Gottes Attribute

Inhaltsverzeichnis

Gott und seine Attribute

Sayyid Mudschtaba Musawi Lari

Lektionen in der Islamischen Doktrin - Buch I

Frei übersetzt unter Aufsicht von Dr. Mohammad Razavi Rad - übersetzt von A. Malik

L8 - Pseudowissenschaftliche Demagogie

Die Materialisten beanspruchen, dass die Etablierung ihrer Gedankenschule im 18. und 19. Jahrhundert im direkten Zusammenhang mit dem wissenschaftlichen Fortschritt zusammenhänge und dass die dialektische Methode eine Frucht des fruchtbaren Baumes der Wissenschaft sei.

Sie stellen jegliche Philosophie, bis auf den Materialismus, als eine Form von Idealismus dar, die sich der wissenschaftlichen Methode gegenüber gegensätzlich verhält. Gleichzeitig bestehen sie darauf, dass ihre Position wissenschaftlich und progressiv sei. Nach ihrem Verständnis besteht der Realismus aus dem abwenden von metaphysischen Wahrheiten. Jeder sollte sein Weltbild auf sensorische und empirische Logik aufbauen und sich für den Materialismus entscheiden. Aber dieser Anspruch ist nichts weiter als eine fanatische Illusion, die auf nicht bewiesenen Theorien basiert. Ansichten wie diese kommen direkt aus der Gedankenwelt hervor, die auf Materialismus fixiert ist, in diesem System ist alles durch den Materialismus selbst definiert und abgegrenzt.

Der Glaube an einen Gegenstand der Anbetung ist ohne Zweifel die hauptsächliche Quelle für humane Kultur und menschliches Wissen. Der Glaube an Gott als Basis für eine korrekte Weltanschauung hat tiefgreifende Veränderungen in den Grundlagen der Gesellschaften und den Gedanken mit sich gebracht, was in der Menschheitsgeschichte deutlich wird. Auch heute, im Zeitalter der Wissenschaften und der Technologisierung, wo der Mensch Wege ins All gefunden hat, ist eine beträchtliche Anzahl an Wissenschaftlern zu einer religiösen Einstellung als Teil eines intellektuellen Systems gelangt. Sie sind nicht durch ihr Herz oder ihr Bewusstsein dazu übergegangen, an die Existenz Gottes zu glauben, sondern durch Deduktion und Logik.

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Wenn die Rechtfertigung für die Weltsicht der Materialisten wahr wäre, statt auf unangemessenem Wissen der Geschichte der materialistischen Gedankenwelt zu basieren, müsste es eine besondere Verbindung zwischen den Wissenschaften und der Neigung zum Materialismus geben. Nur materialistische Sichtweisen wären im Zusammenhang mit den Bereichen der Wissenschaften präsent.

Hat jeder Philosoph und jeder Gelehrte in jedem Zeitalter eine atheistische Weltanschauung vertreten? Eine Untersuchung der Biografien großer Denker wird genügen, um zu zeigen, dass das religiöse Lager des Monotheismus alles andere als leer von wissenschaftlichen Persönlichkeiten ist, einschließlich der Begründer der zeitgenössischen Wissenschaften.

Außerdem sind materialistische und atheistische Ansichten in keinerlei Weise auf die Periode von Evolution und Fortschritt beschränkt gewesen. Seit jeher stehen die Materialisten einer vereinten Front der Gläubigen gegenüber.

Heute ist es primär eine verzerrte Form des Marxismus, welche die Errungenschaften der Wissenschaft in ein Werkzeug zur Täuschung verdreht. Jene, die angeblich den geraden Weg des Wissens beschreiten sollten, die Fragen mit tiefgründiger logischer Wahrnehmung und Untersuchung abwägen müssten, frei von jeglichem Fanatismus und hastigem Vorurteil, genau jene fallen der Stagnation und der blinden Imitation zum Opfer. Sie verneinen arrogant alle Werte, die über Intellekt und Vernunft hinausgehen und rühmen sich sogar noch für ihre ignorante Ablehnung.

Ihre Behauptung, dass durch das Vorankommen der Wissenschaft die Vorstellung von Gott hinfällig geworden sei, ist rein rhetorischer Art und hat nichts mit logischer Methode zu tun, denn selbst tausende wissenschaftliche Experimente könnten nicht genügen, um zu demonstrieren, dass ein nichtmaterieller Faktor nicht existieren würde.

Materialismus ist ein metaphysischer Glaube und muss daher nach der philosophischen Methode bewiesen oder widerlegt werden. Genau aus diesem Grund kann eine Akzeptanz von Materialismus nicht auf der Basis von der Leugnung der Metaphysik gemacht werden. Materialismus auf diese Weise zu interpretieren, ist in der Endanalyse strikt bedeutungslos. Es wäre eine abergläubische Vorstellung, die eine Perversion der Wahrheit einschließt und diese als wissenschaftlich zu bezeichnen, ist tatsächlich ein Verrat an der Wissenschaft.

