Rosenöl
Rosenöl (Hammer-Purgstall)

Aussprache:
arabisch:
persisch:
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1813 n.Chr.

Mehr zum Thema siehe: Rosenöl (Hammer-Purgstall)

Rosenöl - Joseph von Hammer-Purgstall

11. Saleh

Themud, einer der ältesten arabischen, so wie Aad verloschenen Stämme, bewohnte ein Felsenthal im nordwestlichen Arabien, und hatte sich seine Wohnungen in Stein gehauen. Noch heut bestaunen die Karawanen auf ihrem Wege von Syrien nach Mekka dieses außerordentliche Thal mit seinen Grotten und Felsenwohnungen, und gehen beschleunigten Schrittes und mit großem Geschrei durch, nach dem Beispiel des Propheten, um das fürchterliche Geschrei des dorthin verbannten Kameels Saleh's nicht zu vernehmen. Diese Felsenstadt heißt Hadscher die steinerne, bei den alten Geographen Petra, wovon das ganze umliegende Land den Namen des steinigten Arabiens erhalten.

Das Volk Themud, von dem der Koran sagt, sie gruben ihre Wohnungen in die Felsen, betete Idole an; Um es zu bekehren, sandte ihnen der Herr den Propheten Saleh, ihren Bruder, wie der Koran sagt, das heißt, einen aus ihrer Mitte.

Lange predigte er ihnen, aber sie verlachten ihn nur, und forderten von ihm Zeichen, als Beweise seiner Sendung. Und was für ein Zeichen begehrt ihr denn? – Begehre vom Herrn, dass der Fels sich spalte, und ein Kamel herausgehe mit rotem Schweif, und seinem Jungen, dass beide grasen, und trinken, und dann wollen wir deinen Worten Glauben beimessen, o Saleh.

Das ist dem Herrn nur ein Spiel, erwiderte Saleh, aber ihr Ungläubigen werdet auch dann nicht glauben wollen, werdet das Kamel töten, und den Grimm des Herrn auf Euch laden. – Nein! nein! wir töten es nicht!

Saleh wandte sein Gesicht zu dem Herrn und flehte; da kreisten die Felsen, als ob sie in Geburtsnöten wären, der Berg spaltete sich, und ein Kamel mit rotem Schweife ging heraus, mit seinem Jungen. Beyde weideten, wie die anderen Kamele, und gingen dann zur Tränke zum einzigen Brunnen des ganzen Stammes Themud.

Da tranken die beiden Kamele so viel, dass mehrere Männer wasserlos blieben, die dann darüber groß Geschrey erhoben. Ihr habt es ja selbst begehrt, da Felsenkamel mit seinem Jungen, sprach Saleh, hütet Euch nun, demselben etwas zu Leide zu tun, wenn ihr nicht in die Strafe des Herrn verfallen wollet; teilet mit dem Kamele das Wasser, so dass einen Tag Ihr, und den andern das Kamel mit seinem Jungen trinke. So wird das Wasser genügen. Hütet Euch, Hand anzulegen an dasselbe, sonst wird Euch der Herr vertilgen in seinem Zorn.

Das Volk, erschreckt durch des Propheten Drohung, teilte sich mit dem Felsenkamel in das Wasser des Brunnen, so dass einen Tag das Volk, den andern die beiden Kamele tranken. Dies hielten sie durch dreißig Jahre, während deren Saleh ihnen unaufhörlich prophezeite, sie würden dennoch zuletzt das Kamel töten, und auf sich laden den Grimm des Herrn. Vielleicht hätten sie's längst getan ohne diese Prophezeiung. Sie enthielten sich der Freveltat nicht aus Furcht des Herrn, sondern um seinen Gesandten Lügen zu strafen. Ein hartnäckiges Volk, wie der Felsen, in den es sich eingegraben. Des Propheten Wort schien auf dessen Starrsinn berechnet.

Du bist ein Lügner, sagten sie zu Saleh. Dreißig Jahre sind verflossen, während deren wir das Wasser den Lippen absparten, um deine Kamele zu tränken. Du siehst sie weiden wohlgemut, ungeachtet deiner Prophezeiung, dass wir sie töten, und ins Zorngericht des Herrn fallen würden.

O ihr Felsenherzen und Steinköpfe! Der Mörder des Kamels wird dieses Jahr geboren werden. – An was sollen wir ihn erkennen? – An roten Haaren und Katzenaugen. Lasst uns den Seher Lügen strafen, sprachen sie unter einander, und jedes neugeborne Kind, das diese Zeichen trägt, aus dem Wege räumen.

