L1 - Die Entwicklung des Glaubens über die Jahrhunderte
Unter den fundamentalen intellektuellen Themen, welche das
menschliche Leben betreffen, sind die religiösen Fragen von
besonderer Wichtigkeit. Ihnen wurden seit jeher eine
grundlegende Bedeutung für das Wohl und Schicksal des Menschen
zuteil und sie haben tiefe Einsichten und vielfältiges Wissen
produziert. Gelehrte und Wissenschaftler haben weitreichende
und umfassende Studien über die Ursprünge und Motive der
religiösen Anliegen des Menschen gemacht. Dabei gehen sie bei
ihren Forschungen mit bestimmten Meinungen und Methoden vor,
die auch ihre Urteile und Schlussfolgerungen beherrschen.
Die Wahrheit ist, dass seit der frühsten prähistorischen
Zeit, Religion und Glaube immer Teil der Struktur der
menschlichen Gesellschaft waren. Weder in der Vergangenheit
noch in der Gegenwart ist es möglich eine Gesellschaft zu
finden, in welcher religiöse Themen nicht erörtert wurden. Der
noble Koran verweist an mehreren Stellen auf die historische
Tatsache, dass von Gott gesandte Propheten immer wieder
vergangenen Völkern erschienen sind, wo sie zusätzlich zu
ihrem wohltätigen spirituellen Einfluss auch ein große Rolle
bei der Schaffung einer Zivilisation gespielt haben.
Bei genauerer Betrachtung der Art und Weise, wie sich
menschliches Leben herausbildete und Wissen sich entwickelte,
zusammen mit dem Wissen, welches an den entlegenen Gegenden
der Geschichte gewonnen wurde, zeigt sich, dass der Mensch mit
religiösem Glauben verbunden war, noch bevor er sich der
Methoden der rationalen Deduktion bewusst war.
Die Phase der menschlichen Wissenschaft und Industrie hat
daher keinen Vorrang gegenüber den Phasen des Glaubens und der
Religion. Man könnte sogar behaupten, dass menschliche
Anstrengungen im Bereich der Religion noch energischer und
nachhaltiger waren als in den Wissenschaften, weil das Wissen
um eine transzendentale Realität der Essenz der Seinswelt
schwerer und weniger zugänglich ist, als das Wissen um die
Essenz der Dinge, nach dem die Wissenschaften ständig streben.
Die essenzielle Natur der strahlenden Sonne, welche zu den
am meisten manifestierten Dingen überhaupt zählt, blieb dem
Menschen Jahrhunderte lang unerschlossen und ihre Bewegung und
Wirkung war Anlass für vielfältige Interpretationen. Obwohl
niemand ihre Lichtstrahlen negieren konnte, blieb das Wissen
um die Beschaffenheit des Lichts für die meisten Menschen im
Dunkeln.
Die Wahrnehmung von großer Wirklichkeit ist demzufolge
unmöglich ohne logische Untersuchung, Deduktion und einem
umfassenden Studium zu bewerkstelligen. Wenn Aberglaube und
religiöse Mythen unter den Völkern vergangener Zeit zu finden
waren, welche aufgrund von Ineffizienz und Schwäche im Denken
und Mangel an Wissen ständig Neuerungen ausgesetzt wurden, so
heißt dies nicht, dass Religion an sich mit seinen Doktrinen
falsch liegen muss. Es zeigt vielmehr den Vorrang und die
Autonomie von religiösem Bestreben in den Tiefen der
menschlichen Seele und seinem Herzen. Darüber hinaus kann man
nicht von der Wissenschaft erwarten, welche versucht
prähistorische Zeiten zu entdecken, dass sie mehr von den
Religionen alter Zeiten herausfindet als Spuren von
Aberglauben und Mythen der Religionen alter Zeiten
entschlüsselt als Spuren von in den Überresten des primitiven
Menschen unter der Erde herausfindet.
