Nahdsch-ul-Balagha
Pfad der Eloquenz - Nahdsch-ul-Balagha

Aussprache: nah-dschul-balagha
arabisch:
نهج البلاغة
persisch:
نهج البلاغة
englisch: Peak of Eloquence

Mehr zum Thema siehe: Nahdsch-ul-Balagha

164. Predigt – An diejenigen, die Uthman grollten

Als die Leute sich versammelten, um sich dadurch zu beschweren, indem sie Uthman grollten, und sie ihn (a.) baten, zu ihnen zu sprechen und sie zu ihren Gunsten zu ermahnen, ging er zu diesem (Uthman) und sagte:

Die Leute stehen hinter mir und haben mich zu einem Abgesandten zwischen dir und ihnen gemacht. Aber bei Allah, ich weiß nicht, was ich dir sagen soll! Ich weiß nichts (in dieser Sache), was du nicht (bereits auch) weißt, noch kann ich dich auf irgendeine Sache hinweisen, die du nicht kennst. Du weißt wahrlich, was wir wissen, und es gibt nichts, von dem wir dir Kunde geben könnten, was wir dir voraus hätten, noch haben wir irgendetwas im Geheimen erfahren, das wir dir mitteilen könnten. Du hast bereits gesehen, was wir gesehen haben, und hast gehört, was wir gehört haben. Du hast Allahs Gesandten (s.) begleitet, wie wir es taten, Ibn Abi Quhafa[1] und Ibn al-Chattab[2] waren dir nicht darin überlegen, das Rechte zu tun, da du durch Verwandtschaft Allahs Gesandten (s.) näher stehst als die beiden, und du warst mit ihm über eine Heirat verschwägert, was sie nicht waren.

So fürchte Allah für dich selbst! Denn du kommst nicht zur Sicht aus der Blindheit heraus, und nicht zum Wissen aus der Unwissenheit heraus. Die Pfade sind wirklich klar, und die Banner der Religion aufgerichtet. So wisse, dass der Beste unter den Dienern Allahs ein gerechter Imam ist, der von Allah geführt wird und (andere) führt. Er setzt die bekannte Verfahrensweise [sunna] (des Propheten, s.) in Kraft und bringt die unzulässigen Hinzufügungen [bid´a] zu einem Ende. Und wahrlich, die Wege (des Propheten, s.) sind hell erleuchtet und sie haben Erkennungszeichen. Und die unzulässigen Hinzufügungen [bid´a] sind (auch) wirklich klar, und sie haben (ebenfalls) Erkennungszeichen. Wahrlich, der schlechteste unter den Menschen bei Allah ist ein tyrannischer Imam, der irregeht und durch den andere irregehen. Er setzte die bekannte Verfahrensweise [sunna] (des Propheten, s.) außer Kraft und ließ die (vorher) aufgegebene unzulässige Hinzufügung [bid´a] (wieder) aufleben. Ich hörte Allahs Gesandten (s.) sagen: „Ein tyrannischer Imam wird am Tage der Auferstehung vorgeführt werden, er wird weder einen Helfer noch jemanden haben, der ihn entschuldigt. Er wird ins Höllenfeuer geworfen werden, wo er wie eine Handmühle rotieren wird, dann wird er auf ihrem Grund gefesselt werden.“

Wahrlich, ich schwöre dir bei Allah, dass du nicht der Imam dieser Ummah sein wirst, der getötet werden wird, denn es wird gesagt, dass in dieser Ummah ein Imam getötet wird, nach dem es für sie Mord und Kampf bis zum Jüngsten Tag geben wird, und er wird ihre Angelegenheiten durcheinander bringen und Zwietracht über sie ausstreuen. Sie werden Wahrheit nicht von Falschheit unterscheiden können, und sie werden wogen wie Wellen und in völliges Durcheinander geraten. So diene nicht als Reittier von Marwan (ibn al-Hakam), so dass er dich nach deinem hohen Alter und langem Leben treibt, wohin er will.

Uthman erwiderte ihm: „Sprich zu den Leuten, damit sie mir Zeit geben, bis ich ihre Ungerechtigkeiten beseitigt habe.“ Aber er (a.) erwiderte:

Was Medina angeht, so gibt es keinen Aufschub, aber für die entfernten Gebiete gibt es soviel Zeit, bis dein Befehl dort eintrifft.

Erläuterung

Während Uthmans Kalifat, als die Muslime der Unterdrückung durch die Regierung und deren Vertreter überdrüssig waren, versammelten sie sich in Medina, um sich bei den altgedienten Gefährten des Propheten (s.) zu beschweren. Sie kamen zum Befehlshaber der Gläubigen (a.) in einer friedlichen Art und Weise und baten ihn, Uthman zu treffen und ihm zu raten, nicht die Rechte der Muslime mit Füßen zu treten und den Unruhen ein Ende zu bereiten, die dem Untergang des Volkes den Boden bereiteten, woraufhin der Befehlshaber der Gläubigen (a.) zu ihm ging und diese Äußerungen tat.

Um die Bitterkeit der Ermahnung (für Uthman) angenehmer zu machen, wählte der Befehlshaber der Gläubigen (a.) zu Anfang diese Art, um eine Art Verantwortungssinn im Angesprochenen zu schaffen und ihn an seine Pflichten zu erinnern. Indem er erwähnte, dass er ein Gefährte des Propheten (s.) gewesen war sowie seine persönliche Stellung, seine Verwandtschaft zum Propheten (s.) im Gegensatz zu den früheren beiden Kalifen, die diese Verwandtschaft nicht hatten, war es seine Absicht, ihm seine Pflichten zu verstehen zu geben. Schließlich war der Urahne Uthmans in vierter Generation namens Umayya der Bruder des Urahnen des Propheten (s.) in dritter Generation namens Haschim.

Auf jeden Fall war die Predigt nicht dazu gedacht, Uthman zu loben, so dass der letzte Teil ignoriert werden und die ganze Predigt als Lobpreisung für ihn und seine Leistungen gewertet werden könnte. Denn es ist von Anfang an offensichtlich, dass Uthman alles, was er getan hatte, freiwillig tat, und dass nichts ohne sein Wissen geschah oder ohne dass er darüber informiert war, und dass er nicht als unverantwortlich dafür angesehen werden konnte, weil er es nicht gewusst hätte.

In diesem Zusammenhang wird zudem stark betont, dass er ein Schwiegersohn des Propheten war, denn der Prophet (s.) gab ihm seine beiden Ziehtöchter Ruqayya und Umm Kulthum nacheinander zur Ehe. Sie waren allerdings im Gegensatz zu einigen anders lautenden Behauptungen nicht seine leiblichen Töchter! Vielmehr waren sie nach vielen Gelehrten die Töchter von Chadidschas Schwester Halah. Abul-Qasim al-Kufi (gest. 352 n.d.H.) schreibt: „Einige Zeit, nachdem Allahs Gesandter Chadidscha geheiratet hatte, starb Halah und hinterließ zwei Töchter namens Zainab und Ruqayya, und sie[3] zogen sie auf, und es war vor dem Islam üblich, dass ein Kind dem zugerechnet wurde, der es aufgezogen hatte.“[4]

In der Predigt wird auch deutlich, dass Uthman unter starken Einfluss von Marwan ibn al-Hakam stand, worauf Imam Ali (a.) hinwies.

[1] Der erste Kalif Abu Bakr

[2] Der zweite Kalif Umar ibn al-Chattab

[3] Prophet Muhammad (s.) und Chadidscha

[4] „Al-Istighatha”, S. 69

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