Erdrutsch im Familienleben
Die Familie ist gleichsam der
Mikrokosmos der Gemeinschaft. Sie ist die Wurzel, aus der die
Völker wachsen. Sie ist die Grundeinheit der Gesellschaft.
Ihre Atmosphäre muss Liebe, ihr Nährboden Charakter sein. In
ihr beginnt - und endet menschliches Leben. Sie muss glücklich
sein, also eine Zitadelle von herzerwärmendem Frieden und
Ruhe, wo Zuneigung gelebt, die auf Vertrauen und Zutrauen,
Sicherheit und Aufrichtigkeit wie auf geölten Rädern läuft.
Je fester ihr geistiges und moralisches Gefüge, desto sicherer
ihre Freude, ihr Glück in der unruhigen, explosiven,
aufrührerischen Atmosphäre von heute. Jedes Menschenwesen hat
ein größeres Bedürfnis denn je nach einem Heim und einer
Familie, welche einen Hafen der Ruhe und eine Zuflucht fürs
Denken und Überlegen schafft.
Der Westen hatte das einfache
Leben in der Landwirtschaft von der industriellen Revolution.
Damals war die Familie ein Mittelpunkt der Rücksichtnahme,
Sorge und Beständigkeit. Die Männer gingen aufs Feld, um sich
ihren Unterhalt zu verdienen. Die Frauen stellten die Sorge
und die Erziehung für ihre Kleinen obenan. Der Familienkreis
umgrenzte das Leben aller.
Aber die Industrie brauchte
Arbeitskräfte. Eine der ersten Folgen war die weite Verteilung
von Männern und Frauen auf industrielle Zentren,
Regierungssteilen, Handelshäuser und andere große
Institutionen. Siedlungszusammenballungen entstanden, deren
einziges Existenzbedürfnis die Steigerung des Komforts und
Wohllebens war.
Dieser Zerfall des
Familienlebens schwächte das Band den Ehe. Mit Güte und
Zuneigung ging es schmerzlich bergab. Die Frauen wurden
orientierungslos ohne die aufrichtige Hingabe an Familie und
Kindererziehung, was vordem ihre einzige Sorge gewesen war.
Sie verausgabten sich in erschöpfender Fabrikarbeit. Die
zweifache Belastung als Fabrikarbeiterin und Mütter erwies
sich als zuviel. Die nötige Zeit, die passende Gelegenheit für
inneres Ausspannen, für Ordnung in der Familie - alles fehlte.
Pünktlich musste sie zur festgesetzten Zeit bei der Lohnarbeit
sein, und die Arbeit zu Hause verlor ihren Reiz, wenn sie müde
vor Erschöpfung war, und mehr hatten die Frauen nicht mehr
dafür zu geben.
Weiter: die neue „Freiheit“
war so unbegrenzt, das sie die Familie entwurzelte, Reinheit
und Schicklichkeit in der Wind schlug, totales Versagen und
Spaltung hinterließ, die nunmehr an die Stelle des moralischen
Gefüges und der Einheit der Familie traten, welche einmal auf
der Religion und dem Wissen um ihre Gültigkeit geruht hatte.
Eine steigende Welle von
Scheidungen zieht über die zivilisierte Welt, aber sie ist
hilflos und außerstande, die Flut aufzuhalten.
Ein geringfügiger Unterschied
im Geschmack von Ehemann und -frau wird heute als ausreichend
betrachtet, den Ehekontrakt aufzuheben. Kleinere Konflikte
und Unvereinbarkeiten werden als Beweise dafür behandelt, das
eine Ehe unwiederbringlich zerbrochen ist, dass also eine
Familieneinheit aufgehoben werden müsste. Sturmwolken der
Leidenschaft und Begehrlichkeit versengen das zarte Wachsen
des Eins-Seins in der Familie, und das geheiligte Erbe von
Jahrhunderten fällt dem Ungestüm labilster, kurzlebigster
Lüsternheit zum Opfer. Und doch würde ein klein wenig gesunder
Menschenverstand ausreichen, den Zwist zu enden, das Feuer zu
löschen - so das Toleranz und Selbstlosigkeit die bestehende
Verbindung auf dem sicheren Unterbau von Grundsatz, Recht und
Liebe erhalten würde.
Ein in Deutschland lebenden
Iraner erzählte mir, das in den letzten paar Jahren alle seine
Nachbarn ausnahmslos ihre Ehe von dem Scheidungsrichter
beendet hätten!
