Gottes Attribute

Inhaltsverzeichnis

Gott und seine Attribute

Sayyid Mudschtaba Musawi Lari

Lektionen in der Islamischen Doktrin - Buch I

Frei übersetzt unter Aufsicht von Dr. Mohammad Razavi Rad - übersetzt von A. Malik

L11 – Die Unvergleichbarkeit der göttlichen Attribute

Bei unseren Bemühungen den Schöpfer zu beschreiben und Wissen über die Attribute Gottes zu sammeln, brauchen wir idealer Weise Konzepte und Ausdrücke, die für uns nicht erreichbar sind. Die Termini, die wir verwenden, sind nicht in der Lage, uns bei der Erlangung unseres Ziels zu helfen - die wirkliche Beschreibung Gottes. Dies, weil unser limitiertes Verständnis keine Wahrnehmung für die Natur Gottes mit Seinen endlosen Attributen hat. Denn Er steht über alle Konzepte, die vom menschlichen Verstand geprägt und gestaltet werden.

Der Mensch, der in jederlei Hinsicht geschaffen und limitiert ist, sollte nicht erwarten, dass er in der Lage sein wird, ein nichtmaterielles Sein zu bewerten und zu beschreiben, indem er Ihm materielle Attribute und Charakteristika zuschreibt.

Eine Realität, die anderer Natur ist als zusammengesetzte und natürliche Existenzformen, dessen absolute Macht und unendliches Wissen alle Dinge umgibt, die in den Worten des Korans als „(…) Nichts gibt es Seinesgleichen. (…)“ (Vgl. Koran: Sure 42, Vers 11) beschrieben wird, solch eine Realität, kann natürlich nicht in derselben Weise diskutiert werden, wie gewöhnliche Themen.

Ali (Friede sei mit ihm), der Freund der Gottesfürchtigen, sagte: „Wer immer Gott mit etwas vergleicht oder Ihn in etwas integriert, oder auf Sein heiliges Wesen bezieht, hat in Wirklichkeit nicht Ihn im Blick. Was immer der Mensch von der Grundlage Seiner Essenz zu wissen glaubt, wird notwendigerweise erschaffen sein. Gott ist der Erschaffer, der Schöpfer. Was immer von etwas anderem als sich selbst abhängig ist, wurde verursacht und ist erschaffen. Gott allein ist nur eine Ursache.

Er schafft die Welten ohne die Zuhilfenahme von Instrumenten. Er misst ohne auf Gedanken und Überlegungen zurückgreifen zu müssen. Er ist frei von jeglicher Bedürftigkeit und leitet sich auch keinen Profit von irgendetwas ab. Raum und Zeit begleiten Ihn nicht. Werkzeuge und Instrumente unterstützen Ihn nicht. Seine Existenz liegt noch vor der Zeit, und Seine Vor-Ewigkeit liegt noch vor jedem Anfang.

Er ist nicht durch irgendeine Limitation begrenzt, denn die Phänomene sind es, die ihre Essenz durch ihre eigenen Grenzen limitieren und es sind die Körper, die Ihresgleichen kennzeichnen. Seine sakrale Essenz erlaubt das Konzept der Bewegung und Bewegungslosigkeit nicht. Wie ist es dann möglich, dass etwas Geschaffenes in den Phänomenen auch in Seinem Sein existent wäre?

Wäre in Seinem Wesen Bewegung und Ruhe, Er wäre der Mutation und der Veränderung ausgesetzt. Er wäre teilbar und die Vor-Ewigkeit Seines Seins wäre negiert.

Er ist die Quelle aller Mächte und so kann keine Existenz eine Wirkung auf Ihn haben. Letztlich ist Er der Schöpfer, der sich weder verändert noch verschwindet und der sich vor Menschen mit Wissen und Einsicht nicht verbirgt.“[29]

Der Grund, warum die Attribute Gottes so grundlegend getrennt von den unsrigen sind und nicht durch einen Vergleich mit unseren Attributen untersucht werden können, ist, weil die Attribute dieser Quelle des Seins sich von allen anderen Attributen der vorhandenen Existenzen unterscheiden.

