Der Schatzmeister an den Sultan
28
Wenn du deinen Schatz dem Volk verteilest,
Wird ein Reiskorn auf den Hauswirt kommen.
Lieber nimm von jedem ein Korn Silber
Und ein Schatz stets neu ins Haus wird kommen.
29
Wenn der Fürst im Bauerngarten einen Apfel bricht,
Scheut den Baum gar auszureißen sein Gefolg sich nicht,
Um fünf Eier, welche sie der Sultan nehmen hieß,
Stecken die Soldaten tausend Hennen an den Spieß.
30
Nicht jeder wer ein Amt hat und den starken Arm,
Mag straflos mit Gewalt der Leute Gut verschlingen;
Den harten Knochen kann man durch die Gurgel zwingen,
Doch unterm Nabel steckt er und durchsticht den Darm.
31
Wenn du siehst vom Glück begünstigt einen Wicht,
Ihm zu widerstreben rät die Klugheit nicht.
Wenn du nicht hast scharfe Nägel an der Hand,
Leiste lieber Bösen keinen Widerstand.
Wer die Faust macht gegen einen Eisenarm,
Nur den eignen Silberschultern macht er Harm.
Warte bis die Hand ihm bindet das Geschick,
Dann zur Lust der Freunde bricht ihm das Genick!
32
Immer liegt ein Vers im Sinn mir, den am Nil
Der Kornak sprach, der den Elefanten ritt:
Weißt, wie's unter deinem Fuß der Ameis ist?
Wie es dir wär' unterm Elefantentritt.
33
Wenn du schießest deinen Pfeil dem Feinde zu,
So bedenk: in seinem Schuß auch stehest du.
34
Das Wort geht durch des Feindes Mund,
Dem ist nicht auszuweichen,
Soll dir sein Wort nicht bitter sein
Mußt du den Mund mit Honig ihm bestreichen
35
Der in jedem Augenblick dir Gutes tut,
Tut er weh einmal dir, halt' es ihm zu gut!
36
Wer nur zwei Morgen aufgewartet hat dem Schah,
Am dritten wird er freundlich auf ihn blicken.
So darf ein treuer Gottverehrer hoffen auch,
Gott werd ihn ohne Hoffnung fort nicht schicken.
37
Bist du Schlange, daß du jeden Wandrer den du siehest
stichst,
Oder Eule daß du jedes Haus worauf du ruhst zerbrichst?