Reise durch Persien

Reise durch Persien

1925 n.Chr.

Pierre Loti

Inhaltsverzeichnis

Unterwegs

Donnerstag, 19. April.

Ich weiß nicht, ob ich wache oder schlafe . . . Seit einem Augenblick habe ich das unbestimmte Gefühl, als befände ich mich inmitten einer Schar von singenden Vögeln, die so dicht an mir vorüberfliegen, daß ich den Wind ihrer Flügel spüre, wenn sie mich streifen . . . Und in der Tat, es sind geschäftige Schwalben, die ihre Nester an den Balken meiner niedrigen Decke gebaut haben! Die Nester sind voll von Jungen. Wenn ich meine Hand ausstrecke, würde ich sie fast berühren. Durch meine Fenster – die weder Scheiben noch Läden haben, um sie zu schließen – fliegen und kommen sie mit fröhlichem Gezwitscher; und die Sonne geht auf! Jetzt kehrt die Erinnerung wieder; ich befinde mich in der Oase Daliki, ich bewohne das Ehrenzimmerchen der Karawanserei. Gestern abend wurde ich auf einer an die Außenseite des Hauses angebrachten Treppe in diese kleine Wohnung geführt, die nur aus weißgekalkten Lehmwänden besteht. Meine beiden Perser Yomsouf und Yakout beeilten sich, unsere Feldbetten aufzuschlagen und unsere Decken auszubreiten, während mein Diener und ich vom Schlaf überwältigt warteten und gierig aus einem Kruge frischen Wassers tranken.

Die Hitze ist hier schon weniger schwer als am Rande des schrecklichen Golfes, und es ist so strahlend schön! Mein Zimmer, das einzige des Dorfes, das nicht im Erdgeschoß liegt und das seine Umgebung bis zu einem gewissen Grade beherrscht, ist durch seine vier kleinen Fenster den vier Winden zugänglich. Ich liege inmitten der frischen, grünen Dattelbäume, unter einem flachsblauen Himmel, der von sehr leichten Wölkchen von weißer Wolle übersät ist. Auf der einen Seite türmt sich etwas Dunkles, Riesenhaftes, etwas Rotbraunes so hoch auf, daß ich den Kopf zum Fenster hinausstecken und in die Höhe sehen muß, um sein Ende mit den Augen zu erreichen: es ist die große Kette Irans, die dort ganz in der Nähe uns fast zu überdachen scheint. Auf der anderen Seite erstreckt sich das Dorf, ganz in der Ferne schimmert ein Stückchen der Wüste durch die vielen schlanken, gleichmäßigen Stämme der Palmen hindurch. Der Schrei der Hähne, das Gezwitscher der Schwalben ertönt um die Wette. Die kleinen Lehmhäuser haben spitzbogige Türen in rein arabischem Stil, und flache, terrassenförmige Dächer, auf denen das Gras so üppig wie in den Feldern wächst. Die schönen Mädchen der Wüste treten ins Freie, um ihre Toilette unter offenem Himmel zu machen, sie sind nicht verschleiert, setzen sich auf irgendeinen Stein vor ihrer Wohnung und scheiteln ihr schwarzes Haar. Man hört die Gerätschaften der Weber klappern. Da dieser Ort sehr besucht, und da es die Ankunftsstunde der kaufmännischen Karawanen ist, die allnächtlich langsam diese Wege dahinziehen, so ertönen jetzt von allen Seiten die Glocken der Maultiere, die der Karawanserei entgegeneilen, und die mit geschlossenem Munde ausgestoßenen Rufe der Maultiertreiber; den hohen schwarzen Hut der Perser weit auf dem feinen dunklen Kopf zurückgeschoben, schreiten die Führer leichtfüßig und fröhlich heran.