Da menschliche Führung und Aktivität immer von zwei
Charakteristika geleitet wird ‒ Vorrang und Autonomie auf der
einen und Umfang und Universalität auf der anderen Seite ‒
erscheint es absolut logisch, dass wir den Ursprung dieser
Leitung und Aktivität in den Tiefen des menschlichen Geistes
postulieren. Die Existenz eines solch kontinuierlichen
Phänomens in einer immer währenden und universellen Form,
geschichtlich und vorgeschichtlich, kann nicht als ein Effekt
von Traditionen und Gewohnheit betrachtet werden; es ist
vielmehr die Manifestation eines ureigenen Durstes und
imperativen Instinkts der Wahrheit. Alle religiösen
Glaubensrichtungen mit ihren unterschiedlichen Aspekten und
Formen stammen von einer einzigen überschwänglichen endlosen
Quelle, der ureigenen Natur des Menschen, die weder extern
auferlegt noch zufällig ist.
Als erstes wird die Fähigkeit Glauben anzunehmen in der
Natur des Menschen existent, danach der Glaube selbst. Die
gleiche innerliche Neigung, die eine Person zur
intellektuellen Untersuchung antreibt und sie forschen lässt,
um die Realität zu erfassen, ist eine Indikation für das
Verlangen des Menschen nach religiösem Wissen. Dies bedeutet
natürlich nicht, dass ein innerlicher Zustand und eine
Prädisposition automatisch mit einem korrekten vollendeten
Glauben einhergehen müssen.
In der gleichen Weise wie der Körper nach Nahrung verlangt,
was nicht gleichzeitig das Gute, Vollwertige der Nahrung
impliziert, sucht die Seele ebenfalls nach ihrer Nahrung ‒
Glaube und religiöse Überzeugung. So sucht das Bewusstsein
unablässig nach seinen Herrn mit dem Wunsch, an seiner
Türschwelle zu bitten. Aber der Instinkt, der die Seele
antreibt Ihn zu suchen, ist unfähig Glauben und Bekenntnisse
zu erkennen und einzuschätzen, sowie zwischen wahr und unwahr
zu unterscheiden.
Gelehrte sind sich darüber einig, dass religiöse
Bekenntnisse immer mit dem menschlichen Leben verknüpft sind.
Jedoch unterscheiden sie sich in ihren Ansichten, was die
Wurzeln der Religion anbetrifft und die Faktoren die bei ihrer
Etablierung und Entwicklung eine Rolle spielen. Ihr
diesbezügliches Urteil basiert oft auf Studien von
abergläubischen und primitiven Glaubensformen, mit dem
Ergebnis, dass ihre Schlussfolgerungen in ihren Endanalysen
fehlerhaft und unlogisch ausfallen. Es ist wahr, dass
bestimmte Religionen, aufgrund des Fehlens einer Verbindung zu
den Prinzipien der Offenbarung, in ihrem Erscheinen und in
ihrem Wachstum von der sozialen Umgebung und ähnlichen
Faktoren beeinflusst werden. Dennoch wäre es unlogisch die
Basis aller Religionen und religiöser Tendenzen auf
materiellen oder ökonomischen Umständen und Bedarf, auf Angst
vor Furcht einflößenden Kräften der Natur, auf Ignoranz oder
auf Überlegung, welche die Wissenschaft verwirft,
zurückzuführen.
Ohne Zweifel, ein Faktor für das Erscheinen von
antireligiösen Ideen sind die falschen Lehren, die
Unzulänglichkeiten und die intellektuellen Perversionen der
Glaubensanhänger von einigen Religionen. Die Besonderheiten
und eigenen Charakteristika jeder Religion müssen daher
individuell untersucht werden, wenn man die Gründe studieren
will, die die Menschen zu bestimmten Religionen hinziehen
lassen.
Bei vielen historischen Ereignissen erkennt man die
Dominanz der Religion in allen Beziehungen. Wenn Religion
nicht ein primäres Phänomen wäre, müsste sie innerhalb der
Enklave der materiellen Motive bleiben. Welcher Faktor war
jedoch verantwortlich für die Festigkeit und Stetigkeit der
großen religiösen Persönlichkeiten beim Erlangen ihrer Ziele?
War es die Erwartung auf materiellen Gewinn und persönliche
Bereicherung, welche die bitteren Entbehrungen,
Schicksalsschläge und Schwierigkeiten den Seelen dieser
Menschen süß schmeckend erscheinen ließen? Wir sehen, wie sie,
ganz im Gegenteil, ihr ganzes Hab und Gut, ihr persönliches
Verlangen den religiösem Sentiment und Idealen opferten, ja,
sie gingen sogar soweit, liebevoll ihre Seelen zu opfern.
