L17 - Einige Aspekte der Ungleichheit
Nehmen wir einmal an, dass der Eigentümer einer Fabrik
erfahrene und unerfahrene Arbeiter einstellt, um die
Produktion am Laufen zu halten und das Geschehen zu verwalten.
Wenn es an der Zeit ist, die Löhne auszuzahlen, bekommen die
qualifizierten Mitarbeiter, deren Arbeitsplatz ein höheres
Niveau hat, mehr Geld als die ungelernten Arbeiter. Ist jetzt
der Unterschied im Gehalt gerecht oder ungerecht? Handelt der
Besitzer der Fabrik fair oder unfair?
Ohne Zweifel gibt es hier einen Unterschied, aber wir
können ihn nicht Diskriminierung nennen. Gerechtigkeit
bedeutet nicht, dass der Fabrikbesitzer einem ungelernten das
Gleiche geben muss wie einem gelernten Arbeiter. Es bedeutet
vielmehr, dass er jeder Gruppe gibt, was ihr zusteht. Solch
eine Regel wird den vergleichenden Wert jeder Arbeit klar
darstellen und zu einem guten Arbeitsklima beitragen.
In solchen Fällen Unterscheidungen zu machen, ist eine
eloquente und praktische Form von Gerechtigkeit. Dies nicht zu
tun, käme einer Unterdrückung und einer Diskriminierung gleich
und wäre ungerecht. Es wäre das Ergebnis einer inadäquaten
Würdigung der unterschiedlichen Dinge, die relativen Wert
besitzen. Wenn wir auf die Welt als Ganzes schauen und ihre
zahlreichen Teile analysieren, sehen wir, dass jedes Teil
seine eigene spezielle Position und Funktion hat und dass
jedes Teil in den Qualitäten gekleidet ist, die dafür geeignet
sind. In diesem Licht betrachtet, können wir die Notwendigkeit
von Veränderung im menschlichen Leben verstehen, helle und
dunkle Zeiten, Erfolg und Misserfolg, um das generelle
Equilibrium der Welt aufrecht zu erhalten.
Wäre die Welt uniform, ohne Variation oder einem
Unterschied, die reichhaltigen und multiplen Spezies des Seins
würden nicht existieren. Es ist genau diese reiche Vielfalt,
die existiert, welche uns die Pracht und die Großartigkeit
dieser Welt sehen lassen. Unser Urteil der Dinge wäre logisch,
korrekt und akzeptierbar, wenn wir das im Universum
vorherrschende Gleichgewicht berücksichtigen würden, die
zahlreichen Wechselbeziehungen und die miteinander nützlich
verbundenen Teile betrachten würden – nicht aber, wenn wir nur
ein Teil isoliert vom Ganzen prüfen.
Die Ordnung der Schöpfung basiert auf dem Equilibrium, der
Lern- bzw. Aufnahmefähigkeit und den Kapazitäten. Was fest in
der Schöpfung etabliert ist, ist die Differenzierung und nicht
die Diskriminierung. Diese Beobachtung macht es uns möglich,
die Angelegenheit noch objektiver und spezifischer zu
untersuchen. Diskriminierung bedeutet zwischen zwei Objekten
zu unterscheiden, welche die gleiche Aufnahmefähigkeit
besitzen und welche unter den gleichen Umständen existieren.
Differenzierung bedeutet einen Unterschied unter den
Fähigkeiten, die nicht gleich sind und die nicht unter den
gleichen Umständen unterworfen sind, zu machen.
Es wäre falsch, wenn wir sagen, dass es besser für jede
Sache der Welt wäre, wenn sie uniform und undifferenziert
wäre, denn alle Bewegung, Aktivität und jeglicher lebendiger
Austausch, den wir in der Welt sehen können, ist durch die
Differenzierung möglich.
Wenn erst einmal der Kontrast zwischen Schönem und
Hässlichem vorhanden ist, hat der Mensch zahlreiche Wege,
Schönheit zu erfahren und wahrzunehmen. Die Anziehung, die das
Schöne auf uns ausübt, ist in gewisser Weise die Reflektion
des Hässlichen und die Macht des Abstoßenden.
Wenn der Mensch nicht geprüft und versucht werden würde,
Rechtschaffenheit und Tugend würden keine Bedeutung haben, und
es gäbe keinen Grund seine Seele zu verfeinern und nichts,
wovor wir unsere Wünsche zurückhalten müssten.
