Imam Khomeinis (r.) Rückkehr zum Schöpfer
Es war der 4. Juni 1989.
Wir waren gerade auf einem Seminar deutschsprachiger
Muslime, einer dieser vielen Zusammenkünfte von zumeist
traditionell orientierten Muslimen. Unsere Gruppe war
hauptsächlich deshalb dabei, um immer wieder zu versuchen,
auch diese Muslime zur islamischen Einheit und
Zusammenarbeit einzuladen. Sehr oft wurden derartige
Seminare von den Saudis unterstützt. Die Teilnahme war für
uns immer sehr nervenaufreibend und eine große Geduldsprobe,
denn auf der einen Seite gab es die vielen
Unfreundlichkeiten gegen uns, nur weil wir uns politisch zur
Islamischen Revolution und religiös zu den Ahl-al-Bait (die
14 Reinen der Prophetenfamilie) bekannten, auf der anderen
Seite war es unsere Verpflichtung, die Liebe und Geduld
gegenüber allen muslimischen Geschwister zu bewahren,
fühlten wir uns doch als Vertreter einer großen Sache.
Am Sonntagmorgen neigte
sich das dreitägige Treffen dem Ende zu. Noch ein halber
Tag, dann würden wir unseren Büchertisch zusammenpacken und
wieder nach Hause fahren. Wir wussten zwar, dass Imam
Khomeini (r.) krank war, aber dass er einmal sterben würde,
darauf hatte sich kaum jemand gedanklich vorbereitet.
Dann kam unser islamischer
Lehrer und Leiter unserer islamischen Gemeinschaft auf mich
zu. Sein Gesicht hatte sich verändert, und ohne dass er
etwas gesagt hatte, wusste ich, dass etwas Schreckliches
passiert sein musste. Er sagte nur "Unser Imam ist
zurückgekehrt" oder etwas Ähnliches. Schlagartig wusste
ich, was geschehen war. Imam Khomeini (r.) war in der letzen
Nacht zu unserem Schöpfer zurückgekehrt.
Imam Khamene'i
trauert um Imam Khomeini (r.)
Plötzlich hatten alle
Geschehnisse um uns herum ihre Bedeutung verloren. Nichts
konnte uns in diesem Moment mehr berühren. Nicht einmal die
Reaktion einiger weniger von den Saudis abhängiger Agenten,
die ihre Freude nicht im geringsten verbargen, verärgerte
uns in dieser Situation. Zu tief war die Trauer, so dass wir
die Ereignisse um uns herum kaum noch wahrnahmen. Die
Anhänger der Revolution sammelten sich. Ein
persischsprachiger Bruder lauschte dem Sender des IRIB auf
der Kurzwelle nach möglichen Neuigkeiten und übersetzte sie
uns. Immer wieder suchten wir unseren Lehrer, um aus seinen
Reaktionen eine Erkenntnis erhalten zu können, wie es
weitergehen werde. Aber es war das erste Mal, dass er, der
sonst immer Zeit für uns hatte, ganz allein mit seiner
tiefen Trauer sein wollte.
In unserem sicheren
Verständnis wussten wir, dass die Islamische Revolution so
gefestigt, so entwickelt war, dass selbst der Verlust dieser
wichtigsten Person die Weiterentwicklung nicht aufhalten
konnte. Natürlich ahnten wir, dass Imam Mahdi (a.) die
Geschehnisse dieses Tages begleiten und lenken würde, aber
all dieses Wissen reichte nicht, um unsere Ratlosigkeit zu
überwinden.
Ein langer Vormittag und
mehrere weitere Stunden vergingen, in denen wir für unseren
vom Diesseits abgereisten Imam beteten, und jeder von uns
nach seinen begrenzten Fähigkeiten Qur´an las. Wir wussten,
dass das die einzige Möglichkeit war, unseren Imam bei
seiner letzten Reise zu begleiten. Wenn wir ihm schon zu
Lebzeiten so schwache und schlechte Anhänger gewesen waren,
so wollten wir zumindest jetzt versuchen, hiermit ein
letztes Mal etwas für ihn zu tun. Und schließlich war gerade
Imam Khomeini (r.) es gewesen, der uns immer wieder an die
große Kraft erinnert hat, die im Gebet liegt, sowohl im
persönlichen wie auch insbesondere im rituellen Gebet. Erst
Wochen und Monate später erfuhren wir, was in diesen Stunden
im Himmel wie auf Erden geschah.
