.Bücher
zu islamischen Themen finden Sie im Verlag Eslamica.
108. Ishak, der Sohn Ibrahims
Ishak, der Sohn Ibrahims, der bekannte
Tonkünstler des Chalifen, erzählt: Beständig an die
Gesellschaft des Chalifen gekettet, fing ich an, dieselbe
lästig zu finden, und suchte mich eines Tages aufs Feld hinaus
zu retten, um wenigstens einige freie Augenblicke zu genießen.
Meinen Dienern befahl ich, dass, wenn ein Bote vom Chalifen,
oder von jemand Anderem käme, sie antworten sollten: sie
wüssten nicht, wo ich hin gegangen wäre. Der Tag war heiß, und
ich legte mich bald unter eine Laube, um auszuruhen. Es kam
ein Sklave, der einen Esel führte, worauf ein schönes Mädchen
saß. Schön gewachsen, schön angezogen, ich dachte, es müsse
eine Sängerin sein. Sie ritt bei mir vorbei in ein
benachbartes Haus; ich stand auf, und ging vor dem Thore auf
und nieder. Zwei schöne junge Leute kamen, und grüßten mich;
ich gab ihnen den Gruß zurück; sie gingen ins Haus, und ich
mit ihnen, sie in der Meinung lassend, als sei ich wie sie
geladen worden, während der Hausherr glaubte, sie hätten mich
mitgebracht. Man setzte uns zu essen und zu trinken auf, und
das schöne Mädchen, das ich gesehen, trat heraus aus dem
Harem, mit einer Laute in der Hand. Sie sang, und begleitete
ihr Lied mit zauberischen Akkorden. Der Hausherr fragte seine
beiden Freunde, wer ich wäre, sie ihn. Es fand sich, ich sey
ein ungebetener Gast; nichts desto weniger behandelte man mich
sehr freundlich aus Rücksicht für den geistvollen Ton, mit dem
ich die Gesellschaft zu unterhalten versuchte. Der Becher ging
im Kreise herum, und die Sängerin sang:
Deiner denk' ich, Ommi Schasie,
Seh dich nah vorüberziehen,
Während die Kamele trinken
An dem Brunnen in der Wüste.
Deine glatten Zähne glänzen
Wie des Sandes Spiegelkörner;
Und von deinem Angesichte
Strahlt des Mittags Flammenhitze.
Hierauf zerstreute sich die Gesellschaft, um das Gebet zu
verrichten, dessen Stunde eben ausgerufen worden war. Während
sie sich entfernt hatten, nahm ich die Laute, und stimmte
dieselbe auf eine ganz eigene Weise nach sonst ungewöhnlichen
Tonverhältnissen. Als die Sklavin zurückkam, und das
Instrument in die Hand nahm, fragte sie sogleich: Wer hat es
gestimmt? – Niemand, dass ich wüsste, antwortete ich. Ei wohl,
sagte sie, ein Meister der Kunst hat die Saiten geregelt. –
Ich gestand, dass ich es getan hätte. Nun, sprach sie, so
spiele auch du. Ich spielte einige meiner besten Weisen zum
Entzücken der Gesellschaft; ich schwöre bey Gott dem
Lebendigen, rief der Hausherr aus, du bist ein Meister in der
Kunst, entdecke uns nun auch deinen Namen. Ich nannte mich,
und bekannte zugleich, dass, während der Chalife meiner
harrte, ich mich weggestohlen, und bloß des schönen Mädchens
willen den Eingang ins Haus versucht hätte. Wohlan! sprach der
Hausherr, höre den Vorschlag, den ich dir mache: Bleibe eine
Woche bei uns, um die Hochzeit mit der Sängerin, die du
verlangst, zu feiern.
Ich blieb eine Woche bei ihnen, während mich der Chalife
Mamun aller Orten suchen ließ, ohne meine Spur zu entdecken.
Nach sieben Tagen verließ ich das gastfreundliche Haus, und
nahm die Sklavin mit mir. Dann ritt ich nach Hof, wo mir der
Chalife ein Weh dir! zurief. Ich erzählte ihm aber meine
Geschichte von Anfang bis zu Ende, und sie gefiel ihm so wohl,
dass er meinen freigebigen Gastfreund mit hundert tausend
Dirhem beschenkte.