Aufenthalt in Konstantinopel
Die Moscheen
Der Eintritt in die Moscheen ist ohne bedeutende Kosten
sehr schwer zu erhalten. Man muß sich einen Ferman lösen, der
auf tausend bis tausendzweihundert Piaster zu stehen kommt.
Gewöhnlich ist ein spekulierender Lohndiener so vernünftig, in
den größeren Gasthöfen sich nach Reisenden zu erkundigen, die
die Moscheen zu besuchen wünschen. Er läßt sich von jeder
Person vier bis fünf Collonati (ein Collonato ist ein
spanischer Taler im Wert von zwei Gulden) bezahlen, verschafft
sich den Ferman und gewinnt oft bei diesem Geschäft vierzig
bis fünfzig Gulden. Die Gelegenheit, auf diese Art in die
Moscheen zu kommen, bietet sich gewöhnlich einigemal im Lauf
eines jeden Monats.
Auch ich hatte gedacht, Konstantinopel unmöglich verlassen
zu können, ohne die vier Wundermoscheen Hagia Sophia, Sultan
Ahmed, Nuru-Osmaniye und Süleimaniye gesehen zu haben.
Ich war so glücklich, gegen eine ganz kleine Gabe
hineinzukommen, und heute noch würde es mich reuen, wenn ich
fünf Collonati dafür gezahlt hätte.
Für einen Architekten mögen diese Moscheen recht
interessant sein, aber für profane Menschen gleich mir ist
nicht viel Anziehendes daran. Die Schönheit besteht gewöhnlich
allein in den kühnen Wölbungen der Kuppeln. Im Innern sind sie
leer, nur einige große Lüster mit sehr vielen, ganz einfachen
Glaslampen sind hin und wieder angebracht. Die Marmorböden
sind mit Strohmatten bedeckt. In der Hagia Sophia stehen
einige Säulen, welche von Baalbek und Ephesus hierhergebracht
wurden, und in einer Nebenabteilung sieht man mehrere
Sarkophage.
Wenn man in die Moschee geht, muß man entweder die Schuhe
ausziehen oder Pantoffel darüber nehmen. Die Vorhöfe, in
welche jedermann gehen darf, sind sehr groß, mit Marmorplatten
gepflastert und äußerst rein gehalten. In der Mitte steht ein
Brunnen, wo sich der Muselman Hände, Füße und Gesicht wäscht,
ehe er die Moschee betritt. Rings um die Moschee läuft
meistens eine offene Vorhalle, auf Säulen gestützt. Herrliche
Platanen und Ahornbäume verbreiten vor denselben den
angenehmsten Schatten.
Die Moschee Sultan Ahmeds auf dem Hippodrom ist von sechs
Minaretten umgeben. Die andern haben oft nur zwei, drei,
höchstens vier an den Seiten.
Eine schöne und lobenswerte Einrichtung sind die Garküchen
für Bedürftige, die ganz nahe an den Moscheen errichtet sind.
Hier wird der arme Muselman mit einfachen Gerichten wie Reis,
Bohnen, Gurken usw. auf Kosten des Staates gespeist. Sehr
wunderte es mich, an dergleichen Orten kein Gedränge zu
finden. Eine ebenso zweckmäßige Einrichtung sind, da die
Religion jedes hitzige Getränk verbietet, die überall
befindlichen Brunnen mit reinem, gutem Wasser. An vielen
solchen Brunnen sind eigens Diener angestellt, die nichts
anderes zu tun haben, als zehn oder zwölf glänzend reine,
messingene Trinkschalen stets mit diesem erfrischenden Nektar
zu füllen und jedem Vorübergehenden, er mag Türke oder Franke
sein, zu reichen. Bier- und Weinhallen findet man hier nicht.
Wollte Gott, dies wäre überall so. Wie mancher Teufel würde
wenigstens kein armer sein, und wie viele blieben bei ihrer
hellen Vernunft.
Unweit der Nuru-Osmaniye-Moschee ist der Sklavenmarkt