L8 - Pseudowissenschaftliche Demagogie
Die Materialisten beanspruchen, dass die Etablierung ihrer
Gedankenschule im 18. und 19. Jahrhundert im direkten
Zusammenhang mit dem wissenschaftlichen Fortschritt
zusammenhänge und dass die dialektische Methode eine Frucht
des fruchtbaren Baumes der Wissenschaft sei.
Sie stellen jegliche Philosophie, bis auf den
Materialismus, als eine Form von Idealismus dar, die sich der
wissenschaftlichen Methode gegenüber gegensätzlich verhält.
Gleichzeitig bestehen sie darauf, dass ihre Position
wissenschaftlich und progressiv sei. Nach ihrem Verständnis
besteht der Realismus aus dem abwenden von metaphysischen
Wahrheiten. Jeder sollte sein Weltbild auf sensorische und
empirische Logik aufbauen und sich für den Materialismus
entscheiden. Aber dieser Anspruch ist nichts weiter als eine
fanatische Illusion, die auf nicht bewiesenen Theorien
basiert. Ansichten wie diese kommen direkt aus der
Gedankenwelt hervor, die auf Materialismus fixiert ist, in
diesem System ist alles durch den Materialismus selbst
definiert und abgegrenzt.
Der Glaube an einen Gegenstand der Anbetung ist ohne
Zweifel die hauptsächliche Quelle für humane Kultur und
menschliches Wissen. Der Glaube an Gott als Basis für eine
korrekte Weltanschauung hat tiefgreifende Veränderungen in den
Grundlagen der Gesellschaften und den Gedanken mit sich
gebracht, was in der Menschheitsgeschichte deutlich wird. Auch
heute, im Zeitalter der Wissenschaften und der
Technologisierung, wo der Mensch Wege ins All gefunden hat,
ist eine beträchtliche Anzahl an Wissenschaftlern zu einer
religiösen Einstellung als Teil eines intellektuellen Systems
gelangt. Sie sind nicht durch ihr Herz oder ihr Bewusstsein
dazu übergegangen, an die Existenz Gottes zu glauben, sondern
durch Deduktion und Logik.
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Wenn die Rechtfertigung für die Weltsicht der Materialisten
wahr wäre, statt auf unangemessenem Wissen der Geschichte der
materialistischen Gedankenwelt zu basieren, müsste es eine
besondere Verbindung zwischen den Wissenschaften und der
Neigung zum Materialismus geben. Nur materialistische
Sichtweisen wären im Zusammenhang mit den Bereichen der
Wissenschaften präsent.
Hat jeder Philosoph und jeder Gelehrte in jedem Zeitalter
eine atheistische Weltanschauung vertreten? Eine Untersuchung
der Biografien großer Denker wird genügen, um zu zeigen, dass
das religiöse Lager des Monotheismus alles andere als leer von
wissenschaftlichen Persönlichkeiten ist, einschließlich der
Begründer der zeitgenössischen Wissenschaften.
Außerdem sind materialistische und atheistische Ansichten
in keinerlei Weise auf die Periode von Evolution und
Fortschritt beschränkt gewesen. Seit jeher stehen die
Materialisten einer vereinten Front der Gläubigen gegenüber.
Heute ist es primär eine verzerrte Form des Marxismus,
welche die Errungenschaften der Wissenschaft in ein Werkzeug
zur Täuschung verdreht. Jene, die angeblich den geraden Weg
des Wissens beschreiten sollten, die Fragen mit tiefgründiger
logischer Wahrnehmung und Untersuchung abwägen müssten, frei
von jeglichem Fanatismus und hastigem Vorurteil, genau jene
fallen der Stagnation und der blinden Imitation zum Opfer. Sie
verneinen arrogant alle Werte, die über Intellekt und Vernunft
hinausgehen und rühmen sich sogar noch für ihre ignorante
Ablehnung.
Ihre Behauptung, dass durch das Vorankommen der
Wissenschaft die Vorstellung von Gott hinfällig geworden sei,
ist rein rhetorischer Art und hat nichts mit logischer Methode
zu tun, denn selbst tausende wissenschaftliche Experimente
könnten nicht genügen, um zu demonstrieren, dass ein
nichtmaterieller Faktor nicht existieren würde.
Materialismus ist ein metaphysischer Glaube und muss daher
nach der philosophischen Methode bewiesen oder widerlegt
werden. Genau aus diesem Grund kann eine Akzeptanz von
Materialismus nicht auf der Basis von der Leugnung der
Metaphysik gemacht werden. Materialismus auf diese Weise zu
interpretieren, ist in der Endanalyse strikt bedeutungslos. Es
wäre eine abergläubische Vorstellung, die eine Perversion der
Wahrheit einschließt und diese als wissenschaftlich zu
bezeichnen, ist tatsächlich ein Verrat an der Wissenschaft.
Es ist wahr, dass der Mensch sich bis vor kurzem der
natürlichen Ursachen und Faktoren nicht bewusst war, die der
Anlass für die Phänomene der Welt sind und dass er wenig
Bewusstsein für die Vorkommnisse hatte, die ihn umgeben. Aber
sein Glaube hatte nicht seine Ignoranz zum Ursprung, denn wenn
dem so wäre, seine Glaubensgrundlagen wären zusammen
gebrochen, sobald bestimmte Fakten über die Welt entdeckt
wurden. Im Gegensatz dazu sehen wir in der heutigen Zeit, dass
die Entdeckung einer ganzen Reihe von Mysterien, welche die
Schöpfung betreffen, vielmehr dazu beitragen, an Gott zu
glauben.