Neun Weiber waren dieses Jahr mit so gezeichneten Kindern niedergekommen, und die neun unschuldigen Kinder wurden gemordet, den Seher Lügen zu strafen. Nun ward auch das zehnte geboren mit roten Haaren und Katzenaugen, aber die Väter der neun Gemordeten, die ihren Verlust beweinten, stimmten dafür, dass man es leben lasse. Denn, seht ihr nicht, sagten sie, dass Saleh seine Prophezeiungen auf unsern Eigensinn baut, wie wir unsere Häuser auf Felsen, und dass er uns nun auch unserer Kinder berauben möchte, wie seit dreißig Jahren des Wassers. So ließen sie das Kind am Leben, und schworen den Untergang des Sehers.

Als der Knabe zwölf Jahre alt geworden, und die Väter der neun Gemordeten denselben in voller Jugendblüte erblickten, schwoll ihnen das Herz neuerdings von Rache. Sie stellten sich in nächtlichen Hinterhalt, den Propheten zu töten, aber der Fels stürzte über ihnen zusammen, und begrub sie. Das Volk, entrüstet über den Verlust ihrer Brüder, ergrimmte gewaltig wider den Propheten; Hinweg, schrieen sie von nun an, mit Saleh und seinem Kamele, wir bedürfen weder des einen noch des andern. Der Aufruhr gohr, und als das Kamel zum Brunnen ging, erschlug dasselbe der zwölfjährige bösgeartete Knabe mit roten Haaren und Katzenaugen.

Das Junge entfloh in die Felsen. Hab' ichs Euch nicht vorausgesagt, sprach Saleh, ihr würdet das Kamel töten, und Euch des Gerichts des Herrn schuldig machen, geht und bringt wenigstens das Junge zurück. Sie folgten den Fußtapfen desselben zwischen die Felsen, aber sie fanden es nicht; sie hörten dreimal das Geschrei desselben, aber sie sahen es nicht.

In drei Tagen, verkündete Saleh, ergeht über Euch das Gericht des Herrn. Da erhob sich von der Wüste der brennende Odem Samum's, und fuhr über die Felsen, die unter seinem Hauche erglühten. Mit gelben Gesichtern flüchteten sich die Bewohner der Steinstadt in ihre Felsenwohnungen.

Keine Kühlung, keine Erfrischung gewährte die Nacht. Am andern Morgen war keine Sonne sichtbar, und doch brannte weiterum der Gesichtskreis, ein flammender Kessel, hochaufqualmend von siedendem Dunst und Sand. Das Wasser sott in dem Brunnen, das Blut in den Adern, die Felsen waren bis ins Innerste durchglüht, und die Bewohner derselben brannten mit rothen Gesichtern. Am dritten Morgen war der Himmel verfinstert, voll Asche und Rauch, wie eine ausgebrannte Kohle, Heißer, und[43] mit jedem Hauch heißer, stieß die Hölle ihren Odem aus; es gohr und glomm, und sott und schmolz, wie im tiefsten Abgrund, Gluten ohne Glanz und Flammen ohne Schein.

Ein fürchterliches Getümmel, Donnerhall und Felsengekrach, untermischt mit Sturmgeheul, worein das Geschrei des unsichtbaren Kamels tönte, erscholl von allen Seiten, und die Leiber des Volks Themud schrumpften in schwarze Mumien zusammen.

Dies wird gemeint durch die Stelle des Korans: Sie thaten Frevel, und es erscholl der Schall, und der Morgen fand sie erstarrt in ihren Wohnungen.

Saleh, und nur die an ihn glaubten, wurden gerettet; so der Koran: Und nachdem unser Gericht vollzogen war, retteten wir Saleh, und die da glaubten.

[Rand: Ibn Kessir.] Als Mohammed auf seinem Zuge gegen Tebub in dieses Tal gelangte, und die Kamele am Brunnen gewässert waren, wollten mehrere seiner Gefährten die Felsengrotten besuchen, um die Reste des Volks Themud zu besehen. Der Prophet verbot es aber, die Wohnungen eines Volkes, das den Zorn des Herrn auf sich geladen hatte, zu besuchen, und zog mit beschleunigtem Schritte der Kamele durchs Tal. Seitdem befolgen alle Karawanen das Beispiel des Propheten, und ziehen, ohne sich aufzuhalten, mit beschleunigtem Schritte und mit lautem Geschrei, um des verirrten Kamels Geschrei nicht zu hören, vorbei.

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