Es ist wahr, dass der Mensch sich bis vor kurzem der natürlichen Ursachen und Faktoren nicht bewusst war, die der Anlass für die Phänomene der Welt sind und dass er wenig Bewusstsein für die Vorkommnisse hatte, die ihn umgeben. Aber sein Glaube hatte nicht seine Ignoranz zum Ursprung, denn wenn dem so wäre, seine Glaubensgrundlagen wären zusammen gebrochen, sobald bestimmte Fakten über die Welt entdeckt wurden. Im Gegensatz dazu sehen wir in der heutigen Zeit, dass die Entdeckung einer ganzen Reihe von Mysterien, welche die Schöpfung betreffen, vielmehr dazu beitragen, an Gott zu glauben.

Die Wissenschaften erhellen einen begrenzten Bereich. Das wissenschaftliche Weltbild beinhaltet partielles Wissen, nicht das Wissen des Ganzen. Die Wissenschaft ist nicht in der Lage, die Form und die Aspekte der ganzen Schöpfung zu demonstrieren. Zur gleichen Zeit aber, da das wissenschaftliche Verfahren präzise und konkret ist, bekommt der Glaube an Gott ein wissenschaftlicheres Wesen und erwirbt durch den Fortschritt der Wissenschaft eine neue Art der Logik. Das Bewusstsein des Menschen erfährt durch seine Wahrnehmung von den Ursachen und Wirkungen Existenz. Jemand, der daran glaubt, dass die Kausalität den Phänomenen zugrunde liegt, der kann unmöglich die Rolle des fundamentalen Faktors ignorieren, welcher über alle Ursachen hinaus wirkt.

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Bis vor kurzem hat sich der Mensch noch vorgestellt, sein eigenes Selbst bestehe einfach aus einer symmetrischen und wohlproportionierten Form. Er war sich nicht der komplexen Mysterien bewusst, die seine Schöpfung ausmachen. Heute entdeckt er erstaunliche und weitreichende Wahrheiten über das Innenleben seines Körpers, weiß von den vielen unterschiedlichen Zellen und ihrer Anzahl. Das macht eine besondere Wertschätzung der Größe des Schöpfers möglich, der für all dies verantwortlich ist.

Es ist logisch zu sagen, dass der Glaube an Gott für all jene seltsam ist, die nichts über den Menschen und seine Komposition und Schöpfung wissen und dass im Gegensatz zu ihm ein Wissenschaftler die natürlichen Gesetze und Faktoren kennt, die für das Wachstum und die Entwicklung des Menschen verantwortlich sind. Ein Wissenschaftler, der um die präzisen Kalkulationen weiß, die in der menschlichen Existenz mit all seinen verschiedenen Lebensstadien von Bedeutung sind, wird dieser denn gebunden sein zu glauben, bewusstlose Materie sei die Quelle aller wundersamen Gesetze der Natur?

Kann wissenschaftliche Entdeckung einen Wissenschaftler zu dem Schluss bringen, dass unwissende und nicht wahrnehmende Materie sein Schöpfer sein soll und ebenso von allen anderen Dingen? Der Materialismus schaut mit einem geschlossenen Auge auf die Welt und das Ergebnis ist, dass er nicht in der Lage ist, zahlreiche Fragen zu beantworten.

Die Naturwissenschaften können ebenfalls keine Antwort darauf bieten, ob die Welt nun in zwei Teile teilbar ist, der materiellen und der nichtmateriellen, oder ob die Welt einen innewohnenden Zweck für sein Dasein besitzt. Diese Fragen gehören nicht in den Bereich der Wissenschaft. Wissenschaftliche Arbeit kann uns bis zu einem gewissen Grad mit dem was existiert bekannt machen, aber sie kann uns keine Richtung im Leben geben oder uns inspirieren, einen bestimmten Weg zu gehen.

Ein wissenschaftliches Weltbild kann also keine Grundlage für eine menschliche Ideologie sein. Der Wert des wissenschaftlichen Wissens ist primär von praktischer Art, die es dem Menschen ermöglicht, die Natur zu beherrschen. Es sind die Ideale und abstrakten Werte, die für die Grundlage eines Glaubens erforderlich sind.

Außerdem ist die Wissenschaft an das Experiment und die Untersuchung gebunden und die Gesetze, die das Experiment als Grundlage haben, sind veränderbar und unstabil. Religion dagegen braucht eine Basis, die an der Ewigkeit teilnimmt, die immun ist gegen Veränderung und die in der Lage ist, die Fragen der Natur und der Form der Welt auf einer vertrauenswürdigen und permanenten Art zu beantworten. Nur so kann der Notwendigkeit des Menschen nach einer umfassenden Interpretation und einer Analyse der Existenz entsprochen werden.

Während der Mensch seiner Vollendung entgegen schreitet, braucht er ein spirituelles und intellektuelles Gleichgewicht. Ohne ein Ziel würde er auf falsche Pfade abschweifen und Unglück riskieren. Ein Mensch, der sein Ziel nicht in der Religion findet, wird einer Richtung nachgehen, die er sich selbst erarbeitet hat, was in einer Art Revolte gegen den Willen der Natur enden kann. Dies hat dann unter Umständen nichts mehr mit Kreativität und intellektueller Reife gemeinsam.