Die Wissenschaften erhellen einen begrenzten Bereich. Das
wissenschaftliche Weltbild beinhaltet partielles Wissen, nicht
das Wissen des Ganzen. Die Wissenschaft ist nicht in der Lage,
die Form und die Aspekte der ganzen Schöpfung zu
demonstrieren. Zur gleichen Zeit aber, da das
wissenschaftliche Verfahren präzise und konkret ist, bekommt
der Glaube an Gott ein wissenschaftlicheres Wesen und erwirbt
durch den Fortschritt der Wissenschaft eine neue Art der
Logik. Das Bewusstsein des Menschen erfährt durch seine
Wahrnehmung von den Ursachen und Wirkungen Existenz. Jemand,
der daran glaubt, dass die Kausalität den Phänomenen zugrunde
liegt, der kann unmöglich die Rolle des fundamentalen Faktors
ignorieren, welcher über alle Ursachen hinaus wirkt.
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Bis vor kurzem hat sich der Mensch noch vorgestellt, sein
eigenes Selbst bestehe einfach aus einer symmetrischen und
wohlproportionierten Form. Er war sich nicht der komplexen
Mysterien bewusst, die seine Schöpfung ausmachen. Heute
entdeckt er erstaunliche und weitreichende Wahrheiten über das
Innenleben seines Körpers, weiß von den vielen
unterschiedlichen Zellen und ihrer Anzahl. Das macht eine
besondere Wertschätzung der Größe des Schöpfers möglich, der
für all dies verantwortlich ist.
Es ist logisch zu sagen, dass der Glaube an Gott für all
jene seltsam ist, die nichts über den Menschen und seine
Komposition und Schöpfung wissen und dass im Gegensatz zu ihm
ein Wissenschaftler die natürlichen Gesetze und Faktoren
kennt, die für das Wachstum und die Entwicklung des Menschen
verantwortlich sind. Ein Wissenschaftler, der um die präzisen
Kalkulationen weiß, die in der menschlichen Existenz mit all
seinen verschiedenen Lebensstadien von Bedeutung sind, wird
dieser denn gebunden sein zu glauben, bewusstlose Materie sei
die Quelle aller wundersamen Gesetze der Natur?
Kann wissenschaftliche Entdeckung einen Wissenschaftler zu
dem Schluss bringen, dass unwissende und nicht wahrnehmende
Materie sein Schöpfer sein soll und ebenso von allen anderen
Dingen? Der Materialismus schaut mit einem geschlossenen Auge
auf die Welt und das Ergebnis ist, dass er nicht in der Lage
ist, zahlreiche Fragen zu beantworten.
Die Naturwissenschaften können ebenfalls keine Antwort
darauf bieten, ob die Welt nun in zwei Teile teilbar ist, der
materiellen und der nichtmateriellen, oder ob die Welt einen
innewohnenden Zweck für sein Dasein besitzt. Diese Fragen
gehören nicht in den Bereich der Wissenschaft.
Wissenschaftliche Arbeit kann uns bis zu einem gewissen Grad
mit dem was existiert bekannt machen, aber sie kann uns keine
Richtung im Leben geben oder uns inspirieren, einen bestimmten
Weg zu gehen.
Ein wissenschaftliches Weltbild kann also keine Grundlage
für eine menschliche Ideologie sein. Der Wert des
wissenschaftlichen Wissens ist primär von praktischer Art, die
es dem Menschen ermöglicht, die Natur zu beherrschen. Es sind
die Ideale und abstrakten Werte, die für die Grundlage eines
Glaubens erforderlich sind.
Außerdem ist die Wissenschaft an das Experiment und die
Untersuchung gebunden und die Gesetze, die das Experiment als
Grundlage haben, sind veränderbar und unstabil. Religion
dagegen braucht eine Basis, die an der Ewigkeit teilnimmt, die
immun ist gegen Veränderung und die in der Lage ist, die
Fragen der Natur und der Form der Welt auf einer
vertrauenswürdigen und permanenten Art zu beantworten. Nur so
kann der Notwendigkeit des Menschen nach einer umfassenden
Interpretation und einer Analyse der Existenz entsprochen
werden.
Während der Mensch seiner Vollendung entgegen schreitet,
braucht er ein spirituelles und intellektuelles Gleichgewicht.
Ohne ein Ziel würde er auf falsche Pfade abschweifen und
Unglück riskieren. Ein Mensch, der sein Ziel nicht in der
Religion findet, wird einer Richtung nachgehen, die er sich
selbst erarbeitet hat, was in einer Art Revolte gegen den
Willen der Natur enden kann. Dies hat dann unter Umständen
nichts mehr mit Kreativität und intellektueller Reife
gemeinsam.