Im Himmel war die Begrüßung
von Imam Khomeini (r.) wie sein Abschied auf Erden. Die
Witwe eines der größten Schüler und Gefährten von Imam
Khomeini (r.) sah in diesen Tagen ihren in den ersten Jahren
der Islamischen Republik Schahid (Märtyrer) gewordenen
Ehemann im Traum im Paradies. Sie fragte ihn, ob er denn
schon die Gelegenheit gehabt habe, seinen Imam (also Imam
Khomeini) zu begrüßen. Er antwortete, dass er es noch nicht
geschafft habe, denn Imam Khomeini würde von so vielen
Engeln umringt und begrüßt werden, dass er einfach noch
nicht an die Reihe gekommen sei. Wie sehr ähnelte doch die
Szene im Himmel der Abschiedsszene in Behescht-e-Zahra
(größter Friedhof im Süden Teherans), wo ihn Millionen von
Gläubigen verabschiedeten.
Das wichtigste Ereignis für
die Zukunft der Islamischen Revolution fand unter den
Verantwortlichen des Islamischen Staates statt. In einem
abgeschlossenen Raum hatte sich die Expertenversammlung (Madschlis-e-Khobregan),
deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, die Führung des
Islamischen Staates zu benennen, in einer außerordentlichen
Sitzung zusammengefunden. Die Experten mussten innerhalb
kürzester Zeit den Nachfolger von Imam Khomeini (r.)
erkennen, um die Beständigkeit der Islamischen Revolution
und die politische Stabilität des Islamischen Staates zu
gewährleisten.
Über acht Stunden lang
berieten diese höchsten islamischen Gelehrten, und der
Erkenntnisprozess vollzog sich mit einer erstaunlichen
Weitsicht für die Zukunft der islamischen
Befreiungsbewegung, unterstützt durch eine Person, die
nicht mehr dabei war: Imam Khomeini (r.) selbst hatte einige
hilfreiche Hinweise gegeben. Zwar hatte Imam Khomeini (r.)
mit der Verfassung der Islamischen Republik Iran
sichergestellt, dass der Imam-ul-Umma nicht selbst seinen
Nachfolger bestimmen kann. Aber ohne Zweifel stand es auch
dem Imam-ul-Umma zu, sein Wissen zur Findung des geeigneten
Nachfolgers bereitzustellen.
Imam Khomeini (r.) war kein
Mensch, der dem Volk etwas aufzwang. Vielmehr versuchte er
immer durch sein beispielhaftes Vorbild, die islamischen
Ideale vorzuleben und durch bescheiden formulierte
Hinweise, die Menschen zu lehren. So hatte er dafür gesorgt,
dass ein weniger geeigneter Nachfolger, der Jahre vorher
vorgeschlagen worden war, diese Anwartschaft von sich aus
zurückwies. Dadurch war sowohl die Ehre des Betroffenen
gewahrt, als auch die Würde der Vorschlagenden, welche
diese ungeeignete Wahl getroffen hatten. Eigentlich hatte
Imam Khomeini (r.) niemals verheimlicht, wer sein
Wunschkandidat für seine Nachfolge war. Doch seine Hinweise
wurden zu seinen Lebzeiten nicht von jedem verstanden.
Jetzt aber saßen alle diese
großen Gelehrten zusammen, alle diese Gefährten von Imam
Khomeini (r.). Sie standen vor einer der schwersten
Entscheidungen seit Gründung der Islamischen Republik Iran,
und die schwerste Last, die schwerste Verantwortung musste
vom geeignetesten Gelehrten des Islam übernommen werden.
Anfänglich gab es innerhalb des Expertenrates zwar den
Vorschlag, die Verantwortung einem Führungsrat zu
übertragen, aber nach der deutlichen Ablehnung dieser Idee
wurde nicht weiter darüber debattiert.
Es ist sicherlich der
Rechtleitung Gottes und dem Geschick von Imam Mahdi (a.) zu
verdanken und der hohen Weisheit der Anwesenden
zuzuschreiben, dass die Gelehrten in dieser Sitzung ihren
Erkenntnisprozess abgeschlossen und den Nachfolger von Imam
Khomeini (r.) noch am selben Tag bekannt gegeben haben.
Am Nachmittag sah ich wieder
einmal unseren Lehrer. Er kam mir mit einem für die Umstände
des Tages erstaunlich freudestrahlenden Gesicht entgegen.
