175. Predigt – Nähe zu Allahs Gesandten (s.)
(Diese
Predigt wurde gehalten) in der Ermahnung und Erklärung, in der
er (a.) Allahs Gesandten (s.) nahe kam.
Ihr Menschen, Allah ist nicht achtlos
über euch (auch wenn ihr nachlässig über Ihn seid), und die
unter ihnen, die (gute Taten) unterlassen, werden ergriffen
werden (von Allah). Wie kommt es, dass ich sehe, wie ihr euch
von Allah wegbewegt und anderes als Ihn begehrt! Als ob ihr
ein Kamel wärt, mit dem der Hirte auf eine verseuchte Weide
geht und zu einer verpesteten Tränke. Sie sind nichts als
gemästetes Schlachtvieh, sie wissen nicht, was mit ihnen zu
tun beabsichtigt wird. Wenn sie gut behandelt werden, dann
denken sie, dass das ihr ganzes Leben anhält, und ihr Sinnen
und Trachten ist die Sättigung.
Bei Allah, wenn ich wollte, könnte ich
jedem Mann von euch sagen, woher er gekommen ist, wohin er
geht und alles, was ihn angeht, aber ich befürchte, dass ihr
(dann) wegen mir Allahs Gesandten (s.) verleugnen werdet.
Fürwahr, ich werde das nur den Auserwählten anvertrauen, die
davor sicher sind. Und bei Dem, Der ihn
mit der Wahrheit sandte und ihn von allen Geschöpfen
auserkoren hat, ich spreche nichts als die Wahrheit. Er gab
mir von alle dem Kunde, auch vom Zugrundegehen eines jeden,
der zugrunde geht, sowie von der Rettung eines jeden, der
gerettet wird, und vom Ausgang dieser Angelegenheit (des
Kalifats). Er ließ nichts übrig, was in meinen Kopf kommen
könnte, das er nicht in meine Ohren entlud und mir darüber
Kunde gab.
Ihr Menschen, bei Allah, ich sporne euch
zu keinem Gehorsam an, den ich nicht schon vor euch geleistet
habe, und ich verwehre euch nichts an Ungehorsam, von dem ich
nicht (schon) vor euch Abstand genommen hätte.
Erläuterung
Diejenigen,
die von der Quelle der Offenbarung und göttlicher Inspiration
trinken, sehen Dinge, die hinter dem Vorhang des Unbekannten
verborgen sind und die Ereignisse, die sich in der Zukunft
ereignen werden, in der gleichen Form, wie Objekte mit den
Augen wahrgenommen werden können, und das widerspricht nicht
der Aussage Allahs: „Sprich: Niemand in den Himmeln noch
auf Erden kennt das Verborgene außer Allah...“
.
Denn dieser Vers bezieht sich auf das persönliche Wissen des
Verborgenen, doch nicht auf das Wissen, das die Propheten und
heiligen Personen durch göttliche Inspiration erhielten, dank
derer sie Weissagungen über die Zukunft machten und viele
Ereignisse entschleierten.
Einige Verse
des Heiligen Qur´an stützen diese Meinung: „Als der Prophet
einer seiner Frauen einen Vorfall anvertraute und sie ihn dann
ausplauderte und Allah ihm davon Kunde gab, da ließ er (sie)
einen Teil davon wissen, und verschwieg einen Teil. Und als er
es ihr vorhielt, da sprach sie: ´Wer hat dir das gesagt?´ Er
sprach: ´Der Allwissende, der Allkundige hat es mir gesagt.
´“
Oder auch der Vers: „Das ist einer der Berichte von den
verborgenen Dingen, die Wir dir (oh Prophet) offenbaren. ..“
Deswegen ist
es nicht korrekt zu behaupten, dass, falls die Propheten und
Heiligen ein Wissen über das Verborgene hätten, ihnen dadurch
göttliche Attribute zugeschrieben werden würden. Das wäre es
nur dann, wenn man sagen würde, dass jemand anderer als Allah
von sich aus Wissen über das Verborgene hätte, ohne dass Allah
es ihm zuteil werden ließ. Wenn es nicht so ist und das
Wissen, das die Propheten und Imame besaßen, ihnen von Allah
gegeben wurde, dann hat es nichts damit zu tun, ihnen
göttliche Eigenschaften zuzuschreiben. Wenn es das bedeuten
würde, was von manchen Leuten behauptet wird, was wäre dann
erst recht mit Jesu (a.) Aussage im Heiligen Qur´an: „
...dass ich für euch aus Ton bilden werde in der Form eines
Vogels, dann werde ich ihm (Geist) einhauchen, und es wird ein
beschwingtes Wesen werden mit Allahs Erlaubnis; und ich werde
die Blinden und die Aussätzigen heilen und die Toten lebendig
machen mit Allahs Erlaubnis. Und ich werde euch verkünden, was
ihr essen und was ihr speichern möget in euren Häusern. ...“
Wenn man
denken würde, dass Jesus (a.) mit Allahs Erlaubnis Leben
erschaffen konnte, würde es dann bedeuten, dass er Allahs
Partner in der Schöpfungs- und Wiederbelebungskraft war? Das
wäre abwegig. Wie kann man dann behaupten, dass, wenn Allah
jemandem Wissen über das Verborgene gibt, jenes impliziere,
dass er dadurch zu Seinem Teilhaber in Seinen Attributen
gemacht wurde, und wie kann man sich seines Glaubens an die
Einheit Allahs rühmen, wenn man behauptet, dass das Wissen
über das Verborgene Dualität impliziere?
Ibn Chaldun
schreibt: „Wenn andere Wundertaten vollbringen, was denkt
ihr dann über die, die in Wissen und Aufrichtigkeit
ausgezeichnet wurden und ein Spiegel der Charakterzüge des
Propheten waren, während die Betrachtung, die Allah für ihre
edle Wurzel hatte, (der Prophet) ein Beweis der hohen
Fertigkeiten seiner Abkömmlinge (der Ahl-ul-Bait) war.
Folglich sind auch viele Ereignisse zum Wissen über das
Verborgene durch die Ahl-ul-Bait überliefert worden, die nicht
durch andere überliefert wurden“.
So gib es
keinen Grund, sich über die Aussage des Befehlshabers der
Gläubigen (a.) zu wundern, denn er wurde vom Propheten (s.)
aufgezogen und war ein Schüler der Schule Allahs. Natürlich
aber weigern sich die, deren Wissen die Grenzen der physischen
Wahrnehmung nicht übersteigt und deren Mittel zum Lernen auf
die körperlichen Sinne beschränkt sind, an das Wissen über die
Wege der göttlichen Erkenntnis und Wirklichkeit zu glauben.
Es ist
erstaunlich, dass der Befehlshaber der Gläubigen (a.)
ansonsten nicht all zu oft in Worten oder Taten darauf
hinwies, dass er das Wissen über Ereignisse der Zukunft hatte.
Daher ist diese Aussage in der obigen Predigt als
außerordentlich bedeutsam zu werten, wie al-Sayyid ibn Tawus
schreibt: „Ein wundersamer Aspekt seiner Aussage besteht
darin, dass trotz der Tatsache, dass der Befehlshaber der
Gläubigen sich über Bedingungen und Ereignisse im klaren war,
dennoch so ein Verhalten durch seine Worte und Taten bewahrte,
dass jemand, der ihn sah, nicht glauben konnte, dass er die
Geheimnisse und die verborgenen Taten anderer kannte, weil die
Weisen darüber übereinstimmen, dass, wenn jemand weiß, welches
Ereignis eintreten oder welchen Schritt sein Gefährte
unternehmen wird, oder wenn ihm die verborgenen Geheimnisse
von Leuten bekannt sind, dass die Effekte solch eines Wissens
sich in seinen Gesten und Gesichtsausdruck niederschlagen
würden. Aber der Mann, der, obwohl er alles weiß, sich so
benimmt, als ob er sich aller Dinge unbewusst wäre und nichts
wüsste, dessen Persönlichkeit ist ein Wunder und eine
Vereinigung von Gegensätzen“.
Hier kommt
die Frage auf, warum der Befehlshaber der Gläubigen (a.) nicht
nach seinem geheimen Wissen handelte. Die Antwort ist, dass
die Gebote der göttlichen Gesetzgebung auf offensichtlichen
Bedingungen fußen. Obwohl die Propheten und Imame diese Macht
immer hatten, durften sie nicht davon ohne Erlaubnis Allahs
Gebrauch machen und hielten sich auch daran, wie zum Beispiel
beim oben zitierte Vers über Jesus (a.), der davon spricht,
dass er die Macht hatte, Leben zu geben, die Blinden zu heilen
und zu erklären, was die Leute aßen und in ihren Häusern
aufspeicherten usw. Jesus (s.) machte von dieser Fähigkeit
nicht bei jedem oder allem Gebrauch, sondern nur mit Erlaubnis
Allahs und bei der angemessenen Gelegenheit.
Wenn die
Propheten und andere Heilige auf der Basis ihres geheimen
Wissens agiert hätten, dann hätte es schwere Störungen und
Unruhen gegeben in den Angelegenheiten der Leute. Z.B. wenn
ein Prophet oder Imam auf der Grundlage seines geheimen
Wissens eine verdammenswerte Person bestrafen würde, noch
bevor er die verdammenswerte Handlung öffentlich begangen hat,
dann gäbe es große Unruhen und Erschütterungen bei denen, die
es so sahen, als ob er einen Unschuldigen bestraft hätte. So
behandelte der Prophet (s.) auch so manchen Heuchler als
Muslim, obwohl er wusste, dass er ein Heuchler war.
Wenn es die
Situation allerdings erforderlich machte, dann legte der
Befehlshaber der Gläubigen (a.) durch Predigten, Ermahnungen,
durch die frohe Botschaft von göttlichem Lohn oder Warnungen
vor Strafe manches offen, so dass zukünftige Ereignisse
vorweggenommen werden konnten. Z.B. informierte Imam Sadiq
(a.) einstmals Yahya ibn Zaid darüber, dass dieser getötet
werden würde, wenn er hinausginge. Ibn Chaldun schreibt in
diesem Zusammenhang: „Es wurde authentisch von Imam
Dscha´far al-Sadiq berichtet, dass er manche der Leute über
einiges davon in Kenntnis setzte, was ihnen zustoßen würde.
Z.B. warnte er seinen Cousin Yahya ibn Zaid davor, dass er
ermordet werden würde, doch der gehorchte ihm nicht, ging
hinaus und wurde getötet.“
Der
Befehlshaber der Gläubigen (a.) vermied es gemäß seiner
eigenen Aussage auch, mehrere Details offen zu legen, aus der
Sorge heraus, die Leute könnten ihn höher einschätzen als den
Propheten (s.), was den Glauben erschüttert hätte. Trotz
alledem wichen einige Leute einstmals hinsichtlich Jesu (a.)
ab, und in der gleichen Art begannen sie auch, über den
Befehlshaber der Gläubigen (a.) allerhand Dinge zu behaupten
und wurden dadurch fehlgeleitet, was in Übertreibung
resultierte.