Der Buchstabe Mim
(Ghaselen 126-139)
126.
Dein Ort ist Kaaba für die höchsten Herrn,
O meine Kibla!
Dein Thor ist Aksa für die reinsten Herrn,
O meine Kibla!
So hoch als Deines Paradieses Zelt
Ist nicht die Kaaba,
Und Edens Cedern überragt Dein Wuchs,
O meine Kibla!
Da Du im Inneren das Bild nicht trägst
Von Deinem Maale,
Was soll das schwarze Korn* in Deiner Brust,
O meine Kibla!
Es kommt das sehnsuchtsvolle Herz
Zum Opferfeste;
Als Opfer werden Seelen ausgestreut
O meine Kibla!
Was ist's wenn Baki zu genießen wünscht
Dein Angesicht,
Im Angesicht der Kaaba wirkt Gebeth,
O meine Kibla!
* Das
schwarze Korn der Begierde, das jeder Mensch im Busen trägt.
127.
Als mir der Schenk das Schiff* gereicht und
ich gesogen,
Umtos'ten mich von einer andern Welt die Wogen.
Mir kam in Sinn wie ich
beym Fest des Freunds genossen,
Es war der Gram der Zeit, der Schmerz der Welt verflogen.
Aus Sehnsucht nach dem
hohen Wuchs ging ich zum Garten,
Wo Ungeduld'gen mich die Cedern zu sich zogen.
Ich weinte Baki aus das
Lied an Freundschaftsschwelle,
Die Nachtigallen waren alle fortgeflogen.
* Die Flasche.
128.
Den Ost hält Haar verwirrt in Ketten hin,
Zu Deinem Wuchs neigt sich gerader Sinn.
Wie Perlen aus der
Muschel riß man mich,*
Entzwey hieb mich das Schwert der Mörderinn.**
An Adel bist Du
Edelstein des Reich's
Und einz'ge Probe als des Meer's Gewinn;
Mich freuet ohne Dich
das Leben nicht,
Und Du bist Edens Lust für meinen Sinn;
O Fürst! es wurde Baki
neu beseelt,
In Hoffnung des Genusses sank er hin.
* Mein Herz.
** Der Trennung.
129.
Deiner Locken Moschushauch
Ist des Brauenneumonds Rauch;
Rohes Silber sind die
Zähne
Und darnach die Worte auch.
Wie im Wasser haucht
der Wein,
Ist Dein Mund des Herzens Hauch.
Wird mir Dein Genuß zu
Theil,
Ist der Wein mein Fastenbrauch.
Baki! Was braucht es
Gedicht,
Wenn ich als Sein Sclav enttauch'.
130.
Ich kam in's Meer und ging als Fluß den Staub vorüber,
Kam zum Genuß und ging den Himmelsreif vorüber;
Ich habe rothem Wein,
dem Rebenkahn entsagt,
Und setzt in diesem Kahn die Feuerfluthen über.
Sag' nicht das Opiat
des Schmerzens sey Teriak;
Ich ging, o gnäd'ger Herr! den Dornenweg vorüber.
Mich Trunk'nen halte
Prediger nicht für befleckt;
Viel Oerter, rein wie Dein Gelag, ging ich vorüber.
Die Welt ist eine
Brück', und reißend' Fluß der Strom;
Deßhalben, Baki, ging ich Hab' und Gut vorüber.
131.
Es wogt vom Seufzerwind die Thrän' im Liebesmeer',
Es ankert an den Brau'n das Herz von Schmähung schwer.
Mein wirres Haar ist
Forst vom Leopard der Liebe,
Und Berg des Grames ist mein Kopf, so wüst' und leer.
Wo immer ich auf Deines
Mund's Erinn'rung trinke,
Gibt zum Genossen sich mir nur die Hefen her.
Du weißt, mein Licht,
zur Augenschminke mischt man Perlen,
Mein Auge streut zum Füßestaub die Perlen her.
Das alte Weib, die
Welt, riß zaubernd weg den Freund
Sieh' Baki! welch' ein Spiel; bey Gott! mir traurig sehr.
132.
Daß erleuchtet sey der Weg der Schwelle,
Brennet meiner Seufzer Windlicht helle.
Unglück mahlte mich als
Leopard,
Maale sind die Flecken auf dem Felle.
Huldvoll sey den
Sclaven, grausam nicht,
Daß durch Grausamkeit Niemand zerschelle!
Dir Dich aufzuthun
verlangt die Seele,
Einst wachs' ich als Gras auf Grabesstelle.
Baki wünsche sich
nied're Herrschaft nicht,
Ehr' und Ruhm ist Dienst der Freundesschwelle.
133.
Liebekrank bin ich fürwahr,
Blind bin ich vom Trennungsstaar;
Krank bin ich wie
krankes Aug',
Und verwirrt, wie Lockenhaar;
Wie die Kerze lach' und
wein' ich,
Brennend bis zum Morgen gar;
Solche Qual und solche
Pein,
O Tyrann! erhört nie war.
Wird Genuß dem Baki
nicht,
Flammt er auf als Schmerzensaar.
134.
Froh sind Herzen durch der Rosenkunde Laut,
Offne Knospen sind als Rosen nun bethaut.
Was soll Frühling und
die Flur mir ohne Dich,
Da mein Aug' auf Deiner Wang' nur Rosen schaut.
Schau' das Korn auf
Seiner Wangen Paradies!
Wo, Gott! ist der Mensch, der's auszuhalten traut?
Sey mein Sofi! komm',
berath' das wunde Herz,
Das auf Deinen Rath und Deine Weisheit baut.
Freylich sind die
schönsten Früchte Baki's Verse,
Weil auf solcher Flur nur er sich angebaut.
135.
Ich bin beschäftigt Deinen Flaum in's Herz zu
schreiben,
Des Mund's gedenkend eisam mich herum zu treiben.
Wenn Er auch könnt'
erreichen meiner Leiden Grund,
Müßt', als zu kurz, die Hand den Früchten ferne bleiben;
Es sprach die
Nachtigall als sie die Rose pries:
Mein ganzes Leben will ich Deinem Wuchs verschreiben.
Die Gleißnerworte
trocknen Blut des Menschen aus,
Was Wunder! daß herum sich meine Verse treiben.
Der Wein ist Lieb', und
Treue ist der Schenk', o Baki!
Füll', schenke ein das Blut! es soll Nichts übrig bleiben.
136.
Die Brust ist Beet der Lust und Rose ist das Brandmaal,
Im Kreis der Liebe ist Granatenblüth' das Brandmaal;
Ich schloß die
Hoffnungsthür' der Treu' der Schönen ab,
Als Nägelspuren schaut man in der Brust das Brandmaal;
Für bankerott hält man
mein gelbes Angesicht,
Doch Thränen sind das Silbergeld, das Gold das Brandmaal.
Es flammt die Brust von
Gluth die Scheuern aufgezehrt,
Das Zeichen von dem Brand der Liebe ist das Brandmaal.
Erblaßt des Schmerzens
Flamme wie das Aug', o Baki!
So weint im Innersten als blut'ges Aug' das Brandmaal.
137.
Frühling ist! laßt den Garten aufmachen,
Oeffnen die Knospen des Herzens und lachen!
Gebt nicht wie Tulpen
den Stiel aus der Hand,
Sprenget wie Knospen betrunken das Band.
Gießet die Hefen des
Wein's auf das Grün,
Jegliches Stäubchen ist heute Rubin.
Nichts soll die Kreise
der Freude heut trennen,
Laßt uns das Kloster der Gleißner verbrennen!
Baki, besinge den
rosigen Schein!
Nachtigall singe Ghaselen im Hain!
138.
Beym Eintritt in den Kreis zuerst den Fuß ich zog,
Vor allem anderen zurück die Hand ich zog.
Was auf der Brust Du
siehst, halt' nicht für rothe Striemen,
Weil ich auf's Blatt des Gram's nur rothe Linien zog.
Nicht Seufzerlohe ist's
die bis zum Himmel flammt,
Weil über Seufzerstern ein Schwert, ein blankes, zog.
Durch Thränen bin
geworden ich zum Silberzieher,
Indem ich Silberdraht aus meinen Wimpern zog.
Des Aug's und Herzens
Blut ist ausgegossen Baki!
Seit ich statt reinem Wein nur laut'res Wasser zog.
139.
Spurlos in der Welt ich Anka bin;
Sprudelnd nicht als Strom ein Meer ich bin;
Zeigen mich
die Thoren nicht so ist es,
Weil ich höher als der Sehpunct bin;
Thoren acht'
ich nicht ein Sonnenstäubchen,
Weil ich Sonn' am Liebeshimmel bin;
Wenn ich
gleich die Form des Bettlers trage,
Ich Darius der Erkenntniß bin;
Baki!
wahrlich beym Prophetenglauben!
Ich durch Hauch im Liede Heiland bin.