellen.“
(Heiliger Qur´an 52:43)
Ab Vers 35 wird der Mensch mit vielen
Fragen konfrontiert. Seine gottgegebene Fähigkeit zur Logik
soll wachgerufen werden und ihn selbst zur Existenz Gottes
hinführen: