Schuhe ausziehen

Lasst uns unsere Schuhe ausziehen - um den Hass zu überwinden

Dr. Yavuz Özoguz

 

Inhaltsverzeichnis

Wo sind Deutsche, die Deutschland vor den USA schützen?

Veröffentlicht am 17.3.2005 zur Präventionsdoktrin der USA.

US-Präsident Bush hat die neue so genannte Nationale Sicherheitsstrategie vorgestellt, mit der inzwischen bekräftigten und erweiterten Doktrin von Angriffskriegen. Nach dieser Doktrin darf die USA jederzeit und überall in der Welt zuschlagen und tausende und abertausende Menschenleben vernichten, wenn sie nur den leisesten Verdacht hat, und die westliche Welt, einschließlich Deutschland, schaut zu!

Eines muss man Hitler lassen. Er hat seine grausamen Verbrechen immer frühzeitig und sehr klar angekündigt. Ein Blick in sein Buch “Mein Kampf“ genügte, um zu erkennen, welche Verbrechen er vorhatte. Ein weiterer Blick in die Nürnberger Gesetze genügte, um die rassistischen Motive und anvisierten Feinde zu erkennen, selbst wenn man das Ausmaß nicht erahnte. Aber Hitler hat es nicht gewagt, öffentlich einen “Präventivkrieg“ gegen Polen zu führen! Eigene verkleidete Soldaten mussten Deutschland angreifen, damit er “zurückschießen“ konnte. Damals sollte am deutschen Wesen die Welt genesen. Das Ergebnis ist bekannt.

Einige Jahrzehnte sind vergangen, und ein Land maßt sich inzwischen unmissverständlich an, öffentlich zu beanspruchen, dass am US-Wesen die Welt genesen soll. Das wird unverblümt in den Reden und Doktrinen veröffentlicht. Die gehen aber viel weiter, als alle bisherigen Verbrechen des US-Systems in unserer Zeit uns vorstellen lassen können.

Die USA nimmt sich das Recht, jedes Land der Erde “präventiv“ anzugreifen, wenn die USA sich “bedroht fühlt“. Dabei spielt es keine Rolle, ob jenes Gefühl berechtigt oder unberechtigt ist. Der Angriff auf den Irak beispielsweise zur Entwaffnung von Saddam und seinen Massenvernichtungswaffen, die er gar nicht hatte, ist aus Sicht jener Doktrin absolut legitim, obwohl er gegen jegliches internationale Recht verstößt. Nicht aber das internationale Recht, sondern die gefühlte Bedrohung der USA ist für die USA der Maßstab. Demnach soll die USA alle Staaten, die Massenvernichtungswaffen besitzen oder in Besitz nehmen wollen, jederzeit angreifen dürfen! Als primäres Ziel der Sicherheitsstrategie wird genannt, die Welt von der Tyrannei zu befreien; Befreiung von “Tyrannei“ durch den größten Tyrannen!

Nun lehrt uns die westliche Welt tagaus, tagein, dass die “Freiheit und Demokratie“ darin besteht, dass alle Länder über gleiche Rechte und Pflichten verfügen sollen, jeder Mensch sein System “freiheitlich“ durch Wahlen mitgestalten soll, und kein Land anderen Ländern etwas aufzwingen darf. Das scheint aber nicht immer der Fall zu sein, denn das Recht, das sich die USA nimmt, dürfte sich kein anderes Land nehmen, denn sonst wird es ja von den USA überfallen!

Um die Absurdität der US-Doktrin aufzuzeigen, genügt ein einfaches Gedankenspiel: Nehmen wir einmal an, Saddam hätte jenes Recht des US-Systems für sich in Anspruch genommen. Sein Land war bedroht (viel klarer als die USA es jemals war), der Gegner verfügt über Massenvernichtungswaffen (und die ganze Welt weiß es, es ist also nicht nur eine Vermutung). Demnach hätte Saddam dann beispielsweise den 11. September veranstalten dürfen. Jetzt könnte man einwenden, dass Saddam nicht frei gewählt wurde. Wie aber ist es mit dem Iran? Nun, dem gesteht man auch keine “freien Wahlen“ nach “westlichem Vorbild“ zu. Dann aber würde es heute z.B. Venezuela zustehen, die USA anzugreifen. Und wie ist es mit Palästina? Der elfte September wäre demnach, nach ureigenem amerikanischen Rechtsverständnis, legitim, wenn man von den zivilen Opfern absieht, aber dabei ist die USA bei seinen “Präventionskriegen“ ja auch nicht gerade zimperlich! Wenn aber jedes Land, dass seine eigene Führung wählt, vorher die Erlaubnis von der westlichen Welt einholen muss, ob es “demokratisch“ ist oder nicht, ob es “frei“ ist oder nicht, dann wird man bei west-hörigen Königen und Prinzen landen!

