Zunächst aber sind zwei
wichtige Eigenschaften von Imam Khamene'i zu erwähnen;
erstens: Sein starkes Gedächtnis. Imam Khamene'i kennt nicht
nur die wichtigsten Ereignisse und Personen der Weltpolitik
der letzten 40 Jahre und verfügt somit über eine immense
Wissensbasis, er kennt auch alle Strömungen und politischen
Leitlinien in den islamischen Ländern. Vor allem kennt er
jeden Politiker und jede Persönlichkeit des letzten
Jahrhunderts im Iran. Selbst von "einfachen" Leuten behält
er Jahrzehntelang sehr gewöhnliche Ereignisse im Gedächtnis,
dass es einen zum Staunen bringt. Zweitens: Sein besonnenes
und gerechtes Verhalten, selbst gegenüber den Feinden. Bei
seinen hunderten öffentlichen Reden und über zweihundert
Freitagsansprachen hat man noch nie erlebt, dass er etwas
übertreibt, jemanden mit unanständigen Wörtern beschimpft,
sich selbst lobt, seine Gegner persönlich angreift und
beleidigt, falsche Aussagen macht oder seine Zuhörer gar
anlügt. Selbst während des Krieges und in der schwierigsten
Zeit der Islamischen Revolution hat er das Maß der
islamischen Gebote nie überschritten. Seine wirkungsvollen
Aussagen haben immerzu nicht nur seine Anhänger beeindruckt,
sondern auch seine Gegner in Erstaunen versetzt.
Ein sehr
lange nachwirkendes religiöses Dekret und ein Schrecken für
die ganze westliche Welt war und ist die Fatwa von Imam
Khomeini (r.) gegen den gotteslästernden Autor Ruschdie
(siehe hierzu [14]). Viele im Westen hatten gehofft, dass
mit dem Nachfolger Imam Khomeinis auch die Fatwa
verschwinden würde. Aber Imam Khamene'i hatte schon sehr
frühzeitig klar und unmissverständlich Stellung bezogen. Bei
seiner Reise als Staatspräsident in das damalige
Jugoslawien (20.2.1989), besuchte er auch Sarajewo
(21.2.1989). Dort wurde er von Hunderttausenden begeisterter
Muslime empfangen. Von einem Reporter angesprochen auf das
Urteil, antwortete er: "Der Todespfeil ist abgeschossen
und geht unbeirrt auf sein Ziel zu". Und auch bei
seinem China-Besuch kurz danach, wobei er u.a. die
Mio-Nio-Chieh Moschee in Bejing (Peking) besuchte (10. Mai
1989) bekräftigte er (am 12. Mai): "Die Kugel ist
abgeschossen, sie trägt seinen Namen und wird früher oder
später ihr Ziel erreichen". Und im Sommer 1995, als die
westlichen Medien davon träumten, dass manche
Regierungsmitglieder der Islamischen Republik Iran mit der
Europäischen Union eine schriftlich fixierte Abschwächung
der Fatwa (islamisches Rechtsgutachten) von Imam Khomeini
(r.) aushandeln würden, ließ Imam Khamene'i die Aktion zum
Erstaunen zahlreicher politischer Beobachter im letzten
Moment scheitern.
Trauriges Folgeereignis der
Jugoslawienreise, der ersten Europareise von Imam
Khamene'i, ist der grausame und brutale Krieg der Serben mit
westlicher und östlicher Hilfe gegen die Muslime. Fast
könnte man denken, dass das muslimische Volk in Bosnien
nicht nur für seinen Glauben, sondern insbesondere für seine
Liebe zur islamischen Führung und seine Sympathie für die
Islamische Revolution im Iran bestraft werden soll.
Während seiner
Präsidentschaft hat Imam Khamene'i auch Pakistan, Indien,
Libyen, Syrien, Algerien, Mozambique, Angola, Tansania,
Simbabwe, Rumänien, Nordkorea und, wie bereits erwähnt,
China besucht. Es ist deutlich zu beobachten, dass in vielen
Ländern bzw. Regionen Imam Khamene'is Worte von der
Bevölkerungen mit Begeisterung aufgenommen wurden, und
seine Gespräche mit den Verantwortlichen wichtige Beiträge
für politische Entwicklungen waren.
