L11 – Die Unvergleichbarkeit der göttlichen Attribute
Bei unseren Bemühungen den Schöpfer zu beschreiben und
Wissen über die Attribute Gottes zu sammeln, brauchen wir
idealer Weise Konzepte und Ausdrücke, die für uns nicht
erreichbar sind. Die Termini, die wir verwenden, sind nicht in
der Lage, uns bei der Erlangung unseres Ziels zu helfen - die
wirkliche Beschreibung Gottes. Dies, weil unser limitiertes
Verständnis keine Wahrnehmung für die Natur Gottes mit Seinen
endlosen Attributen hat. Denn Er steht über alle Konzepte, die
vom menschlichen Verstand geprägt und gestaltet werden.
Der Mensch, der in jederlei Hinsicht geschaffen und
limitiert ist, sollte nicht erwarten, dass er in der Lage sein
wird, ein nichtmaterielles Sein zu bewerten und zu
beschreiben, indem er Ihm materielle Attribute und
Charakteristika zuschreibt.
Eine Realität, die anderer Natur ist als zusammengesetzte
und natürliche Existenzformen, dessen absolute Macht und
unendliches Wissen alle Dinge umgibt, die in den Worten des
Korans als „(…) Nichts gibt es Seinesgleichen. (…)“ (Vgl.
Koran: Sure 42, Vers 11) beschrieben wird, solch eine
Realität, kann natürlich nicht in derselben Weise diskutiert
werden, wie gewöhnliche Themen.
Ali (Friede sei mit ihm), der Freund der Gottesfürchtigen,
sagte: „Wer immer Gott mit etwas vergleicht oder Ihn in etwas
integriert, oder auf Sein heiliges Wesen bezieht, hat in
Wirklichkeit nicht Ihn im Blick. Was immer der Mensch von der
Grundlage Seiner Essenz zu wissen glaubt, wird
notwendigerweise erschaffen sein. Gott ist der Erschaffer, der
Schöpfer. Was immer von etwas anderem als sich selbst abhängig
ist, wurde verursacht und ist erschaffen. Gott allein ist nur
eine Ursache.
Er schafft die Welten ohne die Zuhilfenahme von
Instrumenten. Er misst ohne auf Gedanken und Überlegungen
zurückgreifen zu müssen. Er ist frei von jeglicher
Bedürftigkeit und leitet sich auch keinen Profit von
irgendetwas ab. Raum und Zeit begleiten Ihn nicht. Werkzeuge
und Instrumente unterstützen Ihn nicht. Seine Existenz liegt
noch vor der Zeit, und Seine Vor-Ewigkeit liegt noch vor jedem
Anfang.
Er ist nicht durch irgendeine Limitation begrenzt, denn die
Phänomene sind es, die ihre Essenz durch ihre eigenen Grenzen
limitieren und es sind die Körper, die Ihresgleichen
kennzeichnen. Seine sakrale Essenz erlaubt das Konzept der
Bewegung und Bewegungslosigkeit nicht. Wie ist es dann
möglich, dass etwas Geschaffenes in den Phänomenen auch in
Seinem Sein existent wäre?
Wäre in Seinem Wesen Bewegung und Ruhe, Er wäre der
Mutation und der Veränderung ausgesetzt. Er wäre teilbar und
die Vor-Ewigkeit Seines Seins wäre negiert.
Er ist die Quelle aller Mächte und so kann keine Existenz
eine Wirkung auf Ihn haben. Letztlich ist Er der Schöpfer, der
sich weder verändert noch verschwindet und der sich vor
Menschen mit Wissen und Einsicht nicht verbirgt.“[29]
Der Grund, warum die Attribute Gottes so grundlegend
getrennt von den unsrigen sind und nicht durch einen Vergleich
mit unseren Attributen untersucht werden können, ist, weil die
Attribute dieser Quelle des Seins sich von allen anderen
Attributen der vorhandenen Existenzen unterscheiden.