In der Geschichte mit dem Pharao und seinen Priestern lesen
wir, dass er alle Magier versammelte, um die Niederlage des
Gottesgesandten Moses (Friede sei mit ihm) zu vereiteln,
hoffend, dass der Einfallsreichtum und die magische Kraft, die
diese an den Tag legen würden, Moses dazu bringen könnten,
sich zu unterwerfen. Aber durch die wundersame Kraft, die auf
Moses gelegt war, wurden sie geschlagen und bekannten sich zu
dem wahren Glauben. Der zornige Pharao, dessen Arroganz
gebrochen war, begann sie zu beschimpfen und drohte ihnen mit
schlimmster Folter: Die Abtrennung ihrer Gliedmaßen. Aber eine
tief greifende Revolution hatte in den Seelen der Zauberer
stattgefunden, sie blieben trotz der Drohungen des Pharaos
standhaft. Sie antworteten mit bemerkenswerter Stärke „(...)
Gebiete, was du gebieten magst: Du kannst ja doch nur für
dieses irdische Leben gebieten.“ (Vgl. Koran: Sure 20, Vers
72) Dies zeigt deutlich die Stärke des inneren Verlangens nach
Wahrheit und Wirklichkeit im Menschen, wenn er mit
Unterdrückung, Zwang und brachialer Gewalt konfrontiert wird.
Menschen, die im Zentrum des Apparates des Pharaos gelebt
haben und durch diesen profitiert haben müssen, erhoben ihre
Köpfe und waren bereit, dafür ihr eigenes Leben zu geben. Die
spezifische Neigung des Menschen zu religiösen Anliegen kann
daher nicht materialistisch interpretiert werden, im
Gegenteil, Begebenheiten wie diese demonstrieren den Vorrang
des religiösen Sinns im Menschen.
Unlogische Glaubensformen bringen nicht nur religiöse
Fragen mit sich. Bevor diese wirklich veredelt werden können,
werden viele Bereiche mit Aberglauben vermischt. Menschen
finden ihren Weg von Beschwörung und Zauber zu wahrer und
wohltätiger Medizin und von unrealistischer Alchemie zu
realistischer Chemie. Niemand kann behaupten, dass der Mensch,
wenn er einmal einen Fehler begeht, in diesem auch verharren
muss und niemals den Weg zur Wahrheit findet. Jene, die an die
wissenschaftliche Philosophie und dem Vorrang der
experimentellen Methode glauben, akzeptieren, dass ihre
Experimente fehlerhafte Ergebnisse haben können, obwohl sie
ihnen den Status der Wahrheit geben.
Jene, die Gott leugnen, beharren darauf, dass Gott ein
Produkt menschlichen Denkens ist. Der englische Philosoph
Bertrand Russell meint zum Beispiel, der Ursprung der Religion
sei auf die Angst vor Naturgewalten zurückzuführen. „Nach
meiner Meinung ist Religion vor allem auf Angst begründet:
Angst vor dem Unbekannten, Angst vor dem Tod, Angst vor dem
Versagen, Angst vor dem Mysteriösen und dem Verborgenen.
Schließlich, wie bereits angemerkt, kommt der Gedanke ins
Spiel, jeder hätte bei all seinen Problemen und Kämpfen einen
Unterstützer.“ (Russell, „Warum ich kein Christ bin“). Dies
ist nur eine Behauptung, die durch keinen Beweis belegt wird.
Samuel King sagt, „Der Ursprung der Religion ist ein
Mysterium. Unter den unzähligen Theorien von Gelehrten zu
diesem Thema sind manche logischer als andere, aber sogar die
Beste ist offen für Widerspruch, wenn man es rein
wissenschaftlich betrachtet. Sie können die Ebene der
logischen Spekulation nicht verlassen. Es gibt daher unter den
Soziologen große Uneinigkeit über den Ursprung der Religion.“
(King, „Soziologie“)
Dennoch können wir erwidern, selbst wenn wir die Angst als
fundamentales Ur-Motiv für den Glauben an einen Schöpfer
akzeptieren, dass dies nicht beweist, dass Gott eine bloße
Überlegung ohne Realität ist. Wenn Angst die Motivation war,
die den Menschen Zuflucht suchen ließ und wenn dieser in dem
Verlauf eine außerordentliche Wirklichkeit entdeckt, kann man
daran etwas aussetzen? Wenn Angst der Grund des Erkennens
einer bestimmten Sache ist, können wir dann sagen, das
Gefundene sei imaginär und irreal, weil es Angst war, die ihn
dazu brachte, danach zu suchen? Wäre es, zum Beispiel, nicht
unlogisch zu behaupten, die Medizinwissenschaft besitze keine
Realität, weil der Mensch in diesem Bereich aus Angst vor
Krankheit und Tod zu forschen begann? Die Wahrheit ist, dass
die Medizinwissenschaft eine Wirklichkeit ist, ganz egal, ob
das Motiv für ihre Erforschung nun Angst vor Krankheit und Tod
war oder ein anderer Faktor.
