Unsere Wirtschaft

Unsere Wirtschaft / Iqtisaduna

Muhammad Baqir al-Sadr

Zusammenhang zwischen Produktion und Handel

Produktion ist, wie wir wissen, die Tätigkeit der Umwandlung der Natur in eine für die Bedürfnisse des Menschen besser geeignete Form[1]. Und Handel ist in seiner materiellen Bedeutung der Transport von Dingen von einem Ort zu einem anderen, und in juristischer Bedeutung – welche uns in diesem Kapitel interessiert – ein Ausdruck für sämtliche Handelstransaktionen, die in Form von Austauschvereinbarungen ablaufen, wie Verkauf und dergleichen. Es leuchtet ein, dass der Handel in seiner materiellen Bedeutung eine Art produktiven Vorgang darstellt, denn der Transport von Gütern von einem Ort zum anderen schafft in vielen Fällen einen neuen Nutzen, und kann als Umwandlung des Materials in eine für die Bedürfnisse des Menschen besser geeignete Form angesehen werden, ob es sich um vertikalen Transport – wie bei den Förderindustrien, bei denen die Produktion darin besteht, dass Rohstoffe aus den Tiefen der Erde an die Oberfläche befördert werden – oder um horizontalen Transport handelt, etwa indem die produzierten Waren zu Plätzen in der Nähe der Verbraucher gebracht und für diese bereitgestellt werden. Auch die letztere Variante von Transport ist eine Art Umwandlung des Materials in eine für die Bedürfnisse des Menschen besser geeignete Form. Dagegen muss für den Handel in seiner juristischen Bedeutung, d.h. die Übertragung von Rechten oder Eigentum von einer Person auf eine andere, wie wir es bei den Handelstransaktionen beobachten, auf ideologischer Ebene einen Begriffsinhalt entwickelt, und sein Zusammenhang mit der Produktion definiert werden. Daher können wir die Auffassung des Islam über den Zusammenhang zwischen Produktion und Handel, und die Art der Beziehungen, die zwischen beiden bestehen, anhand des allgemeinen ideologischen Konzeptes des Islam untersuchen. Das islamische Verständnis vom Handel und dessen ideologische Zuordnung zur Produktion ist nicht nur Teil einer umfassenden ideologischen Vorstellung, sondern spielt auch eine wichtige Rolle für den Entwurf der allgemeinen Politik im Bereich des Handels und die politische Ausschöpfung des Freiraumes, den der Islam dem Staat gelassen hat, damit dieser ihn je nach den Umständen ausfüllt.

[1] Die traditionelle Umschreibung in der Wirtschaftswissenschaft lautet: die Schaffung neuen Nutzens. Wir bevorzugen aber die erstere Bezeichnung zur Umschreibung der Produktion, weil denjenigen, die sie in der zweiten Form umschreiben, unbeabsichtigte Verallgemeinerungen unterlaufen. Denn sie interpretieren “Nutzen“ als Qualität einer Sache, welche diese geeignet macht, irgendein Bedürfnis zu befriedigen, und sagen, dass diese Qualität keine subjektive oder objektive Eigenschaft der Sache sei, sondern allein aus der Nachfrage danach entsteht, selbst wenn die Nachfrage auf einer Fehleinschätzung beruht, wie die Nachfrage nach Medikamenten aufgrund der irrtümlichen Annahme, dass diese vor einer Infektion schützen. Nach einem solchen Verständnis von Produktion und Nutzen müsste die Tätigkeit einer Person, welche viele Menschen von der Schutz- oder Heilwirkung einer bestimmten Substanz überzeugt, als Produktion eingestuft werden, denn diese Tätigkeit schafft einen neuen “Nutzen“, d.h. sie verschafft jener Substanz die Qualität, eine allgemeine Nachfrage zu befriedigen, obwohl die Person keinerlei wirtschaftliche Aktivität an der Substanz verrichtet. Diese Verallgemeinerung ist der Nachteil der traditionellen Umschreibung. Daher sagen wir: Produktion ist die Umwandlung der Natur in eine für die Bedürfnisse des Menschen besser geeignete Form, womit eine Tätigkeit nur dann das Prädikat “Produktion“ erwirbt, wenn sie einen tatsächlichen Nutzen schafft, und die Natur in irgendeiner Weise bearbeitet (Fußnote des Autors).

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