Nachmittags wiederholte lange Wortstreitigkeiten mit meinem Tcharvadar. In Bouchir hatte ich nach der Karte beschlossen, den Marsch heute abend zu verdoppeln, er hatte sich geweigert, war in Aufregung geraten, war nur durch Drohungen zum Nachgeben zu bewegen gewesen, nachdem er zuvor Miene gemacht hatte, auszureißen, ohne den Kontrakt zu unterschreiben. Heute da ich mich von der Verfassung der Wege überzeugt habe, ziehe ich vor, nur 6 Stunden zu marschieren, um, so wie er es zuerst vorgeschlagen hatte, in dem Dorfe Konor-Takté ausruhen zu können – und jetzt ist er derjenige, der nicht darauf eingehen will. Schließlich, als mir die Geduld reißt, rufe ich aus: »Übrigens bleibt es so, wie ich gesagt habe, aus dem einfachen Grunde, weil ich es will, und damit ist die Unterredung beendet!« Sein fein gemeißeltes Gesicht klärt sich plötzlich auf, und er spricht lächelnd: »Wenn du sagst: ich will, so kann ich nur antworten: es sei.«

Er stritt um zu streiten, um die Zeit totzuschlagen, einen anderen Grund hatte er nicht.

Sechs Uhr abends. Meine drei neuen Begleiter, die mir das hiesige Oberhaupt gestellt hatte, treten an; sie haben schöne geblümte Kleider aus Baumwolle und sehr alte Gewehre. Zum erstenmal seit der Abreise bricht meine Karawane noch am Tage, bei den letzten roten Strahlen der Sonne, auf. Und wir verlassen ruhig die Oase, wo unter hohen Palmen an den Ufern der klaren Bäche zahllose, fast ausnahmslos hübsche Frauen mit ihren kleinen Kindern sich der Süße des melancholischen Abends hingeben.

Alsbald beginnt die Einsamkeit des Sandes und der Steine. Die lange persische Felsenküste, in die wir uns endlich über Nacht hereinstürzen werden, erstreckt sich, so weit das Auge reicht, bis ans Ende des unermeßlichen Horizontes; man kann sagen, sie sei von mutwilliger Hand mit grellen, schreienden Farben angestrichen, Gelb-orange oder Gelb-grün wechseln in seltsamen Streifen mit einem Rotbraun ab, das die untergehende Sonne bis zum Unmöglichen und Schreckhaften steigert, ganz in der Ferne gehen die Töne ineinander über, um als ein wunderbares Violett, der Farbe des Bischofgewandes, wieder zu erstehen.

Wie in der letzten Nacht riecht dieser ungeheure Wall Irans auch heute nach Schwefel, nach unterirdischem Feuer. Man hat den Eindruck, daß er mit giftigen Salzen, mit Stoffen gesättigt ist, die dem Leben feindlich sind; er nimmt die Farben vergifteter Dinge an, er zeigt sich in Formen, die Furcht einflößen. Außerdem hebt er sich von einem drohenden Hintergrunde ab, denn die eine Hälfte des Himmels ist schwarz, schwarz wie die Sintflut oder der Weltuntergang: wieder eins jener falschen Gewitter, die in diesem Lande heraufsteigen, als wenn sie alles vernichten wollten, aber die, man weiß nicht wie, verschwinden, ohne jemals einen Tropfen Wasser zu schenken. . . . Ein Mensch, der niemals unser Klima verlassen hat, und den man ohne irgendwelche Vorbereitung hierher führen, ihn vor eine Erscheinung von solcher Kraft und Größe stellen würde, dieser Mensch könnte sich nicht freimachen von der Angst vor dem Unbekannten, von dem Gefühl, nicht mehr auf Erden zu sein, oder von dem Schrecken des Weltunterganges . . .

Der wellenförmigen Wüste, durch die wir seit zwei Tagen geritten sind, folgt ein Abhang, der bis zum Fuße dieser Berge hinaufführt, die jetzt über unseren Häuptern zu hängen scheinen; von dem Punkte aus gesehen, wo wir stehen, liegt die weiße Ebene der Wüste schon unter uns; bis ins Unendliche dehnt sie sich vor unseren Augen aus, hebt sich blaß von dem drohenden Himmel ab, und zwei oder drei fernliegende Oasen sind als gar zu grüne Flecken, mit einem grellen Grün, wie man es auf chinesischen Aquarellen sieht, hineingezeichnet.

So trostlos wie die Wüste, von der wir jetzt Abschied nehmen, auch aussehen mag, so gastfreundlich und leicht zugänglich erscheint sie im Vergleich zu dieser Gebirgswand, die sich dort geheimnisvoll und drohend unter den schwarzen Wolken erhebt, als wolle sie niemandem Zutritt gewähren.

