Theoretisches Prinzip bei der Aneignung beweglicher Güter
Bis jetzt
haben wir unsere Erörterung hauptsächlich auf die Arbeit an
natürlichen Produktionsquellen wie Land, Lagerstätten von
Bodenschätzen und Wasserquellen beschränkt. Um den
vollständigen Gehalt der Theorie zu erfassen, müssen wir noch
die Anwendung der Theorie auf bewegliche Güter, die nicht zu
den natürlichen Produktionsquellen gehören, sorgfältig
untersuchen, und die Aspekte des Unterschieds zwischen diesen
und den “Quellen“, sowie die theoretischen Rechtfertigungen
für diese Unterscheidung herausarbeiten. Alles, was wir bisher
über den Standpunkt der Theorie zu den beweglichen Reichtümern
der Natur in Erfahrung gebracht haben, ist, dass die
Inbesitznahme solcher Güter in der Theorie als Handlung mit
wirtschaftlichem Charakter, wie andere Arbeiten der Nutzung
und wirtschaftlicher Verwendung, aufgefasst wird, im Gegensatz
zur Inbesitznahme natürlicher Produktionsquellen, die den
Stempel der Monopolisierung und ausschließlichen Beanspruchung
trägt und sich nicht durch wirtschaftliche Qualität
auszeichnet. Um diesen Unterschied zwischen der Inbesitznahme
natürlicher Produktionsquellen und der Inbesitznahme
beweglicher Naturschätze zu belegen, haben wir die Hypothese
des allein auf sich gestellten Menschen verwendet. Das
Sichbemächtigen einer gewissen Menge von Wasser oder vom Holz
des Waldes oder von sonst einem transportfähigen natürlichen
Reichtum gilt – demzufolge – vor allem als Arbeit der Nutzung
und wirtschaftlicher Verwendung. Daher wird die Inbesitznahme
beweglicher Naturschätze von der Theorie gewürdigt, die nur
Handlungen der Nutzung und wirtschaftlicher Verwendung mit
wirtschaftlicher Qualität als Arbeit anerkannt. Aber es ist
nicht allein die Arbeit der Inbesitznahme, welche die Theorie
im Bereich der beweglichen Naturschätze anerkennt und würdigt.
Es gibt in diesem Bereich noch eine andere Art von Arbeit, die
den Arbeiten der Erschließung bei natürlichen
Produktionsquellen vergleichbar ist, nämlich die Arbeit, eine
Gelegenheit zur Nutzung von beweglichen natürlichen
Reichtümern zu schaffen, zu deren Natur es gehört, sich ihrer
Nutzung zu widersetzen. So etwa bei der Jagd von wilden
Tieren, wo die Arbeit, mit der der Jäger den Widerstand des
von ihm erjagten Tieres bricht, die Gelegenheit zur Nutzung
dieses Tieres schafft, verhält es sich ähnlich, wie wenn ein
Arbeiter die Gelegenheit zur Nutzung von Ödland schafft, indem
er es urbar macht und dessen Widerstand bricht, und sich
dessen Boden gefügig macht.
Die
Inbesitznahme und die Arbeit zur Schaffung einer
Nutzungsmöglichkeit sind zwei Arten von Handlungen, die für
den Bereich der beweglichen natürlichen Reichtümer beide
wirtschaftlichen Charakter haben, aber die Arbeit der
Schaffung einer neuen Nutzungsmöglichkeit an den Gütern, wie
etwa die Jagd, unterscheidet sich von der Inbesitznahme durch
ihre positive Rolle bei der Schaffung dieser Gelegenheit, da
die reine Inbesitznahme in dieser Hinsicht eine negative Rolle
spielt, denn weil sie lediglich eine Handlung des
Sichbemächtigens eines natürlichen Reichtums darstellt,
schafft sie an diesem keine allgemeine Nutzungsmöglichkeit.
Wenn man z.B. einen Stein vom öffentlichen Weg oder Wasser aus
dem Brunnen in Besitz nimmt, dann schafft man an dem Stein
oder an dem Wasser keine allgemeine neue Nutzungsmöglichkeit,
die vorher nicht vorhanden war, denn der Stein oder das Wasser
standen jedermann zur Nutzung bereit, und man hat nicht mehr
geleistet, als diese Dinge in seine Gewalt zu bringen und für
den eigenen Bedarf aufzuheben. Es stimmt, dass man den Stein
zu seinem Haus und das Wasser in sein Gefäß transportiert,
aber das schafft keine allgemeine Gelegenheit zur Nutzung an
dem Gut, die vorher nicht vorhanden war, denn dieser Transport
ebnet nur den Weg zur eigenen Nutzung des Steines oder des
Wassers, und beseitigt in diesem Zusammenhang weder ein
allgemeines Hindernis, noch modifiziert er das Gut in einer
Weise, die es besser zur allgemeinen Nutzung vorbereitet oder
geeignet macht, wie das der Urbarmachung von Land der Fall
ist, die den Widerstand, den das Land seiner Nutzung
entgegensetzt, allgemein beendet, und ihm zu einer neuen
Eignung verhilft, seine allgemeine Zweckbestimmung für das
Leben der Menschen zu erfüllen.