Wir haben, zum Beispiel, die Fähigkeit, bestimmte Aufgaben auszuführen, aber das ist nicht dasselbe, wie die Macht Gottes. In unserem Fall ist das Attribut eine Sache und die Entität, die sie beschreibt, eine andere. Wenn wir auf unser Wissen stolz sind, sind das Wissen und wir nicht ein und dasselbe. In unserer frühen Kindheit ist keine Spur dieses Wissens in uns verankert, doch mit der Zeit lernen wir immer mehr dazu. Wissen und Macht formen zwei deutliche Monopole in unserem Dasein. Sie sind weder mit unserem Wesen identisch noch sind sie miteinander vereint in unserer Existenz zu finden. Diese Attribute sind Zufälle und unsere Essenz ist eine Substanz, wobei beide unabhängig voneinander sind.

Doch die göttlichen Attribute sind grundlegend anders. Wenn wir sagen, Gott ist allwissend und allmächtig, so ist damit gemeint, dass Er die Quelle von Wissen und Macht ist: Das Attribut ist also nicht etwas anderes als die Entität, die es beschreibt, auch wenn es konzeptionell deutlicher ist. In Wirklichkeit, sind Seine Attribute identisch mit Seiner Essenz, denn Sein Wesen stellt keine Substanz dar, der Zufälle anhaften könnten. Er ist das absolute Sein, identisch mit Wissen, Macht, Leben, Stabilität und Erkenntnis. Er ist keiner mentalen oder externen Grenze oder Einschränkung unterworfen.

Da wir im Herzen der Natur aufgezogen werden, mit ihr daher auch zu jeder Zeit vertraut sind und da alles, was wir sehen eine bestimmte Form und Dimension hat, eine Zeit und einen Raum und auch all die anderen Eigenschaften, die Körpern zueigen sind – kurz, aufgrund der Gewöhnung unseres Geistes an natürliche Phänomene – versuchen wir alle Merkmale an den Kriterien der Natur zu messen, sogar unsere rationalen und intellektuellen Konzepte. Das Kriterium der Natur dient als Ausgangspunkt für alle wissenschaftlichen und philosophischen Ermittlungen.

Sich ein Sein vorzustellen, welches keines der Eigenschaften der Materie hat und welches anders ist als alles, was unser Verstand sich ausdenken kann, und Attribute zu verstehen, die untrennbar sind vom Wesen, der Essenz, dafür benötigt man nicht nur große Präzision, sondern uns wird abverlangt, dass wir unsere Denkweise von allen materiellen Existenzformen freimachen.

Ali (Friede sei mit ihm) hat sehr eloquent und bedeutungsvoll über dieses Thema gesprochen. Er betonte, dass man Gott nicht in einer Beschreibung gefangen halten kann: „Reiner Monotheismus und perfekter Glaube bedeutet Seine geweihte Essenz von allen Attributen der geschaffenen Existenzen zu befreien und diese auszuschließen und zu verneinen. Gott bewahre, dass Er durch solche Attribute beschrieben werde, denn wenn Er so beschrieben wird, wirkt es so, als sei jedes Attribut getrennt von seinem Besitzer und diesem fremd. Wenn jemand etwas zur Beschreibung Gottes sagt, sich dabei vorstellend, Seiner Essenz würde irgendein Attribut hinzugefügt, so hat er Ihm einen Partner gemacht und damit suggeriert, Er bestehe aus zwei Teilen. So ein Versuch Gott zu beschreiben entspringt der Ignoranz und einem mangelnden Bewusstsein.“[30]

Mentale Konzepte können Gott nicht durch Rückgriffe auf endliche Attribute verdeutlicht werden, weil diese limitiert sind, sind sie nicht auf Gottes Sein anwendbar. Jedes Attribut, mit dem jeweiligen Inhalt, den es vermittelt ist getrennt von allen anderen Attributen. Das Attribut des Lebens unterscheidet sich vom Attribut der Macht, sie sind nicht austauschbar. Es ist möglich, dass einige Ausprägungen all diese Attribute mit einschließen, aber jede von ihnen hat ihren lexikalischen Tenor.

Wenn der menschliche Geist einer Sache ein bestimmtes Attribut zuschreibt, so ist es sein Ziel in einem gegebenen Fall eine Art Einheit zwischen dem Attribut und der beschriebenen Entität zu etablieren. Aber da das Attribut die Entität konzeptionell verdeutlicht, verfügt der Verstand unvermeidlich, dass die beiden getrennt voneinander bleiben. Die einzige Methode, um das Wissen von Dingen, ist, indem man diese mit Hilfe von geistigen Konzepten beschreibt, die sich begrifflich unterscheiden und darum notwendigerweise endlich sind. Diese Konzepte können daher nicht benutzt werden, um Wissen über die am meisten transzendentale Realität zu erlangen. Er ist erhaben über die Möglichkeit durch Beschreibung bekannt zu werden und wer immer Gott mit einem gegebenen Attribut limitiert, hat versagt etwas Wissen über Ihn gelernt zu haben.