Zu der Stunde, wo die blutrote Scheibe der Sonne hinter dem Horizont der Ebenen untertaucht, öffnet sich jäh ein großer dunkler Einschnitt in der persischen Mauer, zwischen den zwei- bis dreihundert Meter hohen senkrechten Felswänden.

Wir reiten dort hinein. Eine plötzliche Dämmerung senkt sich auf uns herab, fällt von den überhängenden Felsen, als sei sie ein Schleier, in den wir ganz unerwartet eingehüllt werden. Das Schweigen, die Schallempfindlichkeit steigern sich in demselben Maße wie der Schwefelgeruch. Und die Sterne, die man noch vor kurzem nicht entdecken konnte, erscheinen alsbald, als hätte man sie alle gleichzeitig angezündet, und als würden sie aus der Tiefe eines Brunnens geschaut; sie stehen am hellen Zenit, den die Gewitterwolken noch nicht erreicht haben.

Eine ganze Stunde lang, bis es dunkle Nacht geworden, dringen wir unter großen Anstrengungen in dem Lande der geologischen Schrecken durch das Chaos der wilden, zerklüfteten Steinmassen vor; immer folgen wir demselben Spalt, derselben Kluft, die tiefer und tiefer in die Weichen des Berges einschneidet, gleich einem endlosen sich schlängelnden Geheimgang. Dort sind Löcher, Steinhaufen, steil ansteigende Wege, und dann wieder jähe Abhänge, mit scharfen Biegungen über tiefen Schlünden. Mitten in dies Gewirr hat der jahrhundertelange Durchzug der Karawanen unbestimmte Pfade gezeichnet, deren Spur unsere Tiere trotz der Dunkelheit nicht verlieren. Von Zeit zu Zeit ruft man sich, zählt man nach, zählt die Begleiter von Daliki und sich selber; man reiht sich enger aneinander, man macht halt, um Atem zu schöpfen. Durch die Nebel, die uns umgeben, hören wir die unterirdischen Wasser brodeln, hören die Donner rollen, die Wasserbäche fallen. In diesen Schlünden, wo man von allen Seiten von heißen Steinmassen eingeschlossen ist, herrscht eine Backofenhitze, und manchmal glaubt man zu ersticken, wenn man den Geruch der Schwefelgruben einatmet. Aber noch gefährlicher zu passieren sind die Wege, dort, wo Granitplatten, gleich reihenweise aufgestellten Tischen, zur Hälfte aus dem Boden hervorspringen und schmale, tiefe Zwischenräume bilden, in die das Bein eines Maultieres, wenn es unglücklicherweise dort hineingeraten sollte, wie in einer Falle gefangen säße. Und über diese Steine hinweg muß man in der Dunkelheit seinen Weg suchen.

Eine Stunde relativer Ruhe gewährt uns der Ritt über einen weißlichen Boden am Ufer eines schlafenden Baches entlang . . . Ein unheilvoller Fluß, der weder Baum noch Schilf noch Blumen kennt, sondern der sich geheimnisvoll und wie verwünscht dahinschleppt, so eingeschlossen, daß die Sonne niemals dort hinunter dringen wird. Jetzt spiegelt er ein kleines Stückchen Himmel mit einigen Sternen zwischen den umgekehrten Bildern der großen schwarzen Gipfel wider.

Und nun schließt sich der Weg vor uns, das Tal wird vollständig abgesperrt durch eine senkrechte, drei- bis vierhundert Meter hohe Mauer.

Wir haben uns also verirrt, das ist klar, uns bleibt nichts weiter übrig, als denselben Weg zurückzugehen, auf dem wir gekommen sind . . .

Mein Tcharvadar muß wahnsinnig sein, er schickt sich an, dort hinaufzuklettern, treibt sein Pferd eine Art Treppe hinauf, die wohl für die Ziegen berechnet sein mag, und behauptet, dies sei der Weg! . . .

