Rosenöl
Rosenöl (Hammer-Purgstall)

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1813 n.Chr.

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Rosenöl - Joseph von Hammer-Purgstall

33. Das Paradies

[Rand: Feraid. S. 259.]

Die Bewohner des Paradieses, sagt der Prophet, werden eingehen in dasselbe, geschoren an Haupt und Lenden, als Männer von drei und dreißig Jahren; was so zu verstehen ist, dass sowohl Greise als Kinder in diesem Alter blühender männlicher Kraft erscheinen, und ewig in selbigem verbleiben werden.

Die erste Schar, so ins Paradies eingeht, wird eingehen schön von Gestalt, wie der volle Mond; die folgenden schön, wie die großen Sterne des Himmels.

Die Diener des Paradieses kommen ihnen entgegen, und begrüßen sie; und ihre Fußstapfen dampfen Wohlgeruch auf fünfhundert Jahre Weges weit.

Vor dem Paradiese, sagt Ali, steht ein Baum, an dessen Fuß zwei Quellen entspringen. Die Auserwählten baden sich in der einen, und trinken aus der andern. Die erste reiniget ihren Leib, die zweite ihr Gemüt von irdischem Unrat.

Wenn sie nun an die Thore des Paradieses kommen, öffnen sich dieselben, und der Hüter Riswan bewillkommt die Auserwählten mit den Worten: Heil Euch. Euch ists wohl geworden. Geht herein, um ewig hier zu verbleiben13.

Die Zahl der Himmel ist, wie die der Höllen [Rand: Feraid. S. 263.], sieben.

Der erste Eden, der zweite Firdews oder Paradies, der dritte Dschenneton-naim oder Gnadenhimmel, der vierte Darol-Chaled oder Haus der Ewigkeit, der fünfte Darol-meva oder Haus gastfreier Aufnahme, der sechste Dares-selam, das Haus des Heiles, der siebente Oliun oder der Oberste.

Der vornehmste dieser sieben Himmel ist Eden, in dem sich der Palast des Propheten befindet, und wo nur Propheten und Blutzeugen wohnen. Im Paradies der gastfreien Aufnahme halten sich die Erzengel Michael und Gabriel auf. Nach andern Überlieferungen gibt es acht, nach andern nur vier Paradiese, zwei aus Gold und zwei aus Silber.

Alle Gegenstände des Paradieses sind zwar den irdischen, die uns umgeben, dem äußeren Ansehen nach ähnlich, aber in der Tat von edlerer Natur; so ist die Erde Moschus, der Mörtel Silber, die Blätter und Blumen weiche Smaragden und Rubinen.

[Rand: Feraid. S. 266.] So fließen auch die Wasser des Paradieses keineswegs, wie auf der Erde, in Betten, sondern über der Erde wie kristallene Bänder fort, und richten ihren Lauf nach dem Belieben der Auserwählten, wohin diese wollen.

Nach einer vom Imam Termedi aufbewahrten mündlichen Überlieferung des Propheten sind im Paradiese vier Seen, der eine aus Wasser, der andere aus Honig, der dritte aus Milch, der vierte aus Wein, aus denen sich vier Flüsse ergießen. Die Erde, über der sie fließen, ist mit Rubinen besäet, weiß wie Kampfer und wohlriechender als Moschus.

Der Koran erwähnt auch der Quellen des Paradieses.

Eine Quelle, von der die Diener Gottes trinken;

Eine Quelle, genannt Selsebil14.

Die Quelle Selsebil entspringt unmittelbar unter dem himmlischen Gezelte, und strömt für alle Bewohner des Paradieses.

Ein zweiter Quell heißt Tesnimm, so genannt von der Höhe, von der er herabstürzt. Der dritte ist Rahik, oder der überströmende, weil er von Gottes Gnade überfließt. Der vierte Sendschibil, der wie der Quell Selsebil nach Moschus duftet.

Außer diesen vier Quellen ist auch im Paradiese das große Wasserbecken Kewßer, aus dem der Fluss gleiches Namens entspringt.

Kewßer, sagt der Prophet, ist ein Fluss im Paradies, dessen Ufer Gold, dessen Sand Perlen, dessen Wasser duftender als Moschus, süßer als Honig, weißer als Schnee ist.

[Rand: Feraid. S. 269.] Der Koran und die mündliche Überlieferung kehren oft zur Beschreibung des Paradieses zurück. Die Paläste des Paradieses sind aus Rubin, Perlen, Smaragden und Gold erbauet; die Köschke mit den reichsten Stoffen und Matten behangen. Die Einrichtung besteht aus goldenen Geschirren und diamantenen Gläsern.

