118. Bedreddin Ebil Mahassin
Bedreddin Ebil Mahassin Jusuf Alnichmander, der im Jahre
630 der Hedschira Statthalter von Kairo war, erzählt: dass er
eine Nacht in dem Zelte eines schwarzen Greises in Oberägypten
zugebracht, und bei dieser Gelegenheit, zu seiner großen
Verwunderung gesehen, dass die Kinder des Schwarzen weiß
waren. Dieser erzählte, sie seien die Frucht der Ehe mit einer
Fränkin, die er zur Zeit der Züge Saladins, auf eine ganz
besondere Art, zur Frau genommen.
Ich hatte, sprach der Greis, mich nach Kairo, von dort nach
Syrien begeben, meinen Hanf zu verkaufen, und meine Wohnung in
einem Karawanserei von Tripolis aufgeschlagen. Eine junge
Fränkin, begleitet von einer alten, kam, sich um den Preis
meines Hanfes zu erkundigen. Bezaubert von ihrem Ansehen und
ihrer guten Art, wandte ich mich sogleich im vertraulichem
Tone an die Alte, dass sie mir auf eine Nacht die Junge
verschaffe. Wir kamen überein auf fünfzig Dirhem, die ich ihr
auf der Stelle auszahlte. Abends brachte ich so viel Schüsseln
und Sorbete zusammen, als ich vermochte, und es war schon spät
in der Nacht, als wir noch an der Tafel saßen. Da fingen
Gewissenszweifel mich zu peinigen an. Wie! sprach ich bei mir
selbst, ich, ein so guter Moslim, sollte mich nicht schämen
eine Christin zu berühren, und die Reinigkeit meines Glaubens
mit ihr zu beflecken? Gott verzeih' mir's! Ich suche bei ihm
meine Zuflucht wider die Versuchungen des Teufels; ich will
sie nicht berühren diese Nacht. Ich legte mich dann allein
schlafen, und als ich aufwachte, war meine Fränkin schon aus
dem Staube. Einige Stunden hernach kam sie zurück mit der
Alten, die mir einen ganz gewaltigen Prozess an den Hals warf.
Das Mädchen war noch um vieles reitzender und liebenswürdiger
durch den Zorn, der ihr so gut ließ, und ich war zehnmal
stärker in sie verliebt als des vorigen Tages. Ich bat die
Alte, dass sie denn erlauben möchte, mein Unrecht die folgende
Nacht gut zu machen. Beym Messias, schwur sie, du sollst sie
nun nicht anders, als um hundert Dirhem haben; denn dies ist
nicht mehr als billig, für den Schimpf, den du ihr angetan in
der verflossenen Nacht. In Gottes Namen, antwortete ich, indem
ich ihr die hundert Dirhem zuwog.
Die folgende Nacht dasselbe Abendmahl, dasselbe Vergnügen,
dieselben Gewissensbisse, dieselbe Enthaltsamkeit, und am
folgenden Morgen derselbe Besuch, mit demselben Gesuch von
Genugtuung. Für diesmal wollte sich aber die Alte mit nicht
weniger als mit fünfhundert Dirhem begnügen. Ich war eben im
Begriffe, ihr dieselben auszuzahlen, als ich den Gebetausruf
und diese Worte deutlich von der Minare herab vernahm: O
Rechtgläubige! der Vertrag, der zwischen euch und mir
bestanden, ist aufgelöst. Diese Worte fielen mir aufs Herz wie
eine Steinlast. Ich nahm die Wage und mein gegebenes Wort
zurück. Ich verkaufte den Rest meines Hanfes und begab mich
nach Damask, in der Absicht, dort eine Sklavin zu kaufen, und
mir auf diese Art meine törichte Liebe zur Fränkin aus dem
Kopfe zu schlagen. Es war um diese Zeit, dass Saladin (Salahed-din)
seine großen Siege über die Franken erfocht, und sich zum
Herrn der ganzen syrischen Küste machte.
Da er mich als einen Kaufmann aus Oberägypten kannte, gab
er mir den Auftrag, ihm eine Sklavin zu kaufen. Ich fand eine
sehr schöne, die ich um neunzig Dukaten kaufte, und an Saladin
für hundert verhandelte. Außer dem Gelde gab er mir noch die
Erlaubnis, mir selbst auf dem Sklavenmarkte eine Sklavin
auszulesen. Die erste, die mir in die Augen fiel, war meine
Fränkin, die um fünf hundert Dirhem und um eine Nacht zu kurz
gekommen. Ich kaufte sie grade um die zehn Dukaten, die ich
im[249] Handel der Sklavin für Saladin so eben gewonnen hatte.
Ich fragte sie, ob sie mich erkenne? Ja, schwur sie, beim
ewigen Gott, und bey seinem Abgesandten Mohammed! Ich sah mit
Vergnügen, dass sie sich zum Islam bekehret hatte, und dass
ich sie ohne Sünde berühren könnte. Ich nahm sie auf der
Stelle zur Frau. Kurze Zeit darauf wechselte man die
Gefangenen aus. Alle Weiber wurden zurückgegeben, nur die
meinige war noch übrig. Der fränkische Abgesandte verlangte
sie zurück. Ich zitterte, sie zu verlieren, und antwortete,
dass sie Moslimin geworden. Sie selbst musste erscheinen, um
in Gegenwart des Abgesandten zu erklären, dass sie einen
andern Glauben und Mann genommen, und dass sie weder den einen
noch den andern verlassen wolle. Wenn's so ist, sprach der
Abgesandte, so bleibt mir nichts übrig, als ihr dieses
Angedenken von Seiten ihrer Mutter zu übergeben. Mit diesen
Worten händigte er ihr zwei Börsen, jede von hundert und
fünfzig Dukaten ein.
Seitdem hat sie immer mit mir gelebt; und so belohnet der
Himmel diejenigen, welche ihre Begierden zähmen und dem Gebote
der Religion unterwerfen. Der Umgang mit den Ungläubigen ist
immer gefährlich und ansteckend; nirgends gefährlicher und
ansteckender als im Bette.