Der Grund für das Verneinen und den Unglauben
Geschichtsbücher über Religionen versuchen, die Faktoren,
die den Menschen zum Glauben treiben, darzustellen. Aber diese
Versuche sind vergeblicher Natur und vermögen nicht, die
Wahrheit dieser Angelegenheit zu enthüllen. Es ist notwendig,
beim Menschen das Augenmerk auf die innewohnende Tendenz zum
Monotheismus zu richten. Dieser wesentliche und existenzielle
Charakterzug der menschlichen Art, mit all den dazugehörenden
Widersprüchen, Gedanken und Wünschen, räumt ihm einen
besonderen Platz in der Schöpfung ein. Auf diese Weise wird es
möglich, die Faktoren zu entdecken, die den Menschen dazu
gebracht haben, seine eigene Natur mit Füßen zu treten.
Die religiöse Bindung des Menschen entwächst seiner Natur,
und Materialismus ist etwas, was sich zur Natur
entgegengesetzt verhält. Aufgrund seiner spezifischen
Zusammenstellung wird sich der Mensch seinen eigenen Gott
schaffen, wenn er den wahren Gott nicht zu entdecken vermag.
Sein Gott ist dann entweder die Natur oder eine geschichtliche
Unvermeidlichkeit. Dieser falsche Gott nimmt dann in Hinblick
auf die Ausführlichkeit der Autorität, die Wirksamkeit der
Verfügungsgewalt und der Eigenschaft, den Menschen einen
bestimmten Weg zu weisen und ihn damit vorwärts zu bringen,
den Platz des wahren Gottes ein.
Das ist bei falschen Göttern der übliche Hergang: Das
Festhalten an neuem Götzendienst, das grausame Opfern Gottes
für Geschichte und der Austausch einer Perle gegen einen
Kieselstein.
Leider sind sehr viele Menschen von der selbst zugefügten
Abwendung betroffen, sie verbeugen sich vor Götzen, die sie
selbst erschaffen haben und die sie dann vergöttern! Sie haben
sich von dem einzigartigen Schöpfer abgewendet und stattdessen
willentlich die verschmutzte Schande solch irregeleiteter
Anbetung akzeptiert.
Wenn wir die Sache genau untersuchen, so erkennen wir, dass
die Verbreitung der Denkschule des Materialismus in Europa,
die Abtrennung des Menschen von dem erhabenen Prinzip, seine
Gefangenschaft in den Fesseln der Materie, seine Wahl der
Wissenschaft gegenüber der Religion den Vorzug zu geben, dass
all dies durch eine Serie von sozialen und historischen
Faktoren, die im Westen auftauchten, verursacht wurde.
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Eine der Faktoren, die eine weit verbreitete Reaktion in
Europa und das Aufkommen von freiheitlicher und antireligiöser
Propaganda hervorrief, war der niederschmetternde Druck der
christlichen Geistlichkeit vor dem Beginn der Renaissance auf
Gelehrte, die neue wissenschaftliche Ideen darlegten.
Zusätzlich zu den religiösen Doktrinen, hat die Kirche an
bestimmten wissenschaftlichen Prinzipien bezüglich des
Menschen und der Welt festgehalten, die sie von alten
Philosophen geerbt hatte – hauptsächlich den Griechen – und
die sie dann auf die gleiche Stufe erhob, wie religiöse
Glaubensgrundsätze. Welche Theorie nur den Anschein eines
Widerspruchs mit der Bibel und ihren Prinzipien aufwies, wurde
als ketzerisch betrachtet und streng bestraft.
Der aufkommende Widerspruch zwischen Wissenschaft und
Religion schuf Feindschaft in beiden Lagern. Die
Intellektuellen und Wissenschaftler sahen in der christlichen
Kirche eine Versklavung der Intelligenz und der Gedanken, die
eine freie Entwicklung der Ideen verhinderte. Durch ihr
Festhalten an versteinerten Gedankensystemen und
anti-intellektuellen Traditionen, schuf sie für die Menschen
eine beengende Atmosphäre. Die Denker zogen sich in eine
schmerzliche Isolation von der Religion zurück.
Dieser angesammelte Druck fand sein Ventil in den
gewalttätigen Reaktionen, die ganz Europa verschlangen. Als
der Einfluss und die Dominanz der Kirche und ihre
Unterdrückung abnahmen, erholte sich das westliche Denken von
seiner verlorenen Freiheit und reagierte stark gegen die
Einschränkungen, die man ihm einst auferlegt hatte. Die
Intellektuellen entfernten die Ketten, die man ihnen aus alten
Zeiten auferlegt hatte und wendeten sich von der Religion ab.
All den Ärger und den Schmerz, den sie empfanden, drückten sie
in einer großen Welle der Feindschaft gegen die Religion aus.
Eine akute spirituelle Krise begann, die in einer Trennung von
Wissenschaft und Religion endete. Ein unlogischer Wunsch der
Vergeltung führte zur Leugnung der himmlischen Wahrheiten und
der Existenz Gottes.
Es ist wahr, dass einige der Doktrinen, die mit der
Religion verbunden wurden, unlogisch und sogar unbegründet
waren, das heißt, keinen Zusammenhang mit authentischen,
religiösen Wissen aufwiesen. Aber Rache an der Kirche nehmen
ist eine Sache, voreilige, falsche Schlüsse über die Religion
zu ziehen ist etwas ganz anderes. Es ist offensichtlich, dass
Vergeltung, als rein emotionale Angelegenheit, nichts mit der
Präzision der Gelehrsamkeit gemein hat.
