Die Weisheiten des Befehlshabers der Gläubigen (a.) 261-265
Weitere Maximen Imam Alis (a.)
261.
Als er (Imam Ali, a.) vom Überfall der Parteigänger Muawiyas
auf al-Anbar erfuhr, zog er selbst aus und marschierte bis
Nuchaila, wo die Leute ihn einholten und sagten:
„Befehlshaber der Gläubigen, wir genügen ihnen (um sie zu
besiegen)“, daraufhin sagte er (a.):
Ihr genügt
mir nicht (einmal) gegen euch selbst, so wie könnt ihr mir
genügen gegen andere? Wenn vor mir die Untertanen sich über
das Unrecht ihrer Herrscher zu beklagen pflegten, so beklage
ich mich heute über das Unrecht meiner Untertanen, als ob ich
(von ihnen) angeführt werden würde und sie die Anführer wären,
und als ob ich der Beherrschte und sie die Herrscher wären!
Der Überlieferer sagte dazu:
„Als er (Imam Ali, a.) das während einer längen Rede äußerte,
die wir auszugsweise in der Sammlung der Predigten erwähnt
haben, kamen zwei Männer von seinen Gefährten auf ihn zu, und
der eine von ihnen sagte: „Ich habe keine Macht außer über
mich selber und meinen Bruder
so erlasse deinen Befehl, oh Befehlshaber der Gläubigen, damit
wir ihn ausführen“, und er (Imam Ali, a.) sagte:
Wo seid
ihr beide, dass ihr ausführen könnt, was ich beabsichtige?
262. Es wurde gesagt, dass
al-Harith ibn Haut zu ihm (Imam Ali, a.) sagte: „Denkst du,
dass ich glaube, dass die Leute (der Schlacht) vom Kamel [dschamal]
im Irrtum waren?“, und er (a.) sagte daraufhin:
„Harith,
du hast unter dich geblickt, jedoch hast du nicht über dich
geschaut und wurdest verwirrt. Wahrlich, du hast die Wahrheit
nicht erkannt, so dass du weißt, wer nach ihr handelte, und du
hast nicht das Falsche erkannt, so das du weißt, wer danach
handelte!“
Und al-Harith sagte: „So werde
ich mich mit Said ibn Malik und Abdullah ibn Umar
zurückziehen, woraufhin (Imam Ali, a.) antwortete:
Wahrlich,
Said und Abdullah ibn Umar haben weder die Wahrheit
unterstützt, noch die Falschheit verworfen.
Erläuterung
Sa´d ibn Malik (d.h. Sa´d ibn Abu Waqqas, Vater von Umar ibn
Sa´d, der Imam Husain (a.) tötete) und Abdullah ibn Umar waren
unter denen, die dem Befehlshaber der Gläubigen (a.) nicht zu
Hilfe eilten. Was Sa´d ibn Abu Waqqas angeht, so zog er sich
nach Uthmans Ermordung in die Wildnis zurück und verbrachte da
sein (restliches) Leben, doch er erklärte sich nicht bereit,
dem Befehlshaber der Gläubigen (a.) (als Kalif) den Treueid zu
leisten. Aber nach dessen Ableben pflegte er Reue zu äußern
„Ich vertrat eine Meinung, doch es war eine falsche.“
Und als Muawiya ihm Vorwürfe machte, dass er ihn nicht in
seinem Krieg gegen den Befehlshaber der Gläubigen (a.)
unterstützt hatte, sagte Sa´d: „Ich bereue nur, nicht gegen
die rebellische Gruppe (d.h. gegen Muawiya und seine Leute)
gekämpft zu haben.“
Was Abdullah ibn Umar betrifft, weigerte er sich, den
Befehlshaber der Gläubigen (a.) in den Schlachten zu
unterstützen, obwohl er ihm den Treueid geleistet hatte, indem
er die Ausrede vorbrachte: „Ich habe den Rückzug (aus der
Gesellschaft) gesucht, um mich dem Gottesdienst zu widmen, und
möchte mich daher nicht in Krieg und Kampf verwickeln.“
Ein persisches Gedicht sagt: „Der Verstand missbilligt solche
Ausreden mehr als die Missetat an sich.“
Abdullah ibn Umar pflegte auch häufig seine Reue
auszusprechen, selbst bis zu den letzten Momenten seines
Lebens: „Ich sehe nichts bei mir, worüber ich in dieser
Welt traurig sein müsste, außer darüber, dass ich nicht an der
Seite von Ali ibn Abu Talib gegen die aufrührerische Gruppe
gekämpft habe, wie Allah, Dem alle Macht gehört, befohlen
hatte.“
263. Und er (a.) sagte:
Der
Inhaber der Macht ist wie jemand, der auf einem Löwen reitet:
Er wird wegen seiner Stellung beneidet, doch er kennt seine
Position besser.
Erläuterung
Damit soll ausgesagt werden, dass wenn eine Person einen
hohen Rang am königlichen Gericht innehat, die Leute mit Neid
auf diesen seinen Rang, Ehre und Ansehen schauen, doch er
selber hat immer die Befürchtung, dass er sich das Missfallen
des Königs zuziehen und in die Grube der Entehrung und Schande
fallen könnte, oder er fühlt sich bedroht von Tod und
Untergang, wie der Reiter eines Löwen, vor dem die Leute
Ehrfurcht haben, doch er selber sich immer in der Gefahr
befindet, dass der Löwe ihn fressen oder ihn in eine fatale
Lage bringen könnte.
264. Und er (a.) sagte:
Seid gut
zu den Nachkommen anderer, auf dass (die gute Behandlung)
eurer Nachkommen gesichert wird.
265. Und er (a.) sagte:
Wahrlich,
wenn die Aussage der Weisen den richtigen Punkt trifft, ist
sie Medizin, doch wenn sie falsch ist, ist sie eine Krankheit.
Erläuterung
Die Gruppe der Gelehrten und Reformer sind verantwortlich für
Verbesserung als auch für die Verschlechterung, da die
einfachen Leute unter ihrem Einfluss stehen und ihre Worte und
Taten als korrekt und maßgeblich betrachten. Sie verlassen
sich darauf und handeln dementsprechend. Daher, wenn ihre
Lehren für Verbesserung sorgen, dann werden Tausende davon
profitieren, doch wenn Übel darin liegt, sind Tausende von
Irreführung betroffen und werden fehlgeleitet. Darum sagt man
sprichwörtlich: „Wenn ein Gelehrter in üble Taten verfällt,
verfällt die gesamte Welt in Übel.“