Durch das Erwähnen von einigen Beispielen können wir bis zu einem gewissen Grad verstehen, wie man es vermeidet, Attribute über die Essenz Gottes hinzuzufügen. Man beachte wie die Hitze der Flammen eines Feuers an eine Umgebung übermittelt wird. Hier ist eine der Qualitäten und Attribute des Feuers das Brennen und die Verteilung von Wärme. Hat diese Qualität nur einen Bereich der Existenz des Feuers besetzt? Natürlich nicht, der gesamten Existenz des Feuers wohnt das Attribut des Brennens und der Verbreitung von Wärme inne.

Imam Jaafar Sadiq (Friede sei mit ihm) antwortete auf jemanden, der ihn nach der Natur Gottes fragte: „Er ist etwas ganz anderes als alle anderen Dinge. Er allein ist mit der eigentlichen Essenz des Seins identisch. Er hat keinen Körper und keine Form. Die Sinne können ihn nicht wahrnehmen und er kann nicht gesucht werden. Er entzieht sich den fünf Sinnen. Fantasie und Imagination können Ihn nicht fassen. Der Gang der Zeit und die Aufeinanderfolge der Lebensalter vermindern Ihn in keiner Weise und Er ist von jeglicher Mutation und Veränderung ausgeschlossen.“[31]

Die Einheit Gottes

Wenn man die Frage der göttlichen Einheit in religiösen Diskursen aufwirft, wird sie für viele Themen gebraucht, den Glauben an das Eins-Sein Seiner Essenz inbegriffen. So sind in Bezug auf die Einheit der Attribute das Zusammenfügen der Attribute und die Unterscheidung zwischen Essenz und Attribut völlig ausgenommen. Deutlichkeit und Differenzierung beruhen auf Limitation. Wenn wir einen Unterschied in den göttlichen Attributen platzieren, so ist dies nur aufgrund unserer Ratio und Reflektion berechtigt. Eine Vielzahl von Richtungen und von hinzugefügten Attributen kann nicht das göttliche Wesen als solches betreffen.

Wenn wir einen Körper in der Natur durch mehrfarbige Gläser betrachten, so erscheint uns dieser Körper in einer Aufeinanderfolge von verschiedenen Farben. Ebenso verhält es sich mit dem einzigartigen, göttlichen Wesen, über welches wir nachdenken. Manchmal schreiben wir dieser endlosen Existenz Wissen zu, da es ein Fakt ist, dass Ihm alle Schöpfungen zu jeder Zeit gegenwärtig sind und darum nennen wir Ihn dann den „Allwissenden“. Zu anderen Zeiten sind wir uns Seiner Fähigkeit alle Dinge zu erschaffen bewusst und so bezeichnen wir Ihn dann als den „Allmächtigen“.

Wenn wir durch die diversen Blenden schauen, scheinen die verschiedenen Attribute den Eigenschaften unseres limitierten Seins zu ähneln und wir versuchen sie von Seiner unendlichen Essenz zu trennen. Objektiv betrachtet, haben alle Konzepte, die durch die verschiedenen Attribute vermittelt werden, eine einzige Realität. Eine Realität, welche frei von jedem Mangel und jedem Defekt ist, die höchste Perfektion besitzt, sei es nun Macht, Barmherzigkeit, Wissen, Heiligkeit, Weisheit oder Pracht.

Ali ibn abi Talib, der Führer der Gläubigen (Friede sei mit ihm), sagte in der ersten Predigt, die in dem Buch „Nahj Al-Balaghah“ festgehalten wurde: „Der Beginn der Religion ist das Wissen um das reine, göttliche Wesen. Die Vollendung dieses Wissens liegt in dem Glauben an diese heilige Existenz. Der vollendete Glaube liegt wiederum in der aufrichtigen Hingabe an Seiner Schwelle. Und die vollendete Hingabe ist nichts anderes, als die Distanzierung dieses einzigartigen Prinzips von allen Attributen der zusammengesetzten Existenzformen.