Der Grund für das Verneinen und den Unglauben

Geschichtsbücher über Religionen versuchen, die Faktoren, die den Menschen zum Glauben treiben, darzustellen. Aber diese Versuche sind vergeblicher Natur und vermögen nicht, die Wahrheit dieser Angelegenheit zu enthüllen. Es ist notwendig, beim Menschen das Augenmerk auf die innewohnende Tendenz zum Monotheismus zu richten. Dieser wesentliche und existenzielle Charakterzug der menschlichen Art, mit all den dazugehörenden Widersprüchen, Gedanken und Wünschen, räumt ihm einen besonderen Platz in der Schöpfung ein. Auf diese Weise wird es möglich, die Faktoren zu entdecken, die den Menschen dazu gebracht haben, seine eigene Natur mit Füßen zu treten.

Die religiöse Bindung des Menschen entwächst seiner Natur, und Materialismus ist etwas, was sich zur Natur entgegengesetzt verhält. Aufgrund seiner spezifischen Zusammenstellung wird sich der Mensch seinen eigenen Gott schaffen, wenn er den wahren Gott nicht zu entdecken vermag. Sein Gott ist dann entweder die Natur oder eine geschichtliche Unvermeidlichkeit. Dieser falsche Gott nimmt dann in Hinblick auf die Ausführlichkeit der Autorität, die Wirksamkeit der Verfügungsgewalt und der Eigenschaft, den Menschen einen bestimmten Weg zu weisen und ihn damit vorwärts zu bringen, den Platz des wahren Gottes ein.

Das ist bei falschen Göttern der übliche Hergang: Das Festhalten an neuem Götzendienst, das grausame Opfern Gottes für Geschichte und der Austausch einer Perle gegen einen Kieselstein.

Leider sind sehr viele Menschen von der selbst zugefügten Abwendung betroffen, sie verbeugen sich vor Götzen, die sie selbst erschaffen haben und die sie dann vergöttern! Sie haben sich von dem einzigartigen Schöpfer abgewendet und stattdessen willentlich die verschmutzte Schande solch irregeleiteter Anbetung akzeptiert.

Wenn wir die Sache genau untersuchen, so erkennen wir, dass die Verbreitung der Denkschule des Materialismus in Europa, die Abtrennung des Menschen von dem erhabenen Prinzip, seine Gefangenschaft in den Fesseln der Materie, seine Wahl der Wissenschaft gegenüber der Religion den Vorzug zu geben, dass all dies durch eine Serie von sozialen und historischen Faktoren, die im Westen auftauchten, verursacht wurde.

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Eine der Faktoren, die eine weit verbreitete Reaktion in Europa und das Aufkommen von freiheitlicher und antireligiöser Propaganda hervorrief, war der niederschmetternde Druck der christlichen Geistlichkeit vor dem Beginn der Renaissance auf Gelehrte, die neue wissenschaftliche Ideen darlegten.

Zusätzlich zu den religiösen Doktrinen, hat die Kirche an bestimmten wissenschaftlichen Prinzipien bezüglich des Menschen und der Welt festgehalten, die sie von alten Philosophen geerbt hatte – hauptsächlich den Griechen – und die sie dann auf die gleiche Stufe erhob, wie religiöse Glaubensgrundsätze. Welche Theorie nur den Anschein eines Widerspruchs mit der Bibel und ihren Prinzipien aufwies, wurde als ketzerisch betrachtet und streng bestraft.

Der aufkommende Widerspruch zwischen Wissenschaft und Religion schuf Feindschaft in beiden Lagern. Die Intellektuellen und Wissenschaftler sahen in der christlichen Kirche eine Versklavung der Intelligenz und der Gedanken, die eine freie Entwicklung der Ideen verhinderte. Durch ihr Festhalten an versteinerten Gedankensystemen und anti-intellektuellen Traditionen, schuf sie für die Menschen eine beengende Atmosphäre. Die Denker zogen sich in eine schmerzliche Isolation von der Religion zurück.

Dieser angesammelte Druck fand sein Ventil in den gewalttätigen Reaktionen, die ganz Europa verschlangen. Als der Einfluss und die Dominanz der Kirche und ihre Unterdrückung abnahmen, erholte sich das westliche Denken von seiner verlorenen Freiheit und reagierte stark gegen die Einschränkungen, die man ihm einst auferlegt hatte. Die Intellektuellen entfernten die Ketten, die man ihnen aus alten Zeiten auferlegt hatte und wendeten sich von der Religion ab. All den Ärger und den Schmerz, den sie empfanden, drückten sie in einer großen Welle der Feindschaft gegen die Religion aus. Eine akute spirituelle Krise begann, die in einer Trennung von Wissenschaft und Religion endete. Ein unlogischer Wunsch der Vergeltung führte zur Leugnung der himmlischen Wahrheiten und der Existenz Gottes.

Es ist wahr, dass einige der Doktrinen, die mit der Religion verbunden wurden, unlogisch und sogar unbegründet waren, das heißt, keinen Zusammenhang mit authentischen, religiösen Wissen aufwiesen. Aber Rache an der Kirche nehmen ist eine Sache, voreilige, falsche Schlüsse über die Religion zu ziehen ist etwas ganz anderes. Es ist offensichtlich, dass Vergeltung, als rein emotionale Angelegenheit, nichts mit der Präzision der Gelehrsamkeit gemein hat.