Bei seinem Besuch in
Pakistan (13.-15. Januar 1986) war der Empfang durch das
Volk so überwältigend, dass sich der damalige
Staatspräsident Zia-ul-Haq offensichtlich unwohl fühlte,
hatte er selbst doch nie eine solche Begeisterung von seinem
Volk erfahren. Selbst die anwesenden westlichen
Medienvertreter waren vom Empfang des Volkes für Imam
Khamene'i überrascht. Und Imam Khamene'i bedankte sich nach
seiner Rückkehr in den Iran öffentlich beim muslimischen
Volk in Pakistan noch einmal für diesen herzlichen Empfang.
Kurz nach seinem Besuch in
Rumänien (24.2.1989) wurden, sicherlich aufgrund seines
Reiseberichtes, in iranischen Zeitungen
ungewohnt kritische Artikel über das damalige rumänische
Regime unter Ceausescu veröffentlicht, was auf die
politische Weitsicht Imam Khamene'is hindeutet.
Bei seinem Besuch in
Tansania (16.1.1986) hielt Imam Khamene'i eine Rede über
den Kampf gegen das damalige Apartheid-Regime im
benachbarten Südafrika. Die Rede wurde live im Fernsehen
ausgestrahlt. Anschließend reiste er nach Mozambique und
Angola und bekräftigte seine Aussage, dass mit
Entschlossenheit und Opferbereitschaft das Apartheid-Regime
eines Tages bezwungen werden würde. Das Apartheid-Regime hat
– Gott sei Dank – inzwischen abgedankt. Und die Apartheid in
Südafrika existiert zumindest offiziell nicht mehr.
Bei Imam Khamene'is
anschließendem Besuch in Simbabwe (20.1.1986) ereignete sich
etwas für Staatsbesuche Außergewöhnliches, was seither mein
persönliches Handeln und meine eigene Konsequenz wesentlich
beeinflusst hat. Im offiziellen Wortlaut im Iran hieß es
dazu nur: "Beide Seiten (Iran und Simbabwe)
zeigten sich zufrieden mit dem Ausgang der Konsultationen.
Ein technischer Fehler im Protokoll der beiden Länder konnte
die allgemein positive Atmosphäre während der
Gesprächsrunden in Simbabwe nicht beeinträchtigen.
Staatspräsident Khamene'i war von der Teilnahme an einem
offiziellen Empfang zurückgetreten, da die Sitzordnung der
teilnehmenden Damen sowie der Ausschank von Alkohol nicht
dem Protokoll für den Empfang einer religiösen
Persönlichkeit entsprach". Was hier als technischer
Fehler bezeichnet wurde, war eine offene Provokation gegen
Imam Khamene'i. Es war geplant, dass Frauen mit unpassender
Kleidung und Schminke im Gesicht bei diesem Empfang
teilnehmen und Alkohol angeboten werden sollten. Jeder, der
wie ich in der westlichen Welt irgendein Essen, eine
Zeremonie oder einen Empfang mit offiziellem Charakter
mitgemacht hat, weiß, dass derartige Veranstaltungen
heutzutage immer mit Alkoholausschank verbunden sind, und
dass dabei sehr oft dürftig bekleidete Frauen als
Zierobjekte zur Schau gestellt werden. Das ist nicht nur in
der westlichen Welt so, sondern auch in der östlichen und
leider auch in manchen Ländern der Muslime. Imam Khamene'i
brachte durch seinen Boykott klar zum Ausdruck, dass er zum
einen die Verletzung der Menschenwürde der Frau durch die
Präsentation ihrer weiblichen Reize entschieden ablehnt und
die größte Sucht und Droge der westlichen Welt, den Alkohol,
nicht als Selbstverständlichkeit hinnimmt, sondern diesem
Übel aktiv entgegentritt.