Wenn eine ganze Leinwand in einer uniformen Art bedeckt
ist, können wir nicht von einem Bild sprechen, es ist die
Variation der Farbe und das Detail, welche die Fertigkeit des
Künstlers aufzeigen.
Um die Identität einer Sache zu kennen ist es notwendig,
dass man es von anderen unterscheiden kann, denn das Maß,
womit wir Dinge oder Personen erkennen, sind ihre inneren oder
äußeren Unterschiede, die sie haben.
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Ein Wunder der Schöpfung ist die Vielfalt der Eigenschaften
und Gaben, mit denen Existenzformen versehen sind. Um das
Fortbestehen des sozialen Lebens sicherzustellen, hat die
Schöpfung jedem Individuum einen bestimmten Satz an Geschmack
und Eigenschaften gegeben, deren Wechselspiel die Ordnung der
Gesellschaft sicherstellt. Jedes Individuum erfüllt etwas in
der Gesellschaft und trägt so dazu bei, ihre Probleme zu
lösen.
Der natürliche Unterschied der Individuen angesichts ihrer
Fähigkeiten bewirkt, dass sie sich gegenseitig brauchen. Jeder
übernimmt je nach Geschmack und Fähigkeit einige Aufgaben der
Gesellschaft, und dass auf diese Weise sichergestellte soziale
Leben macht es dem Menschen möglich, voranzuschreiten und
Fortschritte zu machen.
Ein Gebäude oder ein Flugzeug besteht, zum Beispiel, aus
vielen separaten Teilen, komplexe und detailierte Komponenten,
die sich stark voneinander in Form und Größe unterscheiden.
Diese Unterschiede kommen durch die Verantwortung zustande,
die jedes Einzelstück dem Ganzen gegenüber hat.
Würde dieser Unterschied nicht in der Struktur des
Flugzeugs bestehen, es wäre kein Flugzeug mehr, sondern eine
Ansammlung von gemischten Metallen. Wenn Differenzierung ein
Zeichen von wirklicher Gerechtigkeit im Flugzeug ist, muss es
auch eine Indikation für die göttliche Gerechtigkeit in allen
Geschöpfen der Welt sein, den Menschen eingeschlossen.
Zusätzlich muss uns bewusst sein, dass die Differenzierung
der Existenzformen auch Teil ihrer Essenz ist. Gott kreiert
nicht alles mit der separaten und diskreten Ausübung Seines
Willens, Sein Wille wird nicht individuell ausgeübt. Die ganze
Welt vom Anfang bis zum Ende kam mit einer einzigen Bewegung
Seines Willens ins die Existenz.
Es gibt daher ein bestimmte Gesetze und eine Ordnung, die
alle Dimensionen der Schöpfung kontrolliert. Innerhalb des
Rahmens der Kausalität weist es jedem einen bestimmten Rang
und Position zu. Gottes Wille die Welt zu erschaffen und zu
regulieren ist äquivalent zu dieser gewollten Ordnung, die Er
etablierte.
Es gibt definitive, philosophische Beweise, welche diese
Sache unterstützen, der Koran sagt: „Wir haben ein jegliches
Ding nach Maß geschaffen. Und Unser Befehl wird (vollzogen)
mit einem einzigen (Wort) gleich dem Blinzeln des Auges.“
(Vgl. Koran: Sure 54, Vers 49-50)
Es wäre falsch sich vorzustellen, die Differenzierung und
Beziehung, die Gott in Seiner Schöpfung etabliert hat, sei von
gleicher Art wie die konventionellen Beziehungen, die in der
menschlichen Gesellschaft vorkommen. Gottes Verbindung mit
Seinen Geschöpfen ist nicht bloß eine Konvention oder eine
Frage der Wahrnehmung. Es ist eine Verbindung, die aus dem Akt
der Schöpfung hervorkommt. Die Ordnung, die Er in alle Dinge
gelegt hat, ist das Ergebnis, dass Er sie kreiert hat. Jedes
Sein bekommt von Gott die Menge an Perfektion und Schönheit,
die es in der Lage ist zu empfangen.