Die spirituelle Armut des Menschen ist entsprechend dem
wissenschaftlichen und technologischen Reichtum
fortgeschritten. Während der Mensch in der Industrie
vorangekommen ist, hat er sich ethisch und spirituell derart
zurückentwickelt, dass er die moralischen Fähigkeiten nicht
mehr hatte, das erlangte Wissen richtig zu benutzen.
Wissenschaftliches Wissen steht den Werten an sich
gleichgültig gegenüber. Man kann nicht Pflichten eines
verantwortlichen Menschen bestimmen, indem man auf die
Wissenschaft verweist. Wieweit der Fortschritt auch voran
geschritten sein mag, er kann nicht mehr als einen Schritt
voraus gehen. Menschliches Wissen kann nicht bis zur Essenz
der Welt gelangen und sie in ihrer Totalität wahrnehmen, noch
kann sie in die Zukunft der einzelnen Menschen schauen.
Es ist nur die Weltanschauung des Monotheismus, die nicht
versucht, den Menschen auf seinen materiellen Aspekten seiner
Existenz zu beschränken. Ganz im Gegenteil, mit den Symbole
und Zeichen, die dem Menschen gegeben wurden, um ihn auf
seinem Weg zu führen, zeigt der Monotheismus dem Menschen
seinen gehobenen Ursprung und sein Schicksal auf. Wenn der
Mensch sich auf dem Pfad des Monotheismus begibt, erhält er
eine umfassende Weltanschauung, in der er die Antworten auf
all die zu prüfenden fundamentalen Fragen erhält. Hat er erst
einmal die Stufe des umfassenden und multidimensionalen
Glaubens erreicht, bekommt das Leben des Menschen neue Energie
und die Werte, welche die Früchte dieser Weltanschauung sind,
können verwirklicht werden. Der Kampf mit der Kirche war daher
ein Faktor, warum es zur Trennung von Wissenschaft und
Religion kam.
Eine andere Gruppe hat die Religion verlassen und sich dem
Materialismus zugewandt, weil die Konzepte, welche die Kirche
propagierte, unsachgemäß und inadäquat waren. Da es ihnen an
transzendentalen Werten fehlte, waren diese Konzepte natürlich
für intelligente Menschen unakzeptabel und nicht überzeugend.
Die Kirche präsentierte Gott in solch materieller und
menschlicher Weise, die dem Wunsch der Gläubigen nach
absoluten Werten und dem Streben nach dem, alle Grenzen
durchbrechenden, Transzendentalen, entgegengesetzt gegenüber
standen.
Wenn eine zweifelsfreie Wahrheit in defekter Form als
Legende in den Verstand eines Individuums eingeprägt wird, ist
es sehr leicht möglich, dass der Mensch darauf negativ
reagieren wird, sobald er eine gewisse intellektuelle Reife
erreicht hat.
Mit der anthropomorphen Beschreibung Gottes konfrontiert -
die in der christlichen Theologie entstanden ist, den Glauben
über die Vernunft erhebend und dabei auf eine Religion
bestehend, die den Gedanken voran zu gehen hat - haben
aufgeklärte Leute erkannt, dass, trotz engstirniger
Bemühungen, die Weisheit nicht eingesperrt werden kann. Die
Wissenschaft, die damals ihr Monopol in der christlichen
Theologie hatte, war mit dem rationalen Argumenten und
wissenschaftlichen Methoden nicht vereinbar. Da sie keine
authentische Quelle besaßen, durch die sie sich wahre Lehren
über Gott hätten aneignen können, waren alle völlig abhängig
von den Institutionen der Kirche und ihren korrupten Büchern.
Weil sie auch keinen Zugang zu einem überlegenen System
hatten, eins, dass ihre spirituellen als auch materiellen
Bedürfnisse befriedigt hätte und ihnen ein angemessen Rahmen
gewährt hätte, um ihre lebenswichtigen Elemente des Lebens –
materieller, spirituelle und emotionaler Natur - zu
integrieren, schlug die Weltanschauung des Materialismus bei
ihnen Wurzeln. Das führte zur Leugnung von allen
transzendentalen und übermenschlichen Werten.
Sie waren sich nicht bewusst, das trotz der Fehler gepaart
mit Ignoranz - Dinge, die den irreführenden Charakter einer
Religion bedingen – wahre Religion, welche frei von aller
Illusion und der Verzerrung ist, den Menschen von der
Sklaverei des Mythos und des Aberglaubens befreien kann. So
eine Religion kann ihn dazu bringen, am wahren Glauben
festzuhalten und ihn sogar mit einem korrektem Verständnis für
die Lehren Gottes versorgen kann, auf eine Weise, dass es
einen fragenden Geist zufrieden stellt.
Stattdessen wurden westliche Intellektuelle nur des
Aberglauben der falschen Religion gewahr und dass den
etablierten religiösen Dogmen jegliche logische Basis fehlte.
So haben sie nicht gezögert, die Religion an sich als
unbegründet zu verurteilen. Ihr Urteil basierte auf den
entmutigenden Erfahrungen, welche sie mit ihrer eigenen
Religion gemacht haben.