Die spirituelle Armut des Menschen ist entsprechend dem wissenschaftlichen und technologischen Reichtum fortgeschritten. Während der Mensch in der Industrie vorangekommen ist, hat er sich ethisch und spirituell derart zurückentwickelt, dass er die moralischen Fähigkeiten nicht mehr hatte, das erlangte Wissen richtig zu benutzen.

Wissenschaftliches Wissen steht den Werten an sich gleichgültig gegenüber. Man kann nicht Pflichten eines verantwortlichen Menschen bestimmen, indem man auf die Wissenschaft verweist. Wieweit der Fortschritt auch voran geschritten sein mag, er kann nicht mehr als einen Schritt voraus gehen. Menschliches Wissen kann nicht bis zur Essenz der Welt gelangen und sie in ihrer Totalität wahrnehmen, noch kann sie in die Zukunft der einzelnen Menschen schauen.

Es ist nur die Weltanschauung des Monotheismus, die nicht versucht, den Menschen auf seinen materiellen Aspekten seiner Existenz zu beschränken. Ganz im Gegenteil, mit den Symbole und Zeichen, die dem Menschen gegeben wurden, um ihn auf seinem Weg zu führen, zeigt der Monotheismus dem Menschen seinen gehobenen Ursprung und sein Schicksal auf. Wenn der Mensch sich auf dem Pfad des Monotheismus begibt, erhält er eine umfassende Weltanschauung, in der er die Antworten auf all die zu prüfenden fundamentalen Fragen erhält. Hat er erst einmal die Stufe des umfassenden und multidimensionalen Glaubens erreicht, bekommt das Leben des Menschen neue Energie und die Werte, welche die Früchte dieser Weltanschauung sind, können verwirklicht werden. Der Kampf mit der Kirche war daher ein Faktor, warum es zur Trennung von Wissenschaft und Religion kam.

Eine andere Gruppe hat die Religion verlassen und sich dem Materialismus zugewandt, weil die Konzepte, welche die Kirche propagierte, unsachgemäß und inadäquat waren. Da es ihnen an transzendentalen Werten fehlte, waren diese Konzepte natürlich für intelligente Menschen unakzeptabel und nicht überzeugend. Die Kirche präsentierte Gott in solch materieller und menschlicher Weise, die dem Wunsch der Gläubigen nach absoluten Werten und dem Streben nach dem, alle Grenzen durchbrechenden, Transzendentalen, entgegengesetzt gegenüber standen.

Wenn eine zweifelsfreie Wahrheit in defekter Form als Legende in den Verstand eines Individuums eingeprägt wird, ist es sehr leicht möglich, dass der Mensch darauf negativ reagieren wird, sobald er eine gewisse intellektuelle Reife erreicht hat.

Mit der anthropomorphen Beschreibung Gottes konfrontiert - die in der christlichen Theologie entstanden ist, den Glauben über die Vernunft erhebend und dabei auf eine Religion bestehend, die den Gedanken voran zu gehen hat - haben aufgeklärte Leute erkannt, dass, trotz engstirniger Bemühungen, die Weisheit nicht eingesperrt werden kann. Die Wissenschaft, die damals ihr Monopol in der christlichen Theologie hatte, war mit dem rationalen Argumenten und wissenschaftlichen Methoden nicht vereinbar. Da sie keine authentische Quelle besaßen, durch die sie sich wahre Lehren über Gott hätten aneignen können, waren alle völlig abhängig von den Institutionen der Kirche und ihren korrupten Büchern. Weil sie auch keinen Zugang zu einem überlegenen System hatten, eins, dass ihre spirituellen als auch materiellen Bedürfnisse befriedigt hätte und ihnen ein angemessen Rahmen gewährt hätte, um ihre lebenswichtigen Elemente des Lebens – materieller, spirituelle und emotionaler Natur - zu integrieren, schlug die Weltanschauung des Materialismus bei ihnen Wurzeln. Das führte zur Leugnung von allen transzendentalen und übermenschlichen Werten.

Sie waren sich nicht bewusst, das trotz der Fehler gepaart mit Ignoranz - Dinge, die den irreführenden Charakter einer Religion bedingen – wahre Religion, welche frei von aller Illusion und der Verzerrung ist, den Menschen von der Sklaverei des Mythos und des Aberglaubens befreien kann. So eine Religion kann ihn dazu bringen, am wahren Glauben festzuhalten und ihn sogar mit einem korrektem Verständnis für die Lehren Gottes versorgen kann, auf eine Weise, dass es einen fragenden Geist zufrieden stellt.

Stattdessen wurden westliche Intellektuelle nur des Aberglauben der falschen Religion gewahr und dass den etablierten religiösen Dogmen jegliche logische Basis fehlte. So haben sie nicht gezögert, die Religion an sich als unbegründet zu verurteilen. Ihr Urteil basierte auf den entmutigenden Erfahrungen, welche sie mit ihrer eigenen Religion gemacht haben.