Anmutig verneigen meine drei Begleiter sich vor mir und nehmen Abschied. Sie dürfen uns nicht weiter folgen. Denn, sagen sie, das hieße die Grenze ihres Gebietes überschreiten. Ich glaube, daß sie mich genau wie ihre Brüder gestern im Stich lassen. Aber weder Drohungen noch Versprechungen vermögen hier etwas auszurichten, sie machen kehrt, und wir sind uns selbst überlassen.

Und in der Tat ist diese undenkbare Treppe der richtige Weg; ich muß es ja schließlich glauben, weil alle es bestätigen. Offenbar ist dies der einzige Pfad, der dort hinaufführt nach jenem geheimnisvollen und unzugänglichen Chiraz, wo wir vielleicht nach den anstrengenden Ritten dreier weiterer Nächte uns endlich in der gesunden und erfrischenden Höhenluft ausruhen dürfen. Dies ist die weite Straße vom Persischen Golf nach Ispahan!

Wenn man einem vernünftigen Mann, der unsere europäischen Begriffe betreffs Wege und Reisen mitbringt, diesen kleinen Trupp Pferde und Maultiere zeigen würde, ihm zeigen würde, wie die Tiere sich anklammern, wie sie an der senkrechten Mauer eines solchen Berges hinaufklettern, so müßte er glauben, irgendeinem phantastischen Hexenritt nach dem Brocken beizuwohnen.

Dies mühsame Klettern, bei dem man sich die Knochen zerschlagen kann, dauert mehr als zwei lange Stunden. Schon allein das Sitzenbleiben im Sattel erfordert unaufhörlich große gymnastische Anstrengungen; unsere Tiere – die übrigens einen seltenen Instinkt und wunderbare Vorsicht an den Tag legen – tasten in der Dunkelheit mit ihren Vorderfüßen umher, tasten über ihren Kopf hinweg, suchen einen Vorsprung, an den sie sich anklammern können, als hätten sie Krallen und ziehen sich dann mit einer geschmeidigen Anstrengung der Schenkel hinauf. Und so sieht uns jede Minute ein kleines Stückchen höher über dem Abgrund schweben, der in der Tiefe gähnt. Die sogenannten Fußpfade, denen wir folgen, steigen in sehr kurzen Zickzacklinien mit scharfen Biegungen hinan, derart, daß sich der eine immer unmittelbar über dem Kopfe des anderen befindet, alle schmiegen wir uns dicht gegen die steile Felswand, und wenn einer der Vordermänner straucheln und in den Schlund hinabstürzen sollte, so würde er die anderen mit sich reißen, und viele würden gleichzeitig verunglücken. Mit all den Steinen, die sich unter unseren Füßen loslösen, und die in dem Maße, wie wir uns von dem gähnenden Schlund dort unten entfernen, immer länger werdende Kaskaden und Lawinen bilden, mit all diesen eisenbeschlagenen Hufen, die über die Steine dahinschrammen, die ausgleiten und wieder Boden fassen, tragen wir einen großen Lärm hinein in das feierliche Schweigen. Wenn in dieser Gegend Räuber auf der Lauer liegen, so müssen sie uns schon von weitem hören können. Meinen Diener, dessen Leben mir anvertraut ist, lasse ich vor mir reiten, um wenigstens sicher zu sein, daß er, so lange ich seine Silhouette sehen kann, nicht mit seinem Pferd hinter meinem Rücken in die tieferliegenden Täler gestürzt ist. Zuweilen strauchelt ein Maultier mit seiner Last und fällt zu Boden, alsbald stoßen unsere Leute lange Warnungsrufe aus, und dann rette sich wer kann: wenn es den Abhang herunterollt und im Fallen alle, die hinter ihm sind, mit fortreißt, dann würde sich eine Lawine bilden, die aus uns, unseren Maultieren und allen unseren Tieren zusammengesetzt wäre.