Wir haben, zum Beispiel, die Fähigkeit, bestimmte Aufgaben
auszuführen, aber das ist nicht dasselbe, wie die Macht
Gottes. In unserem Fall ist das Attribut eine Sache und die
Entität, die sie beschreibt, eine andere. Wenn wir auf unser
Wissen stolz sind, sind das Wissen und wir nicht ein und
dasselbe. In unserer frühen Kindheit ist keine Spur dieses
Wissens in uns verankert, doch mit der Zeit lernen wir immer
mehr dazu. Wissen und Macht formen zwei deutliche Monopole in
unserem Dasein. Sie sind weder mit unserem Wesen identisch
noch sind sie miteinander vereint in unserer Existenz zu
finden. Diese Attribute sind Zufälle und unsere Essenz ist
eine Substanz, wobei beide unabhängig voneinander sind.
Doch die göttlichen Attribute sind grundlegend anders. Wenn
wir sagen, Gott ist allwissend und allmächtig, so ist damit
gemeint, dass Er die Quelle von Wissen und Macht ist: Das
Attribut ist also nicht etwas anderes als die Entität, die es
beschreibt, auch wenn es konzeptionell deutlicher ist. In
Wirklichkeit, sind Seine Attribute identisch mit Seiner
Essenz, denn Sein Wesen stellt keine Substanz dar, der Zufälle
anhaften könnten. Er ist das absolute Sein, identisch mit
Wissen, Macht, Leben, Stabilität und Erkenntnis. Er ist keiner
mentalen oder externen Grenze oder Einschränkung unterworfen.
Da wir im Herzen der Natur aufgezogen werden, mit ihr daher
auch zu jeder Zeit vertraut sind und da alles, was wir sehen
eine bestimmte Form und Dimension hat, eine Zeit und einen
Raum und auch all die anderen Eigenschaften, die Körpern
zueigen sind – kurz, aufgrund der Gewöhnung unseres Geistes an
natürliche Phänomene – versuchen wir alle Merkmale an den
Kriterien der Natur zu messen, sogar unsere rationalen und
intellektuellen Konzepte. Das Kriterium der Natur dient als
Ausgangspunkt für alle wissenschaftlichen und philosophischen
Ermittlungen.
Sich ein Sein vorzustellen, welches keines der
Eigenschaften der Materie hat und welches anders ist als
alles, was unser Verstand sich ausdenken kann, und Attribute
zu verstehen, die untrennbar sind vom Wesen, der Essenz, dafür
benötigt man nicht nur große Präzision, sondern uns wird
abverlangt, dass wir unsere Denkweise von allen materiellen
Existenzformen freimachen.
Ali (Friede sei mit ihm) hat sehr eloquent und
bedeutungsvoll über dieses Thema gesprochen. Er betonte, dass
man Gott nicht in einer Beschreibung gefangen halten kann:
„Reiner Monotheismus und perfekter Glaube bedeutet Seine
geweihte Essenz von allen Attributen der geschaffenen
Existenzen zu befreien und diese auszuschließen und zu
verneinen. Gott bewahre, dass Er durch solche Attribute
beschrieben werde, denn wenn Er so beschrieben wird, wirkt es
so, als sei jedes Attribut getrennt von seinem Besitzer und
diesem fremd. Wenn jemand etwas zur Beschreibung Gottes sagt,
sich dabei vorstellend, Seiner Essenz würde irgendein Attribut
hinzugefügt, so hat er Ihm einen Partner gemacht und damit
suggeriert, Er bestehe aus zwei Teilen. So ein Versuch Gott zu
beschreiben entspringt der Ignoranz und einem mangelnden
Bewusstsein.“[30]
Mentale Konzepte können Gott nicht durch Rückgriffe auf
endliche Attribute verdeutlicht werden, weil diese limitiert
sind, sind sie nicht auf Gottes Sein anwendbar. Jedes
Attribut, mit dem jeweiligen Inhalt, den es vermittelt ist
getrennt von allen anderen Attributen. Das Attribut des Lebens
unterscheidet sich vom Attribut der Macht, sie sind nicht
austauschbar. Es ist möglich, dass einige Ausprägungen all
diese Attribute mit einschließen, aber jede von ihnen hat
ihren lexikalischen Tenor.