Dies wird von einem Gelehrten der Physiologie und Biochemie folgendermaßen ausgedrückt: „Der Fakt, dass bestimmte Gelehrte im Laufe ihrer Forschung nicht zu Gott fanden, hat diverse Gründe. Hier werden wir nur zwei erwähnen. Erstens, die politischen Umstände, die durch Despotie entstanden sind, zusammen mit den dazugehörigen sozialen und administrativen Bedingungen, haben tendenziell bewirkt, dass Menschen die Existenz eines Schöpfers leugnen. Zweitens, die menschliche Gedankenwelt war immer von bestimmten Fantasien und Illusionen beeinflusst und auch wenn der Mensch keine Angst vor spiritueller oder körperlicher Qual hat, ist er dennoch nicht ganz frei, den richtigen Weg zu wählen.

In christlichen Familien wird den meisten Kindern früh beigebracht, dass Gottes Existenz so ähnlich wie die des Menschen sei, als wäre der Mensch in der Form Gottes erschaffen worden. Wenn sie dann den Bereich der Wissenschaft betreten und lernen wissenschaftliche Konzepte zu implementieren, können sie nicht länger ihr schwaches, anthroposophisches Bild von Gott mit den logischen Beweisen und Methoden der Wissenschaft vereinbaren. Nach einer gewissen Zeit, wenn jegliche Hoffnung Glaube und Wissenschaft miteinander zu verbinden verloren gegangen ist, verlassen sie das Konzept eines Gottes komplett und verweisen Ihn aus ihren Köpfen.

Die Hauptursache dafür ist, dass die Beweise der Logik und die Kategorien der Wissenschaften ihre ersten Gefühle und ihren ersten Glauben nicht modifizieren konnten. Stattdessen verursachen sie nur, dass sie das Gefühl haben, dass ihr erster Glaube an Gott falsch war. Unter dem Einfluss dieses Gefühls, kombiniert mit psychologischen Faktoren, sind sie über die Unzulänglichkeit ihrer Konzepte entsetzt und wenden sich allen Bemühungen ab, mehr Wissen über Gott zu erlangen.“[21]

Daher versuchten Wissenschaftler alle Arten von Gesetze und Formeln darzulegen, wenn Lösungen für Fragen zu finden waren, welche die Existenz und die Schöpfung berühren, auf diese Weise Gott und der Religion keinen Platz lassend. Sie haben versucht die Hoffnungen des Menschen von der Religion zu lösen und Gottes Einfluss von dem Funktionieren der Welt und der Ordnung der Natur zu trennen.

Wann immer sie in eine Sackgasse gelangt sind, haben sie versucht das Problem mit neuen Hypothesen zu lösen oder sie haben die Diskussion der ungeklärten Fragen vertagt bis noch mehr Forschung in dem Bereich ihnen mehr Aufschluss gab. Sie glaubten auf diese Weise nicht wissenschaftlichen Formeln und Aberglauben zu umgehen. Und obwohl sie damit der Gefahr des Polytheismus entkamen, haben sie sich bedauerlicherweise mit dem Atheismus bewaffnet.

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Obwohl der Glaube an einen Gott im Menschen tief verankert ist, kann dieser nicht mit den materiellen Notwendigkeiten des täglichen Lebens verglichen werden, die der Mensch ständig anstrebt. Der Glaube unterscheidet sich deutlich vom materiellen Leben und da es sich bei ihm um ein inneres Bedürfnis handelt, gehört er in eine komplett andere Kategorie.

Außerdem ist es wesentlich leichter eine nicht sichtbare Entität zu verneinen, als diese zu bejahen, da wir sie nicht einmal adäquat beschreiben können. Menschen, denen die mentale Fähigkeit fehlt, suchen daher eher den einfachen, schmerzlosen Weg der Leugnung als sich auf mentale Anstrengung einzulassen. Der Weg der Negierung involviert auch keinen offensichtlichen Schaden. Wenn sich Menschen von Gott abwenden, bekommen sie mit der Zeit gegenüber der Religion eine gewisse Verstocktheit und Feindseligkeit. Die tiefgreifende Wirkung einer solchen Haltung wird in der boshaften Argumentation deutlich, die jene, welche sich von der Religion abwandten, an den Tag legen.

Es ist natürlich leichter ein unsichtbares Sein zu leugnen, denn wenn man es bejaht, so impliziert dies verschiedene Pflichten einzuhalten. Jene, welche die Verpflichtungen abschütteln wollen, verneinen einfach die Existenz eines hervorbringenden Prinzips.

Der Koran sagt: „Doch der Mensch wünscht, Sündhaftigkeit vor sich vorauszuschicken. Er fragt: Wann wird der Tag der Auferstehung sein? Wenn das Auge geblendet ist, (…).“ (Vgl. Koran: Sure 75, Vers 5-7)

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Die Lehren von ignoranten und unlogischen Asketen, wenn sie bestimmte Gruppen in Richtung Materialismus drängen, sind ein weiterer nicht zu übersehender Faktor.