In all den Vorkommnissen und Begebenheiten im Leben ist der
Glaube an einen weisen und mächtigen Gott eine wirkliche
Zuflucht und eine starke Unterstützung. Dies ist ein völlig
anderer Sachverhalt als die Frage, was die Motive für das
Suchen waren, die Angst vor den Launen des Schicksals und die
Suche nach einer Zuflucht, oder eben etwas Anderes. Dies sind
zwei verschiedene Dinge und sie müssen daher separat behandelt
werden. Ohne Zweifel war der Mensch in primitiven Zeitaltern
schmerzvollen Schrecken ausgeliefert, ausgelöst durch
unglaubliche Naturgewalten wie Stürme, Erdbeben und Seuchen.
Ein Alptraum der Angst legte seinen Schatten über alle Aspekte
des Lebens und des Denkens und in dem ständigen Kampf suchte
der Mensch Zuflucht vor dieser fürchterlichen Umgebung und
Mensch inneren Frieden und Zuflucht vor dieser fürchterlichen
Umgebung. Endlich dann, durch hartnäckige Anstrengungen,
besiegte er den Albtraum des Schreckens und erlangte einen
erstaunlichen Triumph.
Das Studium der verschieden Phasen im Leben des frühen
Menschen und die Entdeckung von Anhaltspunkten, dass zu
gewissen Zeiten Angst sein Denken beherrschte, beweisen nicht,
das Angst und Ignoranz die einzigen Faktoren sind, die den
Hang des Menschen zur Religion erklären könnten. So eine
Behauptung wäre eine sehr einseitige Herangehensweise an die
Materie.
Generelle Schlussfolgerungen können bei der historischen
Forschung und dem Studium der Geschichte nur gezogen werden,
wenn das komplette Spektrum der Geschichte mit all seinen
Facetten in all den verschiedenen Epochen untersucht wurde und
nicht nur eine Ecke dieser weit gespannten Historie. Die
Dominanz der Angst in bestimmten zeitlich begrenzten Epochen
kann nicht als Maßstab für ein generelles Urteil sein, das
alle Zeitabschnitte einschließt. Wäre es nicht voreilig zu
sagen, dass alle religiösen Ideen und Gefühle der Menschen,
der Wunsch Gott anzubeten, in all den Perioden, einschließlich
der Gegenwart, nur durch Terror, Angst vor dem Zorn der Natur,
Kriegen und Seuchen verursacht wurden?
Tatsächlich verhält es sich so, dass die am meisten
überzeugten Menschen in keinerlei Weise die Schwächsten sind.
Jene, die in der Geschichte der Zeit die Banner der Religion
erhoben, waren die stärksten und stetigsten Menschen. Der
Glaube einer Person wird nicht proportional stärker zu seiner
Schwäche. Auch die Führer der Menschen in Fragen der Religion
waren nicht die Schwächsten und Ohnmächtigsten unter ihnen.
Ist der Glaube von Tausenden von Gelehrten und Denkern das
Produkt ihrer Angst vor Stürmen, Erdbeben und Krankheit? Kann
ihre Tendenz zur Religion, das Ergebnis ihres Studiums von
Logik und rationalem Beweis ihrer Ignoranz zugerechnet werden
und dem mangelnden Bewusstsein für die Ursachen von
natürlichen Phänomenen? Was wäre da die Antwort einer
intelligenten Person?
Ist es nicht vielmehr der Wunsch nach einer Art von
Frieden, der den Menschen dazu bringt, sich für die Religion
zu entscheiden? Nach Erlangung des Glaubens und der
Überzeugung beginnt der Mensch doch erst die Früchte der
Religion zu genießen: Frieden und innere Ruhe.