Dieses tränenverschmierte Gesicht, diese vom Weinen
geschwollenen Augen erweckten nun den Eindruck der inneren
Freude. Wie konnte das sein? Was war geschehen? Er sagte zu
mir: "Die neue Führung ist bekannt gegeben worden. Es
ist Ayatollah Khamene'i". Ich war völlig erstaunt. Wie
konnte diese Nachricht unseren Lehrer so sehr beeindrucken,
dass sie seine tiefe Trauer, seinen großen Schmerz derart
lindern konnte? Es sollte noch Jahre dauern, bis wir die
enorme Tragweite dieser so wertvollen Entscheidung
verstehen würden. Und unsere Dankbarkeit für alle, die Imam
Khamene'i die Führungsverantwortung übertragen haben, ist
sehr groß und wächst von Tag zu Tag.
Wir kennen zwar nicht alle
Einzelheiten über den Verlauf der Sitzung, welche hinter
verschlossenen Türen stattfand, aber wir können einige der
Worte Imam Khomeinis (r.) wiedergeben, die er vor seinem
Abschied über seinen Nachfolger gesagt hat. Sicherlich waren
alle diese Worte und noch viele mehr den Mitgliedern des
Expertenrates bekannt gewesen.
Imam Khomeini (r.) hatte
seinen Nachfolger Imam Khamene'i bereits im Jahr der
Islamischen Revolution als eine "rechtschaffene
Persönlichkeit (Seyyid-e-Saleh)"
(13.6.1979) und ein
halbes Jahr später
(14.1.1980) als "Persönlichkeit mit einer
ausgezeichneten persönlichen Vergangenheit, würdig im
Wissen und (aufgrund seiner Tugend) im Benehmen"
genannt [3]. Imam Khomeini (r.) erachtete es für notwendig,
zu betonen, dass Imam Khamene'i "ein Nachkomme des
erhabenen Gesandten Gottes (s.)" und "aus der
Familie von Imam Husain (a.)" ist
(28.6.1981), obwohl
jeder wusste, daß er ein Seyyid (Nachkomme des Propheten)
ist und Al-Husaini heißt.
Zahlreiche dieser Aussagen
kann jeder in der Botschaft nachlesen, die Imam Khomeini
(r.) anlässlich des ersten Attentates an Imam Khamene'i
geschickt hatte [4]. Darin wird Imam Khamene'i schon damals
als "ein Diener des Islam und des islamischen Landes",
als "ein opferbereiter Kämpfer an der (islamischen)
Front" und "ein klar darlegender Lehrer auf der
Kanzel" bezeichnet. Insbesondere seine zur Führungsrolle
geeignete Persönlichkeit wird unterstrichen: "Ein
begabter Prediger (insbesondere) des Freitagsgebetes
und der (islamischen) Versammlungen", "ein
fürsorglicher Wegweiser im Feld der islamischen Revolution"
und "ein Ermahner zur Rechtschaffenheit und zur Tugend
für alle Muslime der Welt".
Imam Khomeini (r.) wusste um
die volksnahen Qualitäten seines Schülers, als er ihm
bescheinigte, "geliebt von Millionen Muslimen der Welt"
zu sein. Er wusste, dass diese Liebe zurecht bestand, denn
Imam Khamene'i ist nach den Aussagen seines Lehrers
"jemand, der in der Nacht Gott verehrt und am Tag ein
Kämpfer auf Gottes Weg" und "ein Diener der
Entrechteten und ein Anhänger der schwachen Schicht".
Dementsprechend war auch Imam Khomeinis (r.) Zuneigung zu
seinem Schüler sehr groß, und er betonte, dass er "von
mir selbst erzogen" und "geliebt" ist. Die
letztgenannte Aussage wiederholte er mehrmals
(u.a. am 8.9.1981).
Zur Ernennung Imam Khamene'is
zum Staatspräsidenten nannte Imam Khomeini (r.) ihn
(am 9.10.1981), "verantwortungsbewusst
und ein Kämpfer auf dem geraden Weg des Islam", "ein
Kenner der Religion und der Politik, ein Denker und
Wissenschaftler", "unnachgiebig gegen die Ungläubigen
und gütig zu den Gläubigen", "eine weise und erhabene
Person auf dem rechten Weg des Islam" sowie "ein
Diener des Islam und der Muslime".