Wenn der menschliche Geist einer Sache ein bestimmtes
Attribut zuschreibt, so ist es sein Ziel in einem gegebenen
Fall eine Art Einheit zwischen dem Attribut und der
beschriebenen Entität zu etablieren. Aber da das Attribut die
Entität konzeptionell verdeutlicht, verfügt der Verstand
unvermeidlich, dass die beiden getrennt voneinander bleiben.
Die einzige Methode, um das Wissen von Dingen, ist, indem man
diese mit Hilfe von geistigen Konzepten beschreibt, die sich
begrifflich unterscheiden und darum notwendigerweise endlich
sind. Diese Konzepte können daher nicht benutzt werden, um
Wissen über die am meisten transzendentale Realität zu
erlangen. Er ist erhaben über die Möglichkeit durch
Beschreibung bekannt zu werden und wer immer Gott mit einem
gegebenen Attribut limitiert, hat versagt etwas Wissen über
Ihn gelernt zu haben.
Durch das Erwähnen von einigen Beispielen können wir bis zu
einem gewissen Grad verstehen, wie man es vermeidet, Attribute
über die Essenz Gottes hinzuzufügen. Man beachte wie die Hitze
der Flammen eines Feuers an eine Umgebung übermittelt wird.
Hier ist eine der Qualitäten und Attribute des Feuers das
Brennen und die Verteilung von Wärme. Hat diese Qualität nur
einen Bereich der Existenz des Feuers besetzt? Natürlich
nicht, der gesamten Existenz des Feuers wohnt das Attribut des
Brennens und der Verbreitung von Wärme inne.
Imam Jaafar Sadiq (Friede sei mit ihm) antwortete auf
jemanden, der ihn nach der Natur Gottes fragte: „Er ist etwas
ganz anderes als alle anderen Dinge. Er allein ist mit der
eigentlichen Essenz des Seins identisch. Er hat keinen Körper
und keine Form. Die Sinne können ihn nicht wahrnehmen und er
kann nicht gesucht werden. Er entzieht sich den fünf Sinnen.
Fantasie und Imagination können Ihn nicht fassen. Der Gang der
Zeit und die Aufeinanderfolge der Lebensalter vermindern Ihn
in keiner Weise und Er ist von jeglicher Mutation und
Veränderung ausgeschlossen.“[31]
Die Einheit Gottes
Wenn man die Frage der göttlichen Einheit in religiösen
Diskursen aufwirft, wird sie für viele Themen gebraucht, den
Glauben an das Eins-Sein Seiner Essenz inbegriffen. So sind in
Bezug auf die Einheit der Attribute das Zusammenfügen der
Attribute und die Unterscheidung zwischen Essenz und Attribut
völlig ausgenommen. Deutlichkeit und Differenzierung beruhen
auf Limitation. Wenn wir einen Unterschied in den göttlichen
Attributen platzieren, so ist dies nur aufgrund unserer Ratio
und Reflektion berechtigt. Eine Vielzahl von Richtungen und
von hinzugefügten Attributen kann nicht das göttliche Wesen
als solches betreffen.
Wenn wir einen Körper in der Natur durch mehrfarbige Gläser
betrachten, so erscheint uns dieser Körper in einer
Aufeinanderfolge von verschiedenen Farben. Ebenso verhält es
sich mit dem einzigartigen, göttlichen Wesen, über welches wir
nachdenken. Manchmal schreiben wir dieser endlosen Existenz
Wissen zu, da es ein Fakt ist, dass Ihm alle Schöpfungen zu
jeder Zeit gegenwärtig sind und darum nennen wir Ihn dann den
„Allwissenden“. Zu anderen Zeiten sind wir uns Seiner
Fähigkeit alle Dinge zu erschaffen bewusst und so bezeichnen
wir Ihn dann als den „Allmächtigen“.