Meine bisherige Praxis, bei
derartigen Veranstaltungen meist gezwungenermaßen, wenn auch
mit Unbehagen, teilzunehmen, wurde durch diese Nachricht
schlagartig beendet. Wenn schon Imam Khamene'i keine
Rücksicht auf andere Staatsoberhäupter nahm und, ohne zu
zögern, Regierungschefs stehen ließ, um die islamischen
Gebote einzuhalten, so gab es für mich keine weitere
Rechtfertigung für meine bisherige Inkonsequenz gegenüber
viel niedrigeren Personen. Von vielen Geschwistern weiß ich,
dass sie ähnlich beeindruckt waren. Einmal mehr verstanden
wir die Notwendigkeit eines lebenden Vorbildes, und einmal
mehr dankten wir Allah für dieses Vorbild, das er uns
gegeben hat.
Einige Monate später war
Imam Khamene'i noch einmal in Harare (1.-6. September 1986),
um bei der 8. Vollversammlung der Blockfreien Staaten die
Islamische Republik Iran zu vertreten. Dort wurde er vom
Gastgeber und von fast allen Staatsoberhäuptern,
insbesondere von Fidel Castro (Kuba) und Muammar Ghaddafi
(Libyen) mit großem Respekt und auch für die westlichen
Fernsehleute unerwarteten Verehrung begrüßt, so dass die
Bilder mit erstaunten Kommentaren der westlichen Medien um
die Welt gingen.
Bei allen seinen Reisen
hatte Imam Khamene'i auch versucht, die Verantwortlichen der
Länder über den wahren Charakter des zionistischen Regimes
im besetzten Palästina aufzuklären. Der Tag, an dem weltweit
gegen das Okkupanten-Regime (Israel) vom Palästina
demonstriert wird, ist der von Imam Khomeini (r.)
ausgerufene Tag von Al-Quds (Jerusalem) am jeweils letzten
Freitag im Monat Ramadan. Die US-hörigen und damit den
Zionisten dienenden arabischen Königtümer, und insbesondere
das korrupte System der Saudis, versuchten immer wieder mit
allen Mitteln die Demonstrationen und Veranstaltungen an
diesem Tag zu unterdrücken. Eine ideale Gelegenheit hierzu
schien im Jahr 1992 (1412 n. Hidschra, islamischer
Zeitrechnung) gekommen zu sein, da hier das Fest des
Fastenmonats gemäß der Vorhersage des Mondkalenders
voraussichtlich an einem Samstag stattfinden würde. Die
Saudis leiteten ohnehin den Ramadan immer vorzeitig ein und
beendeten ihn dementsprechend vorzeitig, um die Einheit der
Muslime zu unterwandern. In diesem Jahr sahen die Saudis
ihre Chance gekommen, am letzten Freitag des Monats Ramadan
vorzeitig das Fest in ihrem Land zu verkünden und somit
jegliche Veranstaltungen zu verhindern. Dieser Plan war
Imam Khamene'i nicht entgangen, so dass er entgegen der
Tradition den Quds-Tag um einen Freitag vorverlegte. So
demonstrierten die Muslime ausnahmsweise bereits am
vorletzten Freitag des Monats Ramadan, und der Plan der
Saudis war wiederum vereitelt.
Einmal, ja einmal war Imam
Khamene'i sogar in New York. Widerwillig musste die USA
ihrem verhassten Feind die Einreise genehmigen, weil Imam
Khamene'i als Staatspräsident der Islamischen Republik Iran
zur UN-Vollversammlung anreiste. Imam Khamene'is legendäre
Rede auf dem Podium der UN-Vollversammlung am 22.
September 1987 sollte zu einer seiner berühmtesten Reden
werden [15]. Neben seiner klaren und deutlichen Darlegung
der Ideale der Islamischen Revolution prangerte Imam
Khamene'i mitten in New York die weltweiten Schandtaten der
USA offen an. Noch am gleichen Tag hatten US-Schiffe den
iranischen Handelsfrachter "Iran Ajr", der Mehl und
Lebensmittel geladen hatte, mit Raketen beschossen und mit
dem Vorwurf gekapert, das Schiff würde angeblich Minen
auslegen. Allerdings konnte die USA diese Lüge nie glaubhaft
machen. Auf dem unbewaffneten Schiff starben mehrere
Seeleute. Dazu hieß es in den westlichen Nachrichten nur
lapidar: "Die Iran Ajr hat das Feuer nicht erwidert".