Die in die Existenz tretenden Instinkte und das natürliche Leben des Menschen, die beide mit seinem Dasein verwebt sind, sind nicht nur keineswegs umsonst und zwecklos, sondern sie sind auch eine entschiedene und schicksalsprägende Kraft. Sie sind ein Faktor der Entwicklung und der Bewegung, die den Menschen vorwärts treibt, wie es die Schöpfung vorgesehen hat. Es ist wahr, dass der Mensch nicht blinder Sklave seiner Instinkte sein sollte, gleich einem Gefangenen, dessen Sein und Bewegungsspielraum in der Hand seines Gefängniswärters liegen. Aber er sollte ebenfalls nicht gegen die Wirklichkeit seiner Existenz ankämpfen und nicht darum bemüht sein, alle Bewegungen und Aktivitäten seines Instinktes zu blockieren. Eine fruchtbare Existenz des Menschen ist in der Tat abhängig von der aktiven Präsenz der Instinkte in seinem Leben, eingesetzt im richtigen Gleichgewicht. Die Unterdrückung der Instinkte führt zu Komplexen und der Zerstörung der Persönlichkeit.

Das Weltbild des Mittelalters war auf die Nachwelt konzentriert, was zu einer Abwertung der materiellen Welt führte. Was ist die Konsequenz, wenn man die Validität der Instinkte im Namen Gottes und der Religion negiert und sie sogar versucht zu vernichten? Was passiert, wenn man das Zölibat und das Mönchstum heiligt und die Ehe und die Fortpflanzung als unrein anprangert, etwas, was das Überleben der Spezies sichert? Und wenn man Armut und Entbehrung als Garantie für Glückseligkeit erachtet? Ist es da möglich, dass die Religion eine aktive und kreative Rolle spielen kann?

Die wirkliche Mission der Religion ist zu verfeinern, zu führen und die Instinkte zu kontrollieren. Auf diese Weise wird die Aktivität der Instinkte eingegrenzt und sie wird von allem Perversen und Exzessiven gesäubert. Es geht nicht darum sie zu vernichten und abzuschaffen.

Durch das Kontrollieren der Instinkte und dem Bestreben sich aus der Falle zu befreien, die sie womöglich darstellen, schafft sich der Mensch ein sinnvolles Schicksal. Wenn dies fehlschlägt, ist der intensive Zusammenstoß in ihm selbst so groß, dass er nicht so leicht der Herr der Lage bleiben kann. Er braucht daher ein umfassendes System der moralischen Erziehung.

Der Mensch ist einerseits von religiösen Impulsen abhängig und dies zähmt ihn innerlich und bündelt seine zerstreuten Energien im Griff seiner Kraft, ihn damit auf dem Weg der Tugend zu seinem eigenen Nutzen lenkend. Auf der anderen Seite, ist der Mensch auch dem Einfluss seiner Instinkte unterworfen.

In einer Gesellschaft, in der die Menschen ständig im Namen Gottes und der Religion erzählt bekommen, dass der Weg zum Glück im Abwenden von den weltlichen Geschenken liegt, wird automatisch eine Tür zur Entwicklung des Materialismus geöffnet und eine Konzentrierung auf materielle Werte wird geschaffen. So verschwinden nach und nach die hochrangigen Konzepte der Religion mit all ihren weitreichenden Implikationen von der Bildfläche.

Aber dies repräsentiert nicht die wirkliche Logik der Religion. Religion lenkt das Augenmerk des Menschen auf authentische spirituelle Werte, die auf den Glauben an einen Schöpfer basieren und dem Menschen umfassende Lehren und Prinzipien für das Leben aufzeigen. Sie erweitern seinen Horizont bis hinauf an die Grenzen der himmlischen Bereiche, entledigen ihn der Knechtschaft der Selbstanbetung und des Materialismus und zur gleichen Zeit erlauben sie ihm die materiellen Vergnügungen in einem angemessenen Umfang zu genießen.

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Manche Menschen glauben, dass das grenzenlose Vergnügen von bestimmten Dingen, welche die Religion verbietet, ihnen Glück garantieren würde. Sie meinen, Religion würde ständig gegen jegliche Form des Genusses ankämpfen und dass sie keinen Kompromiss mit den Vergnügungen der Welt mache, als würde Gott die Menschen zwingen sich zu entscheiden zwischen dem Glück dieser Welt und dem der Nachwelt.

Diese Haltung ist völlig irreführend und unrealistisch. Wenn Religion bei den Bemühungen des Menschen und seinen Entscheidungen eine Rolle spielt, dann weil ungezügelte Begierden, bedingungslose Unterwerfung vor Instinkten und der Gehorsam gegenüber dem Ego, das Leben des Menschen verdunkeln und ihn in eine Art unbewusste Sklaverei treiben. Trotz seiner an sich reinen Natur, fällt er und schweift von seinem wahren Weg ab. Wäre das freie Ausleben von instinktiven Begierden nicht die Ursache von Misere und schmerzlicher Entwürdigung, es wäre nicht verboten.

Es sind Erwägungen wie diese, die es uns möglich machen zu verstehen, warum uns bestimmte Dinge untersagt sind und wie weltliches Glück mit dem der Nachwelt zusammenhängen.

