125. Asaded-dewlet
Asaded-dewlet erhielt vom chinesischen Kaiser eine Sklavin
zum Geschenke, die ihn durch leidenschaftliche Liebe bald so
sehr beherrschte, dass er der Regierungsgeschäfte vergaß. In
einem Augenblick, wo sein Pflichtgefühl erwachte, wollte er
die Sklavin entfernen, aber er fühlte, es sei ihm unmöglich,
sich von ihr zu reißen, so lang sie lebte. Er befahl, dass man
sie in den Tigris werfe. Mit dem nächsten Morgen kam die Reue,
der Vollstrecker des Urteils sollte der Sklavin folgen, allein
er hatte sie, und mit ihr sein Leben, gerettet. Nun ging es im
Alten, die Leidenschaft brannte heftiger als jemals, die
Regierungsgeschäfte wurden vernachlässigt, das Volk schrie
laut wider Asaded-dewlet. Da entstand ein fürchterlicher Kampf
in seiner Seele zwischen Liebe und Pflicht. Keiner seiner
Untergebenen, das wusste er, würde das Todesurteil vollziehen
wollen, um nicht das seinige zu verdienen. Er fasste den
fürchterlichen Entschluss, selbst der Henker seiner Geliebten
zu werden, und stürzte sie mit eigner Hand aus den Fenstern
des Palastes in die Fluten des Tigris. Lange Zeit hernach
blieb er eingeschlossen, von Schmerz und Reue gefoltert; die
Reichsgeschäfte gingen ihren Gang fort, das Volk war zufrieden1.
Fußnote 1: Der türkische Geschichtensammler sah in diesem
Zuge nichts als ein außerordentliches Beispiel von
Selbstbeherrschung, woran sich schwache Regenten erbauen
könnten.