Nach Meinung der von Gott geleiteten Gelehrten, den Imamen,
ist die Welt ein Kompendium von fein kalkulierten Ursachen und
Wirkungen. Das präzise System des Kosmos bezeugt die Existenz
einer Quelle, die charakterisiert wird durch Wissen und Macht.
Der unvollständige und verwirrte Pinselstrich eines Gemäldes
steht im Gegensatz zu den präzisen Pinselstrichen und
Kompositionen mit bedeutsamem Inhalt, die auf die Existenz
eines begabten Malers hindeuten.
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Es gibt Menschen, die meinen, der Glaube an eine Realität,
die über die Natur hinausgeht, sei ein Produkt von
ökonomischen Faktoren. Sie machen sich sehr viel Mühe, eine
Verbindung zwischen Religion und der Wirtschaft herzustellen.
Sie behaupten, dass Religion immer dem Imperialismus und der
Ausbeutung zur Verfügung stand und dass sie eine Erfindung der
Machthaber sei mit dem Zweck den Widerstand der ausgebeuteten
Massen zu brechen. Religion würde benutzt, um die Arbeiter zu
betäuben und sie dazu zu bringen, ihre Entbehrungen zu
akzeptieren. Es gibt keinen Zweifel daran, dass Religion, wie
alles andere auf der Welt, missbraucht werden kann. Wenn sie
von ihren wahren Zielen abgelenkt wird, endet sie in den
Händen der Profiteure, welche die Nationen versklaven wollen.
Der Missbrauch von Religion sollte jedoch nicht Opportunisten
den Anlass geben, alles was mit Religion zu tun hat,
erbarmungslos zu attackieren. Es muss klar unterschieden
werden zwischen pervertierten Religionen, ausgeheckt vom
Imperialismus, um die Massen zu verdummen und authentischer,
konstruktiver Religion.
Es ist möglich, dass in vielen sozialen Gesellschaften
ungünstige ökonomische Konditionen, Stagnation und
Rückständigkeit zusammen mit religiöser Überzeugung bestehen.
Aber diese Koexistenz macht keine kausale Beziehung
erforderlich, das Eine kann nicht als die Ursache des Anderen
präsentiert werden. Manchmal treffen wir auf eine
Gesellschaft, die Wohlstand und florierenden Handel tief an
die Religion koppelt, während eine andere Gesellschaft, die
ähnlich günstige wirtschaftliche Bedingungen aufweist, der
Religion völlig abgeneigt ist. In gleicher Weise kann in einer
von Armut und Rückständigkeit geprägten Umgebung die Sonne der
Religion untergehen, wogegen in einem ähnlichen Milieu der
Einfluss dieser auf ihrem Höhepunkt ist. Das offensichtliche
Fehlen von Kongruenz zwischen wirtschaftlichen Konditionen und
der Verbreitung bzw. Ablehnung von religiösem Einfluss ist ein
klarer Beweis für den Fakt, dass die Gleichzeitigkeit nicht
ausreicht, um einen kausalen Zusammenhang herzustellen. Ein
spezieller Faktor muss für das Erscheinen oder Verschwinden
des Einen gelten, um mit der Existenz oder Nicht-Existenz des
Anderen verbunden zu werden.
Wir können das Fehlen von Kongruenz in Gesellschaften
beobachten, die beide unter der Unterdrückung der ausbeutenden
Klasse leiden. In einer hat Religion die Szenerie völlig
verlassen, während in der anderen ihr Einfluss ausgeweitet
wurde. Die Realität zeigt uns daher, dass der Mensch in einer
Vielfalt von externen Umständen zur Religion tendiert. Wo auch
immer Religion seine Anziehungskraft demonstriert, muss man
nach dem fundamentalen inneren Motiv in der spezifischen Natur
der Religion schauen, nicht auf wirtschaftliche Umstände. Mehr
noch, wenn man die Ziele der himmlischen Religionen
untersucht, schlussfolgert man, dass die Bereitstellung von
Wohlstand und die Etablierung von einem gerechten ökonomischen
System, basierend auf Religion, einer der Gründe war, weshalb
Propheten gesandt wurden. Dies ist auch ein Grund, warum
Menschen von der Religion angezogen werden und dies ist eine
der Leistungen, die der Menschheit durch die Religion zuteil
wird