Gib acht, denn Er kann nicht mit irgendeinem Attribut beschrieben werden, denn dann würde ein Unterschied zwischen Ihn und dem Attribut entstehen. Wer immer versucht Ihn mit einem Attribut zu beschreiben, kreiert im Endeffekt ein Bild und einen Partner von Ihm, er sieht in Gott vielmehr zwei. Wer immer in Gott zwei sieht, bemüht sich um eine Teilung Seiner Existenz. So eine Person mangelt es an jeglichem Wissen und Einsicht was die Natur des einzigartigen Seins Gottes betrifft, und er ist (in diesem Sinne) blind und ignorant.

Derjenige, welcher der Sehkraft beraubt ist, wird auf Gott zeigen (d. h. Ihn auf eine bestimmte Zeit an einem bestimmten Ort beschränken) und wer immer dies tut, belegt den Schöpfer allen Seins mit einschränkenden Grenzen und macht Ihn endlich. Wer immer Ihn auf diese Weise limitiert und einschränkt, erachtet Ihn als eine messbare Quantität. Wer immer fragt, „Wo ist Gott?“, macht unabsichtlich einen Körper aus Ihm, der wiederum in einem weiteren Körper steckt. Und wer immer fragt, „Womit beschäftigt sich Gott?“, stellt unabsichtlich fest, dass es Bereiche gibt, die frei von Ihm sind.“

So ist jedes Attribut unendlich und koexistiert mit der Unendlichkeit des Wesens. Gott ist frei von endlichen Attributen, die sich womöglich voneinander unterscheiden und getrennt sind von Seiner Essenz.

Haben wir erst realisiert, dass Gottes Sein von Ihm selbst abgeleitet wird, so folgt daraus, dass eine absolute Existenz in jederlei Hinsicht unendlich ist. Wenn Sein und Nicht-Sein, beides für eine Entität undenkbar ist, muss es, um zu existieren, sein Dasein von einer externen Ursache bekommen. Die Entstehung durch sich selbst ist unmöglich. Es gibt daher nur das absolute Sein, welches durch sich selbst existiert. Alle anderen Realitäten ordnen sich dieser unter und sind nur durch dieses absolute Sein erkennbar als das, was sie sind. Ist eine Essenz erst einmal identisch mit seiner eigenen Existenz, ist sie unendlich in bezug auf Wissen, Macht, Selbsterzeugung und Ewigkeit, weil all diese Formen des Seins zusammen mit dem Identisch-Sein von Essenz und Existenz notwendigerweise jegliche Vollendung im unendlichen Maße besitzen.

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Die Einheit, ist eines der hauptsächlichsten Attribute Gottes. Alle himmlischen Religionen mit ihren ursprünglichen und nicht verzerrten Lehren, haben die Menschheit zu einer reinen Bekräftigung der Einheit Gottes aufgerufen, unverdorben von der Zuschreibung von Partnern neben Ihm. Solche Zuschreibungen von Partnern, mit all ihren Varianten und Dimensionen, ist der größte Irrtum, denen der Mensch verfallen kann. Sie sind als Resultat der Ignoranz, einem mangelnden Bewusstsein, durch das Abwenden von der Führung der Vernunft und den Lehren der Propheten in der Geschichte der Menschheit immer wieder vorgekommen.

Wenn die Menschen durch korrekte Gedanken, die Beweise der Vernunft und die Leitung der Propheten an einen Gott geglaubt hätten, es wäre ihnen unmöglich gewesen Ihn durch irgendwelche zusammengesetzte Phänomene zu ersetzen oder geschaffene Dinge an Seine Stelle zu stellen und zu glauben irgendeine andere Existenz könnte Sein Partner sein oder gleiche Befehlsgewalt besitzen und die Schicksale der Welt kontrollieren oder auch nur einen Teil in der Verwaltung der Ordnung der Welt einnehmen.

Wenn unzählige Götter die Welt regierten und jeder dieser Götter würde agieren und befehlen, dem eigenen Willen entsprechend, die Ordnung des Universums würde in einer Anarchie enden.