Gäbe es keine bestimmte Ordnung, welche die Welt regieren
würde, jedes Sein würde im Lauf seiner Bewegungen neue
Existenzformen erzeugen und die Ursachen und Wirkungen würden
ihre Plätze tauschen. Doch es muss verstanden werden, dass die
wesentlichen Wechselbeziehungen unter den Dingen fest und
notwendig sind. Die Station und die Eigenschaft, die einer
Sache erwiesen werden, haften untrennbar an dieser fest, ganz
gleich, welchen Rang und auf welcher Stufe die Existenz auch
stehen mag. Kein Phänomen kann über die ihm bestimmte Stufe
hinaus gehen und den Grad besetzen, der für eine andere
Existenz vorgesehen ist. Differenzierung ist eine
Begleiterscheinung der verschiedenen Stufen des Seins, die dem
Sein verschiedene Anteile an Schwächen und Stärken, Mangel und
Perfektion zuweist.
Es wäre Diskriminierung, wenn zwei Phänomene die gleiche
Kapazität hätten, um Perfektion zu erlangen, aber nur einem
von ihnen würde sie gewährt werden und dem anderen nicht.
Die Ebenen der Existenzformen, die es in der Ordnung gibt,
können nicht mit dem konventionellen Rang von menschlichen
Gesellschaften verglichen werden. Sie sind nicht wirklich
konventionell und nicht transferierbar. Zum Beispiel können
Menschen und Tiere nicht im gleichen Sinne miteinander die
Plätze tauschen wie es Individuen untereinander bei Positionen
und Posten der Gesellschaft tun, die es zu besetzen gilt.
Die Beziehung, die jede Ursache mit einer Wirkung verbindet
und jede Wirkung mit einer Ursache, kommt aus der Essenz der
Ursache selbst hervor bzw. aus der Wirkung. Wenn etwas eine
Ursache ist, dann, wegen einer Eigenschaft, die darin
untrennbar vorhanden ist. Und wenn etwas eine Wirkung ist, so
ist dies aufgrund einer Qualität so, welche darin inhärent
ist, die nichts anderes als der Modus dieses Seins ist.
Es ist daher eine essenzielle und umfassende Ordnung, die
alle Phänomene verbindet und der Grad eines jeden Phänomens
innerhalb einer Ordnung ist identisch mit ihrer Essenz. Eine
Differenzierung hängt insofern mit einem Mangel in der Essenz
zusammen, es ist keine Diskriminierung, denn das Ergießen von
Gottes Gaben reicht allein nicht aus, um ins Sein der Realität
zu gelangen. Die Rezeptivität des Gefäßes, welches die Gabe
erhalten soll, ist ebenso notwendig. Darum leiden bestimmte
Existenzen am Entzug und schaffen es nicht höhere Stadien zu
erreichen; es ist unmöglich, dass etwas die Kapazität für ein
Sein oder eine andere Perfektion besitzt und Gott ihm diese
nicht gewährt.
Bei den Zahlen ist es ebenso: Jede Zahl hat ihren eigenen
festgelegten Platz. Die Zwei kommt nach der Eins und kann mit
ihr nicht tauschen. Wenn wir den Platz der Zahlen wechseln,
müssen wir gleichzeitig auch ihre Essenz verändern.
Es ist daher klar, dass alle Phänomene ihren festgelegten
Rang und ihre Modalitäten besitzen und Serien von stabilen und
unveränderlichen Gesetzen untergeordnet sind. Das göttliche
Gesetz formt keine getrennt geschaffene Entität, sondern ist
ein abstraktes Konzept, welches sich aus der Art und Weise
erschließt, in der die Dinge als seiend betrachtet werden. Das
was externe Existenz hat, besteht einerseits aus Ebenen und
Graden des Seins und andererseits aus einem System von
Ursachen und Wirkungen. Nichts geschieht außerhalb dieses
Systems, welches nichts anderes ist als die göttliche Norm,
die im Koran erwähnt wird: „Aber in Gottes Verfahren wirst du
nie eine Änderung finden; und in Gottes Verfahren wirst du nie
einen Wechsel finden.“ (Vgl. Koran: Sure 35, Vers 43)
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Die Ordnung der Schöpfung basiert auf einer Serie von
Gesetzen, die inhärent in ihrer Essenz sind. Der Platz eines
jeden Phänomens ist klar definiert, und die Existenz ist eine
notwendige Konsequenz der systematischen Natur der Schöpfung,
die zwangsläufig einer Vielfalt und Differenzierung Raum gibt.
Vielfalt und Unterschiede haben sich nicht selbst
erschaffen, sie sind die untrennbaren Attribute aller
Phänomene. Jeder Partikel im Universum erhält, wofür er das
Potential besitzt zu erhalten, keine Ungerechtigkeit oder
Diskriminierung widerfährt ihm und die Perfektion des
Universums – die in ihrer präzisen und unveränderlichen
Ordnung einer Tabelle mit Multiplikationsaufgaben ähnelt –
wird dadurch sicher gestellt.