Jeder Auserwählte hat siebzig Polster, sich darauf zu stützen und zu legen, und ruht auf erhabenen Betten. Diese Betten sind eins über das andere so hoch aufgepolstert, dass nach der Meinung einiger Ausleger, die senkrechte Höhe eines solchen Himmelbettes, zu dem die Engel die Leiter halten, fünfhundert Jahre Weges beträgt.

Des Paradieses Herrlichkeit übersteigt zehnmal die Herrlichkeit der Welt. Der geringste der Paradiesesbewohner hat achtzigtausend Diener. Das sind die Paradiesesknaben, die weder Engel noch Menschen sind, mit prächtigen Kleidern und Ohrgehängen und Kopfschmuck angetan, von denen der Koran sagt:

Um sie (die Auserwählten) gehen herum schöne Kinder, zerstreuten Perlen gleich. Einige von ihnen schöpfen in diamantenen Geschirren aus den Paradiesesquellen, andere tragen auf goldenen Tassen die Früchte des Paradieses auf, und wieder andere machen die Himmelsbetten zurechte.

Außer diesen achtzigtausend Paradiesesknaben hat der geringste Auserwählte auch noch zwei und siebzig Gemahlinnen, die so leicht bekleidet und so zart geformt sind, dass man durch siebzig Schleier, mit denen sie verhüllet sind, das Mark der Schenkel durchsieht. Zwei und siebzig ist die geringste Zahl, welche die Ausleger angeben, denn nach Einigen steigt die Zahl derselben von siebzig bis auf fünfhundert und darüber, nach den verschiedenen Graden der Tugend und des Verdienstes. Kein Auserwählter ist unvermählt, und Kinder, die in der Wiege sterben, haben, weil sie drei und dreißig Jahre alt ins Paradies eingehen, achtzigtausend Knaben, und zum wenigsten zwei und siebzig Frauen.

Die Köschke des Paradieses, in denen die Auserwählten mit Knaben und Frauen der höchsten Glückseligkeit genießen, sind aus einer einzigen Perle gebohrt, mit Kuppeln aus Rubin und Smaragden bedeckt. Die Breite eines jeden solchen Köschks ist, nach einer Überlieferung, wie die Entfernung zwischen den zwei Städten Dschabia und Sanaa deren die eine in Syrien, die andre in Arabien gelegen ist; und jedes Köschk trägt zwei Kronen, deren Edelsteine wie Sterne funkeln.

Die Kleider der Auserwählten sind schwerer und leichter Goldstoff und Seidenstoff, meistenteils grüner Farbe, welche die Lieblingsfarbe des Paradieses ist.

Der Baum des Paradieses heißt Tuba. Gott allein kennt die Größe und Ausdehnung desselben; unter einem seiner Zweige könnte ein Reiter siebzig Jahre lang in gestrecktem Galoppe reiten. Auf demselben sitzen Vögel, groß wie Kamele, und die Blätter sind Kaftane, Shawle und andere Ehrenkleider, die der Baum für die Bewohner des Paradieses abschüttelt. Seine Zweige überspreiten alle Paläste und Köschke, und ragen weit über die Mauren des Paradieses hinaus. Wenn der Wind durch die Blätter rauscht, so bringt er eine liebliche Harmonie von Tönen hervor, welche die Tafel- und Nachtmusik der Auserwählten ist. Außerdem stehen ihnen auch die Chöre der Vögel zu Diensten, welche auf jeden Wink bereit sind, die schönsten Konzerte aufzuführen.

Der Name der Paradiesesmädchen ist Huri'ain. Hur ist die vielfache Zahl von Huri und Ain von Aina. Das erste bedeutet ein Mädchen von schönem Körper, weiß und rein wie ausgeschlacktes Silber. Aina heißt ein Mädchen mit großen Augen, deren Weiß äußerst weiß, deren Schwarz äußerst schwarz ist. Weil nun die Jungfrauen des Paradieses zarte Körper, wie Silber, und große schwarze Augen haben, heißen sie Huri'ain in der vielfachen, und Huri'aina in der einfachen Zahl.

Sie sind nach dem Worte Gottes, dem Koran: beschränkten Blickes, das ist, sie lassen ihre Blicke nicht herumschweifen, und beschränken dieselben auf ihren Gemahl; schön geformten Busens, wie zwei Orangen nämlich, und ewiger, sich stets wiederherstellender Jungfraunschaft. Mit ihren Männern zufrieden werden sie beständig den Herrn preisen, dass ihnen grade der, und kein anderer Gemahl zu Teil geworden, werden immer in ihren Zelten bleiben und nie auszugehen verlangen, wie unsere Weiber auf Erden. Es haben aber auch (um das Eine wie das Andere zu sagen, der Wahrheit zur Steuer) die Auserwählten die Kraft, von hundert gewöhnlichen Männern.

