Mahomet

Mahomet
Trauerspiel in fünf Aufzügen, nach Voltaire

Siehe: Mahomet der Prophet

Übersetzt von Johann Wolfgang von Goethe

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Dritter Aufzug - Fünfter Auftritt

Mahomet, Omar

Omar

Die Zeit ist da! Bemächt'ge dich Palmirens,
Besetze Mekka und Sopiren strafe!
Sein Tod allein bezwingt dir unsre Bürger,
Doch alles ist verloren, kommst du nicht
Der feindlichen Gesinnung dieses Manns zuvor.
Erwartest du des Stillstands Ende hier;
So bist du gleich gefangen, bist ermordet.
Entfernst du dich aus Mekka, wird die Frucht
Von diesem ersten großen Schritt verschwinden.
Drum rasch! Seide harrt, er denkt, vertieft
Und trüb, dem Schwure nach und was du ihm
Für einen Auftrag geben werdest, den
Er zu vollbringen schon entschlossen ist.
Er kann Sopiren sehn, ihm nahen. Hier
In diesen Hallen ist der schwache Mann
Gewohnt, zu Nacht, den Göttern seines Wahns,
Mit nicht'gen Weihrauchswolken, seiner Wünsche
Starrsinn'ge Torheit zu empfehlen. Da
Mag ihn Seide suchen, und, berauscht,
Vom Eifer deiner Lehre hingerissen,
Dem Gott ihn opfern der durch dich befiehlt.

Mahomet

Er opfr' ihn, wenn es sein muss. Zu Verbrechen
Ist er geboren! Er verübe sie,
Und unter ihren Lasten sink' er nieder!
Gerochen muss ich, sicher muss ich sein.
Die Glut der Leidenschaft und mein Gesetz,
Die strengen Schlüsse der Notwendigkeit
Befehlen's. Aber hoffst du, daß sein Herz
So vielen Glaubensmut und Eifer hege?

Omar

Er ist geschaffen, diesen Dienst zu tun,
Und zu der Tat wird ihn Palmire treiben.
In Lieb' und Schwärmerei schwebt seine Jugend
Und seine Schwäche kehret sich in Wut.

Mahomet

Hast du mit Schwüren seinen Geist gebunden?

Omar

Der heiligen Gebräuche finstre Schrecken,
Verschlossne Pforten, ungewisses Licht,
Ein dumpfer Schwur, der ew'ge Strafen droht,
Umfingen seinen Sinn. Zum Vatermord
Druckt' ich den schärfsten Stahl in seine Hand,
Und unter heil'gem Namen facht' ich, wild,
Die Flamme des Parteigeists in ihm auf.
Er kommt.

 

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