162. Sechstes Hauptstück. Von der Heftigkeit der
Begierden
Der gelehrte Oberrichter, Abu Jussuf, bemerkt, dass die
Weiber eben so leicht aus Traurigkeit als aus Vergnügen
weinen, nur mit dem Unterschiede, dass in dem ersten Falle
ihre Tränen gesalzen sind wie Meeresflut, im zweiten süß wie
Sorbet.
Diebe brachen in ein Haus ein, worin eine Kuh angebunden
stand, und ein Mann neben seinem Weibe lag. Wir wollen, sagten
sie, die Kuh wegführen, den Mann totschlagen, und des Weibes
froh werden. Der Mann, der dieses Gespräch wach mit angehört
hatte, fragte seine Ehehälfte: Liebes Weib, was ist zu tun? –
Ei, was denn anders, als Geduld zu haben. – Saubere Geduld,
erwiderte der Mann, soll ich ruhig zusehen, dass sie die Kuh
rauben, und mich totschlagen, um dir Freude zu machen. Die
Diebe lachten über den Einfall und verließen das Haus.