Der Offenbarer

Der Offenbarer

aus dem Buch "Offenbarer, Bote und Botschaft"

Muhammad Baqir al-Sadr

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Die Rolle der Erfahrungswissenschaft

Natürlich genügte es im Laufe der Zeit dem Menschen nicht mehr, den Glauben an Gott an das Gewissen oder seine intel-ligiblen Anlagen anzulehnen, da die Erfahrungen des Menschen ihn vor die Aufgabe stellten, immer neue Fragen aufzuwerfen und diese zu beantworten. Und während der Mensch anfing die Geheimnisse des Universums durch sinnliche Erfahrungen zu entschleiern, erhob sich der Anspruch auch Gott mit diesen Fähigkeiten und diesen Mitteln zu erfassen. Denn während der griechische Philosoph Aristoteles (gest. 322 v.Chr.) in einem geschlossenen Raum über die Art der Beziehung von der Bewegung, eines sich im All von einem Ort zum anderen bewegenden Körpers, und der ihn bewegenden Kraft, nachsann, machte sich der italienische Wissenschaftler Galileo Galilei (gest. 1642 n.Chr.) daran, die im All befindlichen Körper so nah, wie irgend möglich, sinnlich zu beobachten. Da es der Wissenschaft auf diese Weise aber dennoch nicht möglich wurde, das göttliche Dasein zu ergründen, behauptete man schließlich, in der materialistischen Dialektik, dass Gott nicht existiere, da Er von keinem der uns bekannten Sinne zu erfassen oder zu erfahren sei.

Dies war natürlich ein grober und fahrlässiger Fehler, da die Erfahrungen und Sinne nicht über den Verstand des Menschen und sein Gewissen erhaben sind. Und überhaupt war es von Anbeginn dieser Idee an falsch zu glauben, den Schöpfer durch das Erschaffene erklären zu können. Tatsächlich gelangt der Mensch zwar durch die Beobachtung der Natur und sein Nachsinnen darüber zur Erkenntnis über das Dasein Gottes, und er kann auch von diesen Kenntnissen und Erfahrungen seiner Beobachtungen der Natur eine Kenntnis über Gott ableiten. Doch niemals kann er Ihn mit der Schöpfung vergleichen oder gleichsetzen. Dies wäre - um es etwas näher zu bringen - genauso albern, wie bei der Betrachtung eines Autos etwa, sich anhand des Automobils, ein Bild vom Hersteller machen zu wollen. Solches vorgehen führt in keinem Falle zu einer wirklichen Gewissheit, und hat auch nicht im geringsten Fall etwas mit Wissen oder Wissenschaft zu tun, sondern ist eine reine Spekulation.

Diese sinnliche Neigung des Menschen, die wir oben erwähnten, bedeutet eine Ermunterung für jeden Forscher und Wissenschaftler, hinsichtlich der göttlichen Naturgesetze und Traditionen in Seiner Schöpfung und der Physik der äußeren Welt, in zwei Phasen zu einer Entschleierung oder Entdeckung dessen zu gelangen:

1. Phase: Die Phase der sinnlichen Wahrnehmung und der Erfahrung, sowie der Ansammlung der von der Wahrnehmung und Erfahrung erbrachten Informationen als geistige Bilder und Begriffe.

2. Phase: Die Phase des Intellekts oder des Verstandes. Dies ist die Phase der Analytik und Auswertung der gewonnenen sinnlichen Erfahrungen anhand der intelligiblen Anlagen und der bereits gewonnenen Erkenntnisse, um zu einer allgemeinen und globalen Erklärung und Interpretation zu gelangen.

Selbstverständlich ist damit klar, dass die Phase der sinnlichen Erfahrung keine wirklich wissenschaftliche Phase ist, da kein Gelehrter dieser Welt allein unter Gebrauch dieser unvollständigen Vorgehensweise auch nur ein einziges Geheimnis dieser Welt gelüftet hat, ohne dabei von seiner Ratio Gebrauch zu machen. So entdeckte Isaak Newton (gest. 1727) die Anziehungskraft zwischen zwei Körpern usw. nicht etwa einzig durch seine direkte sinnliche Erfahrung, denn das entdeckten auch andere. Alles was seine Sinne wahrnehmen konnten, war ein Stein, der zu Boden fiel, oder der Mond der sich um die Erde bewegt, oder auch die Bewegung der Gestirne um die Sonne herum. Und so fing er an zu überlegen, wobei er sich unter anderem der Theorien von G. Galilei und J. Kepler bediente, wie er wohl eine allgemeine Erklärung für dieses Phänomen, was noch keinen bestimmten Namen trug, formulieren könnte. Und so gelangte er schließlich, nach reifer Überlegung und geistigen Mühen sowie rationalen Schlüssen, zu seiner Entdeckung von der allgemeinen Anziehungskraft und Schwerkraft der Masse.

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