Dies wird von einem Gelehrten der Physiologie und Biochemie
folgendermaßen ausgedrückt: „Der Fakt, dass bestimmte Gelehrte
im Laufe ihrer Forschung nicht zu Gott fanden, hat diverse
Gründe. Hier werden wir nur zwei erwähnen. Erstens, die
politischen Umstände, die durch Despotie entstanden sind,
zusammen mit den dazugehörigen sozialen und administrativen
Bedingungen, haben tendenziell bewirkt, dass Menschen die
Existenz eines Schöpfers leugnen. Zweitens, die menschliche
Gedankenwelt war immer von bestimmten Fantasien und Illusionen
beeinflusst und auch wenn der Mensch keine Angst vor
spiritueller oder körperlicher Qual hat, ist er dennoch nicht
ganz frei, den richtigen Weg zu wählen.
In christlichen Familien wird den meisten Kindern früh
beigebracht, dass Gottes Existenz so ähnlich wie die des
Menschen sei, als wäre der Mensch in der Form Gottes
erschaffen worden. Wenn sie dann den Bereich der Wissenschaft
betreten und lernen wissenschaftliche Konzepte zu
implementieren, können sie nicht länger ihr schwaches,
anthroposophisches Bild von Gott mit den logischen Beweisen
und Methoden der Wissenschaft vereinbaren. Nach einer gewissen
Zeit, wenn jegliche Hoffnung Glaube und Wissenschaft
miteinander zu verbinden verloren gegangen ist, verlassen sie
das Konzept eines Gottes komplett und verweisen Ihn aus ihren
Köpfen.
Die Hauptursache dafür ist, dass die Beweise der Logik und
die Kategorien der Wissenschaften ihre ersten Gefühle und
ihren ersten Glauben nicht modifizieren konnten. Stattdessen
verursachen sie nur, dass sie das Gefühl haben, dass ihr
erster Glaube an Gott falsch war. Unter dem Einfluss dieses
Gefühls, kombiniert mit psychologischen Faktoren, sind sie
über die Unzulänglichkeit ihrer Konzepte entsetzt und wenden
sich allen Bemühungen ab, mehr Wissen über Gott zu
erlangen.“[21]
Daher versuchten Wissenschaftler alle Arten von Gesetze und
Formeln darzulegen, wenn Lösungen für Fragen zu finden waren,
welche die Existenz und die Schöpfung berühren, auf diese
Weise Gott und der Religion keinen Platz lassend. Sie haben
versucht die Hoffnungen des Menschen von der Religion zu lösen
und Gottes Einfluss von dem Funktionieren der Welt und der
Ordnung der Natur zu trennen.
Wann immer sie in eine Sackgasse gelangt sind, haben sie
versucht das Problem mit neuen Hypothesen zu lösen oder sie
haben die Diskussion der ungeklärten Fragen vertagt bis noch
mehr Forschung in dem Bereich ihnen mehr Aufschluss gab. Sie
glaubten auf diese Weise nicht wissenschaftlichen Formeln und
Aberglauben zu umgehen. Und obwohl sie damit der Gefahr des
Polytheismus entkamen, haben sie sich bedauerlicherweise mit
dem Atheismus bewaffnet.
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Obwohl der Glaube an einen Gott im Menschen tief verankert
ist, kann dieser nicht mit den materiellen Notwendigkeiten des
täglichen Lebens verglichen werden, die der Mensch ständig
anstrebt. Der Glaube unterscheidet sich deutlich vom
materiellen Leben und da es sich bei ihm um ein inneres
Bedürfnis handelt, gehört er in eine komplett andere
Kategorie.
Außerdem ist es wesentlich leichter eine nicht sichtbare
Entität zu verneinen, als diese zu bejahen, da wir sie nicht
einmal adäquat beschreiben können. Menschen, denen die mentale
Fähigkeit fehlt, suchen daher eher den einfachen, schmerzlosen
Weg der Leugnung als sich auf mentale Anstrengung einzulassen.
Der Weg der Negierung involviert auch keinen offensichtlichen
Schaden. Wenn sich Menschen von Gott abwenden, bekommen sie
mit der Zeit gegenüber der Religion eine gewisse Verstocktheit
und Feindseligkeit. Die tiefgreifende Wirkung einer solchen
Haltung wird in der boshaften Argumentation deutlich, die
jene, welche sich von der Religion abwandten, an den Tag
legen.
Es ist natürlich leichter ein unsichtbares Sein zu leugnen,
denn wenn man es bejaht, so impliziert dies verschiedene
Pflichten einzuhalten. Jene, welche die Verpflichtungen
abschütteln wollen, verneinen einfach die Existenz eines
hervorbringenden Prinzips.
Der Koran sagt: „Doch der Mensch wünscht, Sündhaftigkeit
vor sich vorauszuschicken. Er fragt: Wann wird der Tag der
Auferstehung sein? Wenn das Auge geblendet ist, (…).“ (Vgl.
Koran: Sure 75, Vers 5-7)
_____
Die Lehren von ignoranten und unlogischen Asketen, wenn sie
bestimmte Gruppen in Richtung Materialismus drängen, sind ein
weiterer nicht zu übersehender Faktor.