Am 4. September 1985, also
bereits vier Jahre vor der Übernahme der Verantwortung
durch Imam Khamene'i, wiederholte Imam Khomeini (r.) das Lob
für seinen Schüler: "Eine wahrhaftige und
verantwortungsvolle Persönlichkeit mit einer großen
Weitsicht", "ein Anhänger der Entrechteten und der
Entbehrenden" sowie "ein Gegner der Frevler, der
Tyrannen und der Unterdrücker".
Am 11. Januar 1988, also
wenige Monate vor Imam Khomeinis (r.) Abschied von dieser
Welt, wurden seine Aussagen über seinen Schüler, die bereits
vorher sehr deutlich gewesen waren, noch eindeutiger. Er
nannte ihn einen "starken Arm der Islamischen Republik".
Und auch in seiner Beziehung zu ihm wählte er Aussagen, die
für Islamkenner eindeutigen Charakter haben: "Wie ein
Bruder für mich"! Der Prophet des Islam (s.)
beispielsweise hatte eine derartige Aussage nur für seinen
Nachfolger Imam Ali (a.) ausgesprochen. Auch über die
Qualifikation seines Lieblingsschülers ließ Imam Khomeini
(r.) keinen Zweifel aufkommen und nannte ihn "Kenner der
islamischen Rechtsprechung" und "ein Verteidiger der
Prinzipien des islamischen Rechts (Velayet-e-Mutlaq-e-Faqih)".
Imam Khomeinis (r.) Sohn Hodschat-ul-Islam Ahmad Khomeini
(r.) berichtete, dass sein Vater mehrfach folgende Aussagen
wiederholt hat: "Ein sicherer Experte (Mudschtahid) des
Islam" und "die beste Persönlichkeit für die Führung
des Islamischen Staates".
Bei einer Einladung zum
Fastenbrechen 1986 im heiligen Monat Ramadan hatte Imam
Khomeini (r.), neben den Verantwortlichen des Landes,
traditionsgemäß seine gesamte Nachbarschaft in sein
bescheidenes Haus eingeladen. Auch der damalige
Staatspräsident Imam Khamene'i war anwesend. Nach einem
gemeinsamen, von Imam Khomeini (r.) geleiteten Gebet gingen
alle in einen Nebenraum, in dem auf dem Boden Tischdecken
für ein Essen ausgebreitet waren. Alle standen um die Decken
herum und warteten, bis Imam Khomeini (r.) kam, damit dieser
sich als Erster setzen und das Essen eröffnen konnte. Gerade
in diesem Moment wurde Imam Khamene'i im Gebetsraum von
einem Gläubigen kurzzeitig aufgehalten. Imam Khomeini (r.)
seinerseits blieb vor den ausgebreiteten Tischdecken stehen.
Er setzte sich nicht, bis schließlich Imam Khamene'i zu
seiner Rechten eintraf. Erst dann nahmen alle Platz. Die
Szene mit dieser deutlichen Geste wurde im iranischen
Fernsehen erkennbar übertragen.
Bei einer anderen
Gelegenheit sprach Imam Khomeini für seinen Schüler in
dessen Abwesenheit eine Segnung, die er sonst meistens nur
für den Propheten (s.) oder die Imame (a.) aussprach, ein
wirklich erstaunliches Ereignis, welches uns unser Lehrer
schon damals mit Freude erzählt hatte. Leider konnte ich das
genaue Datum nicht ermitteln.
Nach den Diskussionen in der
Öffentlichkeit über die Schwächen des designierten
Nachfolgers, die dann zum Rücktritt des ehemaligen Anwärters
für die Nachfolgerschaft von Imam Khomeini (r.) führten,
kam eine Delegation des Expertenrates, darunter der heutige
Staatspräsident Rafsandschani, zu Imam Khomeini (r.) und sie
fragten ihn besorgt, wie es denn nach seinem Ableben
weitergehen solle. Die Ratsmitglieder fühlten sich in einer
schwierigen Situation. Imam Khomeini (r.) beruhigte sie und
wies darauf hin, dass es unter ihnen fähige Personen gäbe,
um die Verantwortung der Führung der Revolution zu tragen.
Als die Vertreter dann fragten, "wer zum Beispiel?",
erhielten sie die Antwort: "Sie haben doch Herrn
Khamene'i unter sich", und fügte hinzu, "warum wissen
Sie das nicht (,dass er der Geeigneteste ist)?".