Der Koran sagt: „Gäbe es in ihnen (Himmel und Erde) Götter außer Gott, dann wären sie wahrlich zerrüttet. Gepriesen sei denn Gott, der Herr des Thrones, hoch erhaben über das, was sie aussagen!“ (Vgl. Koran: Sure 21, Vers 22)

Wenn wir Gott als Einen bezeichnen, so tun wir dies, weil Er kein Körper ist. Ein Körper ist eine Ansammlung von vielen verschiedenen Elementen, die vereinigt ein ganzes Sein verursachen. Zusammenschlüsse, Teilungen und Generierung sind alles Attribute von bedingten Existenzformen und Körpern. Wir negieren sie daher, wenn es um Gott geht und erklären, dass alles, was durch Zusammenschlüsse und Prozesse in die Existenz gelangt, weder Gott ist noch Ähnlichkeit mit Gott besitzen kann.

Es ist möglich, sich innerhalb einer gegebenen Kategorie Pluralität vorzustellen, wenn man von Limitationen wie Quantität, Qualität und Zeit spricht. Gott jedoch ist durch nichts dergleichen limitiert und es ist daher unmöglich Ihn mit etwas zu begreifen, was Seinesgleichen ist.

Wenn wir uns die Essenz des Wassers vor Augen führen, ohne irgendein limitierendes Attribut und diese Übung mehrmals wiederholen, so wird nichts zu unserer ursprünglichen Vorstellung des Wassers hinzugefügt. Denn zuerst haben wir uns Wasser im absoluten Sinne vorgestellt, das durch keine Bedingung begrenzt wurde. Es ist unmöglich, ob quantitativ oder qualitativ, dass wir es uns in unseren folgenden Versuchen gedanklich vorstellen und dabei eine neue Hypothese zum Wasser auftritt.

Wenn wir aber zu der Essenz des Wassers bestimmte limitierende Faktoren dazurechnen, die äußerlich sind, erscheinen in unserem Geist verschiedene Formen und Beispiele des Wassers und mit ihnen Pluralität. Beispiele dieser Welt wären Regenwasser, Quellwasser, Flusswasser, Meerwasser, all diese wurden zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten hier und dort beobachtet. Wenn wir die ganzen begrenzenden Attribute eliminieren und wieder auf die fundamentale Essenz des Wassers schauen, werden wir sehen, dass es frei von Dualität ist und eine einzelne Essenz hat.

Wir müssen uns bewusst sein, dass jedes Sein, welches zu einer bestimmten Zeit existiert, seine Existenz durch die Umstände seiner Zeit definiert. Das heißt, jedes Sein wird nur innerhalb eines spezifischen zeitlich bedingten Rahmens existieren und auch nur solange, wie in dieser Zeitspanne die nötigen Bedingungen bestehen.

Wenn wir dann über ein Sein sprechen, dass zu jeder Zeit und an jedem Ort präsent ist und welches den höchsten vorstellbaren Grad an Vollendung besitzt - und außer diesem ist nichts perfekt oder absolut und frei von jeglicher Abhängigkeit – müssen wir realisieren, dass eine zugeschriebene Dualität bei solch einer erhabenen Realität dazu führt, sie zu limitieren und endlich zu machen.

Tatsächlich ist Gott im numerischen Sinne nicht Eins, sodass wir uns Ihn als erstes Glied einer Kategorie vorstellen können, auf das gleich das nächste, zweite folgt. Sein Eins-Sein ist von solcher Art, dass wir, wenn wir uns etwas Zweites mit Ihm vorstellen, dieses Zweite gleich dem Ersten ist.

Da die Vielzahl der Dinge auf die begrenzten Umstände beruhen, die sie voneinander differenzieren, wäre es total irrational eine zweites Sein zu postulieren, dass frei von allen Grenzen und Beschränkungen ist. Die Existenz des Zweiten würde bedeuten, dass das Erste Grenzen und Einschränkungen hatte. Und wenn Grenzen und Einschränkungen ausgeschlossen sind, können wir nicht zwei Existenzen haben, denn unser Bild des Zweiten wäre nichts weiter als eine Wiederholung des Ersten.

Die Doktrin der göttlichen Einheit bedeutet, sich Gott als alleinigen Gott vorzustellen. Unter Ausschluss aller Existenzformen der Phänomene wird Seine heilige Existenz komplett bestätigt. Betrachten wir Sein Dasein zusammen mit den Existenzen aus der Welt der Phänomene, so wird Seine Existenz ebenso komplett bestätigt. Wenn wir aber, ganz in Gegenteil, auf die bedingten Phänomene schauen, Gott dabei ausschließen, so können sie in keinerlei Weise als existent erklärt werden, denn ihr Sein wird durch einen Schöpfer bedingt, der ihr Erzeuger und ihr Erhalter ist.

