73. Eine ähnliche Anekdote
Eine ähnliche Anekdote hat uns aufbehalten: Hamad, der
Geschichterzähler, mit den folgenden Worten:
Ich befand mich eben, sagte er, zu Bassora, bei Dschafer,
dem Sohne Suleimans, als man einen schönen, jungen Menschen
mit einem Mädchen vorführte, deren schlanke Gestalt den
schlanken Wuchs des Rohres Ban zu Schanden machte. Der Präfekt
der Polizei stattete seinen Bericht ab, er habe diese beiden
jungen Leute beisammen gefunden, da ihnen doch die Gesetze
kein Recht gäben, in so großer Vertraulichkeit zu leben.
Dschafer fragte den Jüngling, was er zur Anklage sage? Sie ist
wahr, sprach er, aber Gott sei mein Zeuge, dass ich sie schon
seit drei Jahren unaussprechlich liebe, und nie einen
Augenblick mich mit ihr allein finden konnte, als grade
diesen, wo man mich mit ihr fand. Dann improvisierte er:
Ich wandte mich zum Herrn mit heißem Flehen,
Dass ich sie möchte einmal nur erspähen;
Dann ging es zu, bei Gott! mit rechten Sachen,
Mit Kosen, Singen, Scherzen, und mit Lachen.
Wir haben uns ja nicht davon gestohlen.
Nicht viel geschieht des Bösen unverhohlen.
Bei Anhörung dieser Verse fing das Mädchen an bitter zu
weinen. Großer Gott! rief sie, wie sind wir doch unverschuldet
in dieses Unglück gekommen! Dschafer fragte sie: bist du eine
Hurre1 (Freie),
oder eine Mamelukin (Sklavin)? Ich habe, antwortete das
Mädchen, nicht das Glück eine Hurre zu sein, sondern ich bin
eine Mamelukin.
Dschafer ließ ihren Herrn vorrufen, und kaufte sie los um
zwei hundert Dukaten, kleidete sie, und gab ihr noch
obendarein hundert Dukaten zur Mitgift.
Fußnote
1 Hurre, von der Wurzel Harre, ein freies Weib, ist nicht
zu vermischen mit Huri, den schwarzäugigten Mädchen des
Paradieses. In wie weit das deutsche Freudenmädchen mit dem
arabischen freien Weibe, oder mit den Paradiesesnympfen
verwandt sei, ist hier nicht der Ort zu untersuchen.