Eine Reihe weiterer Aussagen von Imam Khomeini (r.) über
seinen geliebten Schüler wurden u.a. in der
englischsprachigen Teheran Times anlässlich des 5.
Jahrestages der Ernennung von Imam Khamene'i zum
Imam-ul-Umma veröffentlicht [5].
Ausgehend von all diesen
Aussagen war Imam Khomeinis (r.) Wunsch für die Zeit nach
ihm klar und eindeutig. Gott sei Dank, haben auch die
Verantwortlichen der Islamischen Republik Iran in ihrem
Bewusstsein vor Gott diese für die ganze Islamische Umma so
wertvolle und wichtige Persönlichkeit erkannt und Imam
Khamene'i uns als unseren neuen Imam-ul-Umma vorgestellt.
Ungefähr ein Dutzend
Mitglieder des Expertenrates hat vor der entscheidenden
Stimmabgabe ihre persönliche Meinung für eine Einzelperson
vorgetragen, wobei immer wieder der Name Imam Khamene'is
genannt wurde. Schließlich erkannten gemäß Stimmabgabe 60
der 74 Mitglieder in Imam Khamene'i das neue Oberhaupt der
Islamischen Revolution und damit den neuen Imam der
Islamischen Umma. Und viele von denen, die ihre Stimme
zurückhielten, taten dies nach eigener Aussage, weil sie den
klaren Wunsch Imam Khomeinis (r.) als ausreichend ansahen
und eine Wahl für überflüssig hielten.
Imam Khamene'i hatte seine
eigene Wahl nicht gewollt. Ayatollah Khaz'ali, der selber
auch mehrfach gehört hatte, wie Imam Khomeini (r.) den
geeigneten Nachfolger vorgeschlagen hatte, erzählte später,
dass Imam Khamene'i den Führungsposten nicht annehmen
wollte, "sondern die Experten haben ihn ausgewählt!"
Imam Khamene'i selbst war
entschieden dagegen, dass er ausgewählt werden sollte, und er
wollte die Ernennung zuerst nicht annehmen. Er stand auf und
bat die Anwesenden um Geduld, bevor sie ihre Stimmen abgaben.
Dann versuchte er mit ausführlichen Argumenten die Gelehrten
von ihrer Entscheidung abzubringen. Ja, er bat die Gelehrten,
ihn nicht zu ernennen und einen anderen zu finden. Sein
Bewusstsein der Verantwortung vor Gott, um so eine gewichtige
Verpflichtung für alle Muslime wahrhaftig und gerecht zu
übernehmen, machte es ihm schwer. Aber alle seine Argumente
und Einwände wurden von den gottesfürchtigen großen
Gelehrten dieses Rates zerstreut.
Erst durch die wiederholten
Erinnerungen an die Aussagen seines geliebten Lehrers Imam
Khomeini (r.) durch die Ratsmitglieder und im Bewusstsein der
Notwendigkeit, diese schwere Last zu tragen, nahm Imam
Khamene'i die Verantwortung an. Später sagte Imam Khamene'i
dazu selbst: "Ich war fest entschlossen, die Berufung in
dieses Amt nicht zu akzeptieren. Doch dann wurde mir klar,
dass es gar keine andere Alternative gab. Warum? – Weil gemäß
der Begründungen jener Personen, denen ich vertraute, diese
Verpflichtung und Verantwortung auf meine Schultern gelegt
worden war. Es bedeutete, dass, falls ich diese Last nicht auf
mich genommen hätte, sie von keinem anderen übernommen
worden wäre. In diesem Stadium sagte ich, ich würde
akzeptieren. ... Hätte es jemand anderen gegeben, der dazu
bereit gewesen wäre, und der von den anderen akzeptiert worden
wäre, dann hätte ich diese Last sicherlich nicht auf mich
genommen".
Nach diesem Ereignis wurde Imam
Khamene'i von seiner inzwischen verstorbenen Mutter an einen
Traum erinnert, den er mehr als 20 Jahre zuvor geträumt und
damals seiner Mutter erzählt hatte. Der Traum endete mit einem
zu seiner Zeit kaum verständlichen Inhalt: Imam Khomeini
(damals selbst noch im Exil in Nadschaf, Irak) hob die rechte
Hand von Imam Khamene'i hoch und sagte dreimal zu ihm: "Du
bist der Yusuf (Josef)". Die Tragweite der
Prophezeiung dieses Traumes sollte viel später erkennbar
werden.