In diesem
Sinne können wir die Jagd und ähnliche Arbeiten, die neue
Nutzungsmöglichkeiten an beweglichen Naturschätzen schaffen,
mit der Arbeit der Urbarmachung von Land vergleichen, denn
sowohl die Jagd als auch die Urbarmachung schaffen eine
allgemeine Gelegenheit, die vorher nicht gegeben war. Und wir
können die reine Inbesitznahme beweglicher Naturschätze mit
der Tätigkeit des Ackerbaus auf von Natur aus belebtem Land
vergleichen, denn genauso wie bei der Bebauung des von Natur
aus belebten Landes, die keine neue Nutzungsgelegenheit an dem
Land schafft, aber eine Arbeit der Nutzung und Ausbeutung
darstellt, verhält es sich auch bei der Inbesitznahme von
Wasser aus natürlichen Quellen.
Diese
Unterscheidung zwischen der Inbesitznahme beweglicher
natürlicher Reichtümer, und der Arbeit daran zur Schaffung
einer Nutzungsmöglichkeit, wie im Falle der Jagd und ähnlicher
Arbeiten, bedeutet nicht, dass diese beiden Vorgänge immer
voneinander getrennt wären; denn oft ist die Inbesitznahme mit
der Schaffung einer neuen Gelegenheit, das Gut zu nutzen
verbunden, dann verschmelzen die Inbesitznahme und die
Schaffung der neuen Möglichkeit zu einer einzigen Handlung.
Ebenso können auch beide in der Praxis voneinander getrennt
sein. Es gibt natürliche Reichtümer, welche sich ihrer Nutzung
bis zu einem gewissen Grade widersetzen, wie etwa der Fisch im
Meer, oder der Überschuss des Flusswassers, der naturgemäß
weiterfließt, bis er sich letztlich in den Tiefen des Meeres
verliert. Wenn also der Fischer den Widerstand des Fisches
überwindet, indem er ihn dazu verleitet, in sein Netz zu
gelangen, mit dem er ihn jagt, dann nimmt er ihn in ein und
derselben Handlung in Besitz und schafft an ihm eine
Nutzungsmöglichkeit, indem er seinen Widerstand überwindet.
Ebenso gilt das Auffangen von reichlich vorhandenem
Flusswasser als dessen Inbesitznahme, und schafft gleichzeitig
die Gelegenheit zu dessen Nutzung, indem es verhindert, dass
es in Richtung des Meeres entschwindet und sich darin
verliert. Es kann auch geschehen, dass jemand eine Arbeit
verrichtet, mit der er eine neue Nutzungsmöglichkeit an einem
natürlichen Reichtum schafft, indem er dessen natürlichen
Widerstand überwindet, ohne ihn damit schon in Besitz zu
nehmen, etwa wenn ein Jäger einen Stein nach einem in der Luft
kreisenden Vogel schleudert, womit er ihn flugunfähig macht
und ihn dazu zwingt, an einer weit entfernten Stelle zu Boden
zu gehen, wo er nur noch laufen kann wie ein Huhn. In diesem
Fall wurde die neue Gelegenheit der Nutzung geschaffen, indem
der Vogel erjagt und sein Widerstand durch das Werfen eines
Steins nach ihm gebrochen wurde, aber der Vogel, der weit
entfernt vom Jäger am Boden umherläuft, gilt nicht als in
dessen Besitz und in seiner Gewalt, sondern die Inbesitznahme
ist erst dann abgeschlossen, wenn ihn der Jäger verfolgt und
ergriffen hat. Und der Einzelne kann Güter in Besitz nehmen,
ohne eine Arbeit zu verrichten, die an diesen eine neue
Nutzungsmöglichkeit schafft, nämlich wenn die Güter ihrer
Natur nach zur Nutzung bereitstehen und keinen “Widerstand“
implizieren, der dem entgegensteht, wie etwa im Falle der
Inbesitznahme vom Wasser der natürlichen Quellen und von
Steinen, die auf dem Erdboden liegen.
Die
Inbesitznahme und die Schaffung einer neuen
Nutzungsgelegenheit sind also zwei Arten von Handlungen, die
sowohl in ein und derselben Handlung verschmelzen, als auch
voneinander getrennt sein können. Wir wollen nun die letztere
Art von Handlung, d.h. diejenige, die eine neue
Nutzungsgelegenheit schafft, vereinfachend als “die Jagd“
bezeichnen, denn diese stellt ein hervorragendes Beispiel
einer Arbeit dar, die eine neue Gelegenheit der Nutzung an
beweglichen natürlichen Reichtümern schafft. Um diese beiden
Arten von Handlungen auf theoretischer Ebene zu untersuchen,
werden wir sowohl die reine Inbesitznahme als auch die Jagd
jeweils für sich behandeln, um die dafür zuständigen
Bestimmungen, die Natur der Rechte, die aus der jeweiligen
Handlung entstehen, sowie deren theoretische Grundlage
herauszufinden.