Die Pfade, von denen wir uns nicht entfernen dürfen, sind im Laufe der Jahrhunderte von nächtlichen Karawanen getreten, sie sind so schmal, daß man sich auf ihnen wie eingeschachtelt in einer Schlitterbahn befindet, zwischen Felsen, die den Reiter an beiden Seiten einzwängen, an denen man sich die Knie wund stößt. Wiederum hat diese schreckliche Treppe zuweilen nicht den geringsten Schutzrand, und dann sieht man lieber gar nicht hinab, denn stockdunkle Schlünde gähnen fast unmittelbar uns zu Füßen, Schlünde, deren Grund jetzt so weit entfernt ist, daß man fast sagen könnte, es sei die unendliche Leere selbst. In dem Maße wie wir vorwärts schreiten, wechselt, verändert sich das Bild unter dem unbestimmten Licht der Sterne; dort öffnen sich riesenhafte Talkessel, mit eingestürzten Seiten, dort ziehen wir an großen überhängenden Steinen vorbei, deren Formen nur undeutlich in der Nacht zu erkennen sind, sie neigen sich vor und scheinen uns zu drohen. Von Zeit zu Zeit erfüllt ein Leichengeruch die glühende, schwere Luft, während eine unbewegliche Masse uns den Weg versperrt: ein Pferd oder Maultier irgendeiner früheren Karawane hat sich das Rückgrat gebrochen, und man hat es hier verwesen lassen; wir müssen darüber hinwegreiten oder einen gefährlichen Umweg wagen.

Zum Schluß unserer zweistündigen Qual erhellt eine große Klarheit den östlichen Himmel. Gottlob, es ist der Mond, der uns aus dieser Finsternis erretten will.

Und wie soll ich die Erlösung beschreiben, die wir empfanden, als wir uns plötzlich von dem großen Schweigen umgeben, auf einem freien leichten Boden wiedersahen! In demselben Augenblick, wo man dem Schwindel der Abgründe, dem Absturz in das schwarze Nichts, wo man dem Ersticken in den Steintälern entflieht, in demselben Augenblick atmet man auch eine reinere, wunderbar frische Luft ein. Man befindet sich auf einer Ebene – einer Ebene, die tausend bis zwölfhundert Meter über dem Meeresspiegel liegt – und an Stelle der Wüste, die wir eben verlassen, erstreckt sich hier das blühende Land, erstrecken sich die Kornfelder, die ungemähten Wiesen mit ihrem wunderbaren Duft. Der Mond, der aufgegangen ist, zeigt uns überall Mohn und Gänseblümchen. Auf breiten Wegen reitet man friedlich über die weiche Erde und über das Gras dahin, begleitet von einer Wolke von Leuchtkäferchen, gleichsam eingehüllt in einen harmlosen Funkenregen. Wir befinden uns hier auf der ersten Stufe, auf der ersten Terrasse Persiens, und wenn wir eine zweite Bergwand überschritten haben werden, die sich dort hinten vom Himmel abhebt, dann haben wir endlich die Hochebene Asiens erreicht. Es ist übrigens eine Erleichterung zu sagen, daß man diese schreckliche Treppe nicht wieder hinabzusteigen braucht, wir werden nämlich auf den besuchteren nördlichen Straßen über Teheran und das Kaspische Meer zurückkehren.

Vor uns hören wir Glockengeläute, die Schellen der Maultiere: eine andere Karawane, die in entgegengesetzter Richtung reist, und die uns jetzt kreuzt. Man hält an, um Worte zu wechseln, um unter dem schönen Mond einander in Augenschein zu nehmen, und der neue Tcharvadar, der herannaht, ruft mit einem Freudenschrei den meinen mit Namen: »Abbas!« Die beiden Männer fallen sich in die Arme und halten sich lange umschlungen: es sind Zwillingsbrüder, die auf den Fahrstraßen als Karawanenführer leben, und die sich scheinbar lange nicht begegnet waren.

Der jetzt eintönige Weg und die vollkommene Sicherheit treiben uns nach so viel gesunder Ermüdung unwiderstehlich dem Schlaf in die Arme, und in der Tat, wir schlafen auf unseren Pferden . . . Zwei Uhr morgens. Mein Tcharvadar kündet Konor-Takté, unser heutiges Nachtquartier, an.

Ein befestigtes Dorf, in einem Wald von Palmen gelegen, die Pforten der Karawanserei, die sich vor uns auftun, und sich hinter unserem Rücken schließen: das alles sehe ich undeutlich, wie im Traum . . . Und dann ist alles erloschen, wir versinken in die Ruhe der Bewußtlosigkeit . . .

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