Die in die Existenz tretenden Instinkte und das natürliche
Leben des Menschen, die beide mit seinem Dasein verwebt sind,
sind nicht nur keineswegs umsonst und zwecklos, sondern sie
sind auch eine entschiedene und schicksalsprägende Kraft. Sie
sind ein Faktor der Entwicklung und der Bewegung, die den
Menschen vorwärts treibt, wie es die Schöpfung vorgesehen hat.
Es ist wahr, dass der Mensch nicht blinder Sklave seiner
Instinkte sein sollte, gleich einem Gefangenen, dessen Sein
und Bewegungsspielraum in der Hand seines Gefängniswärters
liegen. Aber er sollte ebenfalls nicht gegen die Wirklichkeit
seiner Existenz ankämpfen und nicht darum bemüht sein, alle
Bewegungen und Aktivitäten seines Instinktes zu blockieren.
Eine fruchtbare Existenz des Menschen ist in der Tat abhängig
von der aktiven Präsenz der Instinkte in seinem Leben,
eingesetzt im richtigen Gleichgewicht. Die Unterdrückung der
Instinkte führt zu Komplexen und der Zerstörung der
Persönlichkeit.
Das Weltbild des Mittelalters war auf die Nachwelt
konzentriert, was zu einer Abwertung der materiellen Welt
führte. Was ist die Konsequenz, wenn man die Validität der
Instinkte im Namen Gottes und der Religion negiert und sie
sogar versucht zu vernichten? Was passiert, wenn man das
Zölibat und das Mönchstum heiligt und die Ehe und die
Fortpflanzung als unrein anprangert, etwas, was das Überleben
der Spezies sichert? Und wenn man Armut und Entbehrung als
Garantie für Glückseligkeit erachtet? Ist es da möglich, dass
die Religion eine aktive und kreative Rolle spielen kann?
Die wirkliche Mission der Religion ist zu verfeinern, zu
führen und die Instinkte zu kontrollieren. Auf diese Weise
wird die Aktivität der Instinkte eingegrenzt und sie wird von
allem Perversen und Exzessiven gesäubert. Es geht nicht darum
sie zu vernichten und abzuschaffen.
Durch das Kontrollieren der Instinkte und dem Bestreben
sich aus der Falle zu befreien, die sie womöglich darstellen,
schafft sich der Mensch ein sinnvolles Schicksal. Wenn dies
fehlschlägt, ist der intensive Zusammenstoß in ihm selbst so
groß, dass er nicht so leicht der Herr der Lage bleiben kann.
Er braucht daher ein umfassendes System der moralischen
Erziehung.
Der Mensch ist einerseits von religiösen Impulsen abhängig
und dies zähmt ihn innerlich und bündelt seine zerstreuten
Energien im Griff seiner Kraft, ihn damit auf dem Weg der
Tugend zu seinem eigenen Nutzen lenkend. Auf der anderen
Seite, ist der Mensch auch dem Einfluss seiner Instinkte
unterworfen.
In einer Gesellschaft, in der die Menschen ständig im Namen
Gottes und der Religion erzählt bekommen, dass der Weg zum
Glück im Abwenden von den weltlichen Geschenken liegt, wird
automatisch eine Tür zur Entwicklung des Materialismus
geöffnet und eine Konzentrierung auf materielle Werte wird
geschaffen. So verschwinden nach und nach die hochrangigen
Konzepte der Religion mit all ihren weitreichenden
Implikationen von der Bildfläche.
Aber dies repräsentiert nicht die wirkliche Logik der
Religion. Religion lenkt das Augenmerk des Menschen auf
authentische spirituelle Werte, die auf den Glauben an einen
Schöpfer basieren und dem Menschen umfassende Lehren und
Prinzipien für das Leben aufzeigen. Sie erweitern seinen
Horizont bis hinauf an die Grenzen der himmlischen Bereiche,
entledigen ihn der Knechtschaft der Selbstanbetung und des
Materialismus und zur gleichen Zeit erlauben sie ihm die
materiellen Vergnügungen in einem angemessenen Umfang zu
genießen.
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Manche Menschen glauben, dass das grenzenlose Vergnügen von
bestimmten Dingen, welche die Religion verbietet, ihnen Glück
garantieren würde. Sie meinen, Religion würde ständig gegen
jegliche Form des Genusses ankämpfen und dass sie keinen
Kompromiss mit den Vergnügungen der Welt mache, als würde Gott
die Menschen zwingen sich zu entscheiden zwischen dem Glück
dieser Welt und dem der Nachwelt.
Diese Haltung ist völlig irreführend und unrealistisch.
Wenn Religion bei den Bemühungen des Menschen und seinen
Entscheidungen eine Rolle spielt, dann weil ungezügelte
Begierden, bedingungslose Unterwerfung vor Instinkten und der
Gehorsam gegenüber dem Ego, das Leben des Menschen verdunkeln
und ihn in eine Art unbewusste Sklaverei treiben. Trotz seiner
an sich reinen Natur, fällt er und schweift von seinem wahren
Weg ab. Wäre das freie Ausleben von instinktiven Begierden
nicht die Ursache von Misere und schmerzlicher Entwürdigung,
es wäre nicht verboten.
Es sind Erwägungen wie diese, die es uns möglich machen zu
verstehen, warum uns bestimmte Dinge untersagt sind und wie
weltliches Glück mit dem der Nachwelt zusammenhängen.