Wenn wir durch die diversen Blenden schauen, scheinen die
verschiedenen Attribute den Eigenschaften unseres limitierten
Seins zu ähneln und wir versuchen sie von Seiner unendlichen
Essenz zu trennen. Objektiv betrachtet, haben alle Konzepte,
die durch die verschiedenen Attribute vermittelt werden, eine
einzige Realität. Eine Realität, welche frei von jedem Mangel
und jedem Defekt ist, die höchste Perfektion besitzt, sei es
nun Macht, Barmherzigkeit, Wissen, Heiligkeit, Weisheit oder
Pracht.
Ali ibn abi Talib, der Führer der Gläubigen (Friede sei mit
ihm), sagte in der ersten Predigt, die in dem Buch „Nahj
Al-Balaghah“ festgehalten wurde: „Der Beginn der Religion ist
das Wissen um das reine, göttliche Wesen. Die Vollendung
dieses Wissens liegt in dem Glauben an diese heilige Existenz.
Der vollendete Glaube liegt wiederum in der aufrichtigen
Hingabe an Seiner Schwelle. Und die vollendete Hingabe ist
nichts anderes, als die Distanzierung dieses einzigartigen
Prinzips von allen Attributen der zusammengesetzten
Existenzformen.
Gib acht, denn Er kann nicht mit irgendeinem Attribut
beschrieben werden, denn dann würde ein Unterschied zwischen
Ihn und dem Attribut entstehen. Wer immer versucht Ihn mit
einem Attribut zu beschreiben, kreiert im Endeffekt ein Bild
und einen Partner von Ihm, er sieht in Gott vielmehr zwei. Wer
immer in Gott zwei sieht, bemüht sich um eine Teilung Seiner
Existenz. So eine Person mangelt es an jeglichem Wissen und
Einsicht was die Natur des einzigartigen Seins Gottes
betrifft, und er ist (in diesem Sinne) blind und ignorant.
Derjenige, welcher der Sehkraft beraubt ist, wird auf Gott
zeigen (d. h. Ihn auf eine bestimmte Zeit an einem bestimmten
Ort beschränken) und wer immer dies tut, belegt den Schöpfer
allen Seins mit einschränkenden Grenzen und macht Ihn endlich.
Wer immer Ihn auf diese Weise limitiert und einschränkt,
erachtet Ihn als eine messbare Quantität. Wer immer fragt, „Wo
ist Gott?“, macht unabsichtlich einen Körper aus Ihm, der
wiederum in einem weiteren Körper steckt. Und wer immer fragt,
„Womit beschäftigt sich Gott?“, stellt unabsichtlich fest,
dass es Bereiche gibt, die frei von Ihm sind.“
So ist jedes Attribut unendlich und koexistiert mit der
Unendlichkeit des Wesens. Gott ist frei von endlichen
Attributen, die sich womöglich voneinander unterscheiden und
getrennt sind von Seiner Essenz.
Haben wir erst realisiert, dass Gottes Sein von Ihm selbst
abgeleitet wird, so folgt daraus, dass eine absolute Existenz
in jederlei Hinsicht unendlich ist. Wenn Sein und Nicht-Sein,
beides für eine Entität undenkbar ist, muss es, um zu
existieren, sein Dasein von einer externen Ursache bekommen.
Die Entstehung durch sich selbst ist unmöglich. Es gibt daher
nur das absolute Sein, welches durch sich selbst existiert.
Alle anderen Realitäten ordnen sich dieser unter und sind nur
durch dieses absolute Sein erkennbar als das, was sie sind.