Nun hat Saddam mit dem 11. September gar nichts zu tun, Venezuela, Palästina und Iran haben nicht vor, die USA anzugreifen, und dutzende Länder fühlen sich massiv von den USA bedroht und nicht umgekehrt. Wäre die Militärdoktrin der Präventivschläge “nur“ absurd, könnte man akademisch darüber debattieren. Aber sie führt, wie in Afghanistan und Irak tagtäglich zu beobachten ist, zu Massenmord, Vertreibung, Vergewaltigung, Raub und täglichen Demütigungen! Und gemäß neuster US-Doktrin sind aktuell von diesen Verbrechen nicht nur Muslime betroffen, die ja in der westlichen Welt mehr und mehr als Untermenschen behandelt werden, sondern auch Weißrussen, Venezuelaner, Kubaner und Nordkoreaner (alle nachweislich frei vom “Verbrechen“, Muslim zu sein).

Nun haben deutsche Bundesbürger, ob Soldat oder nicht, bekanntlich einen recht geringeren Einfluss auf die US-Ver­bre­chen, aber haben wir nicht alle eine Verantwortung für unser eigenes Land, für unsere Jugend (selbst wenn es wenige sind), für unseren Frieden?

Wo sind die deutschen Soldaten, die aufschreien, wenn sie an der Seite von US-Soldaten überall in der Welt solch einen “Präventivdienst“ mitgestalten sollen? Gibt es nur einen einzigen deutschen Soldaten, der sein Recht zur Verweigerung der Teilnahme am Verbrechen gerichtlich durchsetzt?

Wo sind die deutschen Studenten, die eines Tages die Elite dieser Gesellschaft bilden sollen, um das Land davor zu schützen, Teil eines Bündnisses zu sein, dass als oberstes Ziel Verbrechen vertritt? Demonstrieren die nur noch, wenn es um ihre Arbeitsplätze geht?

Wo sind die deutschen Politiker, die unmissverständlich äußern, dass die neue Doktrin der USA ein angekündigtes Verbrechen an der Menschheit ist und sich davon distanzieren, gibt es solche Politiker immer nur in der Opposition (und nicht einmal dort richtig)?

Wo sind die Kirchen in Deutschland, die laut aufschreien bei solch einer Doktrin und darauf hinweisen, dass bereits die Ankündigung ein Verbrechen ist und gegen christliche Werte verstößt?

Und wo sind die Moscheen und islamischen Verbände in Deutschland oder zumindest die deutschen Muslime, die laut aufschreien bei solch einer Doktrin, auch wenn sie damit Gefahr laufen, einmal mehr als “Hassprediger“ diffamiert zu werden?

Jeder, der nach solch einer verbrecherischen Doktrin schweigt, macht sich mitschuldig und diese Mitschuld ist nicht nur moralischer Art, sondern im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert:

GG Artikel 26

„[Verbot der Vorbereitung eines Angriffskrieges; Kriegswaffenkontrolle]

(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.“

Die USA haben mit der neuen Doktrin unmissverständlich erläutert, dass sie weiterhin Angriffskriege nicht nur vorbereiten, sondern auch führen wollen. Die Tatsache, dass jene Angriffskriege von den USA als “Präventivkriege“ betitelt werden, ändert nichts an ihrem Charakter als Angriffskrieg gemäß dem Grundgesetz, und jeder weiß es!

Wer in dieser Situation die USA in ihrem Ansinnen unterstützt, sei es im Unsicherheitsrat[1], sei es bei der IAEO[2] oder bei sonst einem Gremium, verstößt gegen das eigene Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, denn die USA haben unmissverständlich verdeutlich, was sie vorhaben. Und niemand kann behaupten, er habe es nicht gewusst!

[1] Eigentlich: UN-Sicherheitsrat

[2] Internationale Atomenergie Agentur

 

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