Ähnliche Erwägungen gelten für die Auferlegung von
bestimmten Pflichten. Die Bemühung den bindenden Akt der
Anbetung aufrichtig und ohne jegliche Heuchelei durchzuführen,
ruft im Menschen eine Veränderung hervor. Der Sinn dieser
Gebete ist nicht das weltliche Glück zu vermindern.
Anbetung gleicht einem Sturm in der stagnierenden Lagune
des Herzens. Die innere Natur des Menschen wird hierbei
transformiert ebenso wie die Kriterien für sein Urteilen. Es
ist der Eckpfeiler durch den das Fundament der Religion
gestützt wird, eine fruchtbare, erzieherische Praktik, welche
die Tiefen der Seele durchdringt. Dieses scharfe Schwert
durchtrennt den Strang der Korruption und des Niedrigen im
Menschen, ihm dabei erlaubend in reine, weite und grenzenlose
Bereiche zu fliegen. Kurz, es erlaubt ihm im wirklichen Sinne
zu reifen und zu wachsen.
Es gibt nicht nur keine Widersprüche zwischen den Belangen
des Lebens und den des Geistes, spirituelle Dinge sind dem
Leben und einem größeren Glück in dieser Welt dienlich.
Es kann sein, dass die nicht überzeugenden und unlogischen
Lehren der christlichen Kirche die anti-religiösen Tendenzen
der Menschen, wie Bertrand Russel, beeinflusst haben. Er
glaubte fest daran, dass der Glaube an Gott zum Unglück führt,
wie aus den Worten ersichtlich wird: „Die Lehren der Kirche
erlauben es dem Menschen zwischen zwei Formen des Elends und
der Entbehrung zu wählen: Entweder Elend in dieser Welt und
Entbehrung von ihrem Vergnügen oder Elend in der Nachwelt und
Entbehrung von den Genüssen des Paradieses. Für die Kirche
muss eine Form des Elends notwendigerweise ertragen werden.
Man muss sich entweder dem Elend dieser Welt hingeben und
Entbehrung und Isolation erdulden, um die Freuden der Nachwelt
genießen zu können oder, wenn man die Vergnügungen dieser Welt
genießen möchte, muss man akzeptieren, dass einem in der
Nachwelt diese Freuden versagt bleiben werden.“
Die Ausbreitung einer solchen Meinung, die eine starke und
tiefgreifende Ignoranz gegenüber dem religiösen Weltbild
aufzeigt, mag das Schicksal der vorherrschenden Religion in
einer Gesellschaft bestimmen. Ihre Wirkung auf den
menschlichen Glauben und seinen Taten ist zu tiefgründig, um
adäquat gemessen werden zu können, wenn nur ein
oberflächlicher Blick darauf geworfen wird. Diese Art des
Denkens hat verursacht, dass die Aufmerksamkeit des Menschen
direkt auf das materielle Gebiet gelenkt wurde, bewusst oder
unbewusst. Die daraus resultierende Konzentration auf
Vergnügungen und Ausschweifungen hat bewirkt, dass die
spirituellen und moralischen Belange geschwächt wurden.
Religion verurteilt den Menschen nicht dazu eine von zwei
Formen des Elends zu akzeptieren. Es ist natürlich möglich das
Glück dieser Welt mit dem Glück der Nachwelt zu kombinieren.
Warum sollte Gott, dessen Schätze der Barmherzigkeit und Gnade
unerschöpflich sind für seine Diener nicht wollen, dass sie
vollständiges Glück in dieser Welt und der Nachwelt erfahren?
Das ist doch genau das, was Er sich wünscht.
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Ein anderer Faktor bei der Ausbreitung der
materialistischen Ideen ist der Hang zur Leidenschaft und das
Eintauchen in der Senkgrube der Lust. Jede mentale Wahrnehmung
und jede Idee formt die Basis für eine externe Tat. Die Wege
der Tat werden unter dem Einfluss seiner Überzeugungen
geformt. Umgekehrt bringen die Taten und die Moral wiederum
qualitative Unterschiede bei den mentalen Gewohnheiten und der
Art zu denken hervor.
Ein Mensch, der seine Gelüste anbetet wird allmählich alle
seine gehobenen Ideen über Gott verlieren. Wenn er sich erst
einmal in seinem Leben für eine anderen Weg, als den Weg
Gottes, entscheidet und glaubt, dass alles Existente sei
einfach durch sich selbst entstanden, frei von jedem Zweck, so
dass jede Idee eines Zieles im Leben bedeutungslos erscheint,
beginnt er all seine mentalen Energien der Maximierung des
Genusses zu widmen. Dieser beschämende Sturz auf niedere
Ebenen der Existenz lassen die Wurzeln aller Ziele des
Wachstums und der Entwicklung verdorren.
Die Idee des Glaubens an Gott ist im Gegensatz dazu gleich
einem Samen, der geeignete Erde zum Wachsen braucht. Er kann
nur in einer reinen Umgebung erblühen. Einer Umgebung, bei
welcher der Mensch prompt und leicht den Grad der Vollendung
erreichen kann, die ihm eigen ist. Dies, weil er über die
Grundstruktur verfügt, in denen die Prinzipien seines Lebens
gesetzt worden sind.
Der Glaube an Gott kann niemals in einer ungünstigen Umwelt
gedeihen, die von Korruption geprägt ist.