Ist eine Essenz erst einmal identisch mit seiner eigenen
Existenz, ist sie unendlich in bezug auf Wissen, Macht,
Selbsterzeugung und Ewigkeit, weil all diese Formen des Seins
zusammen mit dem Identisch-Sein von Essenz und Existenz
notwendigerweise jegliche Vollendung im unendlichen Maße
besitzen.
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Die Einheit, ist eines der hauptsächlichsten Attribute
Gottes. Alle himmlischen Religionen mit ihren ursprünglichen
und nicht verzerrten Lehren, haben die Menschheit zu einer
reinen Bekräftigung der Einheit Gottes aufgerufen, unverdorben
von der Zuschreibung von Partnern neben Ihm. Solche
Zuschreibungen von Partnern, mit all ihren Varianten und
Dimensionen, ist der größte Irrtum, denen der Mensch verfallen
kann. Sie sind als Resultat der Ignoranz, einem mangelnden
Bewusstsein, durch das Abwenden von der Führung der Vernunft
und den Lehren der Propheten in der Geschichte der Menschheit
immer wieder vorgekommen.
Wenn die Menschen durch korrekte Gedanken, die Beweise der
Vernunft und die Leitung der Propheten an einen Gott geglaubt
hätten, es wäre ihnen unmöglich gewesen Ihn durch irgendwelche
zusammengesetzte Phänomene zu ersetzen oder geschaffene Dinge
an Seine Stelle zu stellen und zu glauben irgendeine andere
Existenz könnte Sein Partner sein oder gleiche Befehlsgewalt
besitzen und die Schicksale der Welt kontrollieren oder auch
nur einen Teil in der Verwaltung der Ordnung der Welt
einnehmen.
Wenn unzählige Götter die Welt regierten und jeder dieser
Götter würde agieren und befehlen, dem eigenen Willen
entsprechend, die Ordnung des Universums würde in einer
Anarchie enden.
Der Koran sagt: „Gäbe es in ihnen (Himmel und Erde) Götter
außer Gott, dann wären sie wahrlich zerrüttet. Gepriesen sei
denn Gott, der Herr des Thrones, hoch erhaben über das, was
sie aussagen!“ (Vgl. Koran: Sure 21, Vers 22)
Wenn wir Gott als Einen bezeichnen, so tun wir dies, weil
Er kein Körper ist. Ein Körper ist eine Ansammlung von vielen
verschiedenen Elementen, die vereinigt ein ganzes Sein
verursachen. Zusammenschlüsse, Teilungen und Generierung sind
alles Attribute von bedingten Existenzformen und Körpern. Wir
negieren sie daher, wenn es um Gott geht und erklären, dass
alles, was durch Zusammenschlüsse und Prozesse in die Existenz
gelangt, weder Gott ist noch Ähnlichkeit mit Gott besitzen
kann.
Es ist möglich, sich innerhalb einer gegebenen Kategorie
Pluralität vorzustellen, wenn man von Limitationen wie
Quantität, Qualität und Zeit spricht. Gott jedoch ist durch
nichts dergleichen limitiert und es ist daher unmöglich Ihn
mit etwas zu begreifen, was Seinesgleichen ist.
Wenn wir uns die Essenz des Wassers vor Augen führen, ohne
irgendein limitierendes Attribut und diese Übung mehrmals
wiederholen, so wird nichts zu unserer ursprünglichen
Vorstellung des Wassers hinzugefügt. Denn zuerst haben wir uns
Wasser im absoluten Sinne vorgestellt, das durch keine
Bedingung begrenzt wurde. Es ist unmöglich, ob quantitativ
oder qualitativ, dass wir es uns in unseren folgenden
Versuchen gedanklich vorstellen und dabei eine neue Hypothese
zum Wasser auftritt.