Wann immer wir Gott Grenze und Bedingung zuschreiben, bedeutet dies, dass Gott aufhört zu existieren, sobald diese Schranke und Bedingung aufhört zu sein. Gottes Existenz ist jedoch nicht Konditionen und der Pluralität unterworfen und die Vernunft kann daher kein zweites Seiner Kategorie postulieren.

Lasst uns ein Bild dazu machen: Angenommen, die Welt ist unendlich – sie hat keine Grenzen und wohin wir auch reisen, wir kommen nie an ihr Ende. Könnten wir uns bei so einer Idee der Welt der Körper, deren Dimensionen unendlich sind, eine zusätzliche Welt der Körper vorstellen, endlich oder unendlich? Sicherlich können wir das nicht, denn das Konzept einer unendlichen Welt der Körper schließt notwendigerweise die Existenz solch einer weiteren Welt aus. Wenn wir versuchen uns noch so eine Welt vorzustellen, wird sie entweder mit der ersten identisch oder ein Teil von ihr sein.

Bedenkend, dass die göttliche Essenz ein absolutes Sein ist, die Existenz eines zweiten Seins zu postulieren, dass Ihm gleicht, ist genauso, als wenn wir uns eine unendliche Welt der Körper vorstellen und dazu noch eine zweite unendliche Körperwelt, die neben dieser koexistiert. Mit anderen Worten, es ist unmöglich.

Es ist daher klar, dass die Bedeutung von Gottes Eins-Sein nicht bedeutet, dass Er nicht auch zwei ist. Es ist so, dass das zweite nicht vorstellbar ist und dass der ausschließende Besitz der Göttlichkeit durch Seine Essenz bedingt wird.

Er hebt sich von allem anderen als sich selbst deutlich ab, und zwar nicht mittels irgendeiner Limitierung, sondern durch Seine Essenz selbst, die sich klar von allem Anderen unterscheidet. Alle anderen Dinge werden im Gegensatz dazu nicht durch ihre Essenz unterschieden, sondern vielmehr durch Gott.

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Wir sehen, dass die weit reichenden Wechselbeziehungen und die Harmonie unter allen Einzelteilen der Welt bestehen. Der Mensch produziert das Kohlendioxid, welches Pflanzen zum atmen brauchen und die Pflanzen wiederum produzieren den für den Menschen so lebenswichtigen Sauerstoff. Das Resultat dieser Wechselbeziehung zwischen Mensch und Pflanze, erhält immer eine bestimmte Menge des Sauerstoffs. Wäre es nicht so, keine Spur menschlichen Lebens würde auf der Erde verbleiben.

Die Menge an Wärme, welche die Erde durch die Sonne bekommt, korrespondiert mit dem Wärmebedarf der Lebewesen dieses Planeten. Die Geschwindigkeit der Erdrotation um die Sonne und die Distanz, die sie von der zentralen Energiequelle Sonne hat und auch die Wärme, alles hat ein bestimmtes Maß. Der Abstand zwischen Erde und Sonne zum Beispiel bestimmt die Menge der Hitze, die auf der Erde das Leben ermöglicht. Wäre die Geschwindigkeit der Erdrotation hundert Meilen pro Stunde, statt der tausend Meilen, wie es jetzt ist, unsere Tage und Nächte wären zehnmal so lang. Dies hätte zur Folge, dass die Intensität der Sonnenhitze tagsüber die Pflanzen verbrennen würde und in der kalten winterlichen Nacht würden die Sprösslinge am Boden gefrieren.

Wenn auf der anderen Seite, die Strahlen der Sonne um die Hälfte reduziert werden würden, alle lebenden Existenzen würden aufgrund der extremen Kälte gefrieren. Würde man die Hitze der Sonne verdoppeln, würde Leben auf der Erde gar nicht erst entstehen können. Wäre der Mond von der Erde weiter entfernt, die Gezeiten würden stark und heftig genug sein, um Berge aus dem Boden zu heben.