Die überregionale iranische
Tageszeitung „Keyhan“ Nr. 6926, berichtete, das in ganz
Ostdeutschland Eheberatungsstellen errichtet worden seien, um
die Flut der Scheidungen und zerbrochenen Familien
einzudämmen. Auch Ärzte und Rechtsanwälte hätten sich der
Kampagne angeschlossen. Die Zeitungen widmeten der
Angelegenheit laufend ganze Spalten. Für die steigende
Scheidungskurve in der Statistik wurde in erster Linie die
Beschäftigung der Ehefrauen in der Industrie verantwortlich
gemacht, die sie aus dem Hause hielte. Rein wirtschaftliche
Bedürfnisse trieben 70% der verheirateten Frauen zur Übernahme
einer Arbeit, um ein angemessenes Familieneinkommen zu
erzielen. 60% von ihnen hatten Kinder. Der Zoll, der von den
Nerven einer Frau gefordert werde, deren Kräfte von der
doppelten Beanspruchung durch Job und Familienhaushalt
verzehrt würden, sei so ernsthaften Natur, dass sie und ihr
Mann sich dauernd stritten, bis ihre Ehe einen Sprung bekäme
und eine Scheidung die einzige Lösung für eine unerträglich
angespannte Lage zu sein scheine.
Tolstoi schrieb: „Ein
Hauptgrund für das Anschwellen der Scheidungsrate ist
übertriebene Freiheit der Wahl, und das ertrugt die
launenhafte und empfindliche Natur der Frau nicht. Natürlich
stimmt es auch, dass das Maschinenzeitalter nervöse Spannungen
erzeugt und Männer wie Frauen in vertrauliche, ja intime
Beziehungen zueinander bringt, welche leicht die Grenzen
legitimer Partnerschaft überschreiten und Eifersucht in der
Familie erzeugen können; und zudem lässt die Frauenarbeit
außen Haus ein Heer von weiteren Problemen entstehen. „
Statistiken in New York und
Washington zeigen, das Scheidungen unter Intellektuellen,
diejenigen aller anderen Bevölkerungsschichten übertreffen; in
Hollywood waren sie vollends so schockierend, das die Behörden
sich weigerten, sie zu veröffentlichen. “Keyhan“ berichtete
am 28. Farvardin 1339, das die Scheidungen in England im
vergangenen Jahr eine Rekordziffer erreichten - 50% wegen
Untreue, 50% aus anderen Gründen. Das amerikanische „Wake
Magazine“ schrieb, das die Scheidungen in den letzten 10
Jahren um 1000% zugenommen hätten.
An französischen
Gerichtshöfen wurden 9785 Scheidungsersuchen behandelt, 8000
davon auf Initiative der Frauen.
Die beiden Weltkriege
steigerten bei der Jugend die Ablehnung überlieferter Sitten
als Ausdruck der „Freiheit“ von überlieferten Moralbegriffen
noch mehr, und folglich stiegen die Scheidungen. G. de Pels
sagt in seinem Buch „Ehe und Moderne“: „Wenn die
Scheidungen die Erstheiraten übersteigen, ist das eine Folge
der beiden Weltkriege.“
Den „Reader’s Digest“,
persische Ausgabe Nr. 103, Jahr 25, berichtet von einem Gesuch
des Französischen Familienbundes an die französische
Regierung, Scheidungen innerhalb der ersten drei Jahre der
Ehe zu untersagen. England hat ein solches Gesetz mit nur zwei
Ausnahmen verkündet: außergewöhnliche Brutalität seitens des
Mannes oder außergewöhnliche Verkommenheit der Frau.
In den USA leben 3 Millionen
Kinder getrennt von ihren Eltern (Teheraner Wochenjournal „Ettela’at“,
Nr. 1206). Lawson schreibt dazu: „Jeder mit einem Fünkchen
menschenfreundlicher Vernunft muss den Schmerz dieser
schreckenerregenden Ziffern spüren und suchen, sie zu heilen.
Da die meisten Trennungen auf Antrag der Frauen erfolgen,
müssen Grund wie Heilung bei ihnen zu linden sein.“
Leider werden Irans eigene
verweltlichte Schichten von der gleichen Scheidungsseuche
heimgesucht. Im letzten Jahrzehnt haben sich in Teheran allein
wegen Geldstreitigkeiten 1000 Scheidungsfälle ereignet bzw.
sind in den Zeitungen genannt worden. Über viele weitere wurde
nicht berichtet. Von 15.335 Hochzeiten in Teheran im Jahre
1339 endeten 4839 mit Scheidung - fast eine auf drei. 86%
dieser Scheidungen wurde von den Frauen beantragt - alles
verwüstlichte materialistisch denkende Intellektuelle
(tatsächlich!). Das ist eine Warnung vor einer drohenden
Gefahr, die man abwenden muss. Die Art „Zivilisation“, welche
die Familie zerstört, kann nicht so bleiben, wenn wir nicht
unser Volk durch Spaltung auseinanderreißen und hemmungslose
Leidenschaften unsere Kultur vernichten lassen wollen. Sie
muss durch die Praxis der stabilisierenden und aufbauende
Soziallehre des Islam überwunden werden.