Wenn wir aber zu der Essenz des Wassers bestimmte
limitierende Faktoren dazurechnen, die äußerlich sind,
erscheinen in unserem Geist verschiedene Formen und Beispiele
des Wassers und mit ihnen Pluralität. Beispiele dieser Welt
wären Regenwasser, Quellwasser, Flusswasser, Meerwasser, all
diese wurden zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten
hier und dort beobachtet. Wenn wir die ganzen begrenzenden
Attribute eliminieren und wieder auf die fundamentale Essenz
des Wassers schauen, werden wir sehen, dass es frei von
Dualität ist und eine einzelne Essenz hat.
Wir müssen uns bewusst sein, dass jedes Sein, welches zu
einer bestimmten Zeit existiert, seine Existenz durch die
Umstände seiner Zeit definiert. Das heißt, jedes Sein wird nur
innerhalb eines spezifischen zeitlich bedingten Rahmens
existieren und auch nur solange, wie in dieser Zeitspanne die
nötigen Bedingungen bestehen.
Wenn wir dann über ein Sein sprechen, dass zu jeder Zeit
und an jedem Ort präsent ist und welches den höchsten
vorstellbaren Grad an Vollendung besitzt - und außer diesem
ist nichts perfekt oder absolut und frei von jeglicher
Abhängigkeit – müssen wir realisieren, dass eine
zugeschriebene Dualität bei solch einer erhabenen Realität
dazu führt, sie zu limitieren und endlich zu machen.
Tatsächlich ist Gott im numerischen Sinne nicht Eins,
sodass wir uns Ihn als erstes Glied einer Kategorie vorstellen
können, auf das gleich das nächste, zweite folgt. Sein
Eins-Sein ist von solcher Art, dass wir, wenn wir uns etwas
Zweites mit Ihm vorstellen, dieses Zweite gleich dem Ersten
ist.
Da die Vielzahl der Dinge auf die begrenzten Umstände
beruhen, die sie voneinander differenzieren, wäre es total
irrational eine zweites Sein zu postulieren, dass frei von
allen Grenzen und Beschränkungen ist. Die Existenz des Zweiten
würde bedeuten, dass das Erste Grenzen und Einschränkungen
hatte. Und wenn Grenzen und Einschränkungen ausgeschlossen
sind, können wir nicht zwei Existenzen haben, denn unser Bild
des Zweiten wäre nichts weiter als eine Wiederholung des
Ersten.
Die Doktrin der göttlichen Einheit bedeutet, sich Gott als
alleinigen Gott vorzustellen. Unter Ausschluss aller
Existenzformen der Phänomene wird Seine heilige Existenz
komplett bestätigt. Betrachten wir Sein Dasein zusammen mit
den Existenzen aus der Welt der Phänomene, so wird Seine
Existenz ebenso komplett bestätigt. Wenn wir aber, ganz in
Gegenteil, auf die bedingten Phänomene schauen, Gott dabei
ausschließen, so können sie in keinerlei Weise als existent
erklärt werden, denn ihr Sein wird durch einen Schöpfer
bedingt, der ihr Erzeuger und ihr Erhalter ist.
Wann immer wir Gott Grenze und Bedingung zuschreiben,
bedeutet dies, dass Gott aufhört zu existieren, sobald diese
Schranke und Bedingung aufhört zu sein. Gottes Existenz ist
jedoch nicht Konditionen und der Pluralität unterworfen und
die Vernunft kann daher kein zweites Seiner Kategorie
postulieren.
Lasst uns ein Bild dazu machen: Angenommen, die Welt ist
unendlich – sie hat keine Grenzen und wohin wir auch reisen,
wir kommen nie an ihr Ende. Könnten wir uns bei so einer Idee
der Welt der Körper, deren Dimensionen unendlich sind, eine
zusätzliche Welt der Körper vorstellen, endlich oder
unendlich? Sicherlich können wir das nicht, denn das Konzept
einer unendlichen Welt der Körper schließt notwendigerweise
die Existenz solch einer weiteren Welt aus. Wenn wir versuchen
uns noch so eine Welt vorzustellen, wird sie entweder mit der
ersten identisch oder ein Teil von ihr sein.