In diesem Licht betrachtet, erscheint die Welt als Karawane von Reisenden, die alle miteinander, gleich einer Kette, verbunden sind. Alle ihre Teile, ob klein oder groß, streben kooperativ in eine einzige Richtung vorwärts. Überall in dieser Architektur des Seins erfüllt alles seine bestimmte Funktion und alle Dinge ergänzen einander. Ein tiefgründiges, unsichtbares Bindeglied verbindet jedes einzelne Atom mit den anderen Atomen.

Eine Welt, die reich an Einheit ist, muss daher notwendigerweise mit der einzigen Quelle verbunden sein. Das Sein wird von einem bestimmten Ursprung abgeleitet, wenn die Gesamtheit des Universums eins ist, muss auch ihr Schöpfer eins sein. Der Fakt, dass der Schöpfer Einheit in der Vielheit der geschaffenen Welt hervorbringt, ist an sich schon ein überzeugender Beleg Seines geschlossenen Eins-Seins, Seiner Macht und Seiner Weisheit.

Der Koran sagt: „Sprich: Habt ihr eure Götter gesehen, die ihr statt Gott anruft? Zeigt mir, was sie von der Erde erschufen. Oder haben sie einen Anteil (an der Schöpfung) der Himmel? Oder haben Wir ihnen ein Buch gegeben, dass sie einen Beweis daraus hätten? Nein, die Frevler verheißen einander nur Trug. Gott allein hält die Himmel und die Erde, dass sie nicht wanken. Und wankten sie wirklich, so gäbe es keinen, der sie halten könnte nach Ihm. Fürwahr, Er ist langmütig, allverzeihend.“ (Vgl. Koran: Sure 35, Vers 40-41)

Die uns innewohnende Natur, die eine fundamentale Dimension unserer Existenz darstellt, bestätigt das Eins-Sein Gottes. In schweren Krisen und harten Zeiten ist unser Wunsch auf einen Punkt fokussiert. Wir wenden uns in eine Richtung und vertrauen Ihm unser Herz an.

Einer der Studenten des Imam Jaafar Sadiq (Friede sei mit ihm) fragte ihn: „Welchen Beweis gibt es für das Eins-Sein Gottes?“

Der Imam antwortete: „Der Beleg für Sein Eins-Sein sind die Wechselbeziehungen und die Kontinuität der Schöpfung, die grundlegende Ordnung des Seins, die über alles herrscht. Gott sagt im Koran: „Gäbe es in den Himmeln und der Erde einen Schöpfer außer Gott, dessen Ordnung würde verschwinden und die Welt würde zerstört werden.“[32]

So widerlegt die Regularität und Ausführlichkeit der Ordnung, die alles beherrscht die Theorie, dass es womöglich mehrere Götter gibt, welche die gleichen oder mehrere Sphären regieren würden.

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Obwohl der Koran die Einheit und Weisheit Gottes in der Schöpfung betont, erwähnt er auch die Ursachen und Mittel, die den göttlichen Befehl implementieren. Er sagt: „Gott hat Wasser vom Himmel hernieder gesandt und damit die Erde belebt nach ihrem Tod. Wahrlich, darin ist ein Zeichen für Leute, die hören mögen.“ (Vgl. Koran: Sure 16, Vers 65)

Wenn wir den Schluss, dass Gott allein mit dem schaffen, ordnen und managen des gesamten Universums beschäftigt ist, erreichen und dass alle Quellen für Wirkungen und Kausalität Seinem Willen und Seinem Befehl untergeordnet sind, die zugewiesenen Rollen einnehmend, die Gott für sie bestimmte, wenn wir zu diesem Schluss kommen, wie können wir da glauben, dass irgendein anderes Sein den Rang Gottes haben könnte und uns vor diesem dann verbeugen? Der Koran sagt: „Unter Seinen Zeichen sind die Nacht und der Tag und die Sonne und der Mond. Werfet euch nicht vor der Sonne anbetend nieder und auch nicht vor dem Mond, sondern werfet euch anbetend nieder vor Gott, der sie erschuf, wenn Er es ist, den ihr verehren möchtet.“(Vgl. Koran: Sure 41, Vers 37)

[29] „Nahj Al-Balaghah”, Predigt 181

[30] „Nahj Al-Balaghah” (Ed. Fayz Al-Islam)

[31] „Usul Al-Kafi”, Band „Kitab at-Tauhid”

[32] „Usul Al-Kafi“, Band „Kitab at-Tauhid“

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