Ähnliche Erwägungen gelten für die Auferlegung von bestimmten Pflichten. Die Bemühung den bindenden Akt der Anbetung aufrichtig und ohne jegliche Heuchelei durchzuführen, ruft im Menschen eine Veränderung hervor. Der Sinn dieser Gebete ist nicht das weltliche Glück zu vermindern.

Anbetung gleicht einem Sturm in der stagnierenden Lagune des Herzens. Die innere Natur des Menschen wird hierbei transformiert ebenso wie die Kriterien für sein Urteilen. Es ist der Eckpfeiler durch den das Fundament der Religion gestützt wird, eine fruchtbare, erzieherische Praktik, welche die Tiefen der Seele durchdringt. Dieses scharfe Schwert durchtrennt den Strang der Korruption und des Niedrigen im Menschen, ihm dabei erlaubend in reine, weite und grenzenlose Bereiche zu fliegen. Kurz, es erlaubt ihm im wirklichen Sinne zu reifen und zu wachsen.

Es gibt nicht nur keine Widersprüche zwischen den Belangen des Lebens und den des Geistes, spirituelle Dinge sind dem Leben und einem größeren Glück in dieser Welt dienlich.

Es kann sein, dass die nicht überzeugenden und unlogischen Lehren der christlichen Kirche die anti-religiösen Tendenzen der Menschen, wie Bertrand Russel, beeinflusst haben. Er glaubte fest daran, dass der Glaube an Gott zum Unglück führt, wie aus den Worten ersichtlich wird: „Die Lehren der Kirche erlauben es dem Menschen zwischen zwei Formen des Elends und der Entbehrung zu wählen: Entweder Elend in dieser Welt und Entbehrung von ihrem Vergnügen oder Elend in der Nachwelt und Entbehrung von den Genüssen des Paradieses. Für die Kirche muss eine Form des Elends notwendigerweise ertragen werden. Man muss sich entweder dem Elend dieser Welt hingeben und Entbehrung und Isolation erdulden, um die Freuden der Nachwelt genießen zu können oder, wenn man die Vergnügungen dieser Welt genießen möchte, muss man akzeptieren, dass einem in der Nachwelt diese Freuden versagt bleiben werden.“

Die Ausbreitung einer solchen Meinung, die eine starke und tiefgreifende Ignoranz gegenüber dem religiösen Weltbild aufzeigt, mag das Schicksal der vorherrschenden Religion in einer Gesellschaft bestimmen. Ihre Wirkung auf den menschlichen Glauben und seinen Taten ist zu tiefgründig, um adäquat gemessen werden zu können, wenn nur ein oberflächlicher Blick darauf geworfen wird. Diese Art des Denkens hat verursacht, dass die Aufmerksamkeit des Menschen direkt auf das materielle Gebiet gelenkt wurde, bewusst oder unbewusst. Die daraus resultierende Konzentration auf Vergnügungen und Ausschweifungen hat bewirkt, dass die spirituellen und moralischen Belange geschwächt wurden.

Religion verurteilt den Menschen nicht dazu eine von zwei Formen des Elends zu akzeptieren. Es ist natürlich möglich das Glück dieser Welt mit dem Glück der Nachwelt zu kombinieren. Warum sollte Gott, dessen Schätze der Barmherzigkeit und Gnade unerschöpflich sind für seine Diener nicht wollen, dass sie vollständiges Glück in dieser Welt und der Nachwelt erfahren? Das ist doch genau das, was Er sich wünscht.

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Ein anderer Faktor bei der Ausbreitung der materialistischen Ideen ist der Hang zur Leidenschaft und das Eintauchen in der Senkgrube der Lust. Jede mentale Wahrnehmung und jede Idee formt die Basis für eine externe Tat. Die Wege der Tat werden unter dem Einfluss seiner Überzeugungen geformt. Umgekehrt bringen die Taten und die Moral wiederum qualitative Unterschiede bei den mentalen Gewohnheiten und der Art zu denken hervor.

Ein Mensch, der seine Gelüste anbetet wird allmählich alle seine gehobenen Ideen über Gott verlieren. Wenn er sich erst einmal in seinem Leben für eine anderen Weg, als den Weg Gottes, entscheidet und glaubt, dass alles Existente sei einfach durch sich selbst entstanden, frei von jedem Zweck, so dass jede Idee eines Zieles im Leben bedeutungslos erscheint, beginnt er all seine mentalen Energien der Maximierung des Genusses zu widmen. Dieser beschämende Sturz auf niedere Ebenen der Existenz lassen die Wurzeln aller Ziele des Wachstums und der Entwicklung verdorren.

Die Idee des Glaubens an Gott ist im Gegensatz dazu gleich einem Samen, der geeignete Erde zum Wachsen braucht. Er kann nur in einer reinen Umgebung erblühen. Einer Umgebung, bei welcher der Mensch prompt und leicht den Grad der Vollendung erreichen kann, die ihm eigen ist. Dies, weil er über die Grundstruktur verfügt, in denen die Prinzipien seines Lebens gesetzt worden sind.

Der Glaube an Gott kann niemals in einer ungünstigen Umwelt gedeihen, die von Korruption geprägt ist.