Bedenkend, dass die göttliche Essenz ein absolutes Sein
ist, die Existenz eines zweiten Seins zu postulieren, dass Ihm
gleicht, ist genauso, als wenn wir uns eine unendliche Welt
der Körper vorstellen und dazu noch eine zweite unendliche
Körperwelt, die neben dieser koexistiert. Mit anderen Worten,
es ist unmöglich.
Es ist daher klar, dass die Bedeutung von Gottes Eins-Sein
nicht bedeutet, dass Er nicht auch zwei ist. Es ist so, dass
das zweite nicht vorstellbar ist und dass der ausschließende
Besitz der Göttlichkeit durch Seine Essenz bedingt wird.
Er hebt sich von allem anderen als sich selbst deutlich ab,
und zwar nicht mittels irgendeiner Limitierung, sondern durch
Seine Essenz selbst, die sich klar von allem Anderen
unterscheidet. Alle anderen Dinge werden im Gegensatz dazu
nicht durch ihre Essenz unterschieden, sondern vielmehr durch
Gott.
_____
Wir sehen, dass die weit reichenden Wechselbeziehungen und
die Harmonie unter allen Einzelteilen der Welt bestehen. Der
Mensch produziert das Kohlendioxid, welches Pflanzen zum atmen
brauchen und die Pflanzen wiederum produzieren den für den
Menschen so lebenswichtigen Sauerstoff. Das Resultat dieser
Wechselbeziehung zwischen Mensch und Pflanze, erhält immer
eine bestimmte Menge des Sauerstoffs. Wäre es nicht so, keine
Spur menschlichen Lebens würde auf der Erde verbleiben.
Die Menge an Wärme, welche die Erde durch die Sonne
bekommt, korrespondiert mit dem Wärmebedarf der Lebewesen
dieses Planeten. Die Geschwindigkeit der Erdrotation um die
Sonne und die Distanz, die sie von der zentralen Energiequelle
Sonne hat und auch die Wärme, alles hat ein bestimmtes Maß.
Der Abstand zwischen Erde und Sonne zum Beispiel bestimmt die
Menge der Hitze, die auf der Erde das Leben ermöglicht. Wäre
die Geschwindigkeit der Erdrotation hundert Meilen pro Stunde,
statt der tausend Meilen, wie es jetzt ist, unsere Tage und
Nächte wären zehnmal so lang. Dies hätte zur Folge, dass die
Intensität der Sonnenhitze tagsüber die Pflanzen verbrennen
würde und in der kalten winterlichen Nacht würden die
Sprösslinge am Boden gefrieren.
Wenn auf der anderen Seite, die Strahlen der Sonne um die
Hälfte reduziert werden würden, alle lebenden Existenzen
würden aufgrund der extremen Kälte gefrieren. Würde man die
Hitze der Sonne verdoppeln, würde Leben auf der Erde gar nicht
erst entstehen können. Wäre der Mond von der Erde weiter
entfernt, die Gezeiten würden stark und heftig genug sein, um
Berge aus dem Boden zu heben.
In diesem Licht betrachtet, erscheint die Welt als Karawane
von Reisenden, die alle miteinander, gleich einer Kette,
verbunden sind. Alle ihre Teile, ob klein oder groß, streben
kooperativ in eine einzige Richtung vorwärts. Überall in
dieser Architektur des Seins erfüllt alles seine bestimmte
Funktion und alle Dinge ergänzen einander. Ein tiefgründiges,
unsichtbares Bindeglied verbindet jedes einzelne Atom mit den
anderen Atomen.