Den Vers des Korans:

Die Engel werden zu Euch eingehen bei jeder Türe und sagen: Heil Euch, weil Ihr geduldig waret; wie schön ist Eure Wohnung! erklären die einsichtsvollsten Ausleger folgendermaßen:

Jeder Palast im Paradiese hat siebzig Türen, an deren jeder ein Engel Wache steht. Gott der Herr wird den Auserwählten kleine Geschenke und Briefe schicken, welche die türhütenden Engel übernehmen, und den Auserwählten mit vieler Ehrerbietung darbringen. Die Briefe sind alle nach einem Modell abgefasst, und lauten, wie folgt:

[Rand: Feraid. S. 277.] Von wegen Seiner Allmacht des lebendigen Gottes, an seinen lebendigen Diener, der nicht mehr stirbt.

Mein Lieber und Getreuer! ich lade Dich ein zum Feste meiner Anschauung von Angesicht zu Angesicht. Heil Dir!

[Rand: S. 179.] Im Paradiese sind hundert Stufen, jede so hoch wie der Abstand vom Himmel zur Erde. Diese Stufen sind von den verschiedenen Graden der Glückseligkeit zu verstehen. So steht der Gottesgelehrte eine Stufe höher als der Blutzeuge, und dieser eine Stufe höher als der Fromme. Nach Einigen gibt es im Himmel so viele Stufen der Seligkeit, als Verse des Korans.

Die Bewohner des Paradieses, sagte der Prophet, formen hundert Reihen, wovon Ihr, mein Volk, achtzig ausmacht.

Wenn der Fromme die ihm angewiesene Stufe des Paradieses betritt, fragt er um seinen Vater, und sein Weib, und seine Kinder. Sie sind nicht hier, wird ihm geantwortet, denn sie haben den Grad der Vollkommenheit nicht erreicht, den du erreicht hast auf Erden. Ich habe, fährt der Rechtgläubige fort, sowohl für sie als für mich gute Werke getan. Hierauf befiehlt der Herr, ihm zu Gefallen, dass seine Verwandten zur selben Stufe der ewigen Glückseligkeit erhoben werden.

Gott der Herr wird die Auserwählten fragen: Seid ihr mit mir zufrieden? und sie werden antworten: Wie sollten wir's nicht sein, da Du uns bereichert hast mit Gnaden, wie keines Deiner übrigen Geschöpfe. Doch will ich Euch noch Besseres geben als das, spricht Gott. O Herr! was ist noch besser als das, antworten die Seligen; – Meine Zufriedenheit, die von nun nimmer von Euch weichen soll, spricht der Herr.

In dem höchsten Überfluss des Köstlichsten und Schönsten und Besten, der den Seligen von allen Seiten zuströmt, so, dass ihnen Nichts mehr zu wünschen übrig bleibt, wird ihnen der Herr doch noch ein Fest geben, das die höchsten Genüsse übertreffen soll, nämlich das Fest der Anschauung von Angesicht zu Angesicht, von dem wir schon oben die Einladungs-Billete gesehen haben. Gott wird zu diesem Ende dem Erzengel Gabriel auftragen, die Seligen im Palast, das himmlische Jerusalem genannt, zu versammeln. Gabriel wird sogleich sich aufmachen, um den Palast aufzusuchen, aber nachdem er lange umsonst gesucht haben wird, kehrt er zurück und sagt, dass er ungeachtet seiner topographischen Kenntnis des Paradieses, denselben nicht finden könne. Gott belehrt ihn, dass dieser Palast sich im vierten Paradiese, das Haus der Ewigkeit genannt, befinde. Gabriel findet denselben auf, und grüßt den türhütenden Engel, den er sein Lebetag zuvor nie zu Gesicht bekommen. Wer bist du? fragt der Türhüter. Ich bin Gabriel, der Bote Gottes. Diesen Namen hab' ich nie gehört, sagt der Türhüter, und ich sehe wohl, dass es außer diesem Paradiese noch andere geben müsse, wo auch Engel Thor stehen wie ich. Gabriel besieht nun mit Erstaunen das himmlische Jerusalem mit seinen Mauern aus Diamant, mit seinen Gärten und Palästen, und Flüssen und Hainen, und nimmt es auf den Rücken, um dem Befehle des Herrn zu gehorchen, dem er es bringen soll. Er stellt es nieder zum Fuße des Throns, und ruft, dass es weit durch alle Himmel erschallt: Herbei zum Feste des Herrn! Ihr Propheten und Heilige, und alle Selige, zum Feste des Herrn herbei! Auf diesen Ausruf steigen die Seligen von ihren hohen Köschken und Himmelsbetten herab, setzen sich auf die Borake oder Himmelsrosse (auf deren einem Mohamed seine nächtliche Reise durch die Himmel machte) und reiten in vollem Galopp, so dass ihnen Alles, was sie nur begegnen, Bäume und Berge aus dem Wege gehen. Wie der Blitz reiten sie vorbei an den Perlenköschken, Rubinpallästen und Moschusbergen, bis sie endlich von weitem das Licht des himmlischen Jerusalems erblicken, wohin aber noch eine gute Strecke Weges von zehntausend Jahren ist, die sie schnell wie der Blitz zurücklegen.