Eines der Hindernisse um das Wissen um Gott und die Gründe des Menschen, Ihn zu leugnen, trotz all der klaren Zeichen und der entscheidenden Beweise, die vorhanden sind, ist die Ergebung zur Sünde und der Hang zur Leidenschaft.

Iman Jaafar Sadiq (Friede sei mit ihm) erwiderte Mufaddal in der „Risalah-yi Ahlija“: „Ich schwöre bei meiner eigenen Seele, dass Gott nicht versagt hat sich dem Ignoranten bekannt zumachen, denn sie sehen klare Beweise und entscheidende Indikationen des Schöpfers in Seiner Schöpfung und erblicken wundersame Phänomene in dem Reich des Himmels und der Erde, die auf ihren Schöpfer zeigen.

Die Ignoranten sind jene, welche sich die Tore zur Sünde geöffnet haben und die dem Pfad der Leidenschaft und Lust folgen. Das Verlangen ihrer Seelen gewinnt ihrem Herzen gegenüber an Dominanz und aufgrund der Unterdrückung ihres Selbst, hat Satan Dominanz über sie gewonnen. So hat Gott die Herzen der Sünder verschlossen.“ [22]

Das Verlangen nach Bequemlichkeit, strittigen Dingen und Lasterhaftigkeit, die schwache Logik von bestimmten ignoranten Gläubigen – auch dies sind Faktoren, welche die Menschen zum Materialismus drängen.

Das Chaos und die Verwirrung des Lebens, der Überfluss an Massenprodukten, Wohlstand und Macht, die blendenden und ablenkenden Aspekte des modernen Lebens, die Ausbreitung der Vergnügungs- und Unterhaltungsindustrie, all dies überwältigt gierige Menschen völlig. Sie versuchen sich ganz von den religiösen Anliegen zurückzuziehen und verweigern die Autorität einer höheren Macht zu akzeptieren. Dies, weil es ihnen keinen materiellen Vorteil bringen würde, es würde außerdem die Stürme ihrer maßlosen Leidenschaften zügeln.

In einer Umgebung, in der Leute in Sünde, Ausschweifungen und Korruption eingetaucht sind und wo sie eine Einschränkung ihrer Taten nicht akzeptieren, kann Religion nur als Name bestehen.

Auf sich selbst zentrierte und materialistische Menschen können nicht gleichzeitig ergebene Anbeter Gottes sein. Wenn eines der beiden gegensätzlichen Prinzipien, das Vergnügungssüchtig-Sein und der Glaube an Gott, den mentalen Raum eines Individuums besetzt hat, so muss das andere Prinzip weichen. Wenn der Geist der Anbetung in der menschlichen Existenz vorherrschend ist, wirft er alle materialistischen Inklinationen ab, indem er die Lösung der festen Fesseln des niedrigen Verlangens veranlasst und gleichzeitig inspiriert er ständig die Bemühung des Menschen in die Richtung seines Ziels aufzusteigen. Auf diese Art zeichnet sich ein komplettes Modell der menschlichen Freiheit ab, statt in der Sklaverei der Instinkte zu enden.

Je erhabener und entfernter das Ziel des Menschen ist, welches er sich setzt, umso steiler ist das Gefälle, das dorthin führt und umso grösser und langanhaltender ist die Bemühung, um das Ziel zu erreichen. Wenn wir uns Gott als Ziel setzen, haben wir uns ein unendlich erhabenes Ziel gesetzt. Und der Weg, der zur Erlangung unseres Ziels führt, wird ebenso unendlich sein, auch wenn dieser gleichzeitig ein gerader und klarer Weg ist. Es ist ein Ziel, das viele Probleme und Fragen beantworten wird und da es uns zwingen wird die Tyrannei des Egos abzulehnen, wird es uns absolute Freiheit schenken können.

Wenn wir Gott als unser Ziel akzeptieren, wird die Freiheit mit unserem Wachstum und unserer Entwicklung harmonisiert. Unsere Bemühungen uns zu entwickeln und voranzuschreiten, werden Dank des göttlichen Impulses und dem Verlangen nach ewigem Leben einen Inhalt und einen Sinn haben. Wenn das Verlangen nach Fortschritt und Aufstieg erst einmal durch die Gottesanbetung reguliert wird, widerspricht das weder der menschlichen Freiheit noch resultiert es in seiner Versklavung.

Wir können nur beanspruchen Freiheit erlangt zu haben, wenn wir absichtlich und bewusst mit dem universellen Aufstieg der Welt, hin zur Perfektion, Schritt halten können, um die Vorteile wissend, die dieses Handeln mit sich bringt. Der Natur gegenüber Gehorsam zu zeigen, ist keine Freiheit, ebenso wenig wie historische Unvermeidlichkeit keine Freiheit ist. Denn wenn der Mensch sein eigenes Wohlergehen ignoriert und dem Diktat der Natur folgt, so ist dies nichts anderes als Sklaverei beziehungsweise blinder Gehorsam.

[21] „Isbat-i Vujud-i Khuda”

[22] „Bihar Al-Anwar”, Band III

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