Das wäre auch sonst ein Wunder für ein Schiff ohne Waffen.
Imam Khamene'i drohte der USA mit Vergeltung für ihre
nunmehr offene Unterstützung der irakischen Aggression am
Persischen Golf. Die US-Vertreter in der
UN-Vollversammlung verließen, erniedrigt durch diese
offenen Worte, den Raum, und das
US-Verteidigungsministerium veranlasste nach dieser Rede
die sofortige höchste Stufe der Alarmbereitschaft ihrer
Streitkräfte in der Region. Die dadurch ausgelöste extreme
Nervosität der US-Streitkräfte konnte bereits am nächsten
Tag beobachtet werden: Ein F-14-Jagdflugzeug der
US-Luftwaffe schoss bei einer als NATO-Manöver getarnten
Übung über dem Mittelmeer ein eigenes Aufklärungsflugzeug
des Typs RF 4C der US-Luftwaffe mit einer Luft-Luft-Rakete
ab [16].
Imam Khomeini (r.) war immer,
insbesondere in seinen letzten Jahren, sehr besorgt, wenn
Imam Khamene'i auf eine Reise ging und sagte zu seinem
Lieblingsschüler: "Wenn Sie auf Reisen gehen, dann werde
ich unruhig, bis Sie zurückkommen, gehen Sie nicht so oft
auf Reisen". Nach seiner Ernennung zum Imam-ul-Umma
führte Imam Khamene'i mehrere Reisen in die verschiedenen
Provinzen der Islamischen Republik Iran durch. Seine jüngste
einwöchige Reise in die Nordprovinz Mazandaran (Mitte
Oktober 1995) war eine unbeschreibliche Demonstration der
innigsten Zuneigung zwischen den Muslimen und ihrem Imam.
In allen Städten und Dörfern, die Imam Khamene'i besuchte,
waren unzählige Menschen zur Begrüßung ihres Imams auf der
Straße. Überall waren hunderttausende Männer und Frauen,
Junge und Alte, Arme und Reiche, Schiiten und Sunniten mit
Blumen in den Händen und Freudentränen in den Augen
gekommen, um Imam Khamene'i zu begrüßen, um ihm zuzuhören
und mit ihm zu sprechen. In jeder Stadt stand Imam Khamene'i
bis zu acht Stunden dem Volk zur Verfügung, damit viele
Einzelne mit ihm reden und erneut ihren Bei'a (Treueeid)
bekräftigen konnten. Darüber hinaus besuchte Imam Khamene'i
u.a. zahlreiche Gelehrte, die von Imam Mahdi (a.)
berichten konnten und erkundigte sich nach Botschaften des
12. Imams an ihn.
Eine alte Dame, Mutter eines
Märtyrers gab dem Imam ein Tuch und sagte zu ihm: "Oh Herr!
Das Tuch ist die Erinnerung an meinen Schahid! Nehmen Sie es
bitte in die Hand, damit es gesegnet wird", und Imam
Khamene'i nahm das Tuch in die Hand. Aber er sagte zu der
Frau: "Wenn ich das Tuch eines Schahid berühre, dann wird
meine Hand gesegnet". Ein junger Mann brach zusammen, als
er die verwundete Hand von Imam Khamene'i küssen wollte, da
seine eigene Hand gesund war, aber er die seines Imams
verwundet sah. Ein alter Mann umarmte seinen Imam so liebevoll
und sagte: "Oh Herr, möge Allah uns alle opfern, aber Sie
am Leben erhalten für den Islam und die Islamische Umma".
Ein junges Mädchen sagte erschöpft mit Freudentränen in den
Augen: "Mein lieber Imam, ich bin eine sehr lange Strecke
aus unserem Dorf zu Fuß gekommen, um Sie einmal von Nahen zu
sehen. Ich bin erschöpft, aber es hat sich gelohnt, und ich
bin bereit für Sie mein ganzes Leben barfuß zu laufen".