Materialisten, welche die Existenz von Variation und
Differenzierung in der natürlichen Ordnung als Beleg für die
Unterdrückung und die Ungerechtigkeit sehen und sich
vorstellen, dass die Welt nicht von Gerechtigkeit regiert
wird, werden unweigerlich das Leben als schwer, unangenehm und
ermüdend empfinden.
Das hastige Urteil der Materialisten, wenn sie mit Schwere
und Not konfrontiert werden, gleicht dem Verdikt eines Kindes,
das dem Gärtner beim Beschneiden von gesunden, grünen Ästen
von Bäumen im Frühling zuschaut. Ihm sind die Gründe und die
Wichtigkeit des Stutzens nicht bewusst. Das Kind wird den
Gärtner für destruktiv und ignorant halten.
Wenn alle Gaben der Welt dem Materialisten zur Verfügung
ständen, er wäre immer noch nicht zufrieden. Denn wenn man die
Welt erst einmal für sinnlos hält und glaubt sie basiere auf
Ungerechtigkeit, wird es für den Menschen bedeutungslos nach
Gerechtigkeit zu suchen. In einer Welt, die kein Ziel hat,
braucht der Mensch sich keine Ziele mehr setzen.
Wenn der Ursprung des Menschen und sein Schicksal all das
wäre, was der Materialist beschreibt, gleich dem Gras, welches
wächst und dann verschwindet, so müsste der Mensch das
miserabelste Geschöpf sein. Denn er würde in einer Welt leben,
zu der es ihm an Verbundenheit, Verträglichkeit und Harmonie
fehlt. Gedanken, Gefühle und Emotionen würden in ihm
Beunruhigung hervorrufen und er würde sich vorkommen wie ein
grausamer Witz, den ihm die Natur gespielt hat, um seine
Misere zu vergrößern und sein Leid zu erweitern.
Wäre ein Mann voller Initiative und Genialität und würde
sich dem Dienst der Menschlichkeit verschreiben, was für einen
Vorteil hätte er davon? Der Ruhm, die Gedenkfeiern und die
Zeremonien, die an seinem Grab abgehalten werden, würden ihm
nichts mehr nützen. Sie würden nur dazu dienen, dass er eine
hohle Legende wird, denn die Person selbst ist in dem Falle
nichts anderes als eine von der Natur zusammengefügte Form
gewesen, die einige Tage zu ihrem Amüsement existierte und um
dann wieder zu einer Handvoll Staub zu zerfallen.
Wenn wir uns das Schicksal der Mehrheit der Menschen
anschauen, die ständig mit zahlreichen Sorgen, Trauer,
Einsamkeit und Versagen zu kämpfen haben, wird das Bild noch
freudloser. Das einzige Paradies, die der Materialismus dem
Menschen mit so einer Sichtweise anbietet ist die Hölle des
Terrors und des Schmerzes. Die materialistische Meinung, dass
der Mensch keine Wahl und keine Freiheit hätte, macht aus
diesem eine noch armseligere Kreatur.
Die monodimensionale Weltanschauung des Materialismus
betrachtet den Menschen als eine Art Automat mit der Mechanik
und Dynamik der Zellen, die von der Natur bedient werden. Kann
die menschliche Intelligenz und sein Instinkt – nicht zu
vergessen, die Realitäten des Seins – solch eine banale und
kleinliche Interpretation des Menschen, seines Lebens und
seines Schicksals akzeptieren?
Wäre diese Interpretation wahr, der Mensch wäre so unfähig
Glück zu erfahren wie es die Puppe eines Kindes tut. In so
einer Situation wäre der Mensch genötigt, sich seine eigenen
Leidenschaften und Inklinationen zu schaffen, welche die Basis
der Moralität und der Maßstab für Werte bilden würden. Alles
würde am persönlichen Profit und Verlust gemessen. Er würde
sein Bestes geben, um jegliches Hindernis aus seinem Weg zu
räumen und die Einschränkungen seiner fleischlichen Begierden
lockern. Würde er es nicht tun, wäre er altmodisch und
ignorant.
Jeder, der nur ein wenig Einsicht besitzt und die Frage
sogar mit Desinteresse und Leidenschaftslosigkeit beurteilt,
wird diese kurzsichtige und irreale Vorstellung für unzulässig
erklären, ganz gleich wie heraus geputzt die philosophische
und wissenschaftliche Sophisterei auch wäre.
