Mohammed
Mohammed - Roman eines Propheten (Klabund)

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1917 n.Chr.

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Es wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Autor Historisches mit Märchen vermischt hat, so dass der Inhalt nicht authentisch ist. Er hilft aber das Verständnis der Zeit über Islam nachzuvollziehen.

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Medina

Sie ritten schon im Schatten des Berges Koba. Von Granatäpfeln, Zitronen, Pfirsichen, Orangen wehte ein süßester Duft in ihre erregten Nüstern.

Und leise, im Halbschlaf, sprach Aischa, an Mohammed geschmiegt:

»Das Paradies!«

Mohammed erreichte Medina, als das Gestirn sich nach Westen wandte und zwölf Nächte vom Monat Rabia-l-awwal verflossen waren.

Die von Medina lebten in vererbter Feindschaft mit denen von Mekka.

Sie nahmen den Propheten mit Jubel auf und zogen ihm mit Zimbeln und Gesang entgegen.

»Das Glück hat die von Mekka verlassen,« sangen sie, »und sucht seine Zuflucht im ragenden Medina. Der neue Gott flieht vor den alten Göttern, aber er wird sich wenden mit Schild und Axt und Speer und wird zerschmettern ihr tönernes Haupt und ihre hohlen Bäuche. Die aber um die Götter glucksen, wie gackernde Hennen: ihnen wird man die Augen aus dem Kopfe reißen, mit denen sie die Sonne befleckten, und man wird ihre Leiber in die Zisternen werfen, daß der Regen sie ersäufe und die Schakale sie fressen.«

Mohammed predigte von der Mauer herab, gestützt auf Ali, denn die lange Reise war ihm beschwerlich gewesen:

»Leute von Medina! Der Prophet segnet euch und schwingt seine Fahne über euch! Ich gebe mich in eure Hand, gebt euch denn in meinen Geist, und traut mir, wie ich euch vertraue. Medina sei die Burg des lautren Gottes! Es wird niemand in seinem Dienst dem Tode anheimfallen, der nicht in das Paradies eingeht. Er wird schön gekleidet und edelsteingeschmückt bei schlanken Engeln verweilen, im Kreise erlauchter Freunde. Hundert Knaben werden einen jeden Frommen bedienen: mit goldenen Schüsseln werden sie aufwarten und kristallenen Pokalen. Ewig wird Wein auf seinem Tische stehen und weißes Fleisch von jungen Tauben. Er wird essen, ohne satt, und trinken, ohne trunken zu werden, der letzte Bissen wird ihm munden wie der erste. Muntere Mädchen werden tanzend ihn berauschen, und ihre Hautfarbe wird sein wie der Glanz des Vollmondes. Hundert Frauen, die ihre Jungfräulichkeit stetig neu gewinnen, werden ihn liebend beglücken. Dattelbäume beschatten ihn unsterblich. Glocken klingen aus jedem Gesträuch, wie Äolsharfen, in den Wind gehängt. Fontänen sprühen Weisheit. Kühlung weht aus silbernen Seen, und er wird sanft entschlafen im Schöße des schönsten Engels.«

Da schrien die Leute von Medina:

»Wir glauben dir, Mohammed, und deinem Gotte, der soviel Seligkeit zu verschenken hat. Sei unser Feldhauptmann im heiligen Streite!«

Da ließ Mohammed von Ali die grüne Fahne über ihnen schwenken und krümmte die Finger seiner rechten Hand:

»Schwört bei dieser Fahne, mich nie zu verlassen, in Armut und Elend nicht, in Rausch und Reichtum nicht, in Krieg und Frieden nicht, im Diesseits und Jenseits nicht!«

Die Leute von Medina warfen die Arme in die Luft und krümmten die Finger ihrer rechten Hand wie Mohammed:

»Wir schwören bei der grünen Fahne des Propheten, dich, Mohammed, nie zu verlassen: in Armut und Elend nicht, in Rausch und Reichtum nicht, in Krieg und Frieden nicht, im Diesseits und Jenseits nicht.«

Über ihnen auf der Mauer flatterte die grüne Fahne im Winde: der silberne Halbmond bog sich wie Über ihnen auf der Mauer flatterte die grüne Fahne im Winde: der silberne Halbmond bog sich wie eine zur Ernte erhobene Sichel.

Mohammed ließ einen Graben um Medina ziehen und verkündete die Errichtung des Staates Medina. Von den umliegenden Stämmen erschienen bald Abgesandte und zollten ihm Tribut. Er führte eine Armensteuer ein und schenkte sämtlichen Sklaven und Sklavinnen Medinas die Freiheit.

Aischa gebar ihm auf dem Dach seines Hauses, in den Armen Marias, der Koptin, einen Sohn; der ward der Vater der Kalifen.

Am Tage seiner Geburt begann Mohammed mit dem Bau der Moschee. Er hatte eine Schürze umgetan wie ein Werkmann und arbeitete mit Hammer, Spaten und Spachtel inmitten der Maurer. Und legte das Werkzeug nicht eher aus der Hand, als bis die Moschee vollendet war.

Die Moslems aber sangen:

Seht den Propheten: ganz einer der unsern. In Demut gekniet vor dem Werke wie wir. Nichts ist ihm zu unwert, zu handeln zum Heile. Herr: türme die Kirche, beglänze die Kuppel, erhöhe den Miedern, erleuchte das Licht!

Mohammed stand auf dem Turme der vollendeten Moschee und richtete den Blick wie einen Pfeil nach Mekka:

»Gott läßt zum zweitenmal nicht einen Stern vom Himmel fallen. Des schwarzen Steines Schimmer umgibt mit Gloriole mein alterndes Haupt. Ach, vielleicht auch ist es Sehnsucht nur des kindlichen Herzens nach der Heimat: nach den Wiesen, wo der Knabe mit den Kühen und Eseln sprang. Nach der guten, dicken Amme Halimeh. Dem Herdfeuer Abu Talibs. Den Weissagungen des Mönches Bahirah. Warum sah ich niemals meine Mutter? Saß niemals auf ihren Knien und spielte Reiter? Empfing von ihrem Munde nicht die mütterliche Lehre des edlen Ehrgeizes? Der Erhabenheit des Gewissens? Es zieht sich mir das Herz zusammen, als hätte ich es in Essig getaucht, wenn ich darüber sinne.

Warum, o Gott, läßt du mit neuer Offenbarung so lange auf dich warten? Was steht mir noch bevor ?

Ich flehte dich um den Besuch meines Freundes, des Engels Gabriel. Er aber verzog.

Ich hatte einen Traum: da hing ich am Galgen. Ehe ich aber den letzten Seufzer ausstieß, floß Same von mir zur Erde. Dem entsproß eine Sonnenblume, von Farbe und Gestalt, wie ich sie niemals sah.

Herr, laß mein Schwert nicht schartig und meinen Schild nicht rostig werden!«

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