Eine Welt, die reich an Einheit ist, muss daher
notwendigerweise mit der einzigen Quelle verbunden sein. Das
Sein wird von einem bestimmten Ursprung abgeleitet, wenn die
Gesamtheit des Universums eins ist, muss auch ihr Schöpfer
eins sein. Der Fakt, dass der Schöpfer Einheit in der Vielheit
der geschaffenen Welt hervorbringt, ist an sich schon ein
überzeugender Beleg Seines geschlossenen Eins-Seins, Seiner
Macht und Seiner Weisheit.
Der Koran sagt: „Sprich: Habt ihr eure Götter gesehen, die
ihr statt Gott anruft? Zeigt mir, was sie von der Erde
erschufen. Oder haben sie einen Anteil (an der Schöpfung) der
Himmel? Oder haben Wir ihnen ein Buch gegeben, dass sie einen
Beweis daraus hätten? Nein, die Frevler verheißen einander nur
Trug. Gott allein hält die Himmel und die Erde, dass sie nicht
wanken. Und wankten sie wirklich, so gäbe es keinen, der sie
halten könnte nach Ihm. Fürwahr, Er ist langmütig,
allverzeihend.“ (Vgl. Koran: Sure 35, Vers 40-41)
Die uns innewohnende Natur, die eine fundamentale Dimension
unserer Existenz darstellt, bestätigt das Eins-Sein Gottes. In
schweren Krisen und harten Zeiten ist unser Wunsch auf einen
Punkt fokussiert. Wir wenden uns in eine Richtung und
vertrauen Ihm unser Herz an.
Einer der Studenten des Imam Jaafar Sadiq (Friede sei mit
ihm) fragte ihn: „Welchen Beweis gibt es für das Eins-Sein
Gottes?“
Der Imam antwortete: „Der Beleg für Sein Eins-Sein sind die
Wechselbeziehungen und die Kontinuität der Schöpfung, die
grundlegende Ordnung des Seins, die über alles herrscht. Gott
sagt im Koran: „Gäbe es in den Himmeln und der Erde einen
Schöpfer außer Gott, dessen Ordnung würde verschwinden und die
Welt würde zerstört werden.“[32]
So widerlegt die Regularität und Ausführlichkeit der
Ordnung, die alles beherrscht die Theorie, dass es womöglich
mehrere Götter gibt, welche die gleichen oder mehrere Sphären
regieren würden.
_____
Obwohl der Koran die Einheit und Weisheit Gottes in der
Schöpfung betont, erwähnt er auch die Ursachen und Mittel, die
den göttlichen Befehl implementieren. Er sagt: „Gott hat
Wasser vom Himmel hernieder gesandt und damit die Erde belebt
nach ihrem Tod. Wahrlich, darin ist ein Zeichen für Leute, die
hören mögen.“ (Vgl. Koran: Sure 16, Vers 65)
Wenn wir den Schluss, dass Gott allein mit dem schaffen,
ordnen und managen des gesamten Universums beschäftigt ist,
erreichen und dass alle Quellen für Wirkungen und Kausalität
Seinem Willen und Seinem Befehl untergeordnet sind, die
zugewiesenen Rollen einnehmend, die Gott für sie bestimmte,
wenn wir zu diesem Schluss kommen, wie können wir da glauben,
dass irgendein anderes Sein den Rang Gottes haben könnte und
uns vor diesem dann verbeugen? Der Koran sagt: „Unter Seinen
Zeichen sind die Nacht und der Tag und die Sonne und der Mond.
Werfet euch nicht vor der Sonne anbetend nieder und auch nicht
vor dem Mond, sondern werfet euch anbetend nieder vor Gott,
der sie erschuf, wenn Er es ist, den ihr verehren
möchtet.“(Vgl. Koran: Sure 41, Vers 37)
[29] „Nahj Al-Balaghah”, Predigt 181
[30] „Nahj Al-Balaghah” (Ed. Fayz Al-Islam)
[31] „Usul Al-Kafi”, Band „Kitab at-Tauhid”
[32] „Usul Al-Kafi“, Band „Kitab at-Tauhid“