Ein Mensch mit einer religiösen Weltsicht, betrachtet die
Welt als ein planmäßiges System, welches Bewusstsein, Wille,
Wahrnehmung und Ziele besitzt. Die höchste, Gerechtigkeit
verteilende Intelligenz Gottes herrscht über das Universum und
jedem Partikel des Seins und überwacht alle Handlungen und
Taten. Ein religiöser Mensch wird daher ein
Verantwortungsgefühl gegenüber dem Bewusstsein haben, welches
die Welt regiert, und wissen, dass eine Welt, die von Gott
geschaffen und administriert wird, notwendigerweise auch eine
Welt der Einheit, der Harmonie und des Guten ist. Er wird
verstehen, dass die Widersprüche und das Üble nur eine
epi-phänomenale Existenz sind und er wird versuchen, eine
fundamentale Rolle beim Erreichen der Einheit und der Harmonie
zu spielen.
Mehr noch, nach dieser Weltanschauung, die weite Horizonte
für den Menschen vorsieht, ist die Welt nicht nur auf diese
irdische eingeschränkt. Und selbst die irdische Welt ist nicht
nur auf materielles Wohlergehen oder dem Frei-Sein von
Anstrengung und Schmerz begrenzt. Der Gläubige sieht die Welt
als einen Weg, der überquert werden muss, als einen Platz des
Testes, als eine Arena des Einsatzes. In dieser Welt wird die
Rechtschaffenheit der menschlichen Handlungen getestet. Zu
Beginn des nächsten Lebens werden die guten und die schlechten
Gedanken, Glaubensgrundsätze und Taten des Menschen in höchst
akkurater Weise gemessen. Gottes Gerechtigkeit wird in ihrer
Wirklichkeit offenbart und was immer der Mensch in dieser Welt
erleiden musste, ob materielle oder andersartige
Benachteiligungen, es wird ihm wieder gutgeschrieben werden.
Im Licht des Schicksals, das den Menschen erwartet und
aufgrund der essenziellen Nichtigkeit von Gütern der
materiellen Welt, orientiert sich der Mensch ausschließlich an
Gott. Sein Ziel ist es für Gott zu leben und zu sterben. Der
Wandel dieser Welt beansprucht nicht mehr seine
Aufmerksamkeit. Er sieht in flüchtigen Dingen das, was sie
sind, und er lässt nichts zu, wodurch sein Herz verführt
werden könnte. Denn er weiß, dass die Kräfte der Verführung
seine Humanität verwelken lassen würden und ihn in den Strudel
der materialistischen Verirrung hinab führen könnten.
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Abschließend kann man hinzufügen, dass selbst trotz der
Frage der Rezeptivität, die Existenz des Unterschieds in der
Welt nicht die Ungerechtigkeit impliziert. Unterdrückung und
Ungerechtigkeit bedeuten, dass jemand der Diskriminierung
ausgesetzt ist, obwohl er Anspruch auf Gleichheit hat. Aber
Existenzen haben keine „Ansprüche“ an Gott noch hatten sie
diese je gehabt, sodass die Erhöhung einiger Dinge vor anderen
nicht als ungerecht bezeichnet werden kann.
Nichts ist wirklich von uns selbst: Jeder Atemzug, jedes
Herzklopfen, jeder Gedanke und jede Idee, die uns durch den
Kopf geht, sind von einem Vorrat, der nicht unser Eigentum
ist, und wir haben nichts dazu beigetragen, dass sich dieser
anhäufte. Dieser Vorrat ist ein Geschenk Gottes, welches Er
uns zum Zeitpunkt unserer Geburt erwies.
Wenn wir erst einmal verstehen, dass alles, was wir haben,
nichts außer Gottes Geschenk ist, wird es uns offensichtlich,
dass die Unterschiede in den Geschenken, die Er dem Menschen
macht, auf Seiner Weisheit basieren und nichts mit
Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit zu tun haben, denn es steht
außer Frage, dass wir einen Verdienst oder Anspruch darauf
haben.
Dieses endliche und temporäre Leben ist für uns ein
Geschenk Gottes. Er hat absolute Macht über die Quantitäten zu
entscheiden und welche Art von Geschenk Er machen möchte. Wir
dagegen haben keinen Anspruch darauf. Wir haben darum nicht
das Recht, es abzulehnen, selbst wenn uns das umsonst
Bekommene gering und belanglos erscheint.