Endlich gelangen sie im himmlischen Jerusalem an, und gehen bis zur Essenszeit spazieren. Die Cherubim bringen den runden Tisch, der zehntausend Jahre Weges im Durchmesser hat, und die Paradiesesknaben tragen die Schüsseln auf, in deren jeder siebzigerlei Gerichte sind. Auch werden die demantenen Trinkgeschirre mit reinem Getränke aus den Quellen des Paradieses gefüllt, und hierauf spielt der Vers des Korans an: Und der Herr hat sie getränkt mit reinem Getränk15.

Sodann befiehlt der Herr den Engeln Kaftane und Ehrenkleider, und Ringe und Armbänder auszuteilen, und jedem Seligen eine Krone aufzusetzen, aus Karfunkeln, die wie die Sonne scheinen. Nun bringt das Rauchwerk, sagt der Herr. Sogleich holen die Engel die großen Vögel, welche auf dem Baume Tuba aufsitzen, bestreuen ihre Flügel mit Ambra und Moschus, begießen dieselben mit Rosenessenz, und lassen sie so über den Häuptern der Seligen schweben, die dann von Kopf zu Fuß in Wohlgeruch gebadet werden; zugleich ertönt die Blätterharmonika und das Vögelkonzert.

Nachdem die Seligen auf diese Art gespeist, gekleidet, mit Rauchwerk und Musik bewirtet, und also gleichsam zur göttlichen Audienz würdig vorbereitet worden, fragt der Herr: Ist euch nun noch ein Wunsch übrig geblieben? Dich zu schauen von Angesicht zu Angesicht, schreien die Seligen zusammen aus voller Kehle, dass die sieben Himmel dröhnen. Nun enthüllt sich Gottes Majestät, und zeigt sich im Glanze der höchsten Herrlichkeit den Seligen. Diese vergessen darob aller übrigen Freuden und Genüsse, werfen sich anbetend nieder, und rufen einstimmig:

»Herr der Ehre! Herr der Macht! Lob und Preis Dir, o Gott! Du bist Einer von Ewigkeit, und außer Dir ist Keiner; keine Kraft und keine Herrschaft außer Dir; Lob und Preis dem Herrn!«

Gott spricht dann auch zu den Seligen:

»Heil Euch, meine Diener, Heil Euch, meine Geliebten! Heil Euch, meine Heiligen! Ich bleibe Euch in Gnaden gewogen. Ich habe Euch nicht gerufen mich anzubeten, das habt ihr auf Erden getan. Hier aber sollt ihr bloß frohen Muths und guter Dinge sein. Heil Euch, meine Auserwählten!« –

Sie kehren nun zurück, wie sie gekommen, und ihre Gemahlinnen verwundern sich über den Schein, der von ihren Gesichtern strahlt, und sie noch einmal so schön macht.

Es ist, antworten die Auserwählten, der Abglanz von Gottes Antlitz, den wir von Angesicht zu Angesicht geschaut haben; und dies ist das höchste Glück, das kein Auge gesehen, das kein Ohr gehöret, und das in keines Menschen Herz hinabgestiegen.

Fußnoten

13 Selamaleikum, tubtum fe edchalu ha Chaledin. Diese Worte sind gewöhnlich mit großen goldenen Buchstaben aber dem Eingang der Moscheen geschrieben.

A.d.U.

14 Stinen jeschrib biha ibadollah,

Stinen fiha tesema selsebilen.

Diese zwei Koranstexte kommen häufig vor auf den Innschriften der mit so vielem Aufwand aufgeführten und erhaltenen Fontainen in Konstantinopel.

A.d.U.

15 Ve sakahum rebbuhum scheraben tuhuren.

Dieser Vers kömmt nicht weniger häufig als die zwei oben angeführten, als Innschrift auf Fontainen vor.

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