Eines der Hindernisse um das Wissen um Gott und die Gründe
des Menschen, Ihn zu leugnen, trotz all der klaren Zeichen und
der entscheidenden Beweise, die vorhanden sind, ist die
Ergebung zur Sünde und der Hang zur Leidenschaft.
Iman Jaafar Sadiq (Friede sei mit ihm) erwiderte Mufaddal
in der „Risalah-yi Ahlija“: „Ich schwöre bei meiner eigenen
Seele, dass Gott nicht versagt hat sich dem Ignoranten bekannt
zumachen, denn sie sehen klare Beweise und entscheidende
Indikationen des Schöpfers in Seiner Schöpfung und erblicken
wundersame Phänomene in dem Reich des Himmels und der Erde,
die auf ihren Schöpfer zeigen.
Die Ignoranten sind jene, welche sich die Tore zur Sünde
geöffnet haben und die dem Pfad der Leidenschaft und Lust
folgen. Das Verlangen ihrer Seelen gewinnt ihrem Herzen
gegenüber an Dominanz und aufgrund der Unterdrückung ihres
Selbst, hat Satan Dominanz über sie gewonnen. So hat Gott die
Herzen der Sünder verschlossen.“ [22]
Das Verlangen nach Bequemlichkeit, strittigen Dingen und
Lasterhaftigkeit, die schwache Logik von bestimmten ignoranten
Gläubigen – auch dies sind Faktoren, welche die Menschen zum
Materialismus drängen.
Das Chaos und die Verwirrung des Lebens, der Überfluss an
Massenprodukten, Wohlstand und Macht, die blendenden und
ablenkenden Aspekte des modernen Lebens, die Ausbreitung der
Vergnügungs- und Unterhaltungsindustrie, all dies überwältigt
gierige Menschen völlig. Sie versuchen sich ganz von den
religiösen Anliegen zurückzuziehen und verweigern die
Autorität einer höheren Macht zu akzeptieren. Dies, weil es
ihnen keinen materiellen Vorteil bringen würde, es würde
außerdem die Stürme ihrer maßlosen Leidenschaften zügeln.
In einer Umgebung, in der Leute in Sünde, Ausschweifungen
und Korruption eingetaucht sind und wo sie eine Einschränkung
ihrer Taten nicht akzeptieren, kann Religion nur als Name
bestehen.
Auf sich selbst zentrierte und materialistische Menschen
können nicht gleichzeitig ergebene Anbeter Gottes sein. Wenn
eines der beiden gegensätzlichen Prinzipien, das
Vergnügungssüchtig-Sein und der Glaube an Gott, den mentalen
Raum eines Individuums besetzt hat, so muss das andere Prinzip
weichen. Wenn der Geist der Anbetung in der menschlichen
Existenz vorherrschend ist, wirft er alle materialistischen
Inklinationen ab, indem er die Lösung der festen Fesseln des
niedrigen Verlangens veranlasst und gleichzeitig inspiriert er
ständig die Bemühung des Menschen in die Richtung seines Ziels
aufzusteigen. Auf diese Art zeichnet sich ein komplettes
Modell der menschlichen Freiheit ab, statt in der Sklaverei
der Instinkte zu enden.
Je erhabener und entfernter das Ziel des Menschen ist,
welches er sich setzt, umso steiler ist das Gefälle, das
dorthin führt und umso grösser und langanhaltender ist die
Bemühung, um das Ziel zu erreichen. Wenn wir uns Gott als Ziel
setzen, haben wir uns ein unendlich erhabenes Ziel gesetzt.
Und der Weg, der zur Erlangung unseres Ziels führt, wird
ebenso unendlich sein, auch wenn dieser gleichzeitig ein
gerader und klarer Weg ist. Es ist ein Ziel, das viele
Probleme und Fragen beantworten wird und da es uns zwingen
wird die Tyrannei des Egos abzulehnen, wird es uns absolute
Freiheit schenken können.
Wenn wir Gott als unser Ziel akzeptieren, wird die Freiheit
mit unserem Wachstum und unserer Entwicklung harmonisiert.
Unsere Bemühungen uns zu entwickeln und voranzuschreiten,
werden Dank des göttlichen Impulses und dem Verlangen nach
ewigem Leben einen Inhalt und einen Sinn haben. Wenn das
Verlangen nach Fortschritt und Aufstieg erst einmal durch die
Gottesanbetung reguliert wird, widerspricht das weder der
menschlichen Freiheit noch resultiert es in seiner
Versklavung.
Wir können nur beanspruchen Freiheit erlangt zu haben, wenn
wir absichtlich und bewusst mit dem universellen Aufstieg der
Welt, hin zur Perfektion, Schritt halten können, um die
Vorteile wissend, die dieses Handeln mit sich bringt. Der
Natur gegenüber Gehorsam zu zeigen, ist keine Freiheit, ebenso
wenig wie historische Unvermeidlichkeit keine Freiheit ist.
Denn wenn der Mensch sein eigenes Wohlergehen ignoriert und
dem Diktat der Natur folgt, so ist dies nichts anderes als
Sklaverei beziehungsweise blinder Gehorsam.
[21] „Isbat-i Vujud-i Khuda”
